Drucksache 16/4479 13. 01. 2015 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Martin Haller (SPD) und A n t w o r t der Bevollmächtigten des Landes beim Bund und für Europa, für Medien und Digitales Transparenzinitiative der EU-Kommission Die Kleine Anfrage 2928 vom 18. Dezember 2014 hat folgenden Wortlaut: Am 25. November 2014 hat sich die EU-Kommission zu mehr Transparenz im Umgang mit Treffen mit Interessenvertretern entschlossen . Darüber hinaus sollen auch die Verhand lungen mit den USA über die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) transparenter gestaltet werden. Der neue Präsident der EU-Kommission sieht darin einen wichtigen Teil seiner politischen Leitlinien. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse vor, was die neuen Transparenzregelungen in Bezug auf Treffen zwischen Vertretern der EU-Kommission und Interessenvertretern genau besagen? 2. Ist der Landesregierung bekannt, wie sich die Transparenzregelungen auf die TTIP-Verhandlungen mit den USA auswirken? 3. Welche Auswirkungen haben die neuen Regelungen auf Gespräche zwischen Vertretern der Landesregierung und Vertretern der EU-Kommission? 4. Hat die Landesregierung Kenntnis, wie die neuen Regelungen im Vergleich zur Bundesebene in Deutschland zu bewerten sind? Die Bevollmächtigte des Landes beim Bund und für Europa, für Medien und Digitales hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 13. Januar 2015 wie folgt beantwortet: Die neue Europäische Kommission hat ihre Ankündigung, für noch mehr Transparenz zu sorgen, am 25. November 2014 mit ersten Beschlüssen umgesetzt. Regelungen zur Transparenz der Kontakte mit Interessenvertretern enthalten die zwei Beschlüsse „Veröffentlichung von Informationen über Treffen zwischen Kommissionsmitgliedern und Organisationen oder selbstständigen Einzelpersonen“ – C (2014) 9051 final – und „Veröffentlichung von Informationen über Treffen zwischen Generaldirektoren der Kommission und Organisationen oder der selbstständigen Einzelpersonen“ – C (2014) 9048 final, die beide am 1. Dezember 2014 in Kraft getreten sind. Regelungen zur Transparenz bei den TTIP-Verhandlungen enthält der Beschluss, durch den die „Mitteilung an die Kommission zur Transparenz in TTIP-Verhandlungen“ – C (2014) 9052 final – angenommen wurde. Zu 1.: Die Beschlüsse C (2014) 9051 final und C (2014) 9048 final verpflichten zur Veröffentlichung von Informationen zu sämtlichen Treffen von Kommissaren, Kabinettsmitgliedern sowie Generaldirektoren, die von ihnen mit Organisationen oder selbstständigen Einzelpersonen zu Fragen der Politikgestaltung und -umsetzung in der Union veranstaltet werden. Innerhalb von zwei Wochen nach jedem Treffen sind Datum und Ort des Treffens, Name des Kommissions- und/oder Kabinettmitglieds bzw. des Generaldirektors, Name der Organisation oder der selbstständigen Einzelperson und Thema des Treffens auf den Webseiten der einzelnen Kommissionsmitglieder und Generaldirektionen zu veröffentlichen Definiert wird „Organisation oder selbstständige Einzelperson“ als diejenigen, deren Tätigkeiten auf eine unmittelbare oder mittelbare Einflussnahme auf die Politikgestaltung oder –umsetzung und die Beschlussfassungsprozesse der Organe der EU ausgerichtet sind. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 12. Februar 2015 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4479 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Nicht unter diesen Begriff fallen Vertreter anderer Organe oder Einrichtungen der EU, nationaler, regionaler oder lokaler Behörden der Mitgliedstaaten und von Drittstaaten oder internationalen Organisationen. Erfasst werden mit dem Begriff allerdings Verbände oder Netzwerke, die zur kollektiven Vertretung von Regionen oder sonstigen subnationalen Gebietskörperschaften geschaffen wurden. Auch gelten die Beschlüsse nicht für Treffen mit den Sozialpartnern auf Unionsebene im Rahmen des sozialen Dialogs oder für Treffen im Rahmen des Dialogs mit Kirchen, religiösen Vereinigungen oder Gemeinschaften sowie mit weltanschaulichen Gemeinschaften sowie nicht für Treffen mit Vertretern politischer Parteien. Von der Veröffentlichung der Informationen kann zudem abgesehen werden, wenn die Veröffentlichung das Leben, die Unversehrtheit oder die Privatsphäre einer Einzelperson, die Finanz-, Währungs- oder Wirtschaftspolitik der Union, die Marktstabilität oder sensible Geschäftsinformationen, die ordnungsgemäße Durchführung von Gerichtsverfahren oder Inspektions-, Untersuchungs - und Audittätigkeiten oder anderen Verwaltungsverfahren oder den Schutz sonstiger auf Unionsebene anerkannter wichtiger öffentlicher Interessen beeinträchtigen könnte. Die Namen von an Treffen teilnehmenden Einzelpersonen oder Kommissionsbeamten (bei denen es sich nicht um Kabinettsmitglieder bzw. Generaldirektoren handelt) werden nur veröffentlicht, wenn diese der Veröffentlichung eindeutig zugestimmt haben. Die Organisationen oder selbstständigen Einzelpersonen werden davon in Kenntnis gesetzt, dass und welche Informationen veröffentlicht werden. Zu 2.: Die Verhandlungen über eine transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) mit den USA finden viel öffentliches Interesse. Die Kommission möchte deshalb umfassend über ihre Verhandlungsabsichten informieren, damit die interessierte Öffentlichkeit auf ihre Bedenken aufmerksam machen kann, mögliche Fehleinschätzungen vermieden werden können und eine breitere Vertrauensbasis für das geplante Handelsabkommen geschaffen wird. Zu den beschlossenen Maßnahmen gehört u. a. bestimmte Verhandlungstexte der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und die Liste regelmäßig zu aktualisieren. Allerdings handelt es sich dabei ausschließlich um Dokumente der EU. Am 7. Januar 2015 veröffentlichte die Kommission so z. B. acht spezifische Verhandlungstexte – u. a. zu Wettbewerbsfragen, Lebensmittelsicherheit und technischen Handelshürden, jedoch ohne Anhänge. Es handelt sich bei diesen Texten noch nicht um den fertig ausgehandelten Rechtstext des Abkommens, sondern u. a. um Verhandlungsangebote der EU. Sie dienen als Grundlage für die Verhandlungen mit der US-Seite. Der endgültige Vertragstext des Abkommens kann dann als Ergebnis der Verhandlungen durchaus noch anders ausfallen, je nachdem ob und wie die Verhandlungspartner ihre jeweiligen Interessen durchsetzen und zusammenbringen konnten. Außerdem soll der Zugang zu bestimmten EU-Dokumenten der TTIP-Verhandlungen (etwa Positionspapiere) für alle Abgeordneten des Europäischen Parlaments in einem besonderen „Lesesaal“ ermöglicht werden. Nach Information der Vertretung des Landes Rheinland-Pfalz bei der Europäischen Union haben aber nicht nur Vertreter der EUMitgliedstaaten , sondern auch die Abgeordneten des Europäischen Parlaments bisher keinen Zugang zu Verhandlungspositionen bzw. -dokumenten, die allein von der US-Administration erstellt wurden. Diesen Umstand kritisiert auch die Europäische Ombudsfrau , Emily O’Reilly. Die Kommission müsste jederzeit sicherstellen, dass Ausnahmen vom Grundrecht der EU-Bürger auf Zugang zu Dokumenten gerechtfertigt und gut begründet seien, so O’Reilly. Die Kommission solle zudem eine vollständige Liste über veröffentlichte und nicht veröffentlichte TTIP-Dokumente erstellen. Nur so könne die Öffentlichkeit einen wirklichen Überblick über die komplexen Verhandlungen bekommen. Außerdem solle die Kommission aus eigener Initiative mehr Dokumente veröffentlichen. Das gelte auch für Tagesordnungen und Protokolle über Treffen mit Lobbyisten. Die Ombudsfrau rief die Kommission auch dazu auf, die Transparenz-Verpflichtungen bezüglich Treffen mit Interessenvertretern auf Kommissions-Direktoren, Abteilungsleiter und Verhandlungsführer auszuweiten. EU-Beamte, die an den TTIP-Verhandlungen beteiligt sind, sollten laut O’Reilly nur Treffen mit Interessenvertretern wahrnehmen, die im Transparenz-Register aufgeführt sind. Die Kritik der Ombudsfrau ist nach Auffassung der Landesregierung nicht unberechtigt. Ob und in welcher Form die zu den Fragen 1 und 2 dargestellten Transparenzbemühungen der Kommission Auswirkungen auf die weiteren TTIP-Verhandlungen haben werden, ist zurzeit noch nicht abzuschätzen. Zu 3.: Die neuen Veröffentlichungsregeln werden keine Auswirkungen auf bilaterale Kontakte der Landesregierung mit dem Spitzenpersonal der Kommission haben, da sie für Vertreter nationaler, regionaler oder lokaler Behörden nicht gelten. Zu 4.: Vergleichbare Regeln zu den neuen Veröffentlichungsregeln der Kommission über bilaterale Treffen ihrer höchstrangigen Vertreter mit Interessenträgern gibt es in Deutschland auf Bundesebene nicht. Das Freihandelsabkommen TTIP betreffend ist der Zugang zu aktuellen Verhandlungsdokumenten für Mitglieder des Bundestages deutlich leichter und breiter als für die Mitglieder des Europäischen Parlaments. Im Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundes- 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/4479 regierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBBG) ist der Zugang des Bundestages zu Dokumenten die EU-Politik betreffend klar geregelt, in die Dokumentendatenbank Eudox werden zur vertraulichen Verwendung umfassend Daten und Dokumente eingestellt. Die Abgeordneten des Bundestages haben damit Zugang zu den Vorbereitungsdokumenten und Verhandlungstexten in schriftlicher Form und können diese nicht nur wie die Mitglieder des Europäischen Parlaments in Lesesälen einsehen. Darüber hinaus haben die MdBs Zugriff auf die Drahtbericht über die Verhandlungsrunden. Das Bundeswirtschaftsministerium hat außerdem im Mai 2014 einen TTIP-Beirat unter anderem mit Vertretern von Gewerkschaften , Sozial- Umwelt- und Verbraucherschutzverbänden sowie des Kulturbereichs gegründet, um den Stand der TTIP-Verhandlungen zu diskutieren und deutsche Positionen zu erarbeiten. Inputs und Ergebnisse der Beiratstreffen werden ins Internet eingestellt : http://www.bmwi.de/DE/Ministerium/beiraete,did=639536.html. Im Internet informiert das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie auch regelmäßig über die Verhandlungsrunden und andere aktuelle Entwicklungen rund um TTIP. Jacqueline Kraege Staatssekretärin 3