Drucksache 16/4767 18. 03. 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Hedi Thelen und Martin Brandl (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Haltung der Landesregierung zur Umsetzung des Mindestlohngesetzes Die Kleine Anfrage 3133 vom 27. Februar 2015 hat folgenden Wortlaut: Das Praxisgespräch Mindestlohn der CDU-Landtagsfraktion im Mainzer Landtag hat bestätigt, dass die Regelungen zum Mindestlohn in der Anwendung erhebliche bürokratische Probleme mit sich bringen, und dass das dringend korrigiert werden muss. Dem gegenüber hat die Landesregierung z. B. in der Landtagssitzung vom 29. Januar 2015 entsprechende Forderungen in einem Antrag der CDU-Fraktion (Drucksache 16/4508) zurückgewiesen. Fragen zu Umsetzungsproblemen würden hochgeschaukelt, so Sozialministerin Bätzing-Lichtenthäler. Wir fragen die Landesregierung: 1. Inwieweit ist die Landesregierung nach wie vor der zuletzt von Frau Sozialministerin Bätzing-Lichtenthäler vertretenen Mei- nung, dass die Dokumentationspflichten zur Umsetzung des Mindestlohngesetzes der effektiven Durchsetzung des Mindestlohns und der Rechtssicherheit dienten? 2. Inwieweit ist die Landesregierung nach wie vor der zuletzt von Frau Sozialministerin Bätzing-Lichtenthäler vertretenen Meinung , dass die Dokumentationspflichten hinsichtlich der Stundenzahlen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung extrem wichtig seien? 3. Inwieweit ist die Landesregierung nach wie vor der zuletzt von Frau Sozialministerin Bätzing-Lichtenthäler vertretenen Meinung , dass ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand bei der Umsetzung des Mindestlohngesetzes für den Mittelstand nicht nachgewiesen sei? 4. Inwieweit ist die Landesregierung nach wie vor der zuletzt von Frau Sozialministerin Bätzing-Lichtenthäler vertretenen Meinung , dass eine zeitnahe Evaluierung der Umset zung des Mindestlohngesetzes nicht sachgerecht und zielführend sei? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 18. März 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Bei der Beschäftigung von geringfügig Beschäftigten im Sinne von § 8 Absatz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch mit Ausnahme der in Privathaushalten Beschäftigten (§ 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch) sowie bei einer Beschäftigung von Personen in den Wirtschaftssektoren des § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes, die in den Geltungsbereich des Mindestlohngesetzes fallen, sind die Arbeitszeiten vom Arbeitgeber aufzuzeichnen und auf Verlangen der Zollbehörden im Rahmen einer Prüfung nachzuweisen . Diese Aufzeichnungen sind mindestens zwei Jahre aufzubewahren. Um sicherzustellen, dass der Mindestlohn auch überall tatsächlich für die geleistete Arbeitszeit bezahlt wird, müssen Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern erfasst werden. Durch die Dokumentationspflicht wird einerseits die Prüfung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit erheblich erleichtert. Andererseits wird auch für die betroffenen Beschäftigten eine Überprüfung ihrer Gehaltszahlung anhand der Aufzeichnungen vereinfacht. Rechtsicherheit bieten die Arbeitszeitaufzeichnungen aber auch insofern, als aufgrund der Stundenangaben der sozialversicherungsrechtliche Status der geringfügig Beschäftigten auf den ersten Blick erkennbar wird. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 31. März 2015 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4767 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Damit die Dokumentationspflicht in der Praxis erfüllt wird, sind Verstöße gegen die Pflicht zur Erstellung von Arbeitszeitaufzeichnungen mit einer Geldbuße bis zu 30 000 Euro bedroht. Dies trägt dazu bei, dass die Arbeitgeber die Dokumentationspflicht auch einhalten. Zu 2.: Der Bereich der geringfügigen Beschäftigung ist nach Einschätzung des Bundesarbeitsministeriums durch eine besondere Missbrauchsgefahr gekennzeichnet. Dies resultiert zum einen aus dem Umstand, dass eine Stundenbegrenzung für Minijobs nicht existierte und sich gerade bei dieser Gruppe die Bruttolöhne durch den Mindestlohn voraussichtlich am stärksten erhöht haben. Zu 3.: Die Landesregierung bestreitet nicht, dass es in den Fällen, in denen der Arbeitgeber bislang die Arbeitszeiten seiner Beschäftigten nicht erfasst, zu einem Mehraufwand kommen wird. In diesen Fällen müssen Grundlagen geschaffen werden, wie die Arbeitszeit systemtechnisch oder manuell durch den Arbeitgeber oder durch den Arbeitnehmer erfasst werden kann. Sind aber diese Grundlagen erst einmal geschaffen, ist davon auszugehen, dass sich der Aufwand in den meisten Fällen auch wieder deutlich reduziert. Zudem erfordert die Dokumentation keine spezielle Form, sondern kann zum Beispiel handschriftlich auf einem einfachen Stundenzettel erfolgen. Auch Arbeitspausen müssen nach Ansicht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales nicht gesondert ausgewiesen werden. Zur Entlastung wurden zudem Verfahrenserleichterungen eingeführt, um den Dokumentationsaufwand zu minimieren. Die Aufzeichnungspflicht gilt im Übrigen generell nur für geringfügig Beschäftigte („Minijobber“) und die im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz genannten Wirtschaftsbereiche, in denen eine besondere Missbrauchsgefahr besteht. Sie ist in diesen Bereichen beschränkt auf Beschäftigte mit verstetigten regelmäßigen Monatsgehältern von höchstens 2 958 Euro. Für bestimmte, ausschließlich mobile Tätigkeiten gelten außerdem Vereinfachungen. Minijobber in Privathaushalten sind komplett von der Aufzeichnungspflicht ausgenommen. Damit gelten die Dokumentationspflichten nur begrenzt in einigen Wirtschaftsbereichen, in denen ohnehin bereits Dokumentationspflichten bestehen. Für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer muss nach dem Arbeitszeitgesetz (bereits seit seinem Inkrafttreten 1994) die über die werktägliche Arbeitszeit von acht Stunden hinausgehende Arbeitszeit aufgezeichnet werden. Weitergehende Pflichten zur Aufzeichnung bestanden darüber hinaus bereits nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz sowie der „Geringfügigkeits-Richtlinien“ der Sozialversicherungen und der Bundesagentur für Arbeit. Zu 4: Eine Gesetzesevaluierung wie sie in § 23 des Mindestlohngesetzes vorgesehen ist, setzt voraus, dass bereits empirische Erfahrungswerte in der Anwendung des Gesetzes über einen längeren Zeitraum vorliegen, anhand derer die Wirkung des Gesetzes verlässlich beurteilt werden kann. Eine Untersuchung der Gesetzesfolgen innerhalb des ersten Jahres eines Gesetzes kann diesen Anspruch nicht erfüllen. Im Hinblick auf das Mindestlohngesetz hat der Gesetzgeber aber neben der eigentlichen Gesetzesevaluierung eine Regelung getroffen, die dem Anliegen nach einem kontinuierlichen Monitoring des IST-Zustandes im Blick auf die Wirkungen des Mindestlohns gerecht werden. Nach § 9 Absatz 4 des Mindestlohngesetzes evaluiert die Mindestlohnkommission laufend die Auswirkungen des Mindestlohns, nicht nur bezogen auf den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sondern auch mit Blick auf die Wettbewerbsbedingungen und die Beschäftigung in Bezug auf bestimmte Branchen und Regionen sowie die Produktivität. Die Erkenntnisse werden der Bundesregierung in einem Bericht alle zwei Jahre zur Verfügung gestellt. Abseits dieser gesetzlichen Normierung hat sich die Bundesregierung seit Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes der auftauchenden Problemfälle zeitnah angenommen und bereits für viele Problemkonstellationen eine praktikable und gute Lösung gefunden. Bis Ostern wird zudem eine Bestandaufnahme noch zu klärender Punkte erfolgen. Für eine Vorziehung der gesetzlich für das Jahr 2020 vorgesehen Evaluation besteht daher aus Sicht der Landesregierung keine Notwendigkeit . Sabine Bätzing-Lichtenthäler Staatsministerin