Drucksache 16/4655 23. 02. 2015 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Christian Baldauf (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten MAB-Komitee sieht Windkraftanlagen im Pfälzerwald kritisch Die Kleine Anfrage 3037 vom 29. Januar 2015 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Welche Schlüsse zieht die Landesregierung aus der dringenden Empfehlung des MAB-National komitees, auf den Ausbau von Windrädern im Pfälzerwald zur Sicherung des Status als Biosphärenreservat zu verzichten? 2. Wird die Landesregierung im weiteren Verfahren auf die Bürgerinnen und Bürger der Region zugehen und diese stärker in Ent- scheidungsverfahren mit einbeziehen? 3. Wird die Landesregierung das Landesentwicklungsprogramm (LEP) jetzt so ändern, dass die Errichtung von Windkraftanlagen im Pfälzerwald ausgeschlossen wird? 4. Wie sind der Stand der Umsetzung und die weitere Planung der Landesregierung zum Aus bau von Windkraftanlagen im Pfälzer - wald? Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 23. Februar 2015 wie folgt beantwortet: Die Landesregierung wird den Status des Biosphärenreservats Pfälzerwald-Nordvogesen weiterhin unterstützen und stärken. Das Biosphärenreservat ist eine große Chance für die nachhaltige Entwicklung der Region, die gemeinsam mit dem Träger und den Akteuren vor Ort wahrgenommen werden soll. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage 3037 des Abgeordneten Christian Baldauf (CDU) namens der Landesregierung wie folgt: Zu Frage 1: Biosphärenreservate sind von der UNESCO initiierte Modellregionen, in denen die nachhaltige Entwicklung in ökologischer, ökonomischer und sozialer Hinsicht exemplarisch verwirklicht werden soll (Weltnetz der Biosphärenreservate). Das Programm „Der Mensch und die Biosphäre“ (Man and the Biosphere Programme, MAB-Programm) sorgt für die Weiterentwicklung der Biosphärenreservate, evaluiert und vernetzt sie weltweit und erforscht im globalen Maßstab die wichtigsten Ökosysteme. In MAB geht es nicht um klassischen Naturschutz im engeren Sinn, sondern um einen interdisziplinären Ansatz. Insbesondere der Mensch selbst steht als Bestandteil der Biosphäre im Vordergrund. Gesellschaftliche und ökonomische Fragen, z. B. auch die Schaffung von Einkommen, Herausforderungen der Verstädterung und Demografie, sind Teil des Programms. Diese Leitlinien sind auch im Schutzzweck der Landesverordnung über den „Naturpark Pfälzerwald“ als deutscher Teil des Biosphä - ren reservats Pfälzerwald-Nordvogesen eingeflossen. Als besonderer Schutzzweck für die Entwicklungszone ist dort genannt, „model lhafte Projekte der Nachhaltigkeit im Sinne des MAB-Programms der UNESCO zu ermöglichen“. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 17. März 2015 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4655 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Der Internationale Koordinierungsrat (ICC, höchstes Entscheidungsgremium des MAB-Programms) beschloss am 28. Juni 2011 auf seiner Konferenz zum 40. Jubiläum des MAB-Programms die „Dresdner Erklärung zu Biosphärenreservaten und Klimawandel“. Darin steht wörtlich: „Biosphärenreservate sind ein wirksames Instrument zum Klimaschutz sowie zur modellhaften Anpassung an seine Folgen. Dies gilt vor allem in den Bereichen nachhaltige Landnutzung, umweltverträgliches und Ressourcen schonendes Wirtschaften, Sicherung von Ökosystemdienstleistungen, Energieeffizienz und Einsatz erneuerbarer Energien. Biosphärenreservate sind Bildungsorte für nachhaltige Entwicklung.“ Die Konferenz forderte die vertretenen Staaten auf, „Biosphärenreservate stärker als bisher in ihren Strategien zu Klimaschutz und -anpas sung zu verankern und die in Biosphärenreservaten entwickelte Ansätze verstärkt auf andere Regionen zu übertragen.“ Unter Bezug auf diese Erklärung veröffentlichte das deutsche MAB-Nationalkomitee am 5. September 2012 das Positionspapier zur „Nutzung von Windkraft und Biomasse in Biosphärenreservaten“. Hierin vertritt das MAB-Nationalkomitee die Auffassung, dass Kern- und Pflegezonen der Biosphärenreservate vollständig von der Windenergienutzung freizuhalten sind und in Entwicklungszonen – soweit sie nicht durch rechtlichen Schutz von einer Windenergienutzung ausgeschlossen sind – „die Windkraftnutzung bei Einhaltung hoher Standards möglich“ ist. Diese Leitlinien wurden bei der Teilfortschreibung des LEP IV übernommen, indem die Kern- und Pflegezonen des Biosphärenreservates von der Nutzung der Windenergie in Text und Karten ausgeschlossen wurden. Nach einer umfangreichen Beteiligung, auch des Kommunalen Rates und des Innenausschusses, wurde am 16. April 2013 der Beschluss des Ministerrats gefasst. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2013 legte das MAB-Komitee seinen Bericht über die periodische Überprüfung des deutschen Teils des UNESCO-Biosphärenreservats Pfälzerwald-Nordvogesen vor. Darin wird u. a. die Sorge ausgedrückt, „dass es in den kommen - den Jahren zu einer weiteren Fragmentierung des Pfälzerwaldes kommen könnte. Damit würde die Repräsentativität des Biosphä - renreservates als eines der wesentlichen Anerkennungskriterien in Frage gestellt“. Als Beispiele für diese Sorge werden der Ausbau der B 10 und die Zunahme des Siedlungsbaus im Außenbereich genannt. Hinsichtlich der Windenergie wird auf frühere Empfehlungen hingewiesen, Kern- und Pflegezonen auszuschließen. Zusätzlich empfiehlt das MAB-Komitee jetzt speziell im Pfälzerwald darüber hinaus, auf eine Windkraftnutzung auch im bewaldeten Teil der Entwicklungszone zu verzichten. Anlässlich der Überreichung der Evaluierungsurkunde am 14. Januar 2015 ist diese Position vom MAB-Komitee wiederholt worden. Am 14. Januar 2015 wurde auch erstmals den Verbandsgemeinden Annweiler, Hauenstein, Landau-Land und der Stadt Landau die Gelegenheit eingeräumt, ihre Vorschläge dem MAB-Komitee vorzustellen. Wie auch in der Landauer Erklärung veröffentlicht , haben die kommunalen Vertreter in gutem Vertrauen auf frühere Verlautbarungen des MAB-Komitees und der darauf aufbauenden Rechtsgrundlage des LEP IV gehandelt sowie ihr Handeln unter den Vorbehalt der Zustimmung des MAB-Komitees gestellt. Sie stehen zur Einbeziehung der Bevölkerung bei der Planung, zu der Beibehaltung des UNESCO-Status sowie zu einer Beschränkung und räumlichen Konzentration der Windenergienutzung an fachlich geeigneten Standorten. Die Landesregierung stimmt mit dem MAB-Nationalkomitee darin überein, dass die Repräsentativität des Pfälzerwalds als ökologisch wertvolles Gebiet und der UNESCO-Status nicht gefährdet werden dürfen. Insoweit stellt sich hinsichtlich der Nutzung der Windkraft die Frage, ob und wie Planungen und Realisierungen bei Einhaltung hoher Standards auf wenigen, teilweise vorbelasteten Standorten, durchgeführt werden können. Die Prüfung der am 14. Januar 2015 überreichten Vorschläge hat ergeben, dass diese nicht mit dem internationalen Prädikat eines Biosphärenreservates vereinbar seien. Abweichend von der Formulierung der Frage 1 empfiehlt das MAB- Nationalkomitee nicht pauschal „auf den Ausbau von Windrädern im Pfälzerwald zur Sicherung des Status als Biosphärenreservat zu verzichten“. Wie auch anlässlich des Gespräches mit dem MAB-Nationalkomitee und den Kommunen des Biosphärenreservates Pfälzerwald-Nordvogesen am 14. Januar 2015 in Annweiler deutlich wurde, empfiehlt das MAB-Nationalkomitee, dass auf eine Windkraftnutzung auch im bewaldeten Teil der Entwicklungszone verzichtet werden sollte. Der geordnete Ausbau der Windenergienutzung soll durch die Regionalplanung und die Bauleitplanung sichergestellt werden. Im Rahmen der Bauleitplanung ist die Planung von Windenergieanlagen insbesondere Aufgabe der betroffenen Kommunen. Im Gespräch am 14. Januar 2015 in Annweiler haben die Kommunen zugesagt, die vorliegenden Gutachten zu den diskutierten Wind - energiestandorten dem MAB-Nationalkomitee zukommen zu lassen. Das MAB-National komitee hat mittlerweile in einem Gespräch mitgeteilt, dass die Standorte wertbestimmende Teile des Biosphärenreservates berühren und nicht mit dem Status vereinbar seien. Das Land wird nach dem Votum des MAB-Komitees die landeseigenen Flächen im bewaldeten Teil des Biosphärenreservates nicht zur Verfügung stellen. Zu Frage 2: Hinsichtlich der Standorte im Staatswald im Bereich der früheren US-Basis „Langerkopf“ und dem ehemaligen Militärgelände „Christel eck“ zwischen Leimen und Johanniskreuz hat Staatssekretär Dr. Thomas Griese bereits im April 2014 empfohlen, eine Bürgerbefragung zu möglichen Windkraftprojekten durchzuführen. 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/4655 Die kommunale Planungshoheit hingegen ist Teil der verfassungsrechtlich gesicherten Selbstverwaltungsgarantie der Gemeinden und stellt sicher, dass die planungsrechtlichen Entscheidungen orts- und bürgernah getroffen werden. Inwieweit eine weitergehende Einbeziehung der Bürger in dieser Frage sinnvoll ist, muss von den Kommunen in Anbetracht der klaren Priorisierung des MAB-Komitees entschieden werden. Zu Frage 3: In einem Positionspapier vom September 2012 hat das MAB-Nationalkomitees Anforderungen zur Nutzung von Windkraft in Biosphärenreservaten dargelegt. Diese wurden bei der Teilfortschreibung „Erneuerbare Energien“ des LEP IV übernommen und die Kern- und Pflegezonen des Biosphärenreservates von der Nutzung der Windenergie in Text und Karten ausgeschlossen. Der LEP IV stellt die rechtliche Grundlage für Planungen der Gemeinden dar. Danach übermittelte das MAB-Komitee im Schreiben vom 4. Oktober 2013 Empfehlungen für weitergehende Restriktionen. Eine Steuerung im Sinne der Erhaltung des Status als Biosphärenreservat ist aber aufgrund vorhandener Rechtsvorschriften bereits möglich. Die Landesregierung hat vor diesem Hintergrund keine Veranlassung, das Landesentwicklungsprogramm (LEP) zu ändern. Zu Frage 4: Die von den Kommunen vorgeschlagenen Flächen liegen zum weit überwiegenden Teil im kommunalen Eigentum. Auf landeseigenen Flächen hatte Landesforsten Rheinland-Pfalz sich bereit erklärt, den Kommunen militärisch erheblich vorbelastete und entsprechend erschlossene Flächen für Windkraftprojekte bereit zu stellen, wenn hierdurch der Status des Biosphärenreservates nicht gefährdet würde. Diese Erklärung ist auf Grund des Prüfungsergebnisses des MAB-Komitees hinfällig geworden. Die Landesregierung setzt selbst keine Windkraftprojekte um und betreibt auch keine Planung - weder im Sinne der Raumordnung noch als Projektierer von Windkraftprojekten. Ulrike Höfken Staatsministerin 3