Drucksache 16/4634 23. 02. 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Martin Haller und Ulla Brede-Hoffmann (SPD) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Freifunk-Communities in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage 3047 vom 29. Januar 2015 hat folgenden Wortlaut: In Deutschland existieren rund 80 dezentral organisierte Freifunk-Communities, die ca. 6 000 der bundesweit etwa 15 000 offenen WLAN-Knoten betreiben. Auch in Rheinland-Pfalz entsteht eine Community von zumeist ehrenamtlichen Akteuren, die an öffentlichen Knoten punkten frei zugängliches WLAN zur Verfügung stellen. Der Mainzer Stadtrat nimmt hier bereits jetzt eine Vorreiterrolle ein. In ihrem Beschluss „Weiterer Ausbau des kostenfreien WLAN-Netzes in Mainz“ vom 3. Dezember 2014 haben die Stadtratsfraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP einen Beschluss zum Ausbau von kostenfreiem WLAN in Mainz gefasst, der auch eine Unterstützung von privaten Initiativen wie „Freifunk“ vorsieht. Zuletzt konnten so beispielsweise Flüchtlingsunterkünfte in der ehemaligen Peter-Jordan-Schule und der Zwerchallee in Mainz mit kostenfreiem WLAN versorgt werden. Wir fragen die Landesregierung: 1. In welchen Regionen von Rheinland-Pfalz gibt es nach Erkenntnissen der Landesregie rung Freifunk-Communities? 2. Wie bewertet die Landesregierung die Möglichkeit, mittels Freifunk den ländlichen Raum mit Breitband-Internet zu versorgen? 3. Wie beurteilt die Landesregierung die rechtliche Situation von Betreibern von Freifunk-Knoten im Hinblick auf § 8 Telemedien- gesetz? 4. Hält es die Landesregierung für möglich, in und auf Gebäuden des Landes Standorte für Freifunk-Antennen zur Verfügung zu stellen? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 19. Februar 2015 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Auf dem Gebiet des Landes Rheinland-Pfalz agieren derzeit sechs Freifunk-Communitys (Mainz, Rhein-Neckar, Westpfalz, Trier, Mayen-Koblenz, Köln-Bonn-Umgebung), die gegenwärtig rund 140 Freifunk-Knoten im Land betreiben. Die Freifunk-Communitys in Mainz und Rhein-Neckar sind eingetragene Vereine. Die Idee hinter Freifunk ist der Aufbau eines selbst verwalteten Funknetzwerkes, in dem verschiedene Dienste angeboten werden können – so u. a. auch der freie Zugang zum Internet. Dies kann beispielsweise durch Installation einer speziellen Firmware auf dem eigenen Router geschehen. Durch die sogenannte Mesh-Technologie wird dafür gesorgt, dass sich die Freifunk-Router auch untereinander verbinden können. Die Idee dahinter ist, ein weitgehend flächendeckendes WLAN-Netz zu errichten und so unter anderem auch möglichst vielen Menschen einen bezahlbaren Zugang zum Internet und weiteren Diensten zu ermöglichen. Zu Frage 2: Um ein Freifunk-Netzwerk mit WLAN-Hotspots für Vereinsmitglieder aufbauen zu können, bedarf es einer entsprechenden Breitbandinfrastruktur mit hohen Bandbreiten, da sich dem Grunde nach mehrere Freifunker an einem Hotspot zur gleichen Zeit einloggen könnten, um dort hohe Bandbreiten zu nutzen. Daher muss am WLAN-Hotspot selbst eine ausreichende Bandbreite bereits vorhanden sein. Ohne diese hohen Bandbreiten eignet sich die Ausweitung von WLAN-Hotspots für Vereinsmitglieder der Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 12. März 2015 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4634 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Freifunker nicht, um ländliche Regionen mit hohen Bandbreiten zu versorgen. Hohe Bandbreiten sind vielmehr als grundlegend anzusehen, damit die Idee der Freifunker gelebt werden kann. Zu Frage 3: In § 8 Telemediengesetz, Absatz 1 ist vorgesehen, dass Diensteanbieter für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich sind, sofern sie 1. die Übermittlung nicht veranlaßt, 2. den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und 3. die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben. Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH, „Sommer unseres Lebens“, BGHZ 185,330) haftet der Betreiber eines offenen WLANAnschlusses als Störer für die Rechtsverletzungen anderer, die diese durch seinen ungesicherten WLAN-Anschluss begehen. Der Betrieb eines nicht ausreichend gesicherten WLAN-Anschlusses sei adäquat kausal für Urheberrechtsverletzungen, die unbekannte Dritte durch Einsatz dieses Anschlusses tätigen. Es bestehe eine Haftung des WLAN-Anschlussinhabers auf Unterlassung, wenn er Prüfungspflichten verletzt hat. Geboten sei jeweils die zum Zeitpunkt des Routerkaufs für den privaten Bereich marktübliche Sicherung des Anschlusses. Konkret bedeutet dies: Der Internetznutzer muss den werkseitig vorinstallierten 16stelligen Authentifizierungscode nach Inbetriebnahme durch ein individuelles Passwort ersetzen. Der BGH wendet demnach die Privilegierung des § 8 Telemediengesetzes für Privatpersonen nicht an. Das sogenannte „Providerprivileg“ gilt nach Auffassung des BGH also nicht für Private. Unter „Diensteanbieter“ im Sinne des § 8 Telemediengesetz wird nach überwiegender Auffassung nämlich nur der klassische „Access-Provider“ wie beispielsweise die Deutsche Telekom gesehen. Aktuell bejahen vereinzelte Instanzgerichte jedoch (AG Charlottenburg vom 17. Dezember 2014, AG Hamburg vom 10. Juni 2014) die Anwendung des „Providerprivilegs“ für Privatpersonen , die einen offenen WLAN-Anschluss zur Verfügung stellen. Die Betreiber von Freifunk-Knoten setzen sich unserer Auffassung nach derzeit also Haftungsrisiken in zivil- und strafrechtlicher Hinsicht aus, auch wenn Freifunker in der Selbstdarstellung dies anders sehen. Demnach wird der Datenverkehr über Server (Gates) geleitet, auf denen Anonymisierungsdienste eingesetzt werden, sodass der Ursprung einer Anfrage nicht zurückverfolgt werden könne. Zudem werde der Datenverkehr entweder über einen VPN-Server in Schweden oder über Server, deren Inhaber ProviderStatus genießen ins Internet geleitet. Dadurch werde die Störerhaftung umgangen. Zudem wird von Seiten der Freifunker immer wieder darauf verwiesen, dass es bis heute noch keinerlei Urteile gegen Freifunker gebe. Hinsichtlich der rechtlichen Situation scheint allerdings auch grundsätzlich Bewegung in der Sache zu sein – gerade mit Blick auf die Anwendbarkeit des Providerprivilegs. Zu Frage 4: Die Installation von Freifunk-Antennen auf Gebäuden oder Dienststellen der Landesregierung ist vor dem Hintergrund der Frage 3 derzeit noch mit einem Nein zu beantworten. Sollte sich die rechtliche Situation verändern und eindeutiger werden, könnte dieser Aspekt erneut geprüft werden. Aber auch die Frage, ob eine Institution, eine Landesregierung Mitglied in einem Verein wie der Freifunker werden kann, müsste grundsätzlich geprüft werden. In Vertretung: Heike Raab Staatssekretärin