Drucksache 16/4494 16. 01. 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Pia Schellhammer und Anne Spiegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Rechte Hetze gegen Flüchtlinge Die Kleine Anfrage 2943 vom 18. Dezember 2014 hat folgenden Wortlaut: In vielen Städten Deutschlands sind in den vergangenen Monaten verstärkt fremdenfeindliche Demonstrationen und Aktionen gegen Flüchtlinge zu verzeichnen. Insbesondere die Bewegung PEGIDA (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes ) und ihre Ableger machen bundesweit Schlagzeilen. In Ludwigshafen und Kaiserslautern ist Anfang Dezember 2014 angeblich von der NPD ein Flugblatt mit dem Titel „Leitfaden zum Umgang mit Asylanten in der Nachbarschaft“ verteilt worden, das fremdenfeindliche Propaganda gegen Asylsuchende enthält. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Ist der Landesregierung das NPD-Flugblatt „Leitfaden zum Umgang mit Asylanten in der Nachbarschaft“ bekannt? 2. Hat die Landesregierung Kenntnis darüber, in wie vielen Haushalten dieses Flugblatt verteilt wurde? 3. Welche weiteren Erkenntnisse liegen der Landesregierung bezüglich Versammlungen, Mahnwachen oder der Verteilung von Flugblättern gegen Flüchtlinge in Rheinland-Pfalz in den letzten zwölf Monaten vor? 4. Welche rechtsextremistischen Parteien und Gruppierungen sind in diesem Feld besonders aktiv? 5. Gab es auch physische Übergriffe auf Flüchtlinge? Wenn ja, wo? 6. Welche Aktivitäten unternimmt die Landesregierung, um gegen diese fremdenfeindlichen Vorkommnisse vorzugehen? 7. Gibt es vor Ort Initiativen und Gegendemonstrationen gegen diese fremdenfeindlichen Aktionen, die der Landesregierung bekannt sind? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 14. Januar 2015 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Das NPD-Flugblatt „Leitfaden zum Umgang mit Asylanten in der Nachbarschaft“ ist der Landesregierung bekannt. Herausgeber ist der NPD-Landesverband Mecklenburg-Vorpommern. Anfang Dezember 2014 wurde das Flugblatt auch auf Facebook-Seiten der rheinland-pfälzischen NPD veröffentlicht. Die Prüfung des Flugblattes durch die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern ergab, dass keine strafrechtliche Relevanz gegeben ist. Zu Frage 2: Das Flugblatt der NPD soll Anfang Dezember 2014 in Mainz und Kaiserslautern zur Verteilung gekommen sein. Ob und in welchem Umfang dies tatsächlich geschehen ist und inwiefern andere Regionen in Rheinland-Pfalz betroffen waren, ist der Landesregierung nicht bekannt. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 12. Februar 2015 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4494 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu den Fragen 3 und 4: Hierzu liegen folgende Erkenntnisse vor: Zwischenzeitlich hat auch die rechtsextremistische Kleinstpartei „Der III. Weg“ auf ihrer Homepage einen Leitfaden mit dem Titel „Kein Asylantenheim in meiner Nachbarschaft! Wie be- bzw. verhindere ich die Errichtung eines Asylantenheimes in meiner Nachbarschaft“ veröffentlicht. Der Leitfaden steht kostenlos zum Download auf der Homepage zur Verfügung, ob er bereits verteilt wurde, ist nicht bekannt. Zu Frage 5: Hierzu liegen der Landesregierung bislang keine Erkenntnisse vor. Zu Frage 6: Die Bekämpfung des Rechtsextremismus ist eine zentrale gesellschaftliche und sicherheitspolitische Herausforderung. Die Landesregierung verfolgt diese Langzeitaufgabe mit Priorität, alle Ressorts leisten hierzu ihren unerlässlichen Beitrag. Die Strategie des Landes beruht auf einer umfassenden Prävention, konsequentem Einschreiten sowie vielfältigen Hilfsangeboten für Ausstiegswillige. Sie wird weiter mit aller Entschlossenheit verfolgt. 2 Datum Ort Ereignis 3. Januar 2014 Ludwigshafen Demonstration von Angehörigen der Partei „Der III. Weg“ vor einer Asylbewerberunterkunft unter dem Motto „Überfremdung stoppen – Kein Asylantenheim in der Bayreuther Straße“ 1. Februar 2014 Trier Kundgebung NPD: „Nein zum Asylbetrug – Deutsche Steuergelder für deutsche Ausgaben“ 1. Mai 2014 Kaiserslautern Versammlung der NPD: „Asylbetrüger rückführen! Menschenwürdiger Wohnraum für Deutsche, statt Asylvillen für Wirtschaftsflüchtlinge“ 22. Mai 2014 Kaiserslautern Versammlung der NPD: „Stoppt den Asylwahnsinn! Unser Volk zuerst!“ 24. Mai 2014 Trier Kundgebung NPD: „Asylheime schließen – nicht Schulen! Volksküche statt Kunstatelier für Asylbewerber!“ 7. Juni 2014 Mainz Flyer-Verteilungsaktion der Partei „Der III. Weg“ zum Thema Asylmissbrauch 16. Juni 2014 Badenheim Flugblattverteilung mit asylkritischem Hintergrund. Schwerpunkt: Asylmissbrauch stoppen 28. Oktober 2014 Sörgenloch Verteilung von Flugblättern und Aufklebern von NPD, „Der III. Weg“ und dem „Freien Netz Hessen“ zum Thema Asylanten/Flüchtlinge 30. Oktober 2014 Limburgerhof Kundgebung von „Der III. Weg“: „Überfremdung stoppen – nein zum Asylheim!“ 3. November 2014 Wörrstadt Verteilung von ca. 75 Aufklebern zum Thema Asylanten/Flüchtlinge in der Nähe einer Schule 7. November 2014 Limburgerhof Infostand „Der III. Weg“ zum Thema Flüchtlinge/Asylanten 7. bis 10. November 2014 Nieder-Olm und Wörrstadt Anbringung mehrerer Holzkreuze mit ausländerfeindlichen Beschriftungen (z. B. „Multikulti tötet“) und mit dem Hinweis auf die Internetpräsenz „Der III. Weg“ 18. Dezember 2014 Ludwigshafen Kundgebung der Partei „Der III. Weg“: „Überfremdung stoppen – NEIN zum Asylheim!“ 19. Dezember 2014 Ludwigshafen Ablegen von Flugblättern „Asylmissbrauch in Deutschland endlich stoppen!“ durch mutmaßlich Angehörige der Partei „Der III. Weg“ 27. Dezember 2014 Kaiserslautern Versammlung der NPD: „Stoppt die Asylflut – Keine weiteren Unterkünfte in Kaiserslautern!“ Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/4494 Insbesondere die Prävention nimmt im Rahmen dieser Strategie einen hohen Stellenwert ein. Bei zahlreichen Veranstaltungen wurden und werden die Themen Migration, Integration, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus umfassend behandelt. Darüber hinaus findet im „Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus Rheinland-Pfalz“, in dem staatliche und nichtstaatliche Stellen miteinander vernetzt sind, ein regelmäßiger Austausch zu rechtsextremistischen Aktivitäten im Land statt. Denn die Bekämpfung des Rechtsextremismus und ihrer menschenverachtenden, demokratiefeindlichen Ideologie kann nur gelingen, wenn Staat und Zivilgesellschaft gemeinsam und in engem Schulterschluss aktiv werden. Zu Frage 7: In Rheinland-Pfalz existieren eine Vielzahl von gesellschaftlichen Organisationen, Initiativen und Bündnissen, die sich seit Jahren engagiert gegen Aktivitäten von rechtsextremistischen Gruppierungen und Parteien wenden. Beispielhaft zu nennen sind: – Verdi/DGB – Initiative „Für ein buntes Trier – Gemeinsam gegen Rechts“ – „Bündnis für Demokratie und Toleranz gegen Extremismus und Gewalt“ (Remagen) – „Netzwerk gegen rechte Gewalt und Rassismus Ludwigshafen-Vorderpfalz“ – Verein „Rheinhessen gegen Rechts e. V.“ (Ingelheim) Daneben schließen sich immer wieder anlassbezogen bei Bekanntwerden rechtsextremistischer Veranstaltungen oder auch öffentlichkeitswirksamer , rechtsmotivierter Straftaten temporär Initiativen und Bündnisse zusammen. Im Jahr 2014 sind beispielhaft im Sinne der Fragestellung folgende Gegendemonstrationen zu nennen: Roger Lewentz Staatsminister 3 Datum Ort Ereignis 12./19./24./31. März 2014; 7./14. April 2014 Mainz Versammlung gegen den Angriff auf einen deutsch/angolanischen Bürger am 10. März 2014 auf dem Bahnhofsvorplatz 5. April 2014 Kusel Kundgebung „Anarchistische Initiative Kaiserslautern/Kusel“: „refugees are welcome“ 16. Mai 2014 Mainz Aufzug zum Thema „Nationalismus ist keine Alternative!“ 27. Juni 2014 Mainz Solidaritätskundgebung „Berliner Refugees“ 22. November 2014 Remagen „Tag der Demokratie“ und Aufzug „NS Verherrlichung stoppen“ gegen jährlichen „Trauermarsch“ der rechtsextremistischen Szene 15. Dezember 2014 Kirchheimbolanden Schweigemarsch von 50 Anhängern der Amnesty International Ortsgruppe nach Brandanschlag auf Asylbewerberheim in Vorra/BY