Drucksache 16/4777 20. 03. 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Elisabeth Bröskamp (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur NORAH-Kinderstudie Die Kleine Anfrage 3131 vom 27. Februar 2015 hat folgenden Wortlaut: In der NORAH-Kinderstudie wurden die Wirkungen chronischer Fluglärmbelastung auf Leseleistung und sprachliche Vorläuferfertigkeiten des Lesens sowie auf die Lebensqualität bei Grundschulkindern im Rhein-Main-Gebiet untersucht. Im Frühjahr 2012 wurden Leistungserhebungen in 85 Schulklassen aus 29 unterschiedlich fluglärmbelasteten Grundschulen im Rhein-Main-Gebiet sowie Befragungen der Kinder, Eltern und Lehrkräfte durchgeführt. Die Befragungen der Kinder und die Frage - bögen der Eltern bezogen sich auf das schulische, körperliche und psychische Wohlbefinden sowie auf schulbezogene und wohnortbezogene Belästigung durch Lärm. Die Dauerschallpegel an Schulvormittagen lagen im Mittel bei 49,5 dB (39 bis 59 dB). Als Ergebnis zeigten sich beeinträchtigende Effekte der Fluglärmexposition am Schul standort auf die Leseleistung der Kinder. Aufgrund der fortwährenden Lärmbelastung für die Anwohner im Rhein-Main-Gebiet, gewinnen die Ergebnisse der Studie an Aktualität. Ich frage ich die Landesregierung: 1. Wie bewertet die Landesregierung aufgrund dieser Erkenntnisse den Einfluss von Flug-, Schienen- und Verkehrslärm auf die Schulleistung von Schülerinnen und Schülern in Rheinland-Pfalz? 2. Wie erklärt sich die Landesregierung die unterschiedlichen Ergebnisse bezüglich Kindern mit und ohne Migrationshintergrund? 3. Wie bewertet die Landesregierung das Ergebnis der Studie, dass sowohl die Schlafqualität als auch das körperliche und psychi- sche Wohlbefinden von Menschen in hochfluglärmexponierten Wohngebieten negativ auffällig ist? 4. Welche Konsequenzen und Maßnahmen plant die Landesregierung angesichts des Befunds, dass bei Kindern aus hochfluglärm- exponierten Wohngebieten häufiger eine gesundheitliche Beeinträchtigungen festgestellt wurden? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 19. März 2015 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Das im November 2014 veröffentlichte Kindermodul der 2011 in Auftrag gegebenen NORAH-Studie beinhaltet eine Untersuchung von Wirkungen chronischer Fluglärmbelastung auf Leseleistungen, sprachliche Vorläuferfertigkeiten des Lesens und der Lebensqualität bei Grundschulkindern im Rhein-Main-Gebiet. Die Leistungserhebungen von Zweitklässlern fanden in 85 Schulklassen aus 29 unterschiedlich fluglärmbelasteten Grundschulen im Rhein-Main-Gebiet statt. Die Dauerschallpegel lagen an den Schulvormittagen im Mittel bei 49,5 dB, in einem Range von 39 bis 59 dB. Schulen aus Rheinland-Pfalz wurden nicht in die Studie einbezogen. Im Ergebnis waren beeinträchtigende Effekte der Fluglärmexposition am Schulstandort auf die Leseleistung der Kinder nachweisbar . Mit einem Lesetest war ein Rückstand in der Leseentwicklung von Zweitklässlern von etwa einem Monat festzustellen. Der Einfluss des Lärmpegels innerhalb von Schulräumen auf die kognitive Leistungsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern wurde schon häufiger erforscht. Die NORAH-Kinderstudie bestätigt z. B. auch die RANCH-Studie (Road traffic and Aircraft Noise Exposure and Children’s Cognition and Health), die um die Flughafenstandorte London-Heathrow, Amsterdam-Schiphol und Madrid-Barajas 2005 durchgeführt wurde. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 15. April 2015 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/4777 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Das Ergebnis der NORAH-Kinderstudie zeigt, dass es bei den Zweitklässlern der untersuchten Grundschulen geringe, jedoch statistisch signifikante, beeinträchtigende Effekte aufgrund von Fluglärm auf die schulbezogene und gesundheitliche Lebensqualität der Kinder gibt. Auch wenn laut Studie keine Aussage über etwaige Wirkungen von geringeren Belastungspegeln als einem Dauerschallpegel von 40 dB getroffen werden kann, ist der Nachweis, dass andauernder Fluglärm das Lesen lernen von Zweitklässlern verzögert, allgemein gültig. Das Ausmaß hängt jedoch von verschiedenen Faktoren wie der Art und der Höhe der Lärmbelastung und ihrer zeitlichen Verteilung ab. Für den Geräuschpegel in Unterrichtsräumen relevant sind der von außen auf das jeweilige Schulgebäude einwirkende Umgebungs - lärm (einschließlich des Verkehrslärms), die Schalldämmung, die mit dem Unterricht entstehenden Geräusche im Unterricht und auch die akustische Qualität des Unterrichtsraumes selbst. Diese wird im Wesentlichen durch die sogenannte Nachhallzeit bestimmt, die ein Maß dafür ist, wie schnell ein Geräusch einschließlich störendender Geräusche abklingen und welche Schalldämmung bei gegebenen Außenpegel erforderlich ist. Zur Beurteilung der im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen können die laut Schulgesetz für Schulbaumaßnahmen zuständigen Schulträger z. B. auf DIN 18041 oder das vom Umweltressort bereits vor geraumer Zeit herausgegebene Merkblatt „Lärmschutz in Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen – Es geht auch etwas leiser“ zurückgreifen. Zu Frage 2: Die Fluglärmeffekte gehen bei Kindern mit und ohne Migrationshintergrund in die gleiche Richtung. Während die negativen Effekte bei Kindern ohne Migrationshintergrund deutlicher auftraten, zeigte sich bei Kindern mit Migrationshintergrund eine geringere Ausprägung und keine statistische Signifikanz. Die Autoren der Studie vermuten als Ursache einen statistischen Effekt: eine Überlagerung von weiteren ungünstigen Einflussfaktoren dergestalt, dass Effekte des Fluglärms auf das Lesen lernen nicht mehr sicher nachzuweisen waren. Zu Frage 3: Die Ergebnisse der NORAH-Studie bestätigen erneut die gesundheitlichen Belastungen durch Verkehrslärm und damit die bisherigen Ergebnisse der Lärmwirkungsforschung. Eine höhere Fluglärmexposition führt zu einer höheren Belästigungsbeurteilung im Schulunterricht und am Wohnort durch Kinder, Eltern und Lehrkräfte. Zu Frage 4: Es ist unbestritten, dass Verkehrslärm die Lebensqualität der betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner beeinträchtigt und zu gesundheitlichen Folgen führen kann. Die Landesregierung engagiert sich im Rahmen aller ihr zur Verfügung stehenden rechtlichen und politischen Möglichkeiten für eine nachhaltige Reduzierung des Verkehrslärms. Sie setzt insbesondere auf die Aufklärung der Betroffenen über Lärm und auf bewährte Strategien, wie Lärm dämmende Maßnahmen innerhalb und außerhalb der Wohngebäude und auf die Lärmaktionsplanung der Kommunen mit Lärmschutzmaßnahmen prioritär an der Quelle. In Vertretung: Günter Kern Staatssekretär