Drucksache 16/5020 18. 05. 2015 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Martin Brandl (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Maikäfer im Kreis Germersheim Die Kleine Anfrage 3311 vom 24. April 2015 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie schätzt die Landesregierung die zu erwartenden Schäden durch Maikäfer im Jahr 2015 im Kreis Germersheim ein? 2. Inwieweit sieht die Landesregierung eine Notwendigkeit zur Bekämpfung von Maikäfern? 3. Welche Maßnahmen zur Bekämpfung des Schädlings Maikäfer sind für 2015 geplant? 4. Wie beurteilt die Landesregierung den Einsatz biologischer Gifte, die im ökologischen Landbau zugelassen sind, für die Bekämp- fung von Maikäfern? 5. Wie beurteilt die Landesregierung den Einsatz von Dimethoat? 6. Wie beurteilt die Landesregierung den Einsatz des Engerlingpilzes Beauveria brongniartii? 7. Welche weiteren Möglichkeiten sieht die Landesregierung? Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 13. Mai 2015 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: In der südlichen Oberrheinebene sind auf trockenen Sandstandorten zahlreiche Waldbestände von einer ausgedehnten Gradation des Waldmaikäfers (Melolontha hippocastani) betroffen. In der Südpfalz sind zwei distinkte Stämme („Nordstamm“ und „Südstamm “) vorhanden. Auf ca. 900 ha sind im Gebiet des „Nordstammes“ im Forstamt Pfälzer Rheinauen derzeit Larven des dritten Stadiums vorhanden. Mit einem Flug der adulten Käfer ist im Frühjahr 2016 zu rechnen. Im Frühjahr 2015 wird ein Flugjahr des „Südstammes“ im Forstamt Bienwald stattfinden. Nach den Ergebnissen der im Herbst durchgeführten Probegrabungen wird voraussichtlich auf ca. 4 500 ha ein starker Käferflug stattfinden. Betroffen sind neben dem Staatswald des Forstamts Bienwald die kommunalen Forstbetriebe der Gemeinden Erlenbach, Hatzenbühl und Rheinzabern sowie der Stadt Kandel. Bei warmem, trockenem Wetter fliegen in der Abenddämmerung die Waldmaikäfer und fressen frisch ausgetriebene Blätter der Laubbäume, um sich für die Eiablage zu stärken. Eine echte Gefahr für den Wald ist jedoch nicht der sogenannte Reifungsfraß der Käfer, sondern der Wurzelfraß seiner im Boden lebenden Engerlinge. Die deutlichsten Schäden durch den Waldmaikäfer treten in Laubbaumnaturverjüngungen auf. Einzelne Bäume oder kleinere Baumgruppen fallen durch den Wurzelfraß der Engerlinge aus. Über längere Zeiträume hinweg kann es dabei zum kompletten Ausfall der jungen Waldgeneration kommen. Jedoch treten auch in älteren Waldbeständen Schäden auf. Typische Schadmerkmale an Buchen sind z. B. abgestorbene Äste im oberen Kronenbereich. In den Schwerpunktgebieten des Maikäferbefalls sind wirtschaftliche Schäden zu erwarten. Diese entstehen: – (in geringerem Umfang) durch das Absterben geschwächter Altbäume der Baumarten Buche und Kiefer – in größerem Umfang durch den Ausfall unterständiger Buchen, bei denen der direkte Wertverlust wenig bedeutend ist, die aber die Entwicklung der Konkurrenzvegetation (beispielsweise Brombeere oder Adlerfarn) effektiv hemmen können, um eine natürliche Regeneration zu ermöglichen. – Auf abgrenzbaren Flächen durch den Ausfall wertleistungsfähiger, bereits etablierter Bäume, d. h. konkret den Ausfall von Etablie rungs- und Qualifizierungsflächen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass ein erhöhter Aufwand für die Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflicht entstehen kann. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 3. Juli 2015 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/5020 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu Frage 2: Die Landesregierung sieht unter Abwägung aller Schutzgüter derzeit keine Notwendig keit einer Bekämpfung des Waldmaikäfers. Zu Frage 3: Maßnahmen zur Bekämpfung des Waldmaikäfers sind nicht geplant. Waldbauliche, mechanische oder biologische Gegenmaßnahmen, die eine deutliche Reduktion der Maikäfer-Population bewirken könnten, sind derzeit nicht verfügbar. Die chemische Bekämpfung des Maikäfers stellt derzeit aus fachlicher Sicht keine gangbare und empfehlenswerte Option dar. Zu den Fragen 4 bis 6: Alle chemischen Bekämpfungsmaßnahmen gegen Maikäfer im Wald sind auf die Applikation mittels Luftfahrzeugen (Hubschrauber ) angewiesen. Derzeit ist kein wirksam aus der Luft ausbringbares Pflanzenschutzmittel zugelassen. Die Chance zur Erlangung von Ausnahmegenehmigungen zum Hubschraubereinsatz für Insektizide zur Waldmaikäferbekämpfung wird als sehr gering eingeschätzt . Eine eventuell einzuholende Ausnahmegenehmigung würde technisch und ökologisch bedingte, von der Applikation auszunehmende Flächen nach sich ziehen. Während in der unmittelbaren Folge die mit Insektiziden behandelten Flächen zunächst kurzfristig geringen Befall aufweisen, ist bereits nach dem folgenden Flugjahr eine rasche Wiederbesiedelung dieser Flächen von den nicht behandelten Randbereichen aus zu erwarten. Das bedeutet, dass ein solches Vorgehen lediglich eine verzögernde Wirkung entfalten könnte. Das Ökosystem würde bei Anwendung solcher mit Restriktionen verbundener Behandlungszyklen zwar auf einem niedrigeren Populations- bzw. Schadniveau gehalten, letztlich aber dauerhaft von dieser Intervention abhängig bleiben. Ein auf immer wiederkehrende Applikation von Pflanzenschutzmitteln gestütztes Management ist nicht mit den Vorgaben des naturnahen Waldbaus vereinbar. Der Einsatz von nicht selektiv wirkenden Pflanzenschutzmitteln ist unter dem Gesichtspunkt der aktuellen Ausgangslage (Größe des Befallsgebiets etc.) daher nicht angezeigt und nicht geplant. Im ökologischen Landbau ist in einigen landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Indikationen ein Insektizid mit dem Wirkstoff Azadirachtin (gewonnen aus dem Neem-Baum) zugelassen, nicht jedoch im Forst und durch Hubschraubereinsatz. Beim Einsatz dieses Mittels ist im Forst aufgrund der relativ breiten Wirksamkeit mit erheblichen Auswirkungen auf das Ökosystem zu rechnen. Aufgrund des verzettelten Flugs des Waldmaikäfers wären mindestens zwei Applikationen erforderlich, die neben den ökologischen Auswirkungen auch erhebliche Kosten verursachen würden. Dimethoat ist in einigen Insektiziden in landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Indikationen zugelassen. Für den Forst bzw. eine Hubschrauberanwendung besteht keine Zulassung. Dimethoat hat eine sehr unspezifische, sehr breite Wirksamkeit und würde beim Einsatz im Forst unvertretbare Wirkungen für die Ökosysteme zur Folge haben. Beauveria brongniartii ist als Wirkstoff in der EU nicht gelistet, d. h. es können keine Pflanzenschutzmittel mit diesem Pilz als wirksames Prinzip zugelassen werden. Arbeiten mit B. brongniartii und einem verwandten Pilz, der ebenfalls Engerlinge befällt, B. bassiana , befinden sich im Versuchsstadium, wobei intensiv an beständigen Formulierungen und effektiven Ausbringverfahren gearbeitet wird. Sollten diese Arbeiten erfolgreich sein, besteht zukünftig die Chance einer Engerlingbekämpfung im Boden. Eine Bekämpfung der fliegenden adulten Käfer ist mit Beauveria-Pilzen nicht möglich. Zu Frage 7: Die Landesregierung sieht derzeit keine weiteren Möglichkeiten einer erfolgreichen Maikäfer-Bekämpfung. Ulrike Höfken Staatsministerin