Drucksache 16/4519 23. 01. 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Christine Schneider (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Windkraft im Pfälzerwald – Stellungnahme MAB-Nationalkomitees Die Kleine Anfrage 2947 vom 23. Dezember 2014 hat folgenden Wortlaut: In der Antwort der Kleinen Anfrage 2700 (Drucksache 16/4162) hat die Landesregierung dargelegt, dass sie in der Teilfortschreibung erneuerbare Energien des Landesentwicklungsprogramms (LEP IV) der Auffassung des MAB Nationalkomitees gefolgt sei und die Errichtung von Windenergieanlagen in den Kern- und Pflegezonen des Naturparks Pfälzerwald auszuschließen sind. Die außerhalb der Pflegezonen gelegenen Stillezonen des Naturparks Pfälzerwald stehen einer Ausweisung von Windenergiestandorten nur dann entgegen, wenn die Windenergienutzung dem jeweiligen Schutzzweck zuwiderläuft und eine Befreiung nicht erteilt werden kann. In einer Stellungnahme des MAB-Nationalkomitees wurde dargestellt, dass im Rahmen der alle zehn Jahre periodisch durchzuführenden Evaluierung des Biosphärenreservates Pfälzerwald das Nationalkomitee als Abschlussbericht der Evaluierung eine umfangreiche Stellungnahme erarbeitet hat und diese am 4. Oktober 2013 Ministerin Höfken übermittelt wurde. In dieser Stellungnahme wird u. a. auf die Windkraftproblematik eingegangen. Das Nationalkomitee hat darin empfohlen auch den bewaldeten Teil der Entwicklungszone komplett von Windkraftanlagen freizuhalten. Ich frage die Landesregierung: 1. Wurde der Landesregierung am 4. Oktober 2013 vom MAB-Nationalkomitee eine Stellungnahme zugeleitet, in der u. a. emp- fohlen wurde, den bewaldeten Teil der Entwicklungszone des Pfälzer Waldes komplett von Windkraftanlagen frei zu halten? 2. Teilt die Landesregierung die Auffassung des Nationalkomitees, dass der bewaldete Bereich des Pfälzer Waldes von Windkraft- anlagen frei zu halten ist? 3. Wenn nein, wie beurteilt die Landesregierung die Begründung des MAB-Nationalkomitees und die Androhung, den Status Biosphärenreservat abzuerkennen? Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 22. Januar 2015 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: In einem Positionspapier vom September 2012 hat das MAB-Nationalkomitees Anforderungen zur Nutzung von Windkraft in Biosphärenreservaten dargelegt. Diese wurden bei der Teilfortschreibung „Erneuerbare Energien“ des LEP IV übernommen und die Kern- und Pflegezonen des Biosphärenreservates von der Nutzung der Windenergie in Text und Karten ausgeschlossen. Der LEP IV stellt die rechtliche Grundlage für Planungen der Gemeinden dar. Im Nachhinein übermittelte das MAB-Komitee im Schreiben vom 4. Oktober 2013 Empfehlungen für weitergehende Restriktionen. Zu den Fragen 2 und 3: Biosphärenreservate sind von der UNESCO initiierte Modellregionen, in denen nachhaltige Entwicklung in ökologischer, ökonomischer und sozialer Hinsicht exemplarisch verwirklicht werden soll (Weltnetz der Biosphärenreservate). Das Programm „Der Mensch und die Biosphäre“ (Man and the Biosphere Programme, MAB-Programm) sorgt für die Weiterentwicklung der Biosphären - reservate, evaluiert und vernetzt sie weltweit und erforscht im globalen Maßstab die wichtigsten Ökosysteme. In MAB geht es nicht Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 27. Februar 2015 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4519 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode um klassischen Naturschutz im engeren Sinn, sondern um einen interdisziplinären Ansatz. Insbesondere der Mensch selbst steht als Bestandteil der Biosphäre im Vordergrund. Gesellschaftliche und ökonomische Fragen, z. B. auch die Schaffung von Einkommen , Probleme der Verstädterung und Demographie, sind Teil des Programms. Diese Leitlinien sind auch im Schutzzweck der Landesverordnung über den „Naturpark Pfälzerwald“ als deutscher Teil des Biosphärenreservats Pfälzerwald-Nordvogesen eingeflossen. Als besonderer Schutzzweck für die Entwicklungszone ist dort genannt, „modellhafte Projekte der Nachhaltigkeit im Sinne des MAB-Programms der UNESCO zu ermöglichen“. Der Internationale Koordinierungsrat (ICC) (höchstes Entscheidungsgremium des MAB-Programms) beschloss am 28. Juni 2011 auf seiner Konferenz zum 40. Jubiläum des MAB-Programms die „Dresdner Erklärung zu Biosphärenreservaten und Klimawandel “. Darin steht wörtlich: „Biosphärenreservate sind ein wirksames Instrument zum Klimaschutz sowie zur modellhaften Anpassung an seine Folgen. Dies gilt vor allem in den Bereichen nachhaltige Landnutzung, umweltverträgliches und Ressourcen schonendes Wirtschaften, Sicherung von Ökosystemdienstleistungen, Energieeffizienz und Einsatz erneuerbarer Energien. Biosphärenreservate sind Bildungsorte für nachhaltige Entwicklung.“ Die Konferenz forderte die vertretenen Staaten auf, „Biosphären reservate stärker als bisher in ihren Strategien zu Klimaschutz und -anpassung zu verankern und die in Biosphärenreservaten entwickelte Ansätze verstärkt auf andere Regionen zu übertragen.“ Unter Bezug auf diese Erklärung veröffentlichte das deutsche MAB-Nationalkomitee am 5. September 2012 das Positionspapier zur „Nutzung von Windkraft und Biomasse in Biosphärenreservaten“. Hierin vertritt das MAB-Nationalkomitee die Auffassung, dass Kern- und Pflegezonen der Biosphärenreservate vollständig von der Windenergienutzung freizuhalten sind und in Entwicklungszonen – soweit sie nicht durch rechtlichen Schutz von einer Windenergienutzung ausgeschlossen sind – „die Windkraftnutzung bei Einhaltung hoher Standards möglich“ ist. Genau diese Leitlinien wurden bei der Teilfortschreibung des LEP IV übernommen, indem die Kern- und Pflegezonen des Biosphärenreservates von der Nutzung der Windenergie in Text und Karten ausgeschlossen wurden. Nach einer umfangreichen Beteiligung, auch des Kommunalen Rates und des Innenausschusses wurde am 16. April 2013 der Beschluss des Ministerrats gefasst . Mit Schreiben vom 4. Oktober 2013 legte das MAB-Komitee seinen Bericht über die periodische Überprüfung des deutschen Teils des UNESCO-Biosphärenreservats Pfälzerwald-Nordvogesen vor. Darin wird u. a. die Sorge ausgedrückt, „dass es in den kommen - den Jahren zu einer weiteren Fragmentierung des Pfälzerwaldes kommen könnte. Damit würde die Repräsentativität des Biosphären - reservates als eines der wesentlichen Anerkennungskriterien in Frage gestellt“. Als Bespiele für diese Sorge werden der Ausbau der B 10 und die Zunahme des Siedlungsbaus im Außenbereich genannt. Hinsichtlich der Windenergie wird auf frühere Empfehlungen hingewiesen, Kern- und Pflegezonen auszuschließen. Zusätzlich empfiehlt das MAB-Komitee jetzt darüber hinaus, auf eine Windkraftnutzung auch im bewaldeten Teil der Entwicklungszone zu verzichten. Anlässlich der Überreichung der Evaluierungsurkunde am 14. Januar 2015 ist diese Position vom MAB-Komitee wiederholt worden. Am 14. Januar 2015 wurde auch erstmals den Verbandsgemeinden Annweiler, Hauenstein, Landau-Land und der Stadt Landau die Gelegenheit eingeräumt, ihre Vorschläge dem MAB-Komitee vorzustellen. Wie auch in der Landauer Erklärung veröffentlicht , haben die kommunalen Vertreter in gutem Vertrauen auf frühere Verlautbarungen des MAB-Komitees und der darauf aufbauenden Rechtsgrundlage des LEP gehandelt. Sie stehen zur Einbeziehung der Bevölkerung bei der Planung, zu der Beibehaltung des UNESCO-Status sowie zu einer Beschränkung und räumlichen Konzentration an fachlich geeigneten Standorten. Die Landesregierung stimmt mit dem MAB-Nationalkomitee darin überein, daß die Repräsentativität des Pfälzerwalds als ökologisch wertvolles Gebiet und der UNESCO-Status nicht gefährdet werden dürfen. Insoweit stellt sich hinsichtlich der Nutzung der Windkraft die Frage, ob und wie Planungen und Realisierungen bei Einhaltung hoher Standards auf wenigen, teilweise vorbelasteten Standorten, durchgeführt werden können. Diese Prüfung der am 14. Januar 2015 überreichten Vorschläge soll zusammen mit dem MAB-Nationalkomitee erfolgen. Ulrike Höfken Staatsministerin