Drucksache 16/4592 10. 02. 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Dr. Bernhard Braun und Wolfgang Schlagwein (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung Verordnungsentwurf der Bundesregierung für die Ausschreibung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen – Auswirkungen auf die Akteursvielfalt und den Ausbau im Bereich der Photovoltaik in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage 3050 vom 29. Januar 2015 hat folgenden Wortlaut: Mit der Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes im Jahr 2014 hat die Bundesregierung festgeschrieben, die Vergütung für Ökostrom ab dem Jahr 2017 über Ausschreibungs verfahren festlegen zu wollen. Dieses Verfahren soll zuvor anhand eines Pilotprojekts mit Photovoltaik-Freiflächenanlagen erprobt werden. Vor diesem Hintergrund plant die Bundes regierung bereits im April dieses Jahres mit der Pilotphase und den ersten Ausschreibungen zu beginnen. Im Zuge dieser sollen im Jahr 2015 500 Megawatt (MW), im Jahr 2016 400 MW und im Jahr 2017 300 MW Photovoltaikleistung installiert werden. Einen Entwurf für die Verordnung für die Ausschreibung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen hat das Bundeswirt schafts ministerium (BMWi) Mitte Januar 2015 vorgelegt . Kritiker bemängeln, dass das Auktionsvolumen zu niedrig angesetzt sei, um den angestrebten Neubau zu erreichen. Gleichzeitig würden derartige Ausschreibungsverfahren insbesondere kleine Unternehmen und Bürgerenergiegenossenschaften durch zusätzliche Trans aktions- und Projektkosten benachteiligen. Auch der bisher für alle Ökostromproduzenten garantierte Netzzugang sei mit vorgeschalteter Ausschreibung künftig in Frage gestellt. In diesem Zusammenhang fragen wir die Landesregierung: 1. Wie beurteilt die Landesregierung den durch das BMWi vorgelegten Verordnungsentwurf für die Ausschreibung von Photo- voltaik-Freiflächenanlagen? 2. Sieht die Landesregierung die rheinland-pfälzischen Ausbauziele im Bereich der Photo voltaik durch das angesetzte Ausbauvo- lumen gefährdet? 3. Welche Folgen hätte nach Ansicht der Landesregierung ein derartiges Ausschrei bungs modell für die Akteursvielfalt im Bereich der Photovoltaik in Rheinland-Pfalz? 4. Können nach Auffassung der Landesregierung durch Ausschreibungsverfahren mittel- bis langfristig Preissenkungen im Bereich der Ökostromproduktion erzielt werden? Das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 5. Februar 2015 wie folgt beantwortet: Die Energiewende ist bundesweit und in Rheinland-Pfalz eine Erfolgsgeschichte. Sie ist auch ein zentrales Projekt der Landesregierung . Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist hierbei die Grundlage für den Umbau des Stromversorgungssystems weg von fossilen und atomaren Brennstoffen und hin zu erneuerbaren Energien. Durch diese Rahmenbedingungen ist der Ausbau der erneuerbaren Energien mit großer Dynamik erfolgt. So konnte durch eine auf 20 Jahre garantierte Einspeisevergütung und den Einspeisevorrang für Strom aus erneuerbaren Energien der Marktanteil der regenerativen Stromerzeugung auf derzeit mehr als 25 Prozent gesteigert werden. Der zunehmende Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung erfordert eine Weiterentwicklung des EEG zur Marktintegration von Strom aus erneuerbaren Energien. Mit der Reform des EEG 2014 hat die Bundesregierung den Weg bereitet für die Umstellung der Förderung von Strom aus erneuerbaren Energien auf Ausschreibungen. In einem ersten Schritt wird durch ein Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 9. März 2015 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4592 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Pilotprojekt die gesamte Förderung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen auf Ausschreibungen umgestellt. Ab 2017 soll dann für alle erneuerbaren Energien die Förderhöhe über Ausschreibungsverfahren ermittelt werden. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die vorgenannte Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat am 15. Januar 2015 einen Entwurf der Verordnung zur Einführung von Ausschreibungen der finanziellen Förderung für Freiflächenanlagen sowie zur Änderung weiterer Verordnungen zur Förderung der erneuerbaren Energien vorgelegt. Die Landesregierung hat gegen ein verpflichtendes Auktionsverfahren, das ab dem Jahr 2017 als verbindlich vorgesehen ist, grundsätzliche Bedenken. Diese wurden bereits im Rahmen der EEG Novelle 2014 gegenüber der Bundesregierung geäußert. Sollte das Ausschreibungsmodell auf weitere Technologien der erneuerbaren Energien übertragen werden, müsste gewährleistet sein, dass vor einer verbindlichen Entscheidung und Festlegung in der kommenden Novelle des EEG erst eine angemessene Pilotphase mit technologiespezifischen Projekten und einer nachfolgenden sorgfältigen und ergebnisoffenen Auswertung unter Einbeziehung der Länder durchgeführt wird. Dessen ungeachtet sieht die Landesregierung bereits jetzt im vorgelegten Verordnungsentwurf des BMWi in einigen Punkten Änderungsbedarf. Die beabsichtigten Regelungen schränken beispielsweise die Flächenkulisse stark ein. Unter der Voraussetzung, dass ein erfolgreiches Bieterverfahren nur erfolgen kann, wenn die eingehenden Angebote die ausgeschriebene Leistung übersteigen , muss davon ausgegangen werden, dass die derzeitige Flächenkulisse nicht zwangsläufig zu einem Wettbewerb führt. Die tatsächlichen Kosten der Technologie können im Rahmen einer Ausschreibung nur abgebildet werden, wenn der Wettbewerb durch eine Knappheitssituation intensiviert wird. Insbesondere die Hinzunahme von weiteren unbelasteten Flächen könnte zu besseren Angeboten führen, die die tatsächlichen Kosten der Technologie abbilden. Um den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien für alle Akteure der Energiewirtschaft planbar und verlässlich zu gestalten, muss spätestens nach dem Pilotprojekt für Photovoltaik-Freiflächenanlagen die Wirksamkeit der definierten Flächenkulisse vor dem Hintergrund der gefundenen Erfahrungen überprüft werden. Zu Frage 2: Das Ausschreibungsvolumen wurde gegenüber den Vorgaben im Konsultationsprozess zur Verordnung deutlich eingeschränkt. Nachdem ursprünglich drei jährliche Ausschreibungen mit jeweils 200 MW vorgesehen waren, sieht der jetzige Entwurf für jeden einzelnen Ausschreibungstermin ein festgelegtes Volumen vor. In Summe ergibt sich daraus für 2015 eine insgesamt ausgeschriebene Leistung von 500 MW, die im Jahr 2016 auf 400 MW sowie im Jahr 2017 auf 300 MW absinkt. Damit unterschreitet insbesondere die für das Jahr 2017 vorgesehene Menge sogar den im EEG 2014 angenommenen Ausbaukorridor für Freiflächenphotovoltaikanlagen in Höhe von 400 MW pro Jahr. Insgesamt ist nur ein geringer Anteil von rund 16 Prozent des geplanten jährlichen Zubaus im Photovoltaikbereich für das Pilotprojekt vorgesehen. Da im Entwurf keine regionalisierten Ausbauziele verfolgt werden, kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine abschließende Einschätzung zu den Auswirkungen auf die rheinland-pfälzischen Ausbauziele im Bereich der Photovoltaik gegeben werden. Zu Frage 3: Das BMWi geht davon aus, dass es keiner besonderen Regelungen bedarf, um die Akteursvielfalt zu erhalten, da ein einfaches, transparentes und gut verständliches Ausschreibungsdesign zugrunde gelegt worden sei. Das im Verordnungsentwurf vorgesehene System bevorzugt jedoch große Bieter klar gegenüber kleinen. Große Bieter haben die Möglichkeit, das Risiko zu streuen und können somit die Ausfallrisiken und -kosten über mehrere Projekte einpreisen. Für kleinere Projekte sind auch die spezifischen Kosten je MW installierter Leistung höher, da die anfallenden Einmalkosten unabhängig von der Projektgröße sind und durch große Abnahmemengen Skaleneffekte entstehen. Dies führt insbesondere für kleine Akteure zu Nachteilen und lässt befürchten, dass beispielsweise nur wenige Bewerbungen von Bürgerenergieprojekten eingehen werden bzw. zum Zuge kommen. Bürgerenergieprojekte sind für die Landesregierung aber ein wichtiger Baustein zur Umsetzung des Großprojekts „Energiewende“. Die Beteiligung der Bürger an Energieprojekten vor Ort erhöht die Akzeptanz und hält die Wertschöpfung in der Region. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann jedoch noch keine fundierte Einschätzung zu den potentiellen Folgen des Ausschreibungsmodells auf die Akteursvielfalt im Bereich der Photovoltaik in Rheinland-Pfalz vorgenommen werden. Insbesondere sind kleine Akteure derzeit nur geringfügig im Bereich der Freiflächenanlagen aktiv und somit nur unwesentlich von den Regeln der künftigen Verordnung betroffen. Zu Frage 4: Die Pilotausschreibung bezieht sich mit Freiflächenanlagen auf eine Technologie, die aufgrund ihrer technologischen und ökonomischen Eigenschaften in besonderem Maße für Ausschreibungen geeignet ist. Dieses Technologiesegment weist im Vergleich zu anderen erneuerbaren Erzeugungstechnologien relativ kurze Planungs- und Genehmigungszeiträume mit vergleichsweise geringen spezifischen Investitionen im Planungsprozess auf. Grundsätzlich sollte nach der Evaluation der Pilotausschreibungen die generelle Einführung von Ausschreibungen geprüft werden und deren Einführung nur dann erfolgen, wenn sie sich als effizientestes Mittel zur Bestimmung der Förderhöhe erwiesen haben. Erste Erfahrungen inwieweit Ausschreibungen gegenüber einer festen Einspeisevergütung mit atmendem Deckel zu einer Preissenkung im Bereich der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien führen, sind erst nach der ersten Ausschreibungsrunde und der Umsetzung der Projekte zu erwarten. 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/4592 Nach Brancheninformationen zeigen Erfahrungen im Ausland, dass Ausschreibungen entweder aufgrund von Risikoaufschlägen zu höheren Kosten gegenüber Festvergütungssystemen geführt haben oder die Ausbauziele nicht erreicht wurden. Insbesondere dürften die Kosteneffizienzpotenziale bei Photovoltaik-Freiflächen-Anlagen bereits durch die vorhandene Vergütungsdegression in Deutschland ausgeschöpft sein, so dass eine weitere Senkung des Preises für Ökostrom durch Ausschreibungen nicht erwartet werden kann. Eveline Lemke Staatsministerin 3