Drucksache 16/4734 12. 03. 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Dr. Denis Alt und Thomas Wansch (SPD) und A n t w o r t des Ministeriums der Finanzen Schuldenregel in Landesrecht Die Kleine Anfrage 3101 vom 11. Februar 2015 hat folgenden Wortlaut: Rheinland-Pfalz ist ein Vorreiter bei der Gesetzgebung zur Umsetzung der neuen Schuldenregel in Landesrecht. Dies gilt sowohl für die Verankerung in der Verfassung als auch für die einfachgesetzliche Konkretisierung. Bei der länderspezifischen Umsetzung sind offensichtlich große Unterschiede festzustellen. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Welche Länder haben nach Kenntnis der Landesregierung ihre landesrechtlichen Regelungen zur Begrenzung der Kreditaufnahme in welcher Form angepasst? 2. Auf welcher Normenebene wurde nach Kenntnis der Landesregierung die jeweilige Neuregelung umgesetzt (einfachgesetzlich oder mit Verfassungsrang)? 3. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über geplante Änderungen diesbezüglich in weiteren Ländern? 4. Welche unterschiedlichen Konjunkturbereinigungsverfahren kommen nach Kenntnis der Landesregierung auf Länderebene zur Anwendung? 5. Im Zusammenhang mit der Einführung der Schuldenregel in Rheinland-Pfalz wurde festgelegt, dass das Kontrollkonto erst ab dem Jahr 2020 aktiviert wird. Welchen Stand würde das Kontrollkonto zum 31. Dezember 2014 aufweisen, wenn es – wie damals gefordert – zeitgleich mit der einfachgesetzlichen Umsetzung der neuen Schuldenregel aktiviert worden wäre? 6. Welche Konsequenzen hätte dies für die rechtlichen Möglichkeiten zur Aufnahme neuer Kredite und wie beurteilt die Landesregierung die damalige Entscheidung, vor dem Jahr 2020 auf die Einrichtung eines Kontrollkontos zu verzichten? Das Ministerium der Finanzen hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 11. März 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1. bis 4.: Die Erkenntnisse der Landesregierung bzgl. der Übernahme der neuen Schuldenregel in Landesrecht können der Tabelle 1 entnommen werden. Zu 5. und 6.: Das Kontrollkonto gemäß § 6 des Ausführungsgesetzes zu Artikel 117 der Verfassung des Landes Rheinland-Pfalz (AusfG) dient der Überwachung der Einhaltung der Schuldenbremse im Haushaltsvollzug. Gleichzeitig wird mit dem eingeräumten Abweichungsspielraum prozyklisches Handeln im Haushaltsvollzug verhindert. Beginnend mit dem Jahr 2020 werden auf dem Kontrollkonto Abweichungen der tatsächlichen Kreditaufnahme des Landes zum zulässigen Saldo gemäß § 1 Abs. 4 AusfG im Ist-Ergebnis erfasst. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 2. April 2015 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4734 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Wäre das Kontrollkonto bereits im Übergangszeitraum zu führen, müsste der zulässige Saldo um die in der Übergangszeit vorgesehenen möglichen Salden der degressiv ausgestalteten Obergrenze ergänzt werden. Eine Nettokreditaufnahme ist bis in Höhe des Betrags des negativen zulässigen Saldos unbedenklich. Ist der zulässige Saldo positiv, muss die Nettotilgung mindestens die Höhe des positiven zulässigen Saldos erreichen. Die Abweichung der Nettokreditaufnahme vom zulässigen Saldo zeigt den nicht ausgenutzten Kreditaufnahmespielraum. Das Kontrollkonto hätte sich wie folgt entwickelt: Ende HH-Jahr NKA am Kreditmarkt Verbleibender 1) zulässiger Differenz im Kernhaushalt Saldo für den Kernhaushalt 2011 2 019 – 2 148 129 2012 887 – 1 477 589 2013 547 – 1 260 714 2014 615 – 1 316 700 Stand des Kontrollkontos zum Ende HH-Jahr 2014 2 133 1) nach Abzug der NKA der Landesbetriebe und juristischen Personen. Differenzen sind durch Rundungen möglich. Das Kontrollkonto würde demnach einen positiven Saldo von 2,1 Mrd. Euro aufweisen. In den Jahren 2011 bis 2014 wurden 2,1 Mrd. Euro weniger an neuen Krediten aufgenommen als mit der neuen Schuldenbremse vereinbar. Wäre das Kontrollkonto bereits im Übergangszeitraum zu führen, würde sich der Verschuldungsspielraum im Ist-Ergebnis für die Folgejahre und damit auch für den Zeitraum der vollen Geltung der neuen Schuldenregel ausweiten. Angesichts dieser, auch auf Bundesebene, aufgetretenen Problematik wird der Bund sein Kontrollkonto im ersten Jahr der vollen Geltungswirkung (Jahr 2016) der Schuldenbremse auf 0 Euro zurücksetzen. Der rheinland-pfälzische Gesetzgeber hat im Jahr 2012 bewusst auf eine Aktivierung des Kontrollkontos im Übergangszeitraum bis zum Jahr 2020 verzichtet. Im Übergangszeitraum – mit den dazugehörigen Obergrenzen zum strukturellen Defizit – erscheint dieses Vorgehen auch aus heutiger Sicht sinnvoll. Es würde, trotz aktueller struktureller Defizite, eine Ausweitung des Verschuldungsspielraums in den Jahren der vollen Geltungswirkung der Schuldenbremse geschaffen. Gleichwohl spiegelt der hohe positive Saldo des Kontrollkontos wider, dass das Land bislang erheblich stärker und schneller konsolidiert hat als nach der Schuldenbremsenregelung mindestens erforderlich. Hierdurch werden Zinseszinseffekte zur Unterstützung der Konsolidierung aktiviert. Doris Ahnen Staatsministerin 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/4734 Anlage Tabelle 1 3