Drucksache 16/4540 27. 01. 2015 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Marcus Klein (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung Zweite Teilfortschreibung LEP IV Die Kleine Anfrage 2963 vom 18. Dezember 2014 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Abwägungsfehler wurden in verwaltungsgerichtlichen Verfahren konkret gesehen, die die Landesregierung nun zu Kor- rekturen in der zweiten Teilfortschreibung des LEP veranlasst? 2. Welche Möglichkeiten zur Korrektur der Abwägungsfehler sind denkbar? 3. Welche Chancen räumt die Landesregierung den von einer Abstufung betroffenen Kommunen in einer neuen Abwägung ein, die mittelzentrale Funktion zu behalten, bzw. welche Kriterien müssten dafür im Einzelnen betrachtet und erfüllt werden? 4. Welche Vor- und Nachteile sind mit der Einstufung als kooperierendes Mittelzentrum für die beteiligten Kommunen verbun- den (insbesondere Folgen im Finanzausgleich)? 5. Waren mögliche finanziellen Nachteile betroffener Kommunen nach Kenntnis der Landesregierung ein tragender Grund dafür, sich in verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegen die Kooperationen zu wenden? 6. Wäre der Ausgleich möglicher finanzieller Nachteile ein Weg, das Konzept der „mittelzentralen Verbünde kooperierender Zen- tren“ zu stärken und für Akzeptanz zu sorgen und möchte die Landesregierung grundsätzlich an diesem Konzept festhalten? Das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 27. Januar 2015 wie folgt beantwortet: Die im Jahr 2008 im LEP IV erfolgte Festlegung des Zentrale-Orte-Konzeptes ist nach einer umfassenden Diskussion und unter Berücksichtigung des damaligen Standes der wissenschaftlichen Diskussion erfolgt. In der Konsequenz ist die Festlegung der Zentralen Orte auf der Grundlage eines als Orientierungsrahmen definierten Gerüstes von zentralörtlichen Einrichtungen und einem planerischen Entscheidungsspielraum für die Festlegung von Zentralen Orten vorgenommen worden. Seit mehreren Jahren ist die Weiterentwicklung des Zentrale-Orte-Konzeptes bundesweit in der Diskussion, die von Seiten des Bundes mit der Vergabe zweier Gutachten begleitet worden ist (Spannowsky, W.: Konkretisierung der Grundsätze der Raumordnung durch die Bundesraumordnung, Forschungsprogramm des BMVBS: Allgemeine Ressortforschung, Kaiserslautern, 2011, und Greiving, S.: „Reform der Zentrale-Orte-Konzepte in den Ländern und Folgen für Siedlungsstruktur und Daseinsvorsorge“ – Endbericht Stand 30. September 2014, unveröffentlicht). Die endgültige Abnahme des letztgenannten Gutachtens steht jedoch noch aus. Auch die Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) befasst sich in ihren Ausschüssen und einer Arbeitsgruppe grundsätzlich mit dieser Thematik. Die diesbezüglichen Beratungen sind ebenfalls noch nicht abgeschlossen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die vorgenannte Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu Frage 1: Im Fall der Verbandsgemeinde Kirchberg hat das Verwaltungsgericht Koblenz in seinem Urteil vom 10. April 2012 (Az.: 1 K 148/12.KO) insbesondere die Berücksichtigung des Flughafens Hahn, der Polizei-Fachhochschule und des geplanten Flughafen -Bahnhofs im Hinblick auf eine mittelzentrale Einstufung als abwägungsfehlerhaft eingestuft. Dabei handelt es sich nach Auf- Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 27. Februar 2015 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4540 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode fassung des Gerichts um oberzentrale Einrichtungen bzw. im Falle des Flughafens um eine der Daseinsvorsorge für das gesamte Land Rheinland-Pfalz dienende Einrichtung, die nicht als Rechtfertigung für die mittelzentrale Einstufung herangezogen werden können. Diese Abwägungsmängel haben zu einem Verstoß gegen das Gebot interkommunaler Gleichbehandlung im System des kommunalen Finanzausgleichs geführt. Im Fall der Stadt Ramstein-Miesenbach hat das Verwaltungsgericht Neustadt a.d.W. auf die Klage der benachbarten Stadt Landstuhl und der Verbandsgemeinde Landstuhl durch Urteile vom 3. Juni 2013 (Az.: 3 K 312/13.NW und 3 K 641/12.NW) gerügt, dass die Existenz der in Ramstein-Miesenbach vorhandenen Einrichtungen (Gymnasium, Außenstelle einer Volkshochschule, Bahnhof und Hallenbad) nur einen Teil des Mindestversorgungsstandards nach der im LEP IV enthaltenen Tabelle erfüllt, ohne dass die Bedeutung der einzelnen Einrichtungen für die mittelzentrale Funktion konkret nachvollziehbar dargelegt wurde. Das Gericht hat deswegen die der Stadt Ramstein–Miesenbach zugewiesene Funktion als kooperierendes Mittelzentrum für nicht nachvollziehbar und damit abwägungsfehlerhaft eingestuft sowie die dahingehende Festlegung des LEP IV für unwirksam erachtet. Auch bei Ziel 31 (Z 31) des LEP IV (Innenentwicklung vor Außenentwicklung) hat eine verwaltungsgerichtliche Beanstandung zu einer Korrektur Veranlassung gegeben. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat in einem Normenkontrollverfahren (Az.: 1 C 11322/10.OVG) für einen Bebauungsplan festgestellt, dass Z 31 in seiner bisherigen Form keine abschließend abgewogene Vorgabe im Sinne des § 7 Abs. 2 Raumordnungsgesetz sei und daher keine Bindungswirkung gegenüber Gemeinden entfalten könne. Durch die vorgesehene Ergänzung dieses Ziels wird mit der erforderlichen Rechtsklarheit konkretisiert, welche Anforderungen für eine Neuausweisung von Wohnbauflächen im planerischen Außenbereich erfüllt sein müssen. Zu den Fragen 2 und 3: Auf Grundlage der im Jahr 2008 im LEP IV erfolgten Festlegung des Zentrale-Orte-Konzeptes ist nur die im Entwurf der zweiten Teilfortschreibung vorgesehene Rückstufung der beiden Kommunen als Lösung aufgrund der Urteile geboten. Zu Frage 4: Nach den Bestimmungen in § 11 Abs. 4 Nr. 2 Landesfinanzausgleichsgesetz (LFAG) wird der Ansatz für zentrale Orte den kommunalen Gebietskörperschaften zum Ausgleich von besonderen Belastungen aus der Vorhaltung zentralörtlicher Einrichtungen für den Verflechtungsbereich gewährt. Die Einstufung als kooperierendes Mittelzentrum hat für die beteiligten Kommunen bestimmte Auswirkungen. Zum einen teilt sich die Aufgabenerfüllung der entsprechenden zentralörtlichen Leistungen auf die kooperierenden Mittelzentren auf und führt so zu einer Entlastung jedes kooperierenden Mittelzentrums im Vergleich zu einer alleinigen Aufgabenerfüllung. Diesem Zusammenhang folgend wird auch der Leistungsansatz für zentrale Orte im kommunalen Finanzausgleich und daraus folgend ein Teilbetrag der gewährten Schlüsselzuweisungen B 2 sowie der Investitionsschlüssel zuweisungen zwischen den kooperierenden Zentren aufgeteilt. Zudem haben alle kooperierenden Mittelzentren bessere Möglichkeiten bei der Ansiedlung großflächigen Einzelhandels. Ferner können Zentrale Orte bei der Umsetzung von Ziel 32 des LEP IV eine besondere Berücksichtigung bei der Festlegung von Schwellenwerten für die weitere Wohnbauflächenentwicklung finden. Zu Frage 5: Welche Rolle finanzielle Erwägungen bei den Entscheidungen der klagenden Gemeinden gespielt haben, ist der Landesregierung nicht bekannt. Zu Frage 6: Die Landesregierung hält auch weiterhin die Variante von „mittelzentralen Verbünden kooperierender Zentren“ für sinnvoll. Deshalb ist es sachgerecht, den Leistungsansatz für zentrale Orte im kommunalen Finanzausgleich und die darauf entfallenden Schlüsselzuweisungen B 2 auch zukünftig aufzuteilen, weil durch die Aufteilung des Leistungsansatzes für zentrale Orte auf die kooperierenden Mittelzentren eine Gleichbehandlung mit monozentralen Mittelzentren gewährleistet ist. Eveline Lemke Staatsministerin