Drucksache 16/4484 14. 01. 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Nicole Molzberger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Hat CETA Auswirkungen auf die Verbraucherinformationen auf Produkten? Die Kleine Anfrage 2900 vom 10. Dezember 2014 hat folgenden Wortlaut: CETA steht für „Comprehensive Economic and Trade Agreement“ was so viel heißt wie „Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen “ zwischen Kanada und der EU. Im September 2014 veröffentlichte die EU-Kommission den fertig verhandelten Vertragstext , der in den kommenden Monaten im Rat der Europäischen Union und im Europäischen Parlament beraten wird. Das Abkommen enthält auch Regelungen zu Etikettierungs- und Kennzeichnungsvorschriften, die Teil des europäischen Vorsorgeprinzips sind und die dazu dienen den Verbraucherinnen und Verbraucher eine informierte Kaufentscheidung zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. In wie weit sind Herkunftsangaben auf Verbraucherprodukten von CETA betroffen? 2. Werden Kennzeichnungen die sich auf eine regionale Herkunft beziehen als Handelshemmnis eingestuft? 3. Welche konkreten Regelungen sollen für geschützte, geografische Angaben (g. g. A.) und geschützte Ursprungsbezeichnungen (g. U.) in Zukunft gelten? 4. Sind Änderungen für die europäische Gentechnikzulassung und -kennzeichnung zu erwarten? 5. Wie werden kontrollierte Siegel und Gütezeichen auf Produkten von den CETA-Bestimmungen betroffen sein? 6. Welche Änderungen werden sich für den Verbraucherschutz im Bereich Finanzdienstleistungen ergeben? Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 13. Januar 2015 wie folgt beantwortet: Die EU-Kommission hat den konsolidierten Entwurf des Wirtschafts- und Handelsabkommens zwischen der Europäischen Union (EU) und Kanada (Comprehensive Economic and Trade Agreement, CETA) am 26. September 2014 in englischer Sprache veröffentlicht . Dieser ist der Landesregierung bisher nicht durch die Bundesregierung zugeleitet worden. Eine Übersetzung in die Amtssprachen der EU und damit auch in die deutsche Sprache wird nach Auskunft der Bundesregierung erst nach Durchführung der Rechtsförmlichkeitsprüfung auf EU-Ebene erfolgen. Da die Bundesländer nicht an den durch die Europäische Kommission geführten Verhandlungen beteiligt wurden, verfügen sie nicht über unmittelbare Erkenntnisse aus diesen Verhandlungen. Diese Umstände erschweren die Analyse der Vertragstexte sowie die Abschätzung der damit verbundenen Folgen erheblich. Dies vorausgeschickt beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Hinsichtlich der Anforderungen zu Herkunftsangaben im Sinne des Produktsicherheitsgesetzes auf Produkten sind – vorbehaltlich der Auswertung der amtlichen Übersetzung in die deutsche Sprache – nach derzeitigem Kenntnisstand, Auswirkungen durch das Wirtschafts- und Handelsabkommen CETA nicht zu erkennen. Zu Frage 2: Der Entwurf zu CETA sieht Regelungen zum Schutz geografischer Angaben (Geographical Indications) vor. Der jetzt vorliegende Vertragsentwurf führt in einer Liste rund 170 Produkte auf, die nach Europäischem Recht als geografische Angabe geschützt werden , darunter 13 deutsche Erzeugnisse. Dies ist lediglich ein Bruchteil aller in der EU geschützten Produkte. In der entsprechenden Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 12. Februar 2015 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4484 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode DOOR-List werden mit Stand 6. Januar 2015 europaweit 1 452 geschützte Produkte aufgeführt, davon 99 aus Deutschland. Es ist nicht nachvollziehbar, nach welchen Kriterien die im Vertragsentwurf enthaltene Liste zusammengestellt wurde. Die Landesregierung kritisiert die fehlende Transparenz bei der Auswahl der Produkte mit geschützten geografischen Angaben. Geschützte geografische Angaben und geschützte Ursprungsangaben sind Qualitätssiegel, mit denen die EU seit langem versucht, eine Diversifizierung der landwirtschaftlichen Produktion zu fördern. Zugleich sollen Produktbezeichnungen gegen Missbrauch und Nachahmung geschützt und die Verbraucher über die besonderen Merkmale der Erzeugnisse informiert werden. Die Landesregierung hat die Bundesregierung aufgefordert, sich bei den Verhandlungen zu diesem und anderen Freihandelsabkommen auch für den Schutz deutscher und europäischer Herkunftsbezeichnungen für Wein auf den Weltmärkten einzusetzen. Zu den Fragen 3 und 5: Die bestehenden Regelungen, die in der Frage gestellt sind, sind auf Grundlage der vorgenannten Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 – soweit sie sich auf die Anwendung innerhalb der EU beziehen – nach dem derzeit vorliegenden Informationsstand nicht von dem geplanten Abkommen betroffen. Für den kanadischen Markt sieht das Abkommen einen Schutz der in der EU bestehenden geografischen Angaben „geschützte geografische Angabe (g.g.A.)“ und „geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.)“ für alle in einer Liste aufgeführten Erzeugnisse vor. Dies gilt sowohl für die Bezeichnung in der Amtssprache des jeweiligen EU-Mitgliedstaates, in dem die entsprechenden Erzeugnisse hergestellt werden, als auch für die entsprechenden Übersetzungen in die beiden kanadischen Amtssprachen Englisch und Französisch. In dem Vertragsentwurf sind auch Verfahrensregelungen enthalten, um diese Liste im Falle der Unterschutzstellung weiterer Angaben durch den jeweiligen Vertragspartner zu erweitern. Der Entwurf sieht darüber hinaus Ausnahme- und Übergangsregelungen zugunsten kanadischer Erzeuger vor, die bisher bestimmte in der EU geschützte geografische Angaben verwenden. Auch wird kanadischen Produzenten die weitere Verwendung der englischen und französischen Schreibweise für einzelne, in der EU geschützte geografische Angaben zugestanden. Dies gilt beispielsweise für die französische bzw. englische Bezeichnung von „Schwarzwälder Schinken“ (Black Forest Ham, Jambon Forêt Noire). Dies führt für die deutsche Wirtschaft zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen auf den Exportmärkten. Insoweit kann auf Basis des jetzt vorliegenden Vertragsentwurfs nur von einem unvollkommenen Schutz der geschützten geografischen Angaben in der EU durch den kanadischen Vertragspartner gesprochen werden. Der Landesregierung liegen darüber hinaus keine Erkenntnisse vor, inwieweit durch das im Entwurf vorliegende Wirtschafts- und Handelsabkommen CETA kontrollierte Siegel und Gütezeichen auf Produkten betroffen sein können. Zu Frage 4: In der Vergangenheit gab es zwischen Kanada und der EU Streitigkeiten angesichts der unterschiedlichen Handhabung der Regelungen zu Produkten, die mit Hilfe der Gentechnik hergestellt werden. Diese Streitigkeiten wurden innerhalb des Regelungsrahmens des Welthandelsabkommens WTO ausgetragen. 2009 wurde infolge dessen (WTO dispute: European Communities – Measures Affecting the Approval and Marketing of Biotech Products [WT/DS292]) vereinbart, einen bilateralen Dialog über Angelegenheiten des Biotechnologie-Marktzugangs zu schaffen. Der vorliegende Vertragsentwurf sieht vor, dass dieser Dialog mit folgenden gemeinsamen Zielen in Bezug auf die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Biotechnologie fortgesetzt werden soll: – Informationsaustausch über politische Absichten, gesetzgeberische und technische Aspekte von gemeinsamem Interesse zu Biotechnologieprodukten , – Informationen über die jeweiligen Methoden der Risikobewertung zur Entscheidungsfindung über die Anwendung eines gentechnisch veränderten Organismus (GVO), – Förderung effizienter wissenschaftsbasierter Zulassungsverfahren für Biotechnologieprodukte, – Internationale Zusammenarbeit zu Themen der Biotechnologie, beispielsweise der Spurenverunreinigungen mit GVO, – Engagement für gesetzgeberische Zusammenarbeit um nachteilige Auswirkungen von Zulassungspraktiken für Biotechnologie- produkte auf dem Handel zu minimieren. Dies lässt befürchten, dass es bei deren Umsetzung zu gravierenden Änderungen der europäischen Regelungen zu Zulassungen und Kennzeichnungen kommen kann. Mit Sorge betrachtet die Landesregierung daher die Absicht, diesen auf der WTO-Ebene vereinbarten Dialog über Fragen des Marktzugangs für Biotechnologie in das CETA zu implementieren. Dieser Dialog erstreckt sich auf die Zulassung gentechnisch veränderter Produkte in Kanada und der EU unter Einschluss neuer Zulassungsanträge. Ausdrücklich sind auch unbeabsichtigte oder ungenehmigte Freisetzungen Gegenstand des „Dialogs“. Grundlegende Unterschiede in den gesetzlichen Regelungen der beiden Vertragspartner z. B. in Hinblick auf die Kennzeichnung von GVO, die Nulltoleranz in Bezug auf nicht zugelassene GVO oder die Prüftiefe bei Zulassungsverfahren lassen befürchten, dass das europäische Schutzniveau durch ein solches Abkommen abgesenkt würde. Zu Frage 6: Vor dem Hintergrund der einleitend beschriebenen, sehr eingeschränkten Möglichkeiten einer Analyse und Bewertung des umfangreichen Entwurfes zum Vertragswerk, ist eine vollständige Auswertung bisher nicht möglich. Vor diesem Hintergrund können derzeit seitens der Landesregierung keine Aussagen zu möglichen Änderungen für den Verbraucherschutz im Bereich der Finanzdienstleistungen gemacht werden. Ulrike Höfken Staatsministerin