Drucksache 16/4261 18. 11. 2014 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Arnold Schmitt (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Weinexport USA Die Kleine Anfrage 2770 vom 24. Oktober 2014 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie hoch waren in den letzten fünf Jahren die Weinexporte erstens aus Deutschland und zweitens aus Rheinland-Pfalz in die USA? 2. Wie hoch waren in den letzten fünf Jahren die Weinimporte aus den USA nach Deutschland und nach Rheinland-Pfalz im Spezi- ellen? 3. Welchen Regelungen unterliegen deutsche Weine beim Export in die USA? 4. Welchen Regelungen unterliegen Weine aus den USA beim Import nach Deutschland? 5. Wie sieht die Landesregierung die Chancen für den Weinexport in die USA nach Abschluss eines Freihandelsabkommens? 6. Welche Gefahren sieht die Landesregierung beim Freihandelsabkommen mit den USA für den rheinland-pfälzischen Weinmarkt und auf welchen Stand der laufenden Verhandlungen stützt sie die Einschätzungen? 7. Wo nimmt die Landesregierung Einfluss auf die Ausgestaltung des Freihandelsabkommens im Blick auf den rheinland-pfäl zischen Export? Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 18. November 2014 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Die USA führen deutlich mehr Rot- und Weißwein aus als sie selber importieren (siehe Tabelle Frage 2). Die Exporte deutscher Weine nach den USA haben sich in den letzten Jahren in Menge in etwa konstant, jedoch im Wert positiv entwickelt. Die USA sind mittlerweile der wichtigste Exportmarkt für deutsche Weine mit einem wertmäßigen Anteil von 26 % und einem Mengenanteil von 19 % der exportierten Erzeugnisse (2013). Einem Höchststand von rund 300 000 Hektoliter in den Jahren 2010 und 2011 folgte ein etwa fünfzehnprozentiger mengenmäßiger Rückgang in den Folgejahren, was unter anderem dem Umstand mehrerer kleiner Weinernten in diesem Zeitraum geschuldet ist. Erfreulich ist die Wertentwicklung im amerikanischen Markt. Die Preise steigen kontinuierlich im Betrachtungszeitraum von 327 Euro/Hektoliter (2009) auf derzeit 375 Euro/Hektoliter. Dies entspricht einem Anstieg der Exportpreise von knapp 15 %. Diese Preisentwicklung ist nicht zuletzt auch auf die Qualitätsorientierung im rheinland-pfälzischen Weinbau in den letzten Jahren zurückzuführen . Statistische Zahlen für die Weinexporte aus Rheinland-Pfalz liegen nicht vor. Marktexperten schätzen jedoch den rheinland-pfälzischen Anteil am gesamten deutschen Weinexport auf rund 90 %. Hierfür spricht unter anderem, dass die großen, exportorientierten Weinhandelskellereien und auch viele Weingüter in Rheinland-Pfalz angesiedelt sind, und das Land über etwa zwei Drittel der bundesdeutschen Rebfläche verfügt. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 16. Dezember 2014 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4261 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Netto-Ausfuhren an Rot- und Weißweinen Netto-Ausfuhren = Gesamtexportmenge abzgl. Reexporte importierter Weine. Vorläufige Daten 2013 und 9/2013 bis 8/2014. Quelle: Deutscher Weinbauverband nach Veröffentlichungen des Stat. Bundesamtes. Zu Frage 2: Insgesamt wurden in den letzten Jahren knapp 15 Mio. Hektoliter Wein von deutschen Unternehmen importiert. Hauptlieferländer für deutsche Weinhandelskellereien und den Importhandel sind Italien (5,8 Mio. hl), Spanien (3 Mio. hl) und Frankreich (2,5 Mio. hl). Eingeführt werden überwiegend Fassweine, die als Grundweine in der Sekt- und Weinherstellung verwendet werden oder unmittelbar als Flaschenweine importiert und vermarktet werden. In jüngster Zeit ist auch eine Zunahme der Herstellung und Vermarktung aromatisierter weinhaltiger Getränke zu beobachten, in die überwiegend preisgünstige Importweine aus Südeuropa fließen. Mit 0,54 Mio. Hektoliter (2013) Weinausfuhren nach Deutschland belegen die USA einen mittleren Platz in der Importstatistik. Die USA exportieren deutlich mehr Wein als sie importieren. Einfuhr von Weinen nach Deutschland Quelle: Deutscher Weinbauverband nach Veröffentlichungen des Stat. Bundesamtes. Weinimportstatistiken speziell für Rheinland-Pfalz liegen nicht vor. Expertenschätzungen zur Folge fließen rund 4 Mio. Hektoliter der gesamten Importmenge zu rheinland-pfälzischen Wein- und Sektkellereien. Das entspricht etwa einem Viertel der Gesamt - importe nach Deutschland. Zu Frage 3: Die Einfuhrbestimmungen von Weinen aus der Europäischen Union nach den USA – und somit auch deutsche Weine – sind im „Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika über den Handel mit Wein“ (2006/232/EG) vom 10. März 2006 (ABl. L87 vom 24. März 2006, S. 2) festgehalten. Dort werden unter anderem die gegenseitig anerkannten önologischen Verfahren und Spezifikationen sowie die besonderen Vorschriften wie Begriffsbestimmungen, Ursprungsbezeichnungen und Weinetikettierung (u. a. Füllmengen, Alkoholgehalte, Warnhinweise etc.) geregelt. 2 2009 2010 2011 2012 2013 9/2013 bis 8/2014 insgesamt Wert in 1 000 Euro 399 000 355 000 341 000 321 000 334 000 322 000 Menge in hl 2 068 000 1 715 000 1 435 000 1 305 000 1 294 000 1 219 000 Ø-Preis in €/hl 193 207 238 246 258 264 USA Wert in 1 000 Euro 88 000 103 000 102 000 89 000 87 000 81 000 Menge in hl 269 000 316 000 294 000 257 000 246 000 216 000 Ø-Preis in €/hl 327 326 347 346 354 375 2009 2010 2011 2012 2013 insgesamt Wert in 1 000 Euro 2 110 000 2 137 000 2 426 000 2 308 000 2 445 000 Menge in hl 14 828 000 15 050 000 16 645 000 14 807 000 14 833 000 Ø-Preis in €/hl 142 142 146 156 165 USA Wert in 1 000 Euro 57 000 74 000 87 000 92 000 98 000 Menge in hl 448 000 477 000 570 000 524 000 540 000 Ø-Preis in €/hl 127 155 153 176 181 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/4261 Darüber hinaus unterstützen Einrichtungen, wie die Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier oder das Deutsche Weininstitut (DWI), exportorientierte Unternehmen der Weinwirtschaft in der operativen Anwendung der genannten Vorschriften. Dies betrifft neben der Einhaltung der allgemeinen Einfuhrbestimmungen und der Begleitdokumente auch spezifische Fragen zu Importpartnern in den USA sowie die Beachtung der stark unterschiedlichen steuerlichen und alkoholpolitischen Aspekte (Zölle, Steuern und sonstige Abgaben) in den einzelnen Bundesstaaten. Zu Frage 4: Die Einfuhren von in einem Drittland hergestellten Erzeugnissen des Weinbaus sind nach EU-Vorschriften *) nur dann zulässig, wenn – sie von gesundheitlich unbedenklicher Beschaffenheit und zum Verzehr geeignet sind, – die für sie geltenden Vorschriften der Europäischen Union eingehalten worden sind (z. B. hinsichtlich der vorgeschriebenen Aufmachung und Bezeichnung) und – sie im Herstellungsland mit der Bestimmung unverändert verzehrt zu werden, in den Verkehr gebracht werden dürfen. Demnach müssen Erzeugnisse des Weinbaus den Bestimmungen für die Erzeugung, die Vermarktung und der Abgabe zum direkten menschlichen Verbrauch entsprechen. Vorschriftswidrige Erzeugnisse, die nicht von gesunder oder handelsüblicher Beschaffenheit sind, oder die nicht nach zugelassenen önologischen Verfahren hergestellt worden sind, dürfen nicht in den Verkehr gebracht , bzw. eingeführt werden. Im Rahmen der Einfuhrabfertigung wird geprüft, ob die Erzeugnisse die vorgeschriebenen Einfuhranforderungen erfüllen. Die Kontrollen obliegen den befugten Zollstellen der Bundesfinanzverwaltung. Neben den weinrechtlichen Bestimmungen sind auch die Regelungen des Marktordnungsrechts und die Bestimmungen des Verbrauchsteuerrechts zu beachten. Zu den Fragen 5 und 6: Die Debatte um das TTIP zwischen der EU und den USA hat auch in jüngster Zeit sehr viel Aufmerksamkeit erfahren. Die Landesregierung sieht in Freihandelsabkommen Chancen für wirtschaftliche Entwicklung. Die geplanten Freihandelsabkommen dürfen jedoch keinesfalls dazu führen, dass das Vorsorgeprinzip abgeschafft wird und geltende Standards, etwa im Gesundheits-, Verbraucherund Umweltschutz in der Landwirtschaft abgesenkt und durch regulatorische Kohärenz die Regulierungsmöglichkeiten ausgehebelt werden. Für Rheinland-Pfalz ist die Intensivierung der transatlantischen Handels- und Investitionsbeziehungen von großer wirtschaftlicher Bedeutung, gerade mit Blick auf Exportchancen. Die Exportquote über alle Wirtschaftsbereiche in Rheinland-Pfalz liegt mit 54 % über dem Bundesdurchschnitt. Der Weinsektor schließt mit einer Exportquote von rund 20 % deutlich niedriger ab. Jedoch stammen rund 90 % der deutschen Weinexporte aus Rheinland-Pfalz. Gleich wohl wird deutlich mehr Wein aus den USA nach Deutschland importiert. Laut einer aktuellen Ifo-Studie ist bei Inkrafttreten von TTIP zum derzeitigen Stand ein Rückgang der Wertschöpfung der Lebensmittelwirtschaft in Deutschland um bis zu 0,7 % zu befürchten. Es bestehen durch TTIP Risiken für die Entwicklung des Weinbaus in Rheinland-Pfalz. Um dies zu verhindern, müssen insbesondere die europäischen Positionen (z. B. zur Verwendung von geografischen Herkunftsbezeichnungen und traditionellen Begriffen) durch die USA akzeptiert und in TTIP aufgenommen werden. Die USA sind 2001 aus der OIV ausgetreten, weil sie sich nicht an die von deren 45 Mitgliedstaaten entwickelten und einzuhaltende Normen binden wollten. So sind in den USA folgenden Weinbezeichnungen zum Export (nicht-EU) erlaubt: Rhine, Moselle, Burgundy, Chablis, Champagne, Chianti, Claret, Haut-Sauterne, Hock, Madeira, Malaga, MarsalaPort, Retsina, Sauterne, Sherry und Tokay. Ebenso erlaubt sind weinbauliche Begriffe wie Château, classic, clos, cream, crusted/crusting, fine, late bottled vintage, noble, ruby, superior, sur lie, tawny, vintage und vintage character. Durch das bilaterale Handelsabkommen mit den USA sind schon jetzt die EU-Verbraucherrechte zur Wahlfreiheit (Nichtkennzeichnung des Einsatzes gentechnisch veränderter Mikroorganismen bei der Weinbereitung) eingeschränkt. Bei Einführung eines Freihandelsabkommens besteht die Gefahr, dass auch die europäischen geschützten Ursprungsbezeichnungen für Wein von US-amerikanischen Weinherstellern bei Import in die EU genutzt werden. Ohne den Evaluationsprozess und die Zulassung neuer önologischer Verfahren durch die OIV oder die EU-Kommission kommen in den USA önologische Verfahren zur Anwendung, sofern sie das Produkt nicht gesundheitlich negativ beeinträchtigen. Ein wesentlicher Unterschied bei den önologischen Verfahren besteht unter anderem in der zugelassenen Anwendung von Wasser zur Reduktion des natürlichen Alkoholgehaltes in den USA im Gegensatz zur EU. Ein weiterer wesentlicher Unterschied besteht in der Zulassung genetisch veränderter Mikroorganismen (Hefen, Bakterien) zur Weinbereitung ohne deren Kennzeichnung. Die Versammlung der europäischen Weinbauregionen (AREV) hat im April 2014 in einer Resolution die Sorge der Weinwirtschaft bezüglich TTIP zum Ausdruck gebracht. Neben den bereits erwähnten Problemen bezüglich der Bezeichnungen und önologischer Verfahren heißt es dort eindringlich: „Ein Abkommen mit den USA würde generell das Ziel vollständig in Frage stellen, die europäische Landwirtschaft wirtschaftlich, sozial und ökologisch im Sinn von nachhaltigeren Modellen weiterzuentwickeln. Es 3 *) Anhang VII, Teil 2 art. 300 der VO (EU) 1308/2013. Drucksache 16/4261 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode würde ganz im Gegenteil den Prozess der Konzentration der Betriebe beschleunigen, würde die Anzahl der in der Landwirtschaft Tätigen drastisch verringern und die Arbeitslosigkeit, die Zerstörung der Umwelt und die Reduzierung der Artenvielfalt sehr deutlich verstärken und der Zielsetzung von kurzen Wegen zwischen Erzeugern und Verbrauchern definitiv ein Ende setzen.“ Das Freihandelsabkommen kann nur dann Vorteile für die rheinland-pfälzische Weinwirtschaft hervorbringen, wenn die USA auf die europäischen Forderungen vollumfänglich eingehen. Zu Frage 7: Die Debatte um TTIP muss in den richtigen Kontext gesetzt werden. Die Landesregierung sieht neben abzuwehrenden Risiken des geplanten Freihandelsabkommen große Chancen für die wirtschaftliche Entwicklung in Rheinland-Pfalz. Deshalb möchte die Landesregierung die engen und guten Beziehungen zwischen Rheinland-Pfalz und den USA wirtschaftlich weiter stärken. Der US-Markt ist für die rheinland-pfälzische Wirtschaft das zweitwichtigste Ausfuhrland nach Frankreich. Knapp zehn Prozent aller Exporte gehen in die USA. Die ausgeprägte Exportorientierung der hauptsächlich mittelständig geprägten Wirtschaft im Allgemeinen sowie der eher kleinstrukturierten Weinwirtschaft im Speziellen unterstützt die Landesregierung deshalb weiterhin aktiv. Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz hat sich frühzeitig im Bundesrat zum Freihandelsabkommen mit den USA eingebracht. Auf Initiative von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen hat sich die Länderkammer bereits im Juni 2013 zu TTIP positioniert. Die Stellungnahmen der Länder wurden mit großer Mehrheit verabschiedet. Demnach dürfen im Zuge der TTIP-Verhandlungen die europäischen Errungenschaften in den Bereichen Gesundheit, Umwelt- und Verbraucherschutz nicht aufgeweicht werden. Bei Arbeitnehmerrechten und in Fragen des Datenschutzes sollen ebenfalls keine Abstriche gemacht werden. Die Bundesregierung wurde durch die Länderkammer aufgefordert, auf die Einhaltung des hohen europäischen Schutzniveaus zu pochen. Dass die Positionierung in der Länderkammer noch vor der Mandatserteilung im Juni 2013 erfolgte, unterstreicht die Handlungsbereitschaft der Bundesländer. Die Agrarministerkonferenzen (AMK) haben sich bereits zweimal mit dem Freihandelsabkommen beschäftigt, ebenso die Umweltministerkonferenz. Die Ministerinnen, Minister und Senatoren der Agrarressorts der Länder haben wiederholt in der AMK darauf hingewiesen, „dass die hohen Standards der vorsorgenden europäischen Verbraucher-, Umwelt-, Sozial- und Agrarpolitik im Rahmen von TTIP nicht ausgehebelt werden dürfen“. Sie weisen auf die drohenden Wettbewerbsnachteile der deutschen und europäischen Land- und Ernährungswirtschaft hin, die mit einer Anerkennung niedrigerer Standards in diesen Bereichen verbunden wären und sie betonen die Notwendigkeit, den Schutz geografischer Herkunftsangaben in den entsprechenden Freihandelsabkommen sicherzustellen. Im Juni 2014 beschäftigte sich die Wirtschaftsministerkonferenz mit dem Freihandelsabkommen. Rheinland -Pfalz brachte erneut mit vier weiteren Bundesländern einen dritten Entschließungsantrag auf den Weg, der sich auf den Investitionsschutz konzentriert. Auch dieser Antrag wurde vom Bundesrat mehrheitlich angenommen. Die rheinland-pfälzische Landesregierung bringt sich vor diesem Hintergrund an vielen Stellen in die Debatte ein, z. B. über Gespräche mit der EU-Kommission, mit Mitgliedern des EP sowie mit Repräsentanten der USA. Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft , Ernährung, Weinbau und Forsten hat im Rahmen des 2. Brüsseler Weindialogs am 6. Oktober 2014 u. a. die Auswirkungen des Freihandelsabkommens mit Mitgliedern des Deutschen Weinbauverbandes, der Vereinigung der europäischen Weinbauverbände (AREV), des Europaparlaments, der EU-Kommission und der Weinwirtschaft diskutiert, die rheinland-pfälzische Position bekannt gemacht und dafür geworben. Grundsätzlich ist eine Intensivierung des transatlantischen Handels zu begrüßen. Ulrike Höfken Staatsministerin 4