Drucksache 16/4695 03. 03. 2015 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Dr. Adolf Weiland (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums der Finanzen Haltung der Landesregierung zur Reform der Erbschaftsteuer Die Kleine Anfrage 3074 vom 5. Februar 2015 hat folgenden Wortlaut: Nach dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichtes muss das Erbschaftsteuerrecht verändert werden. Das Aufkommen der Erbschaftsteuer fließt ausschließlich den Ländern zu. Jede Änderung des Erbschaftsteuerrechtes bedarf der Zustimmung des Bundesrates. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Tritt die Landesregierung für eine Reform der Erbschaftsteuer ein, die im Ergebnis aufkommensneutral ist, oder verfolgt die Landesregierung das Ziel, aus dieser Steuerart in Zukunft höhere Einnahmen zu generieren? 2. Tritt die Landesregierung dafür ein, vererbtes Betriebsvermögen niedriger zu besteuern als andere Vermögensarten oder strebt die Landesregierung eine eher gleichmäßige Besteuerung verschiedener Vermögensarten an? 3. Wie beurteilt die Landesregierung grundsätzlich Modelle zur Reform der Erbschaftsteuer, nach denen bei entsprechenden Frei- beträgen alle Vermögensarten mit einem Steuersatz gleich besteuert werden, der in etwa das heutige Aufkommen aus dieser Steuerart sicherstellt? 4. Auf welche Weise sollte nach Auffassung der Landesregierung bei einer Reform der Erbschaftsteuer eine verfassungskonforme realitätsnahe Bewertung der zu vererbenden Vermögen geregelt werden? 5. Welche Rolle spielt nach Auffassung der Landesregierung auch ererbtes Vermögen für die private Altersversorgung, die nach den Reformen der gesetzlichen Altersversorgung immer notwendiger wird, um im Alter den Lebensstandard zu wahren? 6. In welcher Weise kann oder sollte dieser Gesichtspunkt im Erbschaftsteuerrecht berücksichtigt werden? Das Ministerium der Finanzen hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 2. März 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Landesregierung ist an einer rechtssicheren Ausgestaltung der Erbschaftsteuer interessiert, die sowohl mittelstandsfreundlich strukturiert ist als auch die gesellschaftspolitische Funktion erfüllt. Das Aufkommen kann nur das Ergebnis einer rechtssicheren Ausgestaltung sein, nicht das Ziel. Zu 2.: Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 17. Dezember 2014 im Grundsatz das gegenwärtige System von erbschaftsteuerlichen Verschonungsregelungen sowie das Festhalten an der Unterscheidung nach Vermögensarten als verfassungskonform bestätigt. Korrekturen sind bei der näheren Ausgestaltung der Verschonungsregelungen in einzelnen Punkten (u. a. bei der Lohnsummenklausel, beim Verwaltungsvermögen sowie der erstmals geforderten Bedürfnisprüfung bei Großunternehmen) geboten. Die Landesregierung hält daran fest, den Übergang von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen sowie von Anteilen an Kapitalgesellschaften mit Blick auf den Bestand von Unternehmen und insbesondere auf die hiermit einhergehenden Arbeitsplätze steuerlich zu begünstigen. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 24. März 2015 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4695 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu 3.: Die Landesregierung hat mit Interesse die Diskussionen über sog. „Niedrigsteuermodelle“ verfolgt, die im Regelfall mittels Verbreiterung der Bemessungsgrundlage auf eine einheitliche Behandlung aller Vermögensarten unter weitgehendem Verzicht auf sachliche Befreiungstatbestände abzielen. Da das Bundesverfassungsgericht das gegenwärtige Verschonungsregime im Grundsatz nicht beanstandet hat und dem Gesetzgeber ausdrücklich die Möglichkeit einräumt, bestimmte Vermögensarten aus Gemeinwohlgründen zielgenau zu fördern, besteht aus Sicht der Landesregierung keine Notwendigkeit für eine grundsätzliche Systemumstellung. Medienberichten zufolge (FAZ vom 10. Januar 2015) plant auch die Bundesregierung eine Reform ohne eine grundsätzliche Systemumstellung. Zu 4.: Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem damaligen Beschluss vom 7. November 2006 zur Erbschaftsteuer als allgemeinen Bewertungsmaßstab vermögensartenübergreifend den Verkehrswert bzw. einen Annäherungswert an diesen vorgegeben. Zurückgehend auf das Erbschaftsteuerreformgesetz 2009 vom 24. Dezember 2008 (BGBl. 2008 I S. 3018) werden bereits für Erwerbe mit Besteuerungszeitpunkt nach dem 31. Dezember 2008 die Wirtschaftsgüter aller Vermögensarten für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer verfassungskonform mit gemeinen Werten (Verkehrswerten) bewertet. Zu 5.: Privates Vermögen, das der eigenen Alterssicherung dienen soll, kann im Regelfall nur über einen langen Zeithorizont aufgebaut werden. Hauptquelle zur Abdeckung des Alterssicherungsbedarfs wird die Vermögensbildung aus eigenem Erwerbseinkommen einschließlich etwaiger Rentenanwartschaften sein. Ererbtes Vermögen dürfte in diesem Kontext allenfalls als ergänzender Baustein für die private Altersversorgung einzustufen sein, da es zum einen eigenes Sparverhalten nur zu einem Teil ersetzen kann und zum anderen das Erblasser-Verhalten aus Sicht der Erbengeneration naturgemäß nicht planbar ist. Zu 6.: Das geltende Erbschaftsteuerrecht trägt (auch) dem Anliegen einer privaten Altersvorsorge durch verschiedene Maßnahmen Rechnung. Hier ist neben den allgemeinen persönlichen Freibeträgen (in Steuerklasse I gestaffelt von 100 000 Euro bis 500 000 Euro in Abhängigkeit des Näheverhältnisses von Erblasser bzw. Schenker zum Erben bzw. Beschenkten) der besondere Versorgungsfreibetrag in Höhe von 256 000 Euro bei Erwerben von Todes wegen für den überlebenden Ehegatten/Lebenspartner zu nennen. Daneben kommt die herausgehobene Bedeutung selbst genutzter Wohnimmobilien durch die Steuerfreiheit der lebzeitigen Zuwendung von Familienheimen zwischen Ehegatten/Lebenspartner zum Ausdruck. Entsprechendes gilt für den Erwerb von Familienheimen von Todes wegen zwischen Ehegatten und Lebenspartnern sowie den Erwerb durch Kinder. In Vertretung: Prof. Dr. Salvatore Barbaro Staatssekretär