Drucksache 16/4463 12. 01. 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Anke Beilstein (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Städtebündnis gegen Verschuldung Die Kleine Anfrage 2930 vom 18. Dezember 2014 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Vertreter von 40 Kommunen haben Ende November 2014 in Kaiserslautern beschlossen, dass bislang nur in Nordrhein-West- falen bestehende Aktionsbündnis für die „Würde unserer Städte“ auszudehnen, um mit einer Stimme auf die massiven Finanzprobleme der Kom munen hinzuweisen und Hilfe einzufordern. Begrüßt die Landesregierung das Aktions bündnis? 2. Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, das unter den zehn höchstverschuldetsten Städten in Deutschland laut den Untersuchungen der Bertelsmann-Stiftung und den jüngs ten Zahlen der Untersuchung der Beratergesellschaft Ernst & Young vier rheinland-pfälzische Städte, nämlich Ludwigshafen, Kaiserslautern, Pirmasens und Mainz auf den vorde ren Plätzen liegen? 3. Welche konkreten Schritte will die Landesregierung unternehmen, um besonders den hochverschuldeten Städten im Land finanziell zu helfen? 4. Wann kommt der Kommunale Finanzausgleich angesichts der Schuldensituation der Kom munen in Rheinland-Pfalz erneut auf den Prüfstand? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 8. Januar 2015 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ wird von der Landesregierung grundsätzlich begrüßt. Bei dem Treffen des Aktionsbündnisses am 21. November 2014 in Kaiserslautern wurde der „Kaiserslauterer Appell an Bund und Länder zur Schaffung eines gerechten Gemeindefinanzsystems“ verabschiedet. Darin heißt es u. a.: „Damit die bereits realisierten beziehungsweise eingeleiteten eigenen Sparanstrengungen wirklich zum Haushaltsausgleich und zur Wiedergewinnung kommunalpolitischer Gestaltungskraft führen, appellieren wir an die Bundesregierung, die im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien und die Länderparlamente, unbedingt noch in dieser Legislaturperiode die politischen Weichen zu einer grundlegenden Neuordnung der Kommunalfinanzen zu stellen. Mit der finanziellen Entlastung der Kommunen vor allem im Bereich der Grundsicherung im Alter durch den Bund und besonderen Hilfen einzelner Bundesländer gab es zwar erste politische Schritte in die richtige Richtung. Eine hinreichende Abhilfe ist hierdurch noch nicht gegeben. Die vorgesehene Entlastung bei der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung in Höhe von 5 Mrd. Euro muss zügig bis 2017 umgesetzt werden und ungekürzt an die Kommunen weitergeleitet werden. Sie ist als kommunale Entlastung und nicht als Finanzierungsbeitrag zu kostenintensiven Neuregelungen zugesagt worden. So sieht es der Koalitionsvertrag vor!“ Diese Forderungen werden von der Landesregierung unterstützt. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 6. Februar 2015 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4463 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu Frage 2: Während sich die Untersuchung der Beratergesellschaft Ernst & Young nur auf die Städte mit mehr als 100 000 Einwohnern und nur auf die Kredite zur Liquiditätssicherung der Kernhaushalte bezieht, berücksichtigt die Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung auch kleinere Kommunen, auch Investitionskredite und über den Kernhaushalt hinaus auch Schulden des „Konzerns“. Die entsprechenden Rangfolgen der einzelnen Städte unterscheiden sich deshalb im Einzelnen. Im Hinblick auf die Untersuchung der Beratergesellschaft Ernst & Young, in der die Pro-Kopf-Verschuldung jeweils der Jahre 2010 bis 2013 nach länderweisen Durchschnittswerten für insgesamt 63 Städte mit mehr als 100 000 Einwohnern aus den Ländern BadenWürttemberg , Bayern, Niedersachsen, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz dargestellt wird, ergibt beispielsweise eine ergänzende Auswertung der Hebesätze der Grundsteuer B für das Jahr 2013 ein interessantes Bild. In dieser Rangliste liegen die vier Städte aus Rheinland-Pfalz bei den Hebesätzen der Grundsteuer B auf folgenden Plätzen, wobei Platz 1 die Stadt Hagen in Nordrhein -Westfalen mit 750 v. H. einnimmt. Die Landeshauptstadt Mainz liegt mit 440 v. H. auf Platz 52 von 63 und die Städte Koblenz, Ludwigshafen am Rhein und Trier liegen mit jeweils 420 v. H. auf den Plätzen 58 bis 60 von 63. Während die 59 Städte mit mehr als 100 000 Einwohnern außerhalb von Rheinland-Pfalz im Jahr 2013 einen (ungewichteten) Durchschnitt des Hebesatzes der Grundsteuer B von 514 v. H. aufwiesen, betrug der entsprechende Wert für die vier Städte aus Rheinland-Pfalz 425 v. H. Festzustellen ist, dass die Hebesatzpolitik der Städte in den anderen Ländern stärker zu einer Begrenzung der kommunalen Schulden beiträgt als dies in Rheinland-Pfalz der Fall ist. Bei der Bewertung der Verschuldungssituation der rheinland-pfälzischen Städte schließt sich die Landesregierung im Übrigen der Feststellung des Rechnungshofes Rheinland-Pfalz an, der in seinem Kommunalbericht 2014 (Landtagsdrucksache 16/3650 vom 23. Juni 2014, S. 23 f.) ausgeführt hat: „Hätten die Hebesätze der kreisfreien Städte 2012 dem Durchschnitt der anderen Flächenländer entsprochen, wären – rein rechnerisch – Mehreinnahmen von 30 Mio. Euro bei der Grundsteuer B und 70 Mio. Euro bei der Gewerbesteuer möglich gewesen … Die unterdurchschnittlichen Hebesätze der rheinland-pfälzischen Kommunen und deren überdurchschnittliche Finanzierungsdefizite sollten zum Anlass genommen werden, die Möglichkeiten zur Einnahmeverbesserung unter Berücksichtigung von Standortentscheidungen der Steuerpflichtigen sowie der Abgabenlast der Einwohner zu untersuchen“ (S. 23 f.). Zu Frage 3: Das Land sorgt nicht zuletzt aufgrund der Reform des kommunalen Finanzausgleichs für eine Verbesserung der kommunalen Finanzausstattung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zum Stand 30. September 2014 fast 59 v. H. der kommunalen Liquiditätskredite von den zwölf kreisfreien Städten in Rheinland-Pfalz gehalten werden, davon fast 49 v. H.-Punkte allein von den sechs kreisfreien Städten Mainz, Ludwigshafen am Rhein, Kaiserslautern, Trier, Pirmasens und Worms. Während die kreisfreien Städte im Jahr 2013 gut 197 Mio. Euro Schlüsselzuweisungen sowie gut 18 Mio. Euro Sonderzuweisungen aus dem Zensus 2011 erhalten haben (zusammen fast 216 Mio. Euro), stieg die Summe der Schlüsselzuweisungen im Jahr 2014 auf gut 273 Mio. Euro. Dieser Trend wird bei den Schlüsselzuweisungen aufgrund der gesetzlich fixierten und absehbaren Zunahme der Finanzausgleichsmasse auch im Jahr 2015 anhalten. Im Übrigen darf nicht übersehen werden, dass die kreisfreien Städte durch den Kommunalen Entschuldungsfonds Rheinland-Pfalz jährlich Landeszuweisungen in Höhe von fast 97 Mio. Euro erhalten, die zur Hälfte aus dem kommunalen Finanzausgleich und zur anderen Hälfte aus dem Landeshaushalt außerhalb des kommunalen Finanzausgleichs finanziert werden. Als konkreter Schritt zur Hilfe für besonders hochverschuldeten Städte ist beispielsweise die Vereinbarung zwischen den kommunalen Spitzenverbänden und der Landesregierung vom November 2014 zu sehen, die Kommunen künftig bei der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe der Inklusion im Schulbereich – wie im Schulgesetz vorgesehen – zusätzlich finanziell zu unterstützen. Die vom Land den Kommunen für diesen Zweck zur Verfügung gestellten 10 Mio. Euro sind ein Beitrag, um die rasant wachsenden Belastungen der Kommunen abzumildern, die im Zusammenhang mit der inklusiven Beschulung entstanden sind und entstehen. Diesem Schritt werden im Jahr 2015 weitere Schritte folgen, die zu gegebener Zeit kurzfristig konkretisiert werden. Zu nennen sind beispielsweise die Umsetzung des „Gesetzes zur weiteren Entlastung von Ländern und Kommunen ab 2015 und zum quantitativen und qualitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung sowie zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes“ oder auch das Angebot der Landesregierung an die kommunalen Spitzenverbände, zur Entlastung im Bereich des Ausbaus der Kindertagesbetreuung (U 3) zusätzlich 12,5 Mio. Euro im Wege von Pauschalzuweisungen für den Revisionszeitraum 2013 bis 2015 zu zahlen. Zu Frage 4: Eine erneute Überprüfung des kommunalen Finanzausgleichs ist im Landesgesetz zur Reform des kommunalen Finanzausgleichs vom 8. Oktober 2013 (GVBl. S. 349) bestimmt. Nach Artikel 2 des Gesetzes werden die Auswirkungen der Änderungen des Landesfinanzausgleichsgesetzes nach Ablauf von drei Jahren nach ihrem Inkrafttreten überprüft. Die Überprüfung erfolgt auf der Grundlage eines von der Landesregierung bis zum 31. Dezember 2017 zu erstellenden Berichts. In Vertretung: Randolf Stich Ministerialdirektor