Drucksache 16/4432 zu Drucksache 16/4235 22. 12. 2014 A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU – Drucksache 16/4235 – Entwicklung der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen in Rheinland-Pfalz Die Große Anfrage 16/4235 vom 13. November 2014 hat folgenden Wortlaut: Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es nach § 53 SGB XII, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen. Seit Jahren wird ein stetiger Kostenanstieg der Eingliederungshilfe festgestellt. Nur eine nachhaltige Gestaltung der Eingliederungshilfe sichert ihre Leistungsfähigkeit. Das bringt auch landespolitische Aufgaben mit sich. Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie haben sich die Ist-Ausgaben für die Eingliederungshilfe (Haushaltstitel 06 04 63 331 Nr. 4) in den Jahren 2004, 2005, 2006, 2007, 2008, 2009, 2010, 2011, 2012 und 2013 in Rheinland-Pfalz entwickelt? 2. Wie beurteilt die Landesregierung diese Entwicklung? 3. Welches sind die Ursachen für die Entwicklung? 4. Welche landesspezifischen Besonderheiten gibt es hier im Vergleich zu anderen Ländern und gegenüber dem Bundesdurchschnitt, welche sachlichen und politischen Konsequenzen ergeben sich daraus? 5. Wie hat sich die Eingliederungshilfe in Rheinland-Pfalz in den vergangenen zehn Jahren insgesamt konzeptionell und strukturell hinsichtlich der Hilfeerbringung entwickelt? 6. Wie beurteilt die Landesregierung diese Entwicklung? 7. Welches sind die Ursachen für die Entwicklung? 8. Welche landesspezifischen Besonderheiten gibt es hier im Vergleich zu anderen Ländern und gegenüber dem Bundesdurchschnitt, welche sachlichen und politischen Konsequenzen ergeben sich daraus? 9. Wie hat sich die Zahl der Hilfeempfänger in Rheinland-Pfalz insgesamt in den vergangenen zehn Jahren entwickelt? 10. Wie hat sich diese Zahl nach Hilfearten entwickelt? 11. Wie hat sich diese Zahl nach Hilfeformen entwickelt? 12. Wie beurteilt die Landesregierung diese Entwicklung? 13. Welches sind die Ursachen für die Entwicklung? 14. Welche landesspezifischen Besonderheiten gibt es hier im Vergleich zu anderen Ländern und gegenüber dem Bundesdurchschnitt, welche sachlichen und politischen Konsequenzen ergeben sich daraus? 15. Wie haben sich die Ist-Ausgaben für die Eingliederungshilfe in absoluten Zahlen und pro Kopf in den Jahren 2004, 2005, 2006, 2007, 2008, 2009, 2010, 2011, 2012 und 2013 – aufgeschlüsselt nach den 16 Bundesländern – entwickelt? 16. Wie teilen sich diese Ausgaben nach Kostenträgern auf? 17. Wie beurteilt die Landesregierung diese Entwicklung? Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 19. Januar 2015 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4432 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 2 18. Welches sind die Ursachen für die Entwicklung? 19. Welche landesspezifischen Besonderheiten gibt es hinsichtlich Entgelt- und Kostenhöhen, Kostenübernahmen und Kostentragung im Vergleich zu anderen Ländern und zum Bundesrecht, welche sachlichen und politischen Konsequenzen ergeben sich daraus? 20. Wie haben sich die Ausgaben nach Hilfearten insgesamt und für die jeweiligen Kostenträger im Vergleich zu den anderen Ländern (absolute Zahlen und anteilige Werte) entwickelt? 21. Wie haben sich die Ausgaben nach Hilfeformen insgesamt sowie für die jeweiligen Kostenträger im Vergleich zu den anderen Ländern (absolute Zahlen und anteilige Werte) entwickelt ? 22. Wie hat sich die Höhe der Ausgaben pro Hilfeempfänger insgesamt sowie aufgeteilt nach Kostenträgern im Vergleich zu den anderen Ländern (absolute Zahlen und anteilige Werte) entwickelt? 23. Wie hat sich die Höhe dieser Ausgaben nach Hilfearten entwickelt? 24. Wie hat sich die Höhe dieser Ausgaben nach Hilfeformen entwickelt? 25. Wie beurteilt die Landesregierung diese Entwicklung? 26. Welches sind die Ursachen für die Entwicklung? 27. Welche landesspezifischen Besonderheiten gibt es hinsichtlich Entgelt- und Kostenhöhen, Kostenübernahmen, Kostentragung und Ausgabenentwicklung im Vergleich zu anderen Ländern und gegenüber dem Bundesdurchschnitt, welche sachlichen und politischen Konsequenzen ergeben sich daraus? 28. Wie haben sich die Ist-Ausgaben für die Eingliederungshilfe in absoluten Zahlen und pro Kopf in den Jahren 2004, 2005, 2006, 2007, 2008, 2009, 2010, 2011, 2012 und 2013 – aufgeschlüsselt nach den einzelnen örtlichen Trägern der Eingliederungshilfe in RheinlandPfalz – entwickelt? 29. Wie beurteilt die Landesregierung diese Entwicklung? 30. Welches sind die Ursachen für die Entwicklung? 31. Welche ortstypischen Besonderheiten gibt es hinsichtlich Entgelt- und Kostenhöhen, Kostenübernahmen, Kostentragung und Ausgabenentwicklung im Vergleich der örtlichen Träger der Eingliederungshilfe? 32. Welche sachlichen und politischen Konsequenzen ergeben sich daraus? 33. Worin sieht die Landesregierung die dringendsten Probleme der Eingliederungshilfe in Rheinland-Pfalz? 34. Welches Handlungskonzept verfolgt sie? 35. Welche Ergebnisse liegen vor oder stehen noch aus? 36. Worin bestehen für die Landesregierung die dringendsten Aufgaben der konzeptionellen und strukturellen Entwicklung der Eingliederungshilfe in Rheinland-Pfalz? 37. Welches Handlungskonzept verfolgt sie, welche Ergebnisse liegen vor oder stehen noch aus? 38. Wie beurteilt die Landesregierung die weitere Bedarfsentwicklung für die Eingliederungshilfe in Rheinland-Pfalz? 39. Welches Handlungskonzept verfolgt sie als Konsequenz, welche Ergebnisse liegen vor oder stehen noch aus? 40. Wie beurteilt die Landesregierung die weitere Kostenentwicklung für die Eingliederungshilfe in Rheinland-Pfalz? 41. Welches Handlungskonzept verfolgt sie als Konsequenz, welche Ergebnisse liegen vor oder stehen noch aus? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Große Anfrage namens der Landesregierung – Zuleitungsschreiben der Ständigen Vertreterin des Chefs der Staatskanzlei vom 22. Dezember 2014 – wie folgt beantwortet: Menschen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch länger als sechs Monate an ihrer Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft beeinträchtigt sind, erhalten nach § 53 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn die Behinderung beziehungsweise Beeinträchtigung wesentlich ist. Weitere Voraussetzung für eine Leistungsgewährung ist, dass unter Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann; besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und den Menschen mit Behinderungen in die Gesellschaft einzugliedern. Sofern diese individuell zu prüfenden Voraussetzungen erfüllt sind, hat der Mensch mit Behinderungen einen Rechtsanspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe. Menschen, die von einer Behinderung bedroht sind, können Leistungen gewährt werden. 3 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/4432 Ein bedeutsames Instrument für konkrete Unterstützungsleistungen für Menschen mit Behinderungen ist die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem Sechsten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch. Sie bietet ein umfangreiches und vielfältiges Spektrum an Leistungen für Menschen mit geistigen (Menschen mit Lernschwierigkeiten), körperlichen und seelischen (psychischen ) Behinderungen. Das Netz an Leistungen reicht von der Frühförderung für Kinder mit Behinderung bis hin zu dem immer notwendiger werdenden Angebot einer Tagesstruktur für Menschen mit Behinderung im Rentenalter. Die Leistungen der Eingliederungshilfe unterliegen als Leistung der Sozialhilfe den allgemeinen Grundsätzen des Sozialhilferechts. Dazu gehört, dass eine vorrangige Leistungsverpflichtung anderer Sozialleistungs- beziehungsweise Reha-Träger zu prüfen ist und dass die Leistungen, von Ausnahmen abgesehen, grundsätzlich einkommens- und vermögensabhängig sind. Weiterhin gehört zu den tragenden Prinzipien des Sozialhilferechts, dass diese Leistungen vom Bedarfsdeckungsprinzip geprägt sind; dies bedeutet, dass unter Beachtung des angemessenen Wunsch- und Wahlrechts der Menschen mit Behinderungen die individuellen Bedarfe zu berücksichtigen sind. Der Leistungskatalog der Eingliederungshilfe ist in § 54 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch nicht abschließen geregelt; im Wesentlichen gehören dazu: – Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten, – Teilhabe am Arbeitsleben (z. B. im Arbeitsbereich der Werkstätten), – Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben, – Hilfen zur angemessenen Schulbildung. In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat in der Politik für Menschen mit Behinderungen ein Paradigmenwechsel stattgefunden, der dadurch zum Ausdruck kommt, dass statt fürsorglicher Hilfen die Aspekte Teilhabe verwirklichen, Gleichstellung durchsetzen und Selbstbestimmung ermöglichen in den Mittelpunkt des Denkens und Handelns gerückt sind. Ausdruck findet dieses Umdenken unter anderem in der Ergänzung von Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 des Grundgesetzes („Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“) im Jahr 1994, dem Elften Buch Sozialgesetzbuch „Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen“ (1. Juli 2001), den Gesetzen zur Gleichstellung behinderter Menschen des Bundes (1. Mai 2002) und der Länder, dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) (18. August 2006) und der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Die Landesregierung hat diesen Prozess nicht nur unterstützt, sondern auch aktiv mitgestaltet. So hat der rheinland-pfälzische Landtag als erstes Bundesland nach der Verabschiedung des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen durch den Deutschen Bundestag im Dezember 2002 das Landesgesetz zur Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen beschlossen. Auch die Arbeits- und Sozialministerkonferenz hat sich seit dem Jahr 2007 eingehend mit dem Thema Eingliederungshilfe befasst. Es waren unter Federführung von Rheinland-Pfalz die Bundesländer, die damals die Forderung erhoben haben, die Leistungen der Eingliederungshilfe weiterzuentwickeln. In allen Bereichen müssen sich die Unterstützungsleistungen noch stärker an den individuellen Bedürfnissen der Menschen orientieren. Es ist sehr erfreulich, dass der Koalitionsvertrag eine verlässliche Grundlage dafür ist, dass das Bundesteilhabegesetz noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten kann. Durch die allseits bekannten Entwicklungen in der Eingliederungshilfe ist ebenso anerkannt, dass es sich hierbei um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt. Von daher ist es nur folgerichtig, dass sich der Bund an den Kosten der Eingliederungshilfe beteiligt und damit eine langjährige Forderung der Länder umsetzt. Die Sozialhilfe wird von örtlichen (Landkreise und kreisfreien Städte) und überörtlichen (Land) Trägern geleistet. Die sachliche Zuständigkeit zwischen den beiden Leistungsträgern wird nach Landesrecht bestimmt. Für den Bereich der Eingliederungshilfe gilt in Rheinland-Pfalz seit jeher die grundsätzliche Festlegung, dass das Land für die (teil-)stationären Leistungen und die Kommunen für die ambulanten Leistungen zuständig sind. Die Leistungen der Eingliederungshilfe werden im häuslichen Bereich (= ambulant) oder stationär (zum Beispiel in Wohnheimen, Werkstätten oder Tagesförderstätten) gewährt. Daraus ergibt sich, dass das Land lediglich konkrete Zahlen für die (teil-)stationäre Leistungen, Leistungsempfänger und Kosten hat. Daneben liegen dem Land auch konkrete Zahlen für die leistungsberechtigten Menschen, die Leistungen im Rahmen des Budgets „Hilfe nach Maß“ und des „Budgets für Arbeit“ erhalten, vor. Für die übrigen ambulanten Leistungen, Leistungsempfänger und Kosten liegen dem Land Rheinland-Pfalz lediglich Zahlen über die jährliche Landesstatistik vor. Aufgrund der Tatsache, dass diese sehr pauschalen Zahlen nicht valide sind, wurden sie nicht berücksichtigt. Bei den Zahlen des Landes handelt es sich um sogenannte „Zahlfälle“. Da die Aufgaben mittlerweile von den Kommunen erledigt Drucksache 16/4432 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode werden, besteht die Möglichkeit, dass diese über einen Zeitraum von bis zu vier Jahren rückwirkend Nachzahlungen, Rückzahlungen usw. geltend machen können. Deswegen handelt es sich bei den „Zahlfällen“ nicht um die konkrete Zahl der Leistungsberechtigten . Die Fragen 8, 15, 20, 21 und 22 beziehen sich auch auf Vergleichszahlen aus den übrigen fünfzehn Bundesländern. Zur Beantwortung dieser Fragen konnte nicht auf Material des Statistischen Bundesamtes zurückgegriffen werden, diese weichen, wegen anderer Bezugsgrößen, von den Daten des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung ab. Dort konnte zur Beantwortung dieser Fragen nur auf den „Endbericht zur Verbesserung der Datengrundlage zur strukturellen Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen“ vom August 2014 des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zurückgegriffen werden. Dies gilt aber nicht für alle Leistungsarten der Eingliederungshilfe, sondern für die mit Abstand höchste Zahl von leistungsberechtigten Menschen und Aufwendungen (ambulantes und stationäres Wohnen, Beschäftigung im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen). Auch wenn die dortigen Definitionen nicht vollständig mit der Definition des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung übereinstimmen, ist wegen der überwiegenden Übereinstimmung eine Vergleichbarkeit gegeben. Hinzuweisen ist auch darauf, dass die Bruttoausgaben im stationären Wohnen auch die Pflegeleistungen und Teile der Leistungen zum Lebensunterhalt (z. B. Bekleidung , Barbetrag) und sonstige Aufwendungen (z. B. Hilfsmittel) enthalten. Auch muss darauf hingewiesen werden, dass es zu Doppel- beziehungsweise Mehrfachzählungen kommen kann (zum Beispiel der leistungsberechtigte Mensch erhält sowohl Leistungen zum Wohnen, als auch Leistungen für den Besuch einer Werkstatt). Die einzelnen Daten beinhalten nicht Daten für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche; nach den Bestimmungen des Achten Buches Sozialgesetzbuch werden diese Aufwendungen im Rahmen der Jugendhilfe getragen. 1. Wie haben sich die Ist-Ausgaben für die Eingliederungshilfe (Haushaltstitel 06 04 63 331 Nr. 4) in den Jahren 2004, 2005, 2006, 2007, 2008, 2009, 2010, 2011, 2012 und 2013 in Rheinland-Pfalz entwickelt? Die Kostenentwicklung für das Land Rheinland-Pfalz als überörtlichem Träger der Sozialhilfe ergibt sich aus der nachfolgenden Übersicht: 2. Wie beurteilt die Landesregierung diese Entwicklung? 3. Welches sind die Ursachen für diese Entwicklung? Die deutlich verbesserte soziale Situation von Menschen mit Behinderungen sowie der Fortschritt in der Medizin und in der Frührehabilitation sind wesentliche Gründe dafür, dass Menschen mit Behinderungen ein Lebensalter, das weitgehend dem von Menschen ohne Behinderungen entspricht, erreichen. Auch hat der medizinische Fortschritt dazu geführt, dass Kinder mit Behinderungen, die früher aufgrund einer Erkrankung oder Behinderung in der Schwangerschaft oder bei einer Frühgeburt verstarben, heute frühzeitig behandelt werden und überleben. Diese Entwicklung wird ausdrücklich von der Landesregierung begrüßt. Gesellschaftliche Veränderungen und die von der UN-Behindertenrechtskonvention als Menschenrecht formulierte, von den behinderten Menschen eingeforderte und von der Landesregierung unterstützte Forderung nach dem Recht auf Teilhabe und Selbstbestimmung haben dazu geführt, dass die fürsorgliche Haltung zunehmend ersetzt wird durch Assistenzleistungen, Unterstützung, Begleitung und Förderung. So werden heute viel früher Angebote der Eingliederungshilfe, gerade im Förderbereich, in Anspruch genommen. Auch dies ist aus Sicht der Landesregierung eine positive Entwicklung. 4. Welche landesspezifischen Besonderheiten gibt es hier nach dem Kenntnis der Landesregierung im Vergleich zu anderen Ländern und gegenüber dem Bundesdurchschnitt, welche sachlichen und politischen Konsequenzen ergeben sich daraus? Mit der Einführung des Persönlichen Budgets „Hilfe nach Maß für Menschen mit Behinderungen“ und dem „Budget für Arbeit“ hat Rheinland-Pfalz eine bundesdeutsche Vorreiterrolle eingenommen. Die als ambulante Angebote konzipierten Unterstützungsleistungen stellen den Menschen mit Behinderungen in den Mittelpunkt. Im Rahmen einer individuellen Teilhabeplanung werden mit dem behinderten Menschen in einem ersten Schritt Teilhabeziele vereinbart, um dann in einem zweiten Schritt zu klären, welche Beeinträchtigungen und gesellschaftliche Barrieren die Teilhabe 4 2004 2005 2006 2007 2008 537 421 097,07 544 247 827,05 574 008 977,41 560 934 229,24 582 693 024,31 2009 2010 2011 2012 2013 665 479 807,87 688 079 967,48 720 902 325,11 769 831 110,65 784 002 828,28 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/4432 einschränken. Dann wird in einem dritten Schritt konkret mit dem behinderten Menschen geprüft ,,in welchen Lebensbereichen welche Unterstützungsbedarfe bestehen und mit welcher Fachlichkeit die notwendigen Unterstützungsleistungen zu erbringen sind“. Durch diese sehr differenzierte und einzelfallbezogene Betrachtung ist es möglich, die im Einzelfall passgenaue Unterstützungsleistung gemeinsam mit dem Menschen mit Behinderung zu entwickeln und zu vereinbaren. Ein zentrales Ziel der Landesregierung ist es, dem leistungsrechtlichen Grundsatz „ambulant vor stationär“ unter Wahrung des individuellen Wunsch- und Wahlrechts mehr Geltung zu verschaffen. In der Vergangenheit gab es im Hinblick auf die Finanzierungsbeteiligung des Landes ein Ungleichgewicht: Während sich das Land bei den stationären Leistungen zur Hälfte an den Aufwendungen beteiligte, mussten die Landkreise und kreisfreien Städte als örtliche Träger der Sozialhilfe bei ambulanten Leistungen die Kosten vollständig tragen. Eine Ausnahme hiervon gab es bei dem Persönlichen Budget „Hilfe nach Maß“ und beim „Budget für Arbeit“; hier beteiligte sich das Land bis 31. Dezember 2013 zur Förderung dieser Angebote freiwillig mit bis zur Hälfte an den Aufwendungen des örtlichen Sozialhilfeträgers. Durch die Neuregelungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs wurde diese Ungleichbehandlung ab 1. Januar 2014 beseitigt; seitdem beteiligt sich das Land im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs zur Hälfte an den ambulanten Aufwendungen im Rahmen der Eingliederungshilfe. 5. Wie hat sich die Eingliederungshilfe in Rheinland-Pfalz in den vergangenen zehn Jahren insgesamt konzeptionell und strukturell hinsichtlich der Hilfeerbringung entwickelt? 6. Wie beurteilt die Landesregierung diese Entwicklung? 7. Welches sind die Ursachen für die Entwicklung? 8. Welche landesspezifischen Besonderheiten gibt es hier nach Kenntnis der Landesregierung im Vergleich zu anderen Ländern und gegenüber  dem Bundesdurchschnitt, welche sachlichen und politischen Konsequenzen ergeben sich daraus? Die Eingliederungshilfe wurde bis Anfang der 1980iger Jahre, wie andere Leistungsarten auch, vorrangig als eine Leistung in stationären Einrichtungen erbracht. Menschen mit Behinderungen blieben oftmals solange wie die Familie die Hilfen selbst erbringen konnte in der häuslichen Umgebung. Mitte der 1970iger Jahre entwickelten sich mit den Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) ein erstes tagesstrukturierendes und damit familienentlastendes Angebot. Konnte die Familie die Betreuung und Versorgung des behinderten Menschen nicht mehr sicherstellen, wechselte dieser in eine stationäre Wohneinrichtung. Bis Mitte der 1990iger Jahre wurden in Rheinland-Pfalz sogenannte „Komplex-Einrichtungen“ gefördert. Dies waren große Einrichtungen, die Wohnen, Arbeit und Freizeit „unter einem Dach“ anboten. Die behinderten Menschen lebten in ihrer „eigenen Welt“, oftmals räumlich getrennt von ihren Familien und der Gesellschaft. Nicht zuletzt durch die sich entwickelnde emanzipatorische Behindertenselbsthilfe wurde dieses Hilfekonzept in Frage gestellt. Statt einer Exklusion in „Sonderwelten“ steht das Prinzip der Inklusion – formuliert in der Trias: Teilhabe verwirklichen – Selbstbestimmung ermöglichen – Gleichstellung durchsetzen. So werden heute bestehende Teilhabebedarfe viel früher geltend gemacht. Durch die verbesserte soziale Lage, den medizinischen Fortschritt und der damit verbundenen Tatsache, dass Menschen mit Behinderungen erstmals ein Lebensalter erreichen, das dem Lebensalter nicht-behinderter Menschen weitgehend entspricht, hat sich die Zahl der leistungsberechtigten Menschen deutlich erhöht. Neben dieser quantitativen ist aber auch eine qualitative Veränderung eingetreten. Menschen mit Behinderungen haben höchst unterschiedliche Teilhabebedarfe. Der berechtigte Anspruch auf Selbstbestimmung, Teilhabe und Gleichstellung unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts führt dazu, dass sich die heutigen von der Eingliederungshilfe finanzierten Maßnahmen qualitativ von denen der früher erbrachten unterscheiden. Es geht nicht mehr um eine „pauschale“ Unterstützung in einer stationären Einrichtung , sondern um passgenaue, den individuellen Bedarfen und Bedürfnissen entsprechende Unterstützungsleistungen. Die Landesregierung sieht diese qualitativen Veränderungen positiv. Es ist unser Ziel, Menschen mit Behinderungen ein Höchstmaß an Selbstbestimmung und Teilhabe zu ermöglichen. Sie sollen Teil der Gesellschaft werden und in ihr wohnen. Dieses Ziel muss von Anfang an beachtet werden; bereits Kinder mit Behinderungen sollen möglichst in der Kindertagesstätte „um die Ecke“ oder in integrativen Kindertagesstätten die notwendige Unterstützung und Förderung erfahren. Aus den 28 Förderkindergärten im Jahr 2000 sind vielfach integrative Kindertagesstätten geworden, sodass es mittlerweile nur noch elf Förderkindergärten gibt. Denen stehen 81 integrative Kindertagesstätten gegenüber; nahezu eintausend Kinder mit Behinderungen besuchen mittlerweile die Kindertagesstätte in der direkten Nachbarschaft. Im Schulbereich setzt sich diese positive Entwicklung fort. Auch für die Teilhabe am Arbeitsleben gibt es verschiedene Maßnahmen und Instrumente. Die Werkstätten für behinderte Menschen bieten hier mittlerweile ein differenziertes Arbeits- und Beschäftigungsangebot an. Bislang wurden behinderte Jugendliche nach der Schulentlassung oftmals direkt in einer Werkstatt für behinderte Menschen angemeldet und aufgenommen. Durch ein gemeinsam mit der Agentur für Arbeit und dem Bildungsministerium durchgeführtes Projekt „Übergang Schule/Beruf“ ist es gelungen, dass junge Menschen mit Behinderungen, vor allem aus dem Bereich der Förderschulen, die Möglichkeit erhalten, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Ausbildung oder eine Beschäftigung zu finden. 5 Drucksache 16/4432 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Mit diesem Projekt konnte eine Alternative zu der Werkstatt für behinderte Menschen entwickelt werden. Mit dem „Budget für Arbeit“ hat Rheinland-Pfalz eine bundesweite Vorreiterrolle übernommen; denn immer mehr Länder führen vergleichbare Leistungen ein. Im vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales organisierten Beteiligungsprozess zum geplanten Bundesteilhabegesetz wurde fast einvernehmlich die Forderung formuliert, das „Budget für Arbeit“ zukünftig im geplanten Bundesteilhabegesetz rechtlich abzusichern. 9. Wie hat sich die Zahl der Hilfeempfänger in Rheinland-Pfalz insgesamt in den vergangenen zehn Jahren entwickelt? In den nachfolgenden Zahlen sind ausschließlich die Hilfeempfänger enthalten, die im Rahmen der Zuständigkeit des Landes als überörtlichen Träger der Sozialhilfe Leistungen erhielten (siehe auch Erläuterungen). 10. Wie hat sich diese Zahl nach Hilfearten entwickelt? In der als Anlage beigefügten Tabelle 11 sind die Zahlen dargestellt. Auch dort sind ausschließlich die Hilfeempfänger enthalten, die im Rahmen der Zuständigkeit des Landes als überörtlichen Träger der Sozialhilfe Leistungen erhielten (siehe auch Erläuterungen). 11. Wie hat sich diese Zahl nach Hilfeformen entwickelt? In den nachfolgenden Zahlen sind ausschließlich die Hilfeempfänger enthalten, die im Rahmen der Zuständigkeit des Landes als überörtlichen Träger der Sozialhilfe Leistungen erhielten (siehe auch Erläuterungen). 12. Wie beurteilt die Landesregierung diese Entwicklung? 13. Welches sind die Ursachen für diese Entwicklung? 14. Welche landesspezifischen Besonderheiten gibt es hier nach Kenntnis der Landesregierung im Vergleich zu anderen Ländern und gegenüber  dem Bundesdurchschnitt, welche sachlichen und politischen Konsequenzen ergeben sich daraus? Es ist seit Jahren bundesweit festzustellen, dass die Zahl der leistungsberechtigten Menschen in der Eingliederungshilfe stetig ansteigt . Diese Entwicklung gilt auch für Rheinland-Pfalz. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes hierzu zeigen, dass die Entwicklung in Rheinland-Pfalz in etwa dem bundesweiten Durchschnitt entspricht. Eine wesentliche Ursache hierfür ist, dass, wie bereits erwähnt, Menschen mit Behinderungen aufgrund ihrer verbesserten sozialen Situation, dem Fortschritt in der Medizin und in der Frührehabilitation älter werden. Aufgrund des medizinischen Fortschritts steigt auch die Überlebenswahrscheinlichkeit von Kindern mit angeborenen schweren Erkrankungen und Behinderungen sowie von Menschen, die verunfallt sind oder deren Gehirn aufgrund von Erkrankungen und Verletzungen schwer geschädigt ist. Die größte Gruppe von Menschen, die während ihres Lebens eine schwere Behinderung erwirbt, sind Menschen mit einer psychischen Erkrankung. Sie brauchen aufgrund ihrer psychischen Labilität zunehmend mehr Unterstützung und Assistenz. 2009 2010 2011 2012 2013 32 248 33 740 34 626 35 494 36 139 2004 2005 2006 2007 2008 26 742 28 133 29 435 29 783 31 414 2009 2010 2011 2012 2013 Ambulant 3.850 4 519 5 312 5 876 6 216 Teilstationär 16 710 17 472 17 520 17 765 18 109 Stationär 11 688 11 749 11 794 11 853 11 814 Gesamt 32 248 33 740 34 626 35 494 36 139 2004 2005 2006 2007 2008 Ambulant 949 1 449 2 096 2 619 3 203 Teilstationär 13 984 14 861 15 349 15 418 16 390 Stationär 11 809 11 823 11 990 11 746 11 821 Gesamt 26 742 28 133 29 435 29 783 31 414 6 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/4432 Die Daten aus der Sozialhilfestatistik für das gesamte Bundesgebiet lassen keine gravierenden Unterschiede zu anderen Bundesländern in diesem Bereich erkennen. Dabei muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass es dabei lediglich eine Unterscheidung in ambulante und stationäre Leistungen gibt; die amtliche Statistik unterscheidet nicht zwischen Hilfe- und damit auch nicht zwischen Behinderungsarten. In den Stadtstaaten ist die „Ambulantisierungsquote“ vergleichsweise zu den Flächenländern wie Rheinland-Pfalz höher. Das bedeutet, dass dort mehr Menschen mit Behinderungen in einer häuslichen Umgebung und nicht in Wohneinrichtungen leben. Die Landesregierung möchte in Zukunft, nicht zuletzt auf Wunsch der Behindertenselbsthilfe, noch stärker ambulante Leistungen in der Eingliederungshilfe anbieten. Aufgrund der Zuständigkeitsregelungen geht dies jedoch nicht ohne die kreisfreien Städte und Landkreise als örtliche Träger der Sozialhilfe. Die Zahlen zum persönlichen Budget „Hilfe nach Maß“, das „Budget für Arbeit“ und das Betreute Wohnen für Menschen mit Behinderungen nach dem öffentlich-rechtlichen Vertrag zeigen, dass die Landesregierung diesen Prozess unterstützt hat und auch weiter unterstützen wird. Die zum 1. Januar 2014 in Kraft getretenen Neuregelungen des kommunalen Finanzausgleichs sehen vor, im Rahmen der Schlüsselzuweisung C 1 den örtlichen Trägern die Kosten für die ambulanten Aufwendungen des vorvergangenen Jahres (die hierfür notwendigen statistischen Daten stehen erst dann zur Verfügung) zu erstatten. Damit ist es gelungen, die ungleiche Kostenbeteiligung des Landes nach der jeweiligen Hilfeform (ambulant oder stationär) zu korrigieren. Schließlich ist zu beobachten, dass die Anbieter stationärer Leistungen in der Behindertenhilfe, nicht zuletzt auch durch das Landesgesetz über Wohnformen und Teilhabe (LWTG), ihr Leistungsangebot immer stärker so ausgestalten, dass sie damit dem behinderten Menschen ein selbstbestimmtes und gemeindenahes Leben ermöglichen. 15. Wie haben sich die Ist-Ausgaben für die Eingliederungshilfe in absoluten Zahlen und pro Kopf in den Jahren 2004, 2005, 2006, 2007, 2008, 2009, 2010, 2011, 2012 und 2013 – nach Kenntnis der Landesregierung aufgeschlüsselt nach den 16 Bundesländern – entwickelt? In den als Anlage beigefügten Tabellen 1 bis 3 sind die Ist-Ausgaben in absoluten Zahlen und pro Kopf in den Jahren 2005 bis 2012 dargestellt. In den Tabellen sind die Aufwendungen für Wohnen und Beschäftigung in Werkstätten enthalten; in Ermangelung von aussagekräftigen Daten für die anderen Hilfearten im bundesweiten Vergleich sind weitergehende Aussagen nicht möglich. Für das Jahr 2004 liegen keine; für das Jahr 2013 noch keine statistischen Daten vor. 16. Wie teilen sich die Ausgaben nach Kenntnis der Landesregierung nach Kostenträgern auf? Der Landesregierung liegen keine aussagekräftigen Zahlen für eine bundesweite Aufschlüsselung vor. 17. Wie beurteilt die Landesregierung nach ihrer Kenntnis diese Entwicklung? 18. Welches sind nach Kenntnis der Landesregierung die Ursachen für die Entwicklung? 19. Welche landesspezifischen Besonderheiten gibt es hinsichtlich Entgelt- und Kostenhöhen, Kostenübernahmen und Kostentragung nach Kenntnis der Landesregierung im Vergleich zu anderen Ländern und zum Bundesrecht, welche sachlichen und politischen Konsequenzen  ergeben sich daraus? Wie mehrfach begründet, gibt es ein Ursachenbündel für die Entwicklung der Ist-Ausgaben. Während im bundesweiten Vergleich die Nettoausgaben der Eingliederungshilfe von 2012 auf 2013 um 2,3 Prozent gestiegen sind, betrug die Steigerung in RheinlandPfalz 2,6 Prozent. Der Landesregierung liegen keine validen Vergleichszahlen zu den Entgelt- beziehungsweise Kostenhöhen im Bereich der Eingliederungshilfe vor. Festzustellen ist, dass im Gegensatz zu der Vielzahl anderer Länder im stationären Bereich in Rheinland-Pfalz keine Vergütung nach Hilfebedarfsgruppen erfolgt; in Rheinland-Pfalz wird für jedes Wohnheim grundsätzlich ein einheitlicher Vergütungssatz vereinbart. Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass dieses Vergütungssystem finanzielle Auswirkungen auf Landesebene hat. Weiter ist darauf hinzuweisen, dass nach den bundesgesetzlichen Bestimmungen im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch die Länder die Zuständigkeit bestimmen. Damit einhergehen auch die Regelungen über die Kostenträgerschaften. Der Landesgesetzgeber hat sich von Anfang an dafür entschieden, dass die ambulanten Leistungen in die originäre Zuständigkeit der kreisfreien Städte und Landkreise als örtliche Träger und die Zuständigkeit für die stationären Leistungen in die Zuständigkeit des Landes fallen. Das Land hat diese Aufgaben schrittweise, beginnend in den 1990er Jahren, auf die örtlichen Träger delegiert. Nach diesen Festlegungen wird auch die Kostenträgerschaft abgewickelt: Das Land trägt zur Hälfte die Aufwendungen, die in seine Zuständigkeit fallen; die örtlichen Träger tragen die Aufwendungen im ambulanten Bereich. Dabei ist jedoch auf die Regelungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs ab 1. Januar 2014 hinzuweisen; danach beteiligt sich das Land im Rahmen der Schlüsselzuweisung C 1 zur Hälfte an den Aufwendungen des vorvergangenen Jahres im ambulanten Bereich. Diese rheinland-pfälzischen Regelungen sind nicht mit den Regelungen in den anderen Bundesländern vergleichbar. Dort wurden teilweise, wie zum Beispiel in Schleswig-Holstein und 7 Drucksache 16/4432 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Baden-Württemberg, alle Zuständigkeiten unmittelbar auf die örtliche Ebene delegiert. In anderen Ländern, wie zum Beispiel in Bayern, Hessen oder Nordrhein-Westfalen, werden die Aufgaben von landesweit beziehungsweise überregional tätigen Behörden, die teilweise vollständig kommunal finanziert sind, erbracht. Sachsen-Anhalt und das Saarland sind für alle Leistungen der Eingliederungshilfe zuständig. Die Landesregierung plant keine Veränderungen in den landesgesetzlichen Regelungen zur Zuständigkeit oder zur Kostenträgerschaft. 20. Wie haben sich die Ausgaben nach Hilfearten insgesamt und für die jeweiligen Kostenträger nach Kenntnis der Landesregierung im Vergleich zu den anderen Ländern (absolute Zahlen und anteilige Werte) entwickelt? Der Landesregierung liegen keine aussagekräftigen Zahlen für eine bundesweite Aufschlüsselung vor. 21. Wie haben sich die Ausgaben nach Hilfeformen insgesamt sowie für die jeweiligen Kostenträger nach Kenntnis der Landesregierung im Vergleich zu den anderen Ländern (absolute Zahlen und anteilige Werte) entwickelt? In den als Anlage beigefügten Tabellen 4 und 4 a bis 4 c sind die Ausgaben nach Hilfeformen in absoluten Zahlen in den Jahren 2005 bis 2012 dargestellt. In den Tabellen sind die Aufwendungen für Wohnen und Beschäftigung in Werkstätten enthalten; in Ermangelung von aussagekräftigen Daten für die anderen Hilfearten im bundesweiten Vergleich sind weitergehende Aussagen nicht möglich. Für das Jahr 2004 liegen keine; für das Jahr 2013 noch keine statistischen Daten vor. 22. Wie hat sich die Höhe der Ausgaben pro Hilfeempfänger insgesamt sowie aufgeteilt nach Kostenträgern nach Kenntnis der Landesregierung  im Vergleich zu anderen Ländern (absolute Zahlen und anteilige Werte) entwickelt? In den als Anlage beigefügten Tabellen 5 und 6 ist die Höhe der Ausgaben pro Hilfeempfänger (Leistungsberechtigtem) in absoluten Zahlen in den Jahren 2005 bis 2012 dargestellt. In den Tabellen sind die Aufwendungen für Wohnen und Beschäftigung in Werkstätten enthalten; in Ermangelung von aussagekräftigen Daten für die anderen Hilfearten im bundesweiten Vergleich sind weitergehende Aussagen nicht möglich; das gilt auch für eine Aufschlüsselung der Kosten nach den jeweiligen Kostenträgern in den einzelnen Ländern. Anteilige Werte konnten nicht ermittelt werden, da keine Bezugsgröße hierfür nachgefragt wurde. Für das Jahr 2004 liegen keine; für das Jahr 2013 noch keine statistischen Daten vor. 23. Wie hat sich die Höhe dieser Ausgaben nach Kenntnis der Landesregierung nach Hilfearten entwickelt? Der Landesregierung liegen keine aussagekräftigen Zahlen für eine bundesweite Aufschlüsselung vor. 24. Wie hat sich die Höhe dieser Ausgaben nach Kenntnis der Landesregierung nach Hilfeformen entwickelt? In den als Anlage beigefügten Tabellen 7 bis 9 ist die Höhe der Ausgaben nach Hilfeformen in den Jahren 2005 bis 2012 dargestellt. In den Tabellen sind die Aufwendungen für Wohnen und Beschäftigung in Werkstätten enthalten; in Ermangelung von aussagekräftigen Daten für die anderen Hilfearten im bundesweiten Vergleich sind weitergehende Aussagen nicht möglich; das gilt auch für eine Aufschlüsselung der Kosten nach den jeweiligen Kostenträgern in den einzelnen Ländern. Anteilige Werte konnten nicht ermittelt werden, da keine Bezugsgröße hierfür nachgefragt wurde. Für das Jahr 2004 liegen keine; für das Jahr 2013 noch keine statistischen Daten vor. 25. Wie beurteilt die Landesregierung nach ihrer Kenntnis diese Entwicklung? 26. Welches sind nach Kenntnis der Landesregierung die Ursachen für die Entwicklung? 27. Welche landesspezifischen Besonderheiten gibt es hinsichtlich Entgelt- und Kostenhöhen, Kostenübernahmen, Kostentragung und Ausgabenentwicklung  nach Kenntnis der Landesregierung im Vergleich zu anderen Ländern und gegenüber dem Bundesdurchschnitt, welche sachlichen und politischen Konsequenzen ergeben sich darauf? Wie mehrfach begründet, gibt es ein Ursachenbündel für die Entwicklung der Ist-Ausgaben. Im Hinblick auf die landesspezifischen Besonderheiten ist auf die bereits erwähnten landesgesetzlichen Zuständigkeits- und Kostenträgerschaftsregelungen hinzuweisen. Daraus folgt, dass die Landkreise und kreisfreien Städte für den ambulanten Bereich eigenständige Entgeltregelungen mit den Leistungsanbietern treffen. Im Bereich der Eingliederungshilfe gibt es lediglich Vergleichszahlen aus der amtlichen Sozialhilfestatistik; diese sind aber so pauschal , dass sie für vertiefende Analysen nicht geeignet sind. Die Landesregierung ist dabei, die erforderlichen Daten soweit aufzubereiten, dass es möglich wird, ab dem Berichtsjahr 2014 an einem bundesweiten Vergleichsring der überörtlichen Träger der Sozialhilfe teilzunehmen. Dann wird es möglich sein, aus den dann vorliegenden Zahlen konkretere Konsequenzen zu ziehen. Durch die zum 1. Januar 2013 in Kraft getretene Änderung des § 9 des Ausführungsgesetzes zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch 8 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/4432 wurden die Voraussetzungen dafür, dass die originär beziehungsweise per Delegation zuständigen örtlichen Träger der Sozialhilfe bestimmte Daten an das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung zu übermitteln haben, geschaffen. Diese Daten liegen noch nicht vor, da zuerst im Einvernehmen mit den Kommunalen Spitzenverbänden Art und Umfang der Daten beschrieben werden musste. Nachdem dieses Einvernehmen in diesem Jahr hergestellt werden konnte, wird das für die Eingliederungshilfe zuständige Landesamt zukünftig diese Daten erhalten. 28. Wie haben sich die Ist-Ausgaben für die Eingliederungshilfe in absoluten Zahlen und pro Kopf in den Jahren 2004, 2005, 2006, 2007, 2008, 2009, 2010, 2011, 2012 und 2013 – aufgeschlüsselt nach den einzelnen örtlichen Trägern der Eingliederungshilfe in RheinlandPfalz  – entwickelt? In der als Anlage beigefügten Tabelle 10 sind die Ist-Ausgaben in absoluten Zahlen in den Jahren 2005 bis 2013 dargestellt. Die Angaben liegen lediglich für den Bereich des überörtlichen Trägers vor; aufgrund der summarischen Abrechnung werden lediglich Zahlfälle erfasst (siehe auch Erläuterungen). Für das Jahr 2004 liegen keine statistischen Daten vor. 29. Wie beurteilt die Landesregierung diese Entwicklung? 30. Welches sind die Ursachen für diese Entwicklung? 31. Welche ortstypischen Besonderheiten gibt es hinsichtlich Entgelt- und Kostenhöhen, Kostenübernahmen, Kostentragung und Ausgabenentwicklung  im Vergleich der örtlichen Träger der Eingliederungshilfe? 32. Welche sachlichen und politischen Konsequenzen ergeben sich daraus? Die Entwicklung und die Gründe hierfür bei den 36 örtlichen Trägern der Sozialhilfe unterscheiden sich im Grundsatz nicht von der mehrfach beschriebenen bundesweiten Entwicklung. Aufgrund der Tatsache, dass die örtlichen Träger der Sozialhilfe aus verwaltungsökonomischen Gründen ihre aus der Delegation von Aufgaben entstandenen Aufgaben nicht einzelfallbezogen, sondern summarisch halbjährlich im Nachhinein mit der Möglichkeit einer vierjährigen rückwirkenden Korrektur (entsprechend den einschlägigen bundesgesetzlichen Verjährungsregelungen) mit dem für die Sozialhilfe zuständigen Landesamt abrechnen, ist es nicht möglich, ortstypische Besonderheiten zu benennen. Auch im Bereich der ambulanten Leistungen, für die die örtlichen Träger originär zuständig sind, liegen keine aussagekräftigen Daten vor. 33. Worin sieht die Landesregierung die dringendsten Probleme der Eingliederungshilfe in Rheinland-Pfalz? Aus Sicht der Landesregierung sind die bestehenden Probleme nicht von den Ländern zu lösen. Gerade die bekannten und beschriebenen Entwicklungen im Hinblick auf den anspruchsberechtigten Personenkreis und die daraus folgenden Kostenentwicklungen machen deutlich, dass es sich bei der Eingliederungshilfe um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt. Diese kann auch aufgrund der bestehenden Regelungen zur Gesetzgebungskompetenz nur der Bund regeln. Am dringendsten sind dabei nach Meinung der Landesregierung die fachlich-inhaltliche Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe, die Implementierung von verbindlichen Steuerungsinstrumenten für die jeweils zuständigen Träger und eine Beteiligung des Bundes an den Aufwendungen der Eingliederungshilfe. Es waren die Länder, die seit dem Jahr 2007 über die Arbeits- und Sozialministerkonferenz entsprechende Forderungen gegenüber dem Bund erhoben haben. Rheinland-Pfalz hat diesen Prozess mitinitiiert und von Anfang an verantwortlich betrieben. Die Landesregierung hat sehr positiv wahrgenommen, dass der Koalitionsvertrag auf Bundesebene regelt, dass die Eingliederungshilfe noch in dieser Legislaturperiode zu einem modernen Teilhaberecht weiterentwickelt werden soll. Der Landesregierung ist diese Weiterentwicklung in Verbindung mit den notwendigen optimierten Steuerungsmöglichkeiten sehr wichtig. Ebenso wichtig ist aber die ebenfalls im Koalitionsvertrag zugesicherte Beteiligung des Bundes an den Kosten der Eingliederungshilfe . Die Landesregierung erwartet, dass die gesetzlichen Regelungen zum Bundesteilhabegesetz, die außerhalb des Fürsorgesystems geschaffen werden müssen, spätestens zum 1. Januar 2017 in Kraft treten; damit müsste sich der Bund auch ab dem 1. Januar 2017 an den Kosten der Eingliederungshilfe mit den zugesagten 5 Mrd. Euro beteiligen. Berechnungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zeigen, dass der Bund mit den 5 Mrd. Euro letztlich nur den Kostenanstieg der letzten fünf Jahre übernimmt. Deshalb setzt sich die Landesregierung auf Bundesebene für eine Kostenbeteiligungslösung wie für das Bundesteilhabegeld ein, die sicherstellt, dass die Beteiligung des Bundes dynamisiert wird. Die Landesregierung geht ferner davon aus, dass die notwendige Weiterentwicklung weder zu einer Leistungseinschränkung, noch zu einer Leistungsausweitung führen wird. Es muss unterstellt werden, dass die Steigerungen im Hinblick auf den anspruchsberechtigten Personenkreis und die Kosten nicht grundlegend verändern werden. Deswegen ist der Landesregierung die Implementierung von Steuerungsinstrumenten sehr wichtig; denn mit ihnen können die Leistungen personenzentrierter als bisher erbracht werden; sie können somit einen Beitrag zur Verringerung des Kostenanstiegs leisten. 9 Drucksache 16/4432 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 34.  Welches Handlungskonzept verfolgt sie? 35.  Welche Ergebnisse liegen vor oder stehen noch aus? Bereits heute ist aus Sicht der Landesregierung die Nutzung der vorhandenen Steuerungsinstrumente von entscheidender Bedeutung . Es geht darum, für den leistungsberechtigten Menschen die seinen individuellen Bedarfen entsprechende passgenaue Lösung zu finden. Auch sind die Leistungsverpflichtungen der vorrangig zuständigen Leistungsträger besser zu nutzen. Neben diesen Möglichkeiten auf der Ebene der Einzelfallsteuerung gibt es aber auch die Optimierung der Möglichkeiten einer globalen Angebotssteuerung im Sinne einer regionalen Bedarfsplanung und -entwicklung. Auf der Grundlage des § 14 a des Ausführungsgesetzes zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch erprobte das Sozialministerium vom 1. Juli 2012 bis zum 31. Dezember 2014 unter Beteiligung des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung im Bereich der Eingliederungshilfe mit insgesamt zehn örtlichen Trägern die Wirkung einer Fall- und einer Angebotssteuerung. Das Projekt ist von zwei zentralen Zielen geprägt: Die Stärkung des selbstbestimmten Lebens von Menschen mit Behinderungen durch den Ausbau ambulanter Leistungen und die Stärkung der örtlichen Träger durch eine Beteiligung des Landes an der Finanzierung ambulanter Leistungen und eine Kostenbeteiligung des Landes an diesen Personal- und Verwaltungskosten für eine verbesserte lokale Fall- und Angebotssteuerung. Das Modellprojekt wurde wissenschaftlich begleitet; die Begleitforschung wird im Frühjahr 2015 ihren Abschlussbericht vorlegen. Dieser Bericht wird dann zu bewerten und die eventuell erforderlichen Konsequenzen zu ziehen sein. Erste Ergebnisse zeigen, dass durch die Fall- und Angebotssteuerung der Kostenanstieg begrenzt werden konnte und dass die behinderten Menschen eine bessere, weil am individuellen Bedarf orientierte Eingliederungshilfeleistung erhalten haben. 36. Worin bestehen für die Landesregierung die dringendsten Aufgaben der konzeptionellen und strukturellen Entwicklung der Eingliederungshilfe  in Rheinland-Pfalz? Gemeinsam mit den Anbietern der Eingliederungshilfeleistungen verfolgt die Landesregierung das Ziel, das vorhandene Leistungsspektrum weiter auszudifferenzieren, damit Menschen mit Behinderungen eine am persönlichen Bedarf orientierte Leistung erhalten. Sie ist sich mit der Behindertenselbsthilfe und mit den Anbietern von Leistungen der Eingliederungshilfe einig, dass das Wunsch- und Wahlrecht ein zentrales Element der individuellen Teilhabeplanung ist. Sehr viele behinderte Menschen möchten selbstbestimmt in einer eigenen Wohnung leben. Die Landesregierung hat seit Jahren im Rahmen ihrer Möglichkeiten Anstöße gegeben, wie diese Ziele nach Selbstbestimmung und Teilhabe erreicht werden können; exemplarisch ist hier das Betreute Wohnen für Menschen mit Behinderungen nach dem öffentlich-rechtlichen Vertrag, das persönliche Budget „Hilfe nach Maß“ und das „Budget für Arbeit“ zu nennen. Ein ganz wichtiger Meilenstein hierbei war die im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs geregelte finanzielle Gleichstellung von ambulanten und stationären Angeboten im Hinblick auf die Kostenbeteiligung des Landes. Die Landesregierung plant hierzu keine gesetzlichen Zielvorgaben. Das zuständige Fachministerium hat mit mehreren Trägern von großen Wohneinrichtungen Zukunftskonferenzprozesse mit dem Ziel einer stärkeren Dezentralisierung und Gemeindenähe der Wohnangebote vereinbart. Diese auf Freiwilligkeit basierenden Prozesse werden von der Aktion Mensch finanziell gefördert, sie haben einen exemplarischen Charakter. Die positive Entwicklung dieser Zukunftskonferenzprozesse hat die Landesregierung bestärkt, keine gesetzlichen Zielvorgaben zu formulieren, sondern auf das Prinzip der Freiwilligkeit und des Einvernehmens zu setzen. 37. Welches Handlungskonzept verfolgt sie, welche Ergebnisse liegen vor oder stehen noch aus? Aufgrund der Gesetzgebungskompetenz des Bundes sind die Handlungsspielräume und Gestaltungsmöglichkeiten der Länder begrenzt. Die Landesregierung hat daher seit dem Jahr 2007 gemeinsam mit allen anderen Ländern ihre Möglichkeiten genutzt, die aus ihrer Sicht notwendige fachlich-inhaltliche Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe zu fordern. Die Landesregierung begrüßt die aktuellen Entwicklungen dazu. Neben der Tatsache, dass nach den Festlegungen im Koalitionsvertrag auf Bundesebene die Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe zu einem modernen Teilhaberecht festgeschrieben ist, ist der jetzt vom zuständigen Bundesministerium eingeleitete Beteiligungsprozess richtig. Die konkreten und aus Sicht der Landesregierung realistischen Planungen des Bundes sehen vor, dass im Laufe des Jahres 2015 der konkrete Gesetzentwurf vorgelegt werden soll, um im Jahr 2016 das förmliche Gesetzgebungsverfahren zum Abschluss zu bringen. Neben dem Herauslösen der Leistungen der (heutigen) Eingliederungshilfe aus dem Fürsorgesystem des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch ist eine weitere Stärkung des personenzentrierten Ansatzes unter Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechts der Menschen mit Behinderungen und deren Selbstbestimmungsrechte vorgesehen; dabei muss Maßstab für die Leistungserbringung der nach bundeseinheitlichen Maßstäben mit Beteiligung des Menschen mit Behinderungen ermittelte individuelle Bedarf, unabhängig von seiner Wohnform, sein. Damit entfällt die Unterscheidung zwischen ambulanten und stationären Maßnahmen. Auch die Hilfen zur Teilhabe am Arbeitsleben sind flexibler und personenzentriert auszugestalten, um eine stärkere Vermittlung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erzielen. Letztlich ist die bereits mehrfach erwähnte Implementierung von Steuerungsinstrumenten ein wichtiger Regelungsinhalt. 10 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/4432 Diese sehr positiven Entwicklungen werden nach Einschätzung der Landesregierung auch dazu führen, dass im Gesetzes- beziehungsweise Verwaltungsvollzug, der nach den verfassungsrechtlichen Bestimmungen in den Aufgabenbereich der Länder fällt, unter Beachtung des dann beschlossenen Bundesteilhabegesetzes, die notwendigen Entscheidungen zu treffen sind. Das kann aber erst nach Inkrafttreten des Gesetzes erfolgen. 38. Wie beurteilt die Landesregierung die weitere Bedarfsentwicklung für die Eingliederungshilfe in Rheinland-Pfalz? Wie mehrfach begründet dargelegt, geht die Landesregierung davon aus, dass die Zahl der leistungsberechtigten Menschen steigen wird. Nach Auffassung der Landesregierung werden die Menschen mit Behinderungen im Rahmen ihres Selbstbestimmungsrechts zukünftig noch stärker individuelle und passgenaue gemeindeintegrierte Lösungen einfordern. Die Landesregierung begrüßt und unterstützt dies ausdrücklich. Dies bedeutet aus Sicht der Landesregierung, dass gemeinsam mit den Landkreisen und kreisfreien Städten, der Behindertenselbsthilfe und den Leistungsanbietern eine am Sozialraum orientierte regionale Sozial- und Strukturplanung zu entwickeln ist. Die Tatsache, dass Menschen mit Behinderungen immer älter werden, bedeutet, dass die hierfür erforderlichen Angebotsstrukturen gemeinsam mit der Altenhilfe entwickelt werden müssen. Im Bereich der Teilhabe am Arbeitsleben gilt es, gemeinsam mit den Akteuren des allgemeinen Arbeitsmarktes und den Trägern der Werkstätten für behinderte Menschen Alternativen zu entwickeln, damit Menschen mit Behinderungen noch stärker als bisher eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt finden können. Dazu gehört auch die Stärkung von Integrationsbetrieben und -unternehmen. Dies bedeutet, der Übergang von der Schule in den Beruf ist so zu gestalten, dass der allgemeine Arbeitsmarkt auch für behinderte und erwerbsgeminderte Menschen leichter zugänglich wird. Mit den Trägern der Werkstätten für behinderte Menschen sind Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, die den Weg aus der Werkstatt in den allgemeinen Arbeitsmarkt für behinderte Menschen ermöglicht. Auch sind Alternativen zu den Werkstätten für behinderte Menschen zu entwickeln. 39. Welches Handlungskonzept verfolgt sie als Konsequenz, welche Ergebnisse liegen vor oder stehen noch aus? Zur Erreichung des Zieles von noch passgenaueren Unterstützungsleistungen hat das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie den bestehenden individuellen Teilhabeplan mit Beteiligung verschiedener örtlicher Träger und externer Unterstützung weiterentwickelt. Dieser weiterentwickelte Teilhabeplan wird voraussichtlich gegen Ende des ersten Quartals 2015 modellhaft in neun Kommunen erprobt. Dieser Erprobungsprozess wird unter Einbindung aller Beteiligter, auch der Leistungserbringer , begleitet. Auf der Basis eines in Auftrag gegebenen Gutachtens wird das Ministerium im Jahr 2015 beginnen, mit allen Beteiligten die Rahmenbedingungen in personeller, fachlicher und finanzieller Hinsicht für den Auf- und Ausbau tagesstrukturierender Angebote für ältere Menschen mit Behinderungen zu klären und zu regeln. Die berufliche Orientierung als eine wichtige Grundlage für eine qualifizierte Ausbildung ist zu optimieren. Hierzu haben wir in Rheinland-Pfalz gemeinsam mit dem Bildungsministerium und der Regionaldirektion der Agentur für Arbeit durch eine ab dem Schuljahr 2014 geltende Kooperationsvereinbarung die früher geltenden Vereinbarungen weiterentwickelt. Die Fachkräfte der Integrationsfachdienste unterstützen die jungen Menschen dabei, ihre Vorstellung umzusetzen und bieten auch die erforderliche Begleitung an. Die bestehenden Förderkonzepte, Strukturen und Maßnahmen sind weiterzuentwickeln. Durch das „Forum Arbeiten mit Behinderungen“, in dem alle wichtigen Partner und Akteure aus dem Arbeitsfeld Teilhabe am Arbeitsleben vertreten sind, sollen diese notwendigen Weiterentwicklungen in die Praxis umgesetzt werden. 40. Wie beurteilt die Landesregierung die Kostenentwicklung für die Eingliederungshilfe in Rheinland-Pfalz? Der Finanzbedarf im Rahmen der Eingliederungshilfe hat bundesweit für die nach dem jeweiligen Landesrecht zuständigen Träger eine Dimension erreicht, die erhebliche Haushaltsmittel bei Land und Kommunen bindet. Dabei ist auch in Zukunft mit einem weiteren Kostenanstieg zu rechnen, da die Zahl der behinderten Menschen aufgrund der verbesserten sozialen Lage und des medizinischen Fortschritts voraussichtlich in den nächsten 20 Jahren weiter steigen wird. Trotzdem steht die Landesregierung zu dem Individualanspruch des behinderten Menschen auf Teilhabe und Selbstbestimmung; Leistungseinschränkungen für die Menschen mit Behinderungen sind für die Landesregierung kein geeignetes Instrument, den Kostenanstieg zu begrenzen. Dies kann nur durch Steuerungsmittel geschehen. Der Bund muss auch in Zukunft seinen Beitrag zur Lösung dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe erbringen. 41. Welches Handlungskonzept verfolgt sie als Konsequenz, welche Ergebnisse liegen vor oder stehen noch aus? Positiv ist aus Sicht der Landesregierung zu bewerten, dass sich der Bund mit einem Betrag von 5 Mrd. Euro an den Aufwendungen der Eingliederungshilfe beteiligt. Dabei ist es notwendig, dass diese Kostenbeteiligung nicht außerhalb der Eingliederungshilfe, sondern „im System“ erfolgt, denn dieser Beitrag des Bundes muss die Sozialetats wirksam entlasten. Aufgrund der Tatsache, dass 11 Drucksache 16/4432 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode die Kostenbeteiligung des Bundes lediglich die voraussichtliche Kostensteigerung bis 2020 ausgleichen wird, ist eine Dynamisierung dieser Bundesbeteiligung zwingend erforderlich. Die Rechtsansprüche der Menschen mit Behinderungen sind der Maßstab des politischen Handels. Damit diese realisiert werden können, ist es wichtig, Steuerungsinstrumente sowohl auf der Ebene der Individualansprüche als auch auf der Ebene der Globalsteuerung zu implementieren, damit die eingesetzten finanziellen Ressourcen im Interesse der Menschen mit Behinderungen möglichst optimal genutzt werden. Hierzu ist es notwendig, auf Bundesebene mit dem geplanten Bundesteilhabegesetz die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu optimieren . Neben den zu Beginn des nächsten Jahres vorliegenden Erkenntnissen aus dem Modellprojekt nach § 14 a des Ausführungsgesetzes zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch werden die im Bundesteilhabegesetz platzierten notwendigen steuerungsrelevanten Bestimmungen für die Landesregierung handlungsleitend sein. Sabine Bätzing-Lichtenthäler Staatsministerin 12 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/4432 13 Anlage: Drucksache 16/4432 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 14 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/4432 15 Drucksache 16/4432 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 16 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/4432 17 Drucksache 16/4432 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 18 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/4432 19 Drucksache 16/4432 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 20 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/4432 21 Drucksache 16/4432 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 22 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/4432 23 Drucksache 16/4432 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 24 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/4432 25 Drucksache 16/4432 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 26