Drucksache 16/4294 02. 12. 2014 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Kathrin Anklam-Trapp, Friederike Ebli und Fredi Winter (SPD) und A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Aufnahmestopp für Pro Vita Altenheim in Mainz Die Kleine Anfrage 2833 vom 20. Oktober 2014 hat folgenden Wortlaut: Laut aktuellen Pressemeldungen hat die Beratungs- und Prüfbehörde nach dem Landesgesetz über Wohnformen und Teilhabe (BPLWTG ) bei ihrer engmaschigen Begleitung der Ein richtung Pro Vita der Casa Reha-Gruppe in Mainz erneut erhebliche Mängel in der Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner festgestellt. Die Prüfbehörde hat daher mit sofortiger Wirkung einen einjährigen Aufnahmestopp verhängt. Ferner besteht die Auflage zusätzliche Fach- und Hilfskräfte einzusetzen, sowie die Mängel unverzüglich zu beseitigen. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Aus welchen Gründen sah sich die Landesregierung veranlasst, der Einrichtung Pro Vita der Casa Reha-Gruppe in Mainz einen Aufnahmestopp aufzuerlegen? 2. Welche weiteren Bedingungen wurden der Einrichtung auferlegt, um eine gute pflegerische Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner zu gewährleisten? 3. Wie hat die Landesregierung die enge Begleitung und Aufsicht der Einrichtung in den vergangenen Monaten durchgeführt? 4. Hält die Landesregierung die am 7. November 2014 bei einer gemeinsamen Tagung mit dem Land Nordrhein-Westfalen getrof- fene Forderung nach „mehr Vertrauen für die Träger guter Einrichtungen statt undifferenzierter Kontrolle“ aufrecht? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 2. Dezember 2014 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Am 10. November 2014 hat die Beratungs- und Prüfbehörde nach dem Landesgesetz über Wohnformen und Teilhabe (BP-LWTG) beim Landesamt für Jugend, Soziales und Versorgung (LSJV) im Rahmen einer Prüfung und Begehung erneut schwerwiegende Mängel in der Einrichtung Pro Vita, An den Lehmgruben 2, 55126 Mainz-Finthen festgestellt. Es handelt sich im Wesentlichen um Mängel in der Pflege und Hygiene. Diese Mängelfeststellung wurde am 12. November 2014 vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen bestätigt, nachdem die Pflegekassen – informiert durch das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung – ebenfalls eine Prüfung der Einrichtung veranlasst hatten. Daraufhin hat das Landesamt für Jugend, Soziales und Versorgung als zuständige Behörde in enger Abstimmung mit dem Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie den sofortigen einjährigen – und damit äußerst langen – Aufnahmestopp und weitere sofort umzusetzende Maßnahmen erlassen. Die Anordnung wurde der Einrichtung am 12. November 2014 per Fax mitgeteilt. Ebenso hat das Ministerium in Abstimmung mit dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung entschieden, mit diesen Feststellungen initiativ an die Öffentlichkeit zu gehen und die Missstände in der Einrichtung und die durch das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung angeordneten Sanktionen bekannt zu machen. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 22. Dezember 2014 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4294 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu 2.: Die zuständige Behörde kann den Einsatz von zusätzlichem Personal fordern, wenn sie in einer Einrichtung für ältere, pflegebedürftige Menschen Mängel in der Betreuung, Pflege und Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner feststellt. Dies ist gegenwärtig der Fall in der Einrichtung in Mainz-Finthen und Bestandteil der zusätzlichen Anforderungen neben dem Aufnahmestopp. Die Einrichtung wird in der Anordnung vom 12. November 2014 unter anderem dazu verpflichtet: – Je Stockwerk zusätzliches Personal einzusetzen und zwar Fachkräfte und Hilfskräfte, deren Einsatz am Grundpflege- und Betreuungsbedarf der Bewohnerinnen und Bewohner auszurichten ist, – eine fachliche Begleitung der in der Einrichtung tätigen Fachkräfte mit ausländischem Examen sicherzustellen, – sich für die Dauer von zwölf Monaten durch ein externes – von der Casa Reha Gruppe unabhängiges – Beratungsunternehmen begleiten zu lassen, – eine dauerhafte Besetzung der Einrichtungsleitung zu gewährleisten. Die in der Vergangenheit häufigen Wechsel in der Einrichtungsleitung sind vermutlich eine wesentliche Ursache für die gegenwärtigen Mängel. Zu 3.: Seit den Vorfällen im Jahr 2013 wurde die Einrichtung durch die Beratungs- und Prüfbehörde nach dem Landesgesetz über Wohnformen und Teilhabe engmaschig kontrolliert und fachlich intensiv begleitet. Insgesamt haben die zuständigen Kolleginnen und Kollegen seit dem 25. Juli 2013 insgesamt 24 unangemeldete Begehungen und Prüfungen in der Einrichtung in Mainz-Finthen durchgeführt . Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung hat im Februar 2014 eine erneute Prüfung durchgeführt und danach „ersichtliche Verbesserungen“ angemerkt. Insgesamt ist festzustellen, dass die Einrichtung Auflagen, die ihr im Jahr 2013 durch die Beratungs- und Prüfbehörde nach dem Landesgesetz über Wohnformen und Teilhabe aufgegeben wurden – zum Beispiel hinsichtlich des Erreichens einer verbesserten Personalstruktur – nach positiver Feststellung durch die Beratungs- und Prüfbehörde nach dem Landesgesetz über Wohnformen und Teilhabe wieder eingestellt hat. Nach Erlass der aktuellen Anordnung vom 12. November 2014 wurde die Einrichtung Pro Vita am 17. November 2014 erneut durch die Beratungs- und Prüfbehörde nach dem Landesgesetz über Wohnformen und Teilhabe überprüft. Dabei wurde festgestellt, dass am dazwischen liegenden Wochenende offensichtlich eine Grundreinigung des gesamten Hauses erfolgt ist – die Einrichtung machte nun einen weitaus saubereren Eindruck. Es wurde festgestellt, dass bereits mehr Personal vor Ort eingesetzt wird. Über die Anordnung hinaus wurden zwei Hauswirtschaftskräfte eingestellt, um die Speisenversorgung der Bewohnerinnen und Bewohner zu verbessern. Insgesamt macht die Einrichtung einen etwas besser organisierten Eindruck. Die Beratungs- und Prüfbehörde nach dem Landesgesetz über Wohnformen und Teilhabe wird ihre unangemeldeten Prüfbesuche und ihre fachliche Begleitung trotz der damit verbundenen Personalbindung fortsetzen. Zu 4.: Nicht zuletzt die Vorfälle mit Casa Reha im Jahr 2013 haben gezeigt, dass Einrichtungen differenziert betrachtet werden müssen. Qualität kann nicht in Einrichtungen hineingeprüft werden. Eine vollumfängliche Risikoabsicherung durch Prüfinstanzen könnte auch bei höchstem Personaleinsatz nicht sichergestellt werden. Der Ansatz der Landesregierung setzt auf die Qualitätsverantwortung der Träger – diese Verantwortung wird vorausgesetzt. Es gibt viele Einrichtungen, Träger und besonders Pflegekräfte in Rheinland-Pfalz, die eine sehr gute und engagierte Arbeit machen. Und es gibt einige schwarze Schafe, die nicht eine ganze Branche diffamieren dürfen. Wenn eine Einrichtung sich dem Auftrag und der Verantwortung einer guten Qualität entziehen will, dann kann man dies durch noch so viele Prüfungen nicht verhindern. Dann müssen harte Maßnahmen ergriffen, gleichzeitig aber auch auf die Fähigkeit zur Qualitätsentwicklung gesetzt werden. Die beschriebenen Maßnahmen und Schritte gegen die Einrichtung Pro Vita sind konsequent vor dem Hintergrund, dass die Landesregierung bereits anlässlich der letzten Vorfälle eine Änderung des Landesgesetzes über Wohnformen und Teilhabe angekündigt hat. Die Landesregierung wird in Kürze den Referentenentwurf eines Änderungsgesetzes zum LWTG in die Ressortanhörung bringen, in den auch die Erfahrungen mit der Unternehmensgruppe Casa Reha eingeflossen sind. Die Einrichtungen sind dann unter anderem nach § 2 Abs. 4 LWTG explizit dafür verantwortlich, eine dem allgemein anerkannten Stand fachlicher Erkenntnisse entsprechende Qualität des Wohnens, der Pflege, der Teilhabe, der Unterstützung und der Verpflegung zu gewährleisten. Dieser Entwurf betont und stärkt die Qualitätsverantwortung der Einrichtungsträger und verstärkt den Beratungsansatz der Beratungs - und Prüfbehörde. Das bedeutet Begleitung für gute Einrichtungen und ein entschiedenes und schnelles Maßnahmenpaket für 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/4294 die Gefahrenabwehr bei risikobehafteten Einrichtungen, in den Mängel festgestellt werden oder über die Beschwerden eingehen. Ein partnerschaftliches Beratungssystem wird nach Überzeugung der Landesregierung langfristig dazu beitragen, gute und gewillte Einrichtungen in der Weiterentwicklung und Sicherung ihrer Qualität zu unterstützen und zu stärken. Sabine Bätzing-Lichtenthäler Staatsministerin 3