Drucksache 16/5167 18. 06. 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Simone Huth-Haage und Hedi Thelen (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen Inklusion in Kindertagesstätten Die Kleine Anfrage 3401 vom 28. Mai 2015 hat folgenden Wortlaut: Laut Pfälzischem Merkur vom 18. Mai 2015 plant die Landesregierung Einsparungen bei den Förderkindergärten und den integrativen Kindertagesstätten mit dem Ziel, behinderte Kinder vermehrt in allgemeinen Kindertagesstätten betreuen zu lassen. Wir fragen die Landesregierung: 1. Inwieweit lässt sich nach Ansicht der Landesregierung in Förderkindergärten und integrativen Kindertagesstätten Personal einsparen , ohne die Betreuungs- und Förderqualität zu vermindern? 2. Mit welchen zusätzlichen Mehrausgaben plant die Landesregierung, um eine weitere Intensivierung der Inklusion in allgemeinen Kindertagesstätten voranzutreiben? 3. Inwieweit sieht die Landesregierung die Arbeit der Förderkindergärten und integrativen Kindertagesstätten im Einklang mit dem Ansatz der Inklusion? 4. Wie soll die Inklusion in allgemeinen Kindertagesstätten nach Ansicht der Landesregierung zukünftig hinsichtlich der personellen und sächlichen Ausstattung organisiert werden? Das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 18. Juni 2015 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Während es vor zehn Jahren noch 28 Förderkindergärten und 57 integrative Kindertagesstätten gab, gibt es heute 81 integrative Kinder tagesstätten und elf Förderkindergärten. Das Landesjugendamt berät in Richtung einer Umwandlung, diese geschieht jedoch in Verantwortung und infolge der Entscheidung der jeweiligen Einrichtung. Mit Stichtag 15. März 2014 wurden 1 003 Maßnahmen zur Deckung des behinderungsbedingten Mehrbedarfs in Kindertagesstätten des Regelsystems verzeichnet. 2010 waren dies noch 679 Maßnahmen. Die Zahlen zeigen eine deutliche Tendenz in Richtung der vermehrten Aufnahme von Kindern mit Behinderung in Regelkindertagesstätten . Im rheinland-pfälzischen Landesaktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention als Vision ist formuliert , dass „Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen die gleichen Schulen wie nicht beeinträchtigte Kinder in der Gemeinde besuchen, nachdem sie zuvor gemeinsam in denselben Kindertagesstätten waren“. Die größte Herausforderung wäre die Umsetzung der Großen Lösung auf Bundesebene, das heißt, dass Kinder mit einer körperlichen und/oder geistigen Behinderung in den Zuständigkeitsbereich des SGB VIII übergehen. Diese wäre ein großer Schritt im Rahmen der Umsetzung von Inklusion und würde eine Finanzierung und Steuerung innerhalb eines Rechtswesens ermöglichen. Die Landesregierung setzt sich für die Große Lösung ein. Die Intention ist eine strukturelle Veränderung zu Gunsten des Kindeswohls und nicht vorrangig die Einsparung von Personal in Förderkindergärten oder integrativen Einrichtungen. Zu Frage 2: In Rheinland-Pfalz gilt es nun die bereits stattfindende Inklusion so auszugestalten, dass diese gelingen kann. Das von der vom Kita- Tag der Spitzen eingesetzten Arbeitsgruppe erarbeitete Papier bietet hier viele Ansatzpunkte. Beispielsweise hat sich die Arbeitsgruppe für das langfristige Ziel ausgesprochen, bedarfsgerechtes Regelpersonal so zu ergänzen und zu befähigen, dass individuelle Integrationshelfer und -helferinnen verzichtbar werden. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 27. Juli 2015 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/5167 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Derzeit besteht bereits nach § 2 Abs. 5 Nr. 2 der Landesverordnung zum Kindertagesstättengesetz die Möglichkeit, mit Zustimmung des Jugendamts für den behinderungsbedingten Mehrbedarf Zusatzpersonal einzusetzen. Es gibt also jetzt schon die Möglichkeit , die Kinder mit Regelpersonal und nicht mit Integrationshelfern zu versorgen. Je mehr Kinder mit Regelpersonal unterstützt werden, das aus der Jugendhilfe heraus finanziert wird, und nicht mit Integrationshelfern, die aus der Eingliederungshilfe bezahlt werden, umso stärker verschieben sich die Kosten in Richtung der Jugendhilfe. In Anlehnung an die Ergebnisse der Trägerarbeitsgruppe und vorbehaltlich der Verabschiedung des Haushaltsgesetzes bestehen derzeit Überlegungen im Familienministerium , 2016 ein Modellprojekt zu initiieren, das die von der Trägerarbeitsgruppe formulierten Themen in den Blick nimmt. Im Fokus würde hier nicht nur die einzelne Kita stehen, sondern alle Beteiligten, also Eltern, Kitas, Jugendamt und Sozialamt sowie ggf. weitere Akteure und die Optimierung der systemübergreifenden Zusammenarbeit. Die Höhe der zur Verfügung stehenden Mittel für das Modellprojekt werden im Zuge der Haushaltsberatungen für das Haushaltsjahr 2016 erfolgen. Zu Frage 3: Die Arbeit von Förderkindergärten und integrativen Kindertagesstätten widerspricht nicht dem Ansatz von Inklusion. Die bereits genannte Trägerarbeitsgruppe hat hierzu formuliert: „Teilstationäre Einrichtungen und Regeleinrichtungen öffnen sich im Sinne eines inklusiven Denkens und Handelns.“ Die unterschiedlichen Einrichtungen können auf dem Weg zur Inklusion viel voneinander lernen. Es gilt, den Austausch und die Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Einrichtungen zu fördern, von dem vorhandenen Wissen und von der Erfahrung des jeweils anderen zu profitieren und Konkurrenzdenken zu vermeiden. Wie bereits ausgeführt ist die Zahl der Förderkindergärten in den letzten Jahren stetig gesunken. Heute gibt es nur noch elf Förderkindergärten , aber 81 integrative Kindertagesstätten, in denen Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam betreut werden. In nächster Zeit ist neben einer Fortsetzung der positiven Entwicklungen zur Inklusion im Regelbereich mit einem weiteren Rückgang der Förderkindergärten zu Gunsten integrativer Kindertagesstätten zu rechnen. Zu Frage 4: Inklusion erfordert von allen für die Erziehung, Bildung, Betreuung und Förderung von Kindern verantwortlichen Akteuren die Bereitschaft, ihre bisherigen Haltungen, Konzepte und Handlungen zu reflektieren, zu diskutieren und – wo nötig – zu verändern. Dies muss auf unterschiedlichen Ebenen geschehen, wie es von der bereits genannten Arbeitsgruppe formuliert wurde. Eltern, Erzieherinnen und Erzieher, Träger, Kommunen und auch wir als Land müssen uns bewegen. Die Umsetzung von Inklusion ist keine Sache eines einzelnen Akteurs. Es sollte entsprechend bedarfsgerechtes Regelpersonal eingesetzt werden. Sachausgaben sind im Regelbereich Sache des Trägers. Hier wäre zu prüfen, inwieweit andere Akteure zur Deckung des behinderungsbedingten Mehrbedarfs in Frage kommen. Dies könnte auch Thema des oben angedachten Modellprojekts sein. Irene Alt Staatsministerin