Drucksache 16/4371 11. 12. 2014 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Adolf Kessel, Dorothea Schäfer und Marlies Kohnle-Gros (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen Unterbringung von Asylsuchenden in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage 2831 vom 20. November 2014 hat folgenden Wortlaut: Wir fragen die Landesregierung: 1. Welche Kapazitäten werden in Aufnahmeeinrichtungen für Asylbegehrende benötigt, wenn 2014 und 2015 ca. 10 000 Flücht- linge nach Rheinland-Pfalz kommen und diese bis zu drei Monate dort verbleiben? 2. Wie begründet die Landesregierung die hygienischen, sicherheitstechnischen und baulichen Mängel in den Aufnahmeeinrich- tungen für Asylbegehrende in Rheinland-Pfalz? 3. Welche Kostenerstattung pro Person erhält eine Kommune nach Zuweisung für die Unter bringung, Kleidung und Verpflegung? 4. Wer trägt die Krankenkosten der Flüchtlinge, vor allem auch der Kinder, die teilweise ver letzt und/oder traumatisiert sind? Das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 24. November 2014 wie folgt beantwortet: Die Landesregierung Rheinland-Pfalz rechnet aufgrund der weltweiten Krisenherde und Flüchtlingsbewegungen sowie der Zugangs - zahlen Asylsuchender seit Sommer 2012 auch mit weiterhin stark steigenden Zugangszahlen in den kommenden Jahren. Die letzte Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge beläuft sich für 2015 auf 200 000 Erst- und 30 000 Folgeantrags teller. Hiervon müsste Rheinland-Pfalz nach dem Königsteiner Schlüssel 4,8 % aufnehmen, also rund 9 600 Erstantragsteller. Das Minis - terium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen geht jedoch von einer höheren Zahl aus, da sich in den vergangenen Monaten die Prognosen des Bundesamts als regelmäßig zu niedrig erwiesen haben. Bei den Planungen hinsichtlich der Kapazitäts - erweiterung wird deshalb von höheren Zahlen ausgegangen. Dies vorangestellt, beantworte ich die Fragen wie folgt: Zu Frage 1: Asylbegehrende sind nach § 44 Asylverfahrensgesetz grundsätzlich verpflichtet, bis zu sechs Wochen, längstens jedoch bis zu drei Monaten, in einer Erstaufnahmeeinrichtung zu wohnen. Danach findet regelmäßig eine Weiterverteilung in die Kommunen statt. Für die Planung der notwendigen Platzkapazitäten der Erstaufnahme muss daher der unregelmäßige Zugang ebenso berücksichtigt werden wie die regelmäßige Weiterleitung. Ausgehend von einer durchschnittlich achtwöchigen Aufenthaltsdauer und dem durch die Fragestellung vorgegebenen Zugang von 10 000 Flüchtlingen müssen Platzkapazitäten in Höhe von ca. 1 500 Betten vorgehalten werden. Bei dem Höchstaufenthalt von drei Monaten wären 2 300 Plätze erforderlich. Bei den aktuellen Planungen wird allerdings von höheren Zugangszahlen ausgegangen, nämlich von mindestens 12 000 Asylbegehrenden . Bei einem unterstellten Aufenthalt von zehn Wochen und einer sozialverträglichen Unterbringung bedarf es nach ersten Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 19. Januar 2015 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4371 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Berechnungen einer Gesamtkapazität von insgesamt rund 2 700 Betten. Diesen Ansprüchen kommt die Landesregierung durch den Ausbau der Ingelheimer Außenstelle zu einer eigenständigen Erstaufnahmeeinrichtung, die ab Juli 2015 belegt werden soll, sowie der derzeit intensiven Prüfung einer dritten Erstaufnahmeeinrichtung in der ehemaligen Hochwald-Kaserne in Hermeskeil nach. Bei einem Höchstaufenthalt von 12 Wochen würde sich der Platzbedarf bei der Zugangszahl von 12 000 Asylbegehrenden auf deutlich über 2 700 Plätze erhöhen. Zu Frage 2: Angesichts der großen Zahl von Flüchtlingen und der weiter steigenden Zahlen ist die Unterbringung in den Aufnahmeeinrichtungen in Trier und Ingelheim für alle Beteiligten eine Herausforderung. Die Landesregierung bietet den Menschen, die in RheinlandPfalz Schutz und Zuflucht suchen, nach wie vor eine gute Aufnahme und eine sichere Unterbringung an. Treten hygienische, sicherheitstechnische oder bauliche Mängel in Einrichtungen auf, die die Landesregierung benutzt, ist unverzüglich Abhilfe zu schaffen. In Ingelheim waren aufgrund der immer weiter gestiegenen Flüchtlingszahlen temporär Flüchtlinge in einem Teil der Ingelheimer Einrichtung untergebracht, der bislang nicht genutzt und noch nicht voll reaktiviert worden war. Dort konnte die Heizungsanlage nicht in Betrieb genommen werden und es war nur möglich, eine Bauheizung aufzubauen. Diese transportierte die warme Luft in die Gebäude und erwärmte für die Überbrückungszeit die Räume. Diese Gebäude waren jedoch von Anfang an nur als Übergangs - lösung (und zu einem Zeitpunkt, als das Wetter noch wärmer war) gedacht. Seit dem 10. November 2014 sind die beheizbaren Wohncontainer aufgestellt, die auch nach der brandschutzrechtlichen Abnahme nun belegt sind. Auch die Gesundheit der Flüchtenden ist gewährleistet. Es gab keine Häufung von erkrankten Kindern und keine Auffälligkeiten in Zusammenhang mit der nur temporär durchgeführten Unterbringung. Sowohl die zuständige Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) als auch das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen planen fortlaufend, welche Verbesserungsmöglichkeiten es in Anbetracht der hohen Belegungszahlen gibt. Viele Menschen auf sehr beengtem Raum verursachen hygienische Herausforderungen. Sowohl in der Aufnahmeeinrichtung für Asylsuchende Trier – und auch in Ingelheim – werden Flure und Treppenhäuser täglich gereinigt. Die Sanitärräume, also Toiletten, Dusch- sowie Waschräume, reinigt und desinfiziert ein Fachunternehmen. Dabei werden etwaige Störungen gemeldet und durch die Hausmeister entfernt. Bei größeren Störungen wird umgehend ein Unternehmen für die Beseitigung beauftragt. Für die Reinigung der Zimmer sind die Asylsuchenden selbst verantwortlich, entsprechende Gerätschaften und Putzmittel stehen zur Verfügung. Das Gesundheitsamt des Kreises Trier-Saarburg hat zudem im Rahmen einer der regelmäßig erfolgenden Begehungen am 29. Okto - ber 2014 die Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende genau überprüft. Bei der Begehung, die gemeinsam mit der Lebensmittelkontrolle der Stadt Trier durchgeführt wurde, wurde festgestellt, dass zuvor gemeldete Missstände temporäre frische Verschmutzungen waren. Es wurde ein einwandfreier Zustand im Bereich der Küche der Einrichtung festgestellt. Anmerkungen hinsichtlich eines Verbesserungsbedarfs wurden aufgenommen und ihnen ist entsprechend nachgekommen worden. Die Einrichtung wird aufgrund der während der Begehung erfolgten weiteren Hinweise der Expertinnen und Experten noch genauer auf die angesprochenen Problembereiche achten. Zusammenfassend hat das Gesundheitsamt festgestellt, dass die jetzige Belegung zu sehr beengten Verhältnissen für die dort Unter - gebrachten führt und sicherlich nicht als Dauerlösung angesehen werden kann. Aus diesem Grund bemühen sich das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen sowie die ADD, durch die Schaffung weiterer Unterkünfte eine räumliche Entzerrung vorzunehmen. In der Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende stellen an den verschiedenen Standorten zwei private Firmen das Sicherheitspersonal . Mit diesen Unternehmen arbeitet das Land bereits seit 2001 bzw. 2006 zusammen. Die Zusammenarbeit hat sich bewährt und es gibt keinen Anlass daran zu zweifeln, dass deren Beschäftigte wie bisher auch in Zukunft angemessen mit den Menschen umgehen . Die Anforderungen an das Wachpersonal, die nach einem Ausschreibungsverfahren durch die ADD im Rahmen eines mit den Sicherheitsunternehmen abgeschlossenen Vertrags festgelegt wurden, können in persönliche als auch fachliche Voraussetzungen unterteilt werden. So ist der Auftragnehmer verpflichtet, nur zuverlässiges, gut beleumundetes Personal einzusetzen, das unter anderem neben einem polizeilichen Führungszeugnis, aus dem sich auch die Vorstrafenfreiheit ergeben muss, sowie einem gepflegten Erscheinungsbild einen vorbehaltlosen Umgang mit Menschen aus anderen Kulturkreisen gewährleistet. Der Auftragnehmer ist nicht berechtigt, sich zur Erfüllung seiner Verpflichtungen anderer Unternehmen zu bedienen. Beide Sicherheitsfirmen gehen bei der Auswahl neuer Beschäftigter sehr umsichtig vor. Bereits im Vorfeld einer Verwendung in der Aufnahmeeinrichtung werden potenzielle Kandidaten der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion vorgestellt und in einem Gespräch durch diese persönlich interviewt. Zusätzlich wird im Rahmen der Probezeit beobachtet, ob die Kandidatin oder der Kandidat für den Einsatz in diesem Umfeld, das hohe Anforderungen an die Persönlichkeit stellt, geeignet ist. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sicherheitspersonals nehmen nach ihrer Einstellung zudem an Schulungen und Fortbildungen der Erstaufnahmeeinrichtung sowie an den in den Einrichtungen stattfindenden Dienstbesprechungen teil. 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/4371 Zu Frage 3: Das Land Rheinland-Pfalz trägt seit vielen Jahren gemeinsam mit den Kommunen die finanziellen Folgen, die durch die Aufnahme, Unterbringung und Versorgung von Asylbegehrenden und Flüchtlingen entstehen. Gemäß dem Landesaufnahmegesetz erstattet das Land den Kommunen derzeit z. B. für die monatlich entstehenden Kosten pro Person pauschal 502 € pro Monat. Diese Kostenpauschale wird regelmäßig bei Erhöhung der den Betroffenen zustehenden Leistungen angehoben, so auch in 2015. Ab dem nächsten Jahr wird sich nach aktuellen Berechnungen die Pauschale auf monatlich 513 € erhöhen. Die Erstattungspauschale wurde von 312 € im Juli 2012 auf aktuell 502 € zum 1. Januar 2014 (also um rund 61 %) erhöht. Die pauschale Kostenerstattung umfasst dabei auch andere Personenkreise, wie z. B. Personen, die über Bundesaufnahmeprogramme wie aktuell z. B. Syrien, afghanische Ortskräfte, jüdisch Emigrierte oder auch über das Resettlement-Verfahren des UNHCR in Rheinland-Pfalz aufgenommen werden. Das Land erstattet in diesem Jahr an die Kommunen rund 41 Mio. €. Eine Summe, die aufgrund der deutlich gestiegenen Zahlen von Flüchtlingen ohne die Bewilligung überplanmäßiger Ausgaben im Einzelplan 07 nicht leistbar wäre. Zu Frage 4: Die Übernahme der Krankenkosten gem. § 4 Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) trägt das Land während der Zeit in der Erstaufnahmeeinrichtung. Nach der Verteilung auf die Kommunen ist die Durchführung des AsylbLG nach dem Landesaufnahme - gesetz den Landkreisen und kreisfreien Städten als kommunale Selbstverwaltungsaufgabe übertragen. Insoweit entscheiden die kommunalen Gebietskörperschaften eigenständig über eine Leistungsgewährung nach dem AsylbLG. Bei besonders kostenintensiven Krankheitsfällen besteht für die Kommunen die Möglichkeit, über die zuvor genannte Pauschale hinaus einer Erstattung in Höhe von 85 % der tatsächlich entstandenen Aufwendungen beim Land geltend zu machen. Dies ist in der Landesverordnung „Ausnahme von der pauschalen Erstattung nach dem Landesaufnahmegesetz“ geregelt und sieht dies bei stationären Aufenthalten und damit verbundenen Aufwendungen von mindestens 7 600 € oder auch bei einer schweren Dauer - erkrankung mit jährlichen Kosten von über 35 000 € im Einzelfall pro Jahr vor. Irene Alt Staatsministerin 3