Drucksache 16/496 26. 10. 2011 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Gerd Schreiner (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums der Finanzen Aufstockung des Sondervermögens für Hochschulen und Forschung um 254 Millionen Euro Die Kleine Anfrage 334 vom 4. Oktober 2011 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Mit welchen noch nicht in Anspruch genommenen Kreditermächtigungen aus welchen Jahren soll die bekannt gewordene Auf- stockung des Sondervermögens für die Hochschulen um 254 Millionen Euro finanziert werden? 2. Setzt die Landesregierung überplanmäßige Steuereinnahmen des Jahres 2011 ein, um die Inanspruchnahme dieses Sonderver- mögens im laufenden Haushaltsjahr zu vermeiden oder setzt sie diese Steuereinnahmen ausschließlich zur Senkung der Neuverschuldung ein? 3. Hält die Landesregierung die Bildung oder Verstärkung von Sondervermögen oder Rücklagen bei fortdauernder Neuverschuldung des Landeshaushalts mit dem Gebot der Wirtschaftlichkeit für vereinbar? 4. Mit welchen Argumenten begründet die Landesregierung ihre Antwort zu Frage 3? 5. Zu welchem Zeitpunkt und in welcher Weise werden die als Sondervermögen oder Rücklage deklarierten noch nicht in An- spruch genommenen Kreditermächtigungen in der Kreditaufnahme bzw. Verschuldung des Landes zugerechnet? Das Ministerium der Finanzen hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 26. Oktober 2011 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Aufstockung des Sondervermögens beschließt der Haushaltsgesetzgeber, wenn er dem vorgelegten Gesetzentwurf zustimmt. Nach dem Haushaltsgrundsatz der Gesamtdeckung (vgl. § 8 LHO) dienen alle Einnahmen in ihrer Gesamtheit als Deckungsmittel für alle Ausgaben; eine Zuordnung spezifischer Ausgaben zu einzelnen Einnahmen ist also grundsätzlich nicht möglich. Daher kann der Aufstockung nicht eine bestimmte Steuereinnahme oder Kreditermächtigung zugeordnet werden. Zu 2.: Nach Nr. 3.1 VV-LHO zu § 34 LHO sind die dem Land zustehenden Einnahmen bei Fälligkeit zu erheben, unabhängig davon, ob sie im Haushaltsplan überhaupt oder in entsprechender Höhe veranschlagt sind. Der Haushaltsplan hat hinsichtlich der in ihm veranschlagten Einnahmen keine rechtsbegründende Wirkung. Jede Einnahme über die veranschlagten Einnahmen hinaus wird also sofort vereinnahmt und hat als solche unmittelbar eine Absenkung des kassenmäßigen Kreditbedarfs zur Folge. Ausdrücklich einem Zweck zugewendet werden Mehreinnahmen hingegen grundsätzlich nicht. Ein Einsatz von Steuermehreinnahmen zu einem bestimmten Zweck findet also nicht statt. Grundsätzlich determinieren die etatisierten Ausgabeermächtigungen den Haushalt. Ohne Schaffung weiterer Ausgabeermächtigungen senken Steuereinnahmen, soweit sie die veranschlagten Steuereinnahmen übersteigen, unmittelbar den Kreditbedarf. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 11. November 2011 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/496 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu 3. und 4.: Ja; für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit sind die Refinanzierungskonditionen der beiden Alternativen – Bildung eines Sondervermögens oder Veranschlagung im Haushalt in einem Titel – zu vergleichen. Da eine Rücklage erst dann kassenwirksam wird, wenn sie zur Deckung von Ausgaben aufgelöst wird – auf die Beantwortung der Frage 4 der Kleinen Anfrage 1269 vom 28. Februar 2008 (Landtagsdrucksache 15/2018) wird verwiesen –, sind die Refinanzierungskosten gleich. Darüber hinaus ergibt sich eine gesteigerte Wirtschaftlichkeit des Sondervermögens durch die erzielte Verwaltungsvereinfachung . Zu 5.: Zunächst ist auf den in der Antwort zu Frage 1 bereits dargestellten Umstand zu verweisen, dass nach dem Gesamtdeckungsprinzip Ausgaben nicht ein spezifischer Kredit zugeordnet ist, sondern diese vielmehr aus den Gesamteinnahmen des Landeshaushalts bestritten werden. Ein Sondervermögen ist im Übrigen keine Kreditermächtigung. Vielmehr handelt es sich um einen – in diesem Fall sogar rechtlich unselbstständigen – abgesonderten Teil des Landesvermögens, der getrennt vom übrigen Landesvermögen verwaltet wird. Unter der Geltung der neuen Schuldenregel (und nach dem Regierungsentwurf des Ausführungsgesetzes zu Artikel 117 der Landesverfassung ) werden im Sinne einer umfassenden, nicht auf den Kernhaushalt beschränkten Betrachtungsweise auch die Einnahmen und Ausgaben des hier in Rede stehenden Sondervermögens ausdrücklich erfasst. Das strukturelle Defizit des Landes verändert sich durch eine Verstärkung des Sondervermögens nicht. Ausgaben, die mit Mitteln des Sondervermögens getätigt werden, werden in dem Jahr, in dem sie tatsächlich erfolgen, nach der neuen Schuldenregel erfasst und wirken sich in diesem Jahr auf das strukturelle Defizit aus. Dr. Carsten Kühl Staatsminister