Drucksache 16/4281 28. 11. 2014 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Michael Wäschenbach (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Aktuelle pflegerische Versorgung in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage 2835 vom 20. November 2014 hat folgenden Wortlaut: In einem Gespräch mit dem Trierischen Volksfreund vom 29. Oktober 2014 hat der damalige Sozialminister Alexander Schweitzer von einer insgesamt guten pflegerischen Versor gung in Rheinland-Pfalz, allerdings mit regionalen Unterschieden, gesprochen. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie beurteilt die Landesregierung den gegebenen Befund einer guten pflegerischen Ver sorgung in Rheinland-Pfalz vor dem Hin- tergrund, dass das Branchenmonitoring 2011 bereits gezeigt hat, dass eine Fachkräftelücke in den Pflegeberufen in Höhe von 965 Alten pflegekräften, 1 078 Krankenpflegekräften und 223 Kinderkrankenpflegekräften in Rhein land-Pfalz vorliegt? 2. Welche regionalen Unterschiede sieht die Landesregierung bei der pflegerischen Versor gung in Rheinland-Pfalz konkret? 3. Wie beurteilt die Landesregierung die künftige Entwicklung vor dem Hintergrund, dass nach den zentralen Ergebnissen des Landesleitprojektes Fachkräftesicherung in den Gesundheitsfachberufen im Jahr 2020 3 785 Krankenpflegekräfte, 2 878 Altenpflegekräfte und 485 Kinderkrankenpflegekräfte fehlen werden, wenn nicht mit geeigneten Fach kräfte sicherungsstrategien gegengesteuert wird? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 27. November 2014 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die demografische Entwicklung und der medizinische Fortschritt führen zu einem steigenden Fachkräftebedarf in den meisten Gesundheitsfachberufen, insbesondere in den Pflegeberufen. Die Sicherstellung einer hochwertigen pflegerischen Versorgung durch gut ausgebildete Fachkräfte ist daher seit über einem Jahrzehnt zentrales Anliegen der rheinland-pfälzischen Landesregierung. Um nachhaltige Fachkräftesicherungsstrategien für diese Berufe entwickeln zu können, hat die Landesregierung Rheinland-Pfalz im Oktober 2010 das Landesleitprojekt „Fachkräftesicherung in den Gesundheitsfachberufen“ im Rahmen der Initiative „Gesundheitswirtschaft Rheinland-Pfalz“ gestartet. Das erste Teilprojekt, das „Branchenmonitoring Gesundheitsfachberufe“, lieferte einen Überblick über die aktuelle Arbeitsmarktsituation in allen 18 Gesundheitsfachberufen, darunter auch den Pflegeberufen. Im Jahr 2010 gab es in Rheinland-Pfalz einen Engpass an Pflegekräften. Er betrug bei den Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und -pflegern minus 1 078 Personen sowie den Altenpflegerinnen und Altenpflegern minus 965 Personen. Darüber hinaus fehlten 424 Altenpflegehelferinnen und -helfer, 223 Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und -pfleger und 214 Krankenpflegehelferinnen und -helfer. Einen Überhang konnte dagegen bei den akademischen Pflegekräften (+ 109 Personen) und in großer Anzahl bei den un- und angelernten Pflegehilfskräften (+ 3 236 Personen) festgestellt werden. Die im Branchenmonitoring ermittelten Engpässe beziehungsweise Überhänge ergeben sich als Salden der ganzjährigen Nachfrage und des entsprechenden Angebots der jeweiligen Fachkräfte . Im Jahr 2011 waren nach Angaben des Statistischen Landesamtes (Pflegestatistik 2012, Krankenhausstatistik 2012) 23 834 Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und -pfleger, 8 329 Altenpflegerinnen und -pfleger und 2 396 Gesundheits- und Kinder- Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 22. Dezember 2014 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4281 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 2 krankenpflegerinnen und -pfleger in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern sozialversicherungspflichtig beschäftigt. In Relation beträgt damit der gemittelte Fachkräfteengpass im Bereich der Gesundheits- und Krankenpflege 4,5 Prozent des beschäftigten Pflegepersonals . Im Bereich der Altenpflege sind dies 11,5 Prozent und bei der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege 9,3 Prozent. Die pflegerische Versorgung ist durch die angespannte Fachkräftesituation nicht beeinträchtigt. Die Zahl der professionellen Anbieter von Pflege- und Betreuungsleistungen steigt seit Jahren sukzessive an. Beispielsweise hat sich die Zahl der ambulanten Pflegedienste von 372 im Jahr 2005 auf 446 im Jahr 2011 erhöht. Zu 2.: Der für Rheinland-Pfalz insgesamt festgestellte Engpass an Pflegekräften stellt sich regional höchst unterschiedlich dar. Sowohl bei den Altenpflegerinnen und -pflegern als auch den Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und -pflegern gab es im Jahr 2010 eine Vielzahl an Landkreisen und kreisfreien Städten, die durch eine ausgeglichene Arbeitsmarktsituation gekennzeichnet waren. Bei den Altenpflegerinnen und -pflegern waren vor allem die kreisfreie Stadt Mainz, der umliegende Landkreis Mainz-Bingen sowie die Landkreise Neuwied, Bernkastel-Wittlich und Westerwaldkreis von hohen Defiziten betroffen (siehe Anlage). Im südlichen Rheinland-Pfalz waren Fachkräftelücken weniger stark ausgeprägt oder eher nicht vorhanden. Bei Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und -pfleger konzentrierten sich Engpässe vor allem auf die kreisfreien Städte Trier und Ludwigshafen sowie den Landkreis Bernkastel-Wittlich. Insbesondere in Trier war der Arbeitsmarkt 2010 stark angespannt, was vor allem durch die Abwanderung von Fachkräften in das nahe gelegene Luxemburg zu erklären ist. Zu 3.: Im Jahr 2020 ergibt sich nach den Berechnungen im „Gutachten Gesundheitsfachberufe“ ein Defizit an Pflegekräften in der Krankenpflege von 3 785, in der Kinderkrankenpflege von 485, in der Krankenpflegehilfe von 1 436, in der Altenpflege von 2 878 und in der Altenpflegehilfe von 635. Aufgrund dieser Ergebnisse wurde im März 2012 die „Fachkräfte- und Qualifizierungsinitiative Gesundheitsfachberufe 2012 bis 2015“ eingeleitet. Die dazugehörige Arbeitsgruppe bestand aus allen relevanten Vertreterinnen und Vertretern des Gesundheitswesens und der Pflege in Rheinland-Pfalz. Ziel der Initiative ist es, Maßnahmen zur Fachkräftesicherung zu planen und bis Ende des Jahres 2015 umzusetzen. Als erstes wurde in der AG Pflege der Fachkräfte- und Qualifizierungsinitiative eine gemeinsame Vereinbarung über Ziele und Maßnahmen zur Fachkräftesicherung in der Pflege erarbeitet und im Dezember 2012 verabschiedet. Handlungsfelder sind: – Steigerung der Ausbildungszahlen in den Pflegefachberufen um jährlich zehn Prozent, – Weiterentwicklung der Pflegeberufe (gemeinsame Pflegeausbildung), – Nach- und Vorqualifizierung von Hilfskräften in der Pflege und SGB II-Leistungsbeziehenden in Richtung einer Altenpflege (hilfe)ausbildung, – Umschulung zur Altenpflegefachkraft, – Aktivierung der stillen Reserve, – Vereinbarkeit Familie/Beruf, – Attraktive Beschäftigungsbedingungen, – Zuwanderung ausländischer Pflegekräfte. Es wurden die Projektgruppen Pflegeausbildung, Qualifizierung, Attraktive Beschäftigung und Zuwanderung gegründet. Diese Projektgruppen begleiten in den entsprechenden Handlungsfeldern die Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen zur Fachkräftesicherung . Im Bereich der Ausbildung wurde im Jahr 2013 der Ausbildungsstättenplan, der Teil des Landeskrankenhausplans ist, auf Basis des Branchenmonitorings verabschiedet. Darin wurden mit allen 55 ausbildenden Krankenhäusern in Rheinland-Pfalz Zielvereinbarungen zum Ausbau der Ausbildungsplätze bis zum Schuljahr 2016/2017 getroffen. Eine Ausbildungsplanung mit einem derartigen Vorgehen (Integration von Arbeitsmarktmonitoring, Prognose der zukünftigen Leistungsentwicklung, Prognose der zukünftigen Personalentwicklung, Fachkräftesicherungsszenarien mit der Ausbildungsplanung) ist in Deutschland einmalig. Es liegt nun vor allem an den Krankenhäusern, diese Soll-Vorgaben zu erfüllen. Allein über Ausbildung ist aufgrund der demografischen Entwicklung der Schulabgängerinnen und Schulabgänger, bei den Patientinnen und Patienten und bei den Beschäftigten, die berechnete Fachkräftelücke in den Pflegeberufen nicht zu schließen. Daher ist auch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen notwendig, damit die Beschäftigten lange im Beruf verweilen. Im Vergleich zu anderen Branchen zeichnet sich die Pflege ebenfalls durch eine hohe Teilzeitquote aus (52 Prozent). Dies ist neben der schwierigen Vereinbarkeit von Familie und Beruf auf die Beschäftigungsbedingungen zurück zu führen. Denn auf die steigende Arbeitsverdichtung aufgrund von Personalabbau im Pflegebereich reagierten viele Pflegekräfte mit Teilzeitjobs oder Unterbrechungszeiten im Berufsleben. Darüber hinaus beträgt das Renteneintrittsalter bei den Pflegekräften derzeit 60 Jahre. Mit der angestrebten Erhöhung der Lebensarbeitszeit in der Krankenpflege und der Verringerung der beruflichen Unterbrechungszeiten wird die für das Jahr 2020 berechnete Fachkräftelücke in der Krankenpflege mit geschlossen. Aus diesem Grund wurden im Jahr 2014 im Rahmen der Fach- Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/4281 kräfteinitiative Landesprojekte zur Verbesserung der Beschäftigungsbedingungen durchgeführt. Der Ausbildungsstättenplan und die Aktivitäten im Bereich der Beschäftigungsbedingungen bilden die Schwerpunkte der Fachkräftesicherung der Landesregierung in den Gesundheitsfachberufen, insbesondere in den Pflegeberufen. Das Ziel ist, bis zum Jahr 2020 die medizinische und pflegerische Versorgung in Rheinland-Pfalz durch eine quantitativ und qualitativ gute Fachkräftesituation weiter zu entwickeln. Dafür ist die konsequente Umsetzung der Fachkräftesicherungsstrategie in Zusammenarbeit mit den relevanten Partnerinnen und Partnern des Gesundheitswesens und der Pflege notwendig. Sabine Bätzing-Lichtenthäler Staatsministerin 3 Drucksache 16/4281 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 4 Anlage Fachkräftesituation regional