Drucksache 16/4424 19. 12. 2014 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Martin Brandl (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Anti-Stress-Verordnung Die Kleine Anfrage 2885 vom 4. Dezember 2014 hat folgenden Wortlaut: „Die Landesregierung begrüßt und unterstützt die von Bundesministerin Andrea Nahles angekündigte Anti-Stress-Verordnung“ in Drucksache 16/4236. Vor diesem Hintergrund stelle ich folgende Fragen: 1. Welchen Inhalt hat diese Verordnung? 2. Inwiefern wurde die Landesregierung an der Erstellung der Verordnung beteiligt oder zur Erstellung befragt? 3. Welche Inhalte erwartet die Landesregierung von einer solchen Verordnung? 4. Welche Reaktionen erwartet die Landesregierung seitens der rheinland-pfälzischen Wirtschaft auf diese Verordnung? 5. Welche Probleme sieht die Landesregierung am Arbeitsplatz, die über eine Anti-Stress-Verordnung gelöst werden könnten? 6. Welche zusätzlichen Kosten erwartet die Landesregierung für rheinland-pfälzische Wirtschaftsbetriebe durch die Verordnung? 7. Welchen Nutzen erwartet die Landesregierung von der Verordnung? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 19. Dezember 2014 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Eine eigenständige Verordnung beziehungsweise ein Entwurf der Bundesregierung zur sogenannten „Anti-Stress-Verordnung“ liegt der Landesregierung bis dato nicht vor. In einer Stellungnahme zum Beschluss des Bundesrates zum „Entwurf einer Verordnung zum Schutz vor Gefährdungen durch psychische Belastung bei der Arbeit“ weist die Bundesregierung im März 2014 darauf hin, dass über die Verankerung des Themas in den geltenden Arbeitsschutzverordnungen hinaus „auch verbindliche Regelungen in Form einer Verordnung gegen arbeitsbedingte psychische Erkrankungen“ nicht ausgeschlossen sind. Über das weitere Vorgehen, so die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme zu dem Beschluss des Bundesrates, könne erst nach Vorlage weiterer wissenschaftlicher Erkenntnisse entschieden werden. Zu 2.: Der Bundesrat hat im Mai 2013 einen „Entwurf einer Verordnung zum Schutz vor Gefährdungen durch psychische Belastungen bei der Arbeit“ (Bundesratsdrucksache 315/13) beschlossen und der Bundesregierung zur Umsetzung vorgelegt. Rheinland-Pfalz hat den Entwurf begrüßt und diesem zugestimmt. Zu 3.: Nur jeder zweite Betrieb in Deutschland führt – laut Bericht zur Dachevaluation der ersten Periode der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie – eine Gefährdungsbeurteilung durch. Von den Betrieben, die eine solche durchführen, werden psychische Belastungsfaktoren noch zu selten als Bestandteil der Gefährdungsbeurteilung gesehen und berücksichtigt. Wie die Länder in ihrem Verordnungsentwurf anmerken, hängt die Effektivität des staatlichen Arbeitsschutzrechts aber eng mit dem Grad der jeweiligen Konkretisierung zusammen. So beinhalten die bestehenden Arbeitsschutzverordnungen konkrete Regelungen, die Maßnahmen auf der betrieblichen Ebene beschreiben und somit für den Arbeitgeber transparent und nachvollziehbar sind. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 23. Januar 2015 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4424 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Daher ist zu erwarten, dass konkrete und verbindliche Anforderungen für den Bereich psychische Belastung bei der Arbeit es Arbeitgebern erleichtern können, ihre Verpflichtungen zu erkennen und angemessen zu erfüllen. Den Aufsichtsbehörden würden sie eine größere Rechtssicherheit vermitteln und die Beratung, aber auch die Durchsetzungsfähigkeit für verbindliche Forderungen an die Betriebe stärken. Ziel muss es sein, dass sich der Anteil von Betrieben – auch in Rheinland-Pfalz – mit einer Gefährdungsbeurteilung , die auch die arbeitsbedingten psychischen Belastungsfaktoren angemessen berücksichtigen, erhöht. Einen diesbezüglichen Beschluss haben die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales der Länder anlässlich der 91. Arbeits- und Sozialministerkonferenz im November 2014 gefasst und die Bundesregierung gebeten, eine entsprechende Rechtsgrundlage für eine angemessene Überwachung und Beratung der Betriebe zu arbeitsbedingten psychischen Belastungen zu schaffen. Zu 4.: Die Landesregierung geht davon aus, dass es auch im Interesse der rheinland-pfälzischen Wirtschaft ist, die negativen Auswirkungen psychischer Fehlbelastungen der Beschäftigten am Arbeitsplatz zu vermeiden oder zu verringern. Konkrete und nachvollziehbare Regelungen und Anforderungen im Umgang mit psychischen Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz können insbesondere für kleinere Betriebe mit kleineren Ressourcen eine zielführende Grundlage sein, effektive betriebliche Strategien zu entwickeln, um Fehlbelastungen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter frühzeitig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Zu 5.: Psychische Fehlbelastungen am Arbeitsplatz können körperlich und psychisch krank machen. Es ist die Grundpflicht des Arbeitgebers , seine Beschäftigten vor Gesundheitsgefährdungen am Arbeitsplatz zu schützen. Das Instrument zur Ermittlung und Bewertung der arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren beziehungsweise Ursachen und Bedingungen ist die Gefährdungsbeurteilung, die sowohl die körperlichen als auch die psychischen Belastungsfaktoren angemessen berücksichtigen muss. In der betrieblichen Praxis werden aber gerade die psychischen Belastungsfaktoren nur selten erkannt und damit einem anhaltend hohen Niveau arbeitsbedingter psychischer Belastungen und möglichen Folgewirkungen, wie zum Beispiel Arbeitsunfähigkeit und Frühverrentung, nicht effektiv am Arbeitsplatz entgegengewirkt. Zu 6.: Die Pflichten zum Schutz vor Gefährdungen durch arbeitsbedingte psychische Belastungen bestehen bereits für den Arbeitgeber. Die Arbeitgeber, die die psychischen Belastungsfaktoren in ihren Gefährdungsbeurteilungen angemessen berücksichtigen, haben keinen Mehraufwand und damit auch keine Mehrkosten zu erwarten. Vielmehr können durch konkrete Anforderungen im Umgang mit arbeitsbedingten psychischen Belastungsfaktoren Kosten für mögliche Folgen von Erkrankungen und betrieblicher Abwesenheit eingespart werden. Insgesamt erhält und fördert ein effektiver Arbeits- und Gesundheitsschutz die Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und damit die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Zu 7.: Die Landesregierung sieht mit einer entsprechenden Rechtsgrundlage für eine angemessene Überwachung und Beratung der Betriebe zu psychischer Belastung am Arbeitsplatz eine zielführende Maßnahme, um den negativen Auswirkungen arbeitsbedingter psychischer Belastung frühzeitig entgegenzuwirken. Sabine Bätzing-Lichtenthäler Staatsministerin