Drucksache 16/4485 14. 01. 2015 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Thorsten Wehner (SPD) und A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Änderung der EU-Ökoverordnung Die Kleine Anfrage 2922 vom 18. Dezember 2014 hat folgenden Wortlaut: Am 9. Dezember 2014 wurde im Sonderausschuss Landwirtschaft der EU in Vorbereitung für den Agrar- und Fischereirat ein neuer Entwurf für eine geänderte EU-Ökoverordnung vorgelegt. Demnach plant die EU-Kommission u. a. die Ökobauern für nicht sachgemäßen Einsatz von Pflanzenschutz ihrer konventionellen Nachbarn verantwortlich und haftbar zu machen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Welche Maßnahmen sind von Seiten der EU-Kommission genau geplant? 2. Wie werden sich diese Maßnahmen auf die Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz auswirken? 3. Welche sonstigen Auswirkungen haben die neuen Regelungen auf die Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz? 4. Wie beabsichtigt die Landesregierung auf das weitere Verfahren der Verordnung einzuwirken? Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 13. Januar 2015 wie folgt beantwortet: Der ökologische Landbau erbringt wichtige gesellschaftliche Leistungen im Hinblick auf den Bodenschutz, Arten- und Ressourcenschutz und die Verbesserung der Haltungsbedingungen landwirtschaftlicher Nutztiere. Die zunehmende Bedeutung der ökologischen Landwirtschaft in Deutschland zeigt sich insbesondere an der stark steigenden Nachfrage von Bioprodukten. 2013 stieg der Umsatz von Bioprodukten um 7,2 Prozent auf über 7,5 Milliarden Euro. Auch im 1. Halbjahr 2014 wurden weitere Umsatzzuwächse festgestellt 1). Das Produktionswachstum in Deutschland bleibt seit Jahren deutlich hinter den Steigerungsraten der Nachfrage zurück. Interessierte landwirtschaftliche Betriebe sollten zur Umstellung auf die ökologische Wirtschaftsweise motiviert und nicht blockiert werden. Am 24. März 2014 hat die EU-Kommission offiziell ihren Vorschlag zur Novellierung der EU-Öko-Verordnung vorgelegt. Dieser Vorschlag konterkariert die Bestrebungen der Landesregierung, den ökologischen Landbau auszuweiten und wird den Erfordernissen der ökologischen Praxis nicht gerecht. Daher hat die Landesregierung bereits vor Veröffentlichung des Entwurfs zusammen mit den Ländern Hessen, Baden-Württemberg , Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen in einem Brief an den damaligen EU-Kommissar Ciolos ihre Bedenken und Kritikpunkte mitgeteilt und die Totalrevision der bestehenden Rechtsgrundlagen abgelehnt. In weiteren Schreiben an die EU-Kommission und an Abgeordnete des europäischen Parlaments hat die rheinland-pfälzische Landwirtschaftsministerin zusammen mit ihren Kollegen und Kolleginnen aus den vorgenannten Ländern dezidiert die Gründe für ihren Widerstand gegen die von der EU-Kommission vorgeschlagene Totalrevision vorgetragen und sich in verschiedenen Gesprächen, Initiativen bei Agrarministerkonferenzen und im Bundesrat für die gezielte Weiterentwicklung des bestehenden EU-Öko-Rechts an den erforderlichen Punkten wie Geflügelhaltung oder Importkontrollen eingesetzt. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 12. Februar 2015 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode 1) Quelle: Bio Vista GmbH. Drucksache 16/4485 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage des Abgeordneten Thorsten Wehner (SPD) namens der Landesregierung wie folgt: Zu Frage 1: Der Vorschlag der EU-Kommission zur Revision der Öko-Basisverordnung vom 24. März 2014 enthielt neben einer strukturellen Neugestaltung der Verordnung insbesondere folgende Änderungen: – Eine drastische Verschärfung der Produktionsvorschriften: Vorgesehen war insbesondere die Streichung aller zum Teil noch erforderlichen Ausnahmeregelungen, wie z. B. – die Verwendung von nicht-ökologischem Saat- und Pflanzgut, – die Aufstallung von nicht-ökologisch aufgezogenen Tieren im Bedarfsfall, – die Zufütterung von 5 % nicht-ökologischen Proteinfuttermitteln für Schweine und Geflügel. – Der Vorschlag beinhaltete des Weiteren die Einführung von Schwellenwerten für nicht erlaubte Substanzen, insbesondere Pflanzenschutzmittel , in Öko-Erzeugnissen auf dem Niveau von Babynahrung. – Die vollständige Ausgliederung der Regelungen zum Kontrollsystem im ökologischen Landbau aus dem EU-Öko-Fachrecht in die horizontale EU-Kontrollverordnung. Dies bedeutet eine Verlagerung der Zuständigkeit von der DG AGRI in die DG SANCO für den Ökokontrollbereich, während für die produktions- und Kennzeichnungsvorschriften die DG AGRI weiterhin zuständig bleibt. Zu Frage 2: Die Auswirkungen können nicht in letzter Konsequenz beschrieben werden, da hierzu erst die entsprechenden delegierten Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte bekannt sein müssen. Grundsätzlich kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Revision in der vorgesehenen Form zu – einer Verunsicherung umstellungswilliger Betriebe, – zusätzlichen Risiken für die bereits umgestellten Betriebe und – zu deutlichen und ungerechtfertigten Erschwernissen für Erzeugung, Verarbeitung und Handel mit Bio-Produkten führen wird. Zu Frage 3: Die in den neuen Regelungen vorgesehenen Änderungen beim Kontrollverfahren und bei der Beschaffenheit der Ökoerzeugnisse stellen in der Praxis zusätzliche Hemmnisse dar. Insbesondere durch die beabsichtigten, ungerechtfertigten zusätzlichen Hürden für die Vermarktung als Biolebensmittel geht für die Erzeuger das Vertrauen in die Grundregeln des Ökolandbaus und die Planungssicherheit verloren. Die Umstellung auf ökologischen Landbau wird durch die strikteren Regeln eher blockiert als gefördert. Die Wettbewerbskraft der Erzeuger wird geschwächt und Markt- und Einkommenschancen werden durch den Ökolandbau für unsere Betriebe eingeschränkt. Es besteht die Gefahr eines Rückgangs an heimischer Öko-Erzeugung zugunsten von Importen aus Drittländern. Den Verbraucherinnen und Verbrauchern könnten zukünftig weniger heimische Ökolebensmittel zur Verfügung stehen . Durch die vorgesehene Novellierung des EU-Ökorechts ist mit einer zusätzlichen Bürokratisierung zu rechnen. Zu Frage 4: Die EU-Kommission hat in ihrem am 17. Dezember 2014 vorgelegten Arbeitsprogramm für das Jahr 2015 dem Europäischen Parlament und dem Rat sechs Monate Zeit eingeräumt, um eine Einigung zu der Novelle der EU-Öko-Verordnung zu erzielen. Andernfalls will sie den Kommissionsvorschlag zurückziehen und durch einen neuen ersetzen. Die Landesregierung wird sich insbesondere auf der Agrarministerkonferenz sowie in weiteren Gesprächen mit der Europäischen Kommission einbringen und praxisgerechte Regelungsinhalten mit erarbeiten. Dabei wird sie sich für eine weitgehende Beibehaltung des gegenwärtigen Regelwerkes und eine punktuelle und zielorientierte Weiterentwicklung in einzelnen Bereichen einsetzen. Beispielsweise sind noch Verbesserungen bei den Einfuhrregeln in Bezug auf die Vermeidung von internationalen Betrugsfällen erforderlich . In Vertretung: Dr. Thomas Griese Staatssekretär