Drucksache 16/5159 18. 06. 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Elisabeth Bröskamp (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Flurbereinigungsverfahren im Kreis Neuwied Die Kleine Anfrage 3417 vom 27. Mai 2015 hat folgenden Wortlaut: Flurbereinigungsverfahren sind Verfahren zur Neuordnung von ländlichen Grundstücken. Ursprünglich dienten sie ausschließlich dazu, die Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft zu verbessern. Mittlerweile werden sie jedoch oftmals eingesetzt , um ländliche Regionen als Teil der Integrierten Ländlichen Entwicklung (ILE) ganzheitlich oder strukturell weiterzuentwickeln . Ich frage die Landesregierung: 1. In welchen Verbandsgemeinden des Landkreises Neuwied wurden in den letzten zehn Jahren Flurbereinigungsverfahren eingeleitet bzw. umgesetzt? 2. Welche Kosten sind hierdurch jeweils für welche Beteiligten entstanden (Kommune, Land, Bund, Betriebe, Eigentümer)? 3. Was waren jeweils die Gründe/Ziele um die Flurbereinigungsverfahren in den letzten zehn Jahren im Landkreis Neuwied umzusetzen ? 4. In welchen Verbandsgemeinden oder Ortsgemeinden des Landkreises Neuwied wird derzeit ein Flurbereinigungsverfahren durchgeführt? 5. In welchen Verbandsgemeinden oder Ortsgemeinden im Landkreis Neuwied ist in den nächsten fünf Jahren ein Flurbereinigungsverfahren geplant? 6. Welche öffentlichen Zuschüsse (EU, Bund, Land) und in welcher Höhe sind für die unter Frage 4. bis 5. aufgeführten Maßnahmen ausgegeben worden oder werden zukünftig eingeplant? 7. Welche Vorteile sieht die Landesregierung in der Flurbereinigung generell aber auch konkret für den Landkreis Neuwied in Bezug auf die landwirtschaftliche Nutzung (Land- und Forstwirtschaft)? Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 17. Juni 2015 wie folgt beantwortet: In den sechs Dienstleistungszentren ländlicher Raum (DLR) in Rheinland-Pfalz werden unter anderem die Aufgaben der Landentwicklung und der ländlichen Bodenordnung und Siedlung wahrgenommen. Sie sind Flurbereinigungs- und Siedlungsbehörden des Landes. Für den Landkreis Neuwied ist das DLR Westerwald-Osteifel (DLR WW-O) mit Dienstsitz in Montabaur zuständig. Dies vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1.: Das DLR WW-O bearbeitet im Landkreis Neuwied in den Verbandsgemeinden Puderbach, Rengsdorf, Dierdorf, Linz und Bad Hönningen Flurbereinigungsverfahren gemäß §§ 86, 87 und 91 Flurbereinigungsgesetz. Die Flurbereinigungsverfahren sind durch Schluss feststellung teilweise bereits abgeschlossen. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 28. Juli 2015 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/5159 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Verbandsgemeinde Puderbach: – Hanroth (Anordnung: 27. August 2001/Schlussfeststellung 24. Januar 20 11), – Raubach (Anordnung: 22. November 2001/Schlussfeststellung 14. Dezember 2011), – Döttesfeld-Dürrholz (Anordnung: 28. März 2002/Schlussfeststellung 3. September 2013), – Puderbach (Anordnung: 30. Dezember 2002/Schlussfeststellung 11. Dezember 2012), – Oberdreis-Rodenbach (Anordnung: 4. Dezember 2003/Schlussfeststellung 14. Dezember 2011), – Steimel (Anordnung: 1. Dezember 2004), – Niederwambach-Ratzert (Anordnung: 1. Dezember 2004). Verbandsgemeinde Rengsdorf: – Unternehmensflurbereinigung Rengsdorf (Anordnung 10. Januar 2006). Verbandsgemeinde Dierdorf: – Großmaischeid-Kleinmaischeid (Anordnung 6. Dezember 2011). Verbandsgemeinde Linz: – Linz (Anordnung 15. Dezember 2004), – Linz-Wald (Anordnung 25. Mai 2009). Verbandsgemeinde Bad Hönningen: – Leutesdorf II (Anordnung 22. März 2007). Zu Frage 2: Die jeweiligen Teilnehmergemeinschaften (Eigentümer, Erbbauberechtigte) tragen grundsätzlich die Ausführungskosten der Flurbereinigungsverfahren . Die Teilnehmergemeinschaften erhalten Zuschüsse aus EU-, Bundes- und Landesmitteln. Für die öffentlichen Zuschüsse erfolgt in der Regel eine Aufteilung der Zuschussanteile im folgenden Verhältnis: EU: 50 Prozent, Bund/Land: 50 Prozent (hiervon Bund 60 Prozent und Land 40 Prozent). Bis zum 1. Juni 2015 sind in den unter Frage 1 aufgeführten Verfahren Ausführungskosten von rund 6,799 Millionen Euro und Zuschüsse in Höhe von rund 6,202 Millionen Euro entstanden. Hiervon trägt gemäß obigem Schlüssel die EU rund 3,101 Millionen Euro, der Bund rund 1,861 Millionen Euro und das Land Rheinland-Pfalz rund 1,240 Millionen Euro. Die Kommunen und landwirtschaftlichen Betriebe werden in ihrer Eigenschaft als Grundstückseigentümer zu anteiligen Flurbereinigungsbeiträgen herangezogen . Eine Aufstellung für das jeweilige Verfahren ist der beigefügten Tabelle 1 zu entnehmen. Zu Frage 3: Die Leitlinien Landentwicklung und Ländliche Bodenordnung des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau aus dem Jahr 2006 definieren als räumlichen Schwerpunkt der ländlichen Bodenordnung im Zeitraum 2006 bis 2013 den Wester - wald als durch die Mittelgebirgslandschaft strukturierte Landschaft. Im Landkreis Neuwied soll die Landentwicklung im Bereich der Verbandsgemeinden Dierdorf, Rengsdorf und Puderbach durch die ländliche Bodenordnung unterstützt werden. Weiterhin sollen die Grundlagen für eine nachhaltige Landnutzung und den Erhalt einer flächendeckenden Landbewirtschaftung durch geeignete Bodenordnungsmaßnahmen gesichert und gestärkt werden. Maßnahmen zur Umsetzung der ökologischen Zielsetzungen sowie die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie sollen unterstützt werden. Im Rahmen der Diversifizierung sollen alternative Einkommensmöglichkeiten eröffnet werden. Weitere Handlungsfelder der Landentwicklung und die Notwendigkeit von ländlichen Bodenordnungsverfahren wurden in der Agrarstrukturellen Entwicklungsplanung Puderbach (AEP Puderbach) für das Gebiet der Verbandsgemeinde Puderbach aus dem Jahr 2000 und im Integrierten Ländlichen Entwicklungskonzept (ILEK) für die Verbandsgemeinden Dierdorf und Rengsdorf sowie Flammersfeld aus dem Landkreis Altenkirchen aus dem Jahr 2006 identifiziert und konkretisiert. Infolge dessen wurden vom DLR WW-O in der Verbandsgemeinde Puderbach ab dem Jahr 2001 nahezu flächendeckend und in den Verbandsgemeinden Dierdorf und Rengsdorf schrittweise Flurbereinigungsverfahren angeordnet und teilweise bereits abgeschlossen (siehe Ausführungen zu Frage 1). Im Rahmen der Unternehmensflurbereinigung Rengsdorf werden die für den Bau der Umgehungsstraße Rengsdorf (B 256) benötigten Flächen bereitgestellt. Darüber hinaus werden in den Verbandsgemeinden Bad Hönningen und Linz in Leutesdorf und Linz Weinbergsflurbereinigungen bearbeitet, um den Winzerbetrieben die Umstellung auf moderne Anbau- und Produktionsmethoden zu ermöglichen. In Zusammenarbeit mit dem Forstamt Dierdorf wurde das Waldflurbereinigungsprojekt Linz-Wald zur Mobilisation des Privatwaldes durch Erschließung und Flächenmanagement angeordnet. 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/5159 In allen Flurbereinigungsverfahren werden bedarfsgerecht weitere Maßnahmen und Planungen zur Ortsentwicklung, dem Aufbau gemeindlicher Ökokonten, zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie und zur Verbesserung der Eigentums- und Bewirtschaftungsverhältnisse im Waldbau mitverfolgt. Die ländliche Bodenordnung soll in allen Projekten maßgeblich zum Erhalt und der Weiterentwicklung der Kulturlandschaft beitragen. Zu Frage 4: Vom DLR WW-O werden derzeit in nachfolgenden Verbandsgemeinden und Ortsgemeinden Flurbereinigungsverfahren durchgeführt : VG Puderbach: – Verfahren Steimel in der Ortsgemeinde Steimel mit Teilen der Ortsgemeinde Woldert, – Verfahren Niederwambach-Ratzert in den Ortsgemeinden Niederwambach und Ratzert. VG Rengsdorf: – Unternehmensflurbereinigung Rengsdorf in den Ortsgemeinden Rengsdorf, Kurtscheid, Ehlscheid, Melsbach, Bonefeld, Hardert und mit geringer Betroffenheit in der Stadt Neuwied sowie der Ortsgemeinde Niederbreitbach. VG Dierdorf: – Verfahren Großmaischeid-Kleinmaischeid in den Ortsgemeinden Großmaischeid und Kleinmaischeid. VG Linz: – Verfahren Linz in der Stadt Linz, – Verfahren Linz-Wald in der Stadt Linz und mit geringer Betroffenheit der Ortsgemeinde Dattenberg. VG Bad Hönningen: – Verfahren Leutesdorf II in der Ortsgemeinde Leutesdorf. Zu Frage 5: Die Anordnung neuer Bodenordnungsverfahren unterliegt in Rheinland-Pfalz einem landesweiten, von der EU vorgeschriebenen Auswahlverfahren. Danach sind die im rheinland-pfälzischen Entwicklungsprogramm PAUL (neu: EULLE) festgelegten Entschei - dungskriterien im Rahmen eines Scoring-Verfahrens bei der Auswahl neuer Bodenordnungsverfahren anzuwenden. Das Entscheidungsverfahren wird jedes Jahr zu einem einheitlichen Termin angewendet. Nach derzeitigem Stand ist für den Zeitraum der nächsten fünf Jahre noch keine Anordnung neuer Flurbereinigungsverfahren im Landkreis Neuwied geplant. Ein Antrag liegt für eine Waldflurbereinigung Hammerstein/Leutesdorf vor. Zu Frage 6: Die Personal- und Sachkosten der Behördenorganisation (Verfahrenskosten) an der Durchführung von Bodenordnungsmaßnahmen trägt das Land Rheinland-Pfalz. Die zur Ausführung der Flurbereinigung erforderlichen Aufwendungen fallen der Teilnehmergemeinschaft zur Last (Ausführungskosten). In den in der Antwort zu Frage 4 aufgeführten Flurbereinigungsverfahren sind bislang Ausführungskosten in Höhe von rund 2,287 Millionen Euro entstanden. Öffentliche Zuschüsse erfolgten in Höhe von 2,078 Millionen Euro. Diese verteilen sich entsprechend der Angaben in den Ausführungen der Antwort zu Frage 2 anteilig auf die EU (rund 1,039 Millionen Euro), Bund (rund 0,623 Millionen Euro) und Land Rheinland-Pfalz (rund 0,416 Millionen Euro). Bis zum Abschluss der Flurbereinigungsverfahren werden Gesamtkosten von rund 3,519 Millionen Euro mit öffentlichen Zuschüssen in Höhe von rund 3,182 Millionen Euro erwartet (siehe Tabelle 2). Diese verteilen sich anteilig auf die EU (1,591 Millionen Euro), Bund (rund 0,955 Millionen Euro) und Land Rheinland-Pfalz (rund 0,636 Millionen Euro). Zu Frage 7: Die Flurbereinigung nach dem Flurbereinigungsgesetz liefert einen aktiven Beitrag zur Entwicklung des ländlichen Raums in Rheinland -Pfalz. Durch Planung, Bodenordnung und Realisierung in einer Hand dient die Flurbereinigung dazu, konkurrierende Nutzungsansprüche an Grund und Boden zu entflechten, eine markt- und umweltgerechte bäuerliche Landwirtschaft zu sichern und eine vielfältige, ökologisch leistungsfähige Kulturlandschaft zu bewahren oder zu entwickeln. Gleichzeitig werden infrastrukturelle Vorhaben der Gemeinden oder Regionen unterstützt. 3 Drucksache 16/5159 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Neben dem öffentlichen Eigentum am Wald spielt der Privatwald im Bundesvergleich in Rheinland-Pfalz eine herausragende Rolle. Gerade der Privatwald ist von erheblichen strukturellen Mängeln geprägt, die eine forstwirtschaftliche Nutzung oftmals nur unter erschwerten Bedingungen zulassen und bis zur Aufgabe der Nutzung führen. Mit dem Instrument der Waldflurbereinigung soll eine nachhaltige Waldbewirtschaftung, bei der die unterschiedlichen ökonomischen und ökologischen Ansprüche und die weiteren Funktionen des Waldes Berücksichtigung finden, unterstützt werden. Die Land- und Forstwirtschaft spielt an der Kreisfläche im Landkreis Neuwied eine herausragende Rolle. Die Eigentums- und Besitzstrukturen sind sehr heterogen. Es ist daher vorrangigste Aufgabe, die anhaltenden agrarstrukturellen Veränderungen in der Landwirtschaft und forstwirtschaftliche Erfordernisse zu beobachten und durch strukturverbessernde Maßnahmen der Landentwicklung und ländlichen Bodenordnung – konkret durch die Anordnung neuer Flurbereinigungsverfahren – bedarfs- und situations - gerecht zu begleiten. Ulrike Höfken Staatsministerin 4 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/5159 5 Drucksache 16/5159 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 6