Drucksache 16/517 02. 11. 2011 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 1. Dezember 2011 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Astrid Schmitt und Hans Jürgen Noss (SPD) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Geplanter Feldversuch des Bundesverkehrsministeriums mit Gigalinern Die Kleine Anfrage 367 vom 20. Oktober 2011 hat folgenden Wortlaut: Auf der Verkehrsministerkonferenz Anfang Oktober 2011 wurde u. a. der geplante Feldversuch mit Gigalinern auf deutschen Straßen diskutiert. Ein Antrag, den Bund zum Verzicht auf den Test mit den rund 25 Meter langen Lkw aufzufordern, fand bei jeweils acht Ja- und Nein-Stimmen keine Mehrheit. Zugleich äußerten die Verkehrsminister in einem Beschluss verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Absicht des Bundesverkehrsministeriums, den Feldversuch ohne Zustimmung von Bundestag und Bundesrat durchzuführen. Die Bundesländer, die sich gegen Gigaliner ausgesprochen haben, sollen von dem geplanten Feldversuch ausgenommen werden. Das Bundesverkehrsministerium erhofft sich von dem Einsatz der Gigaliner eine Verkehrsentlastung und weniger Kraftstoffverbrauch. Kritiker befürchten negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit und auf den Zustand von Brücken und Straßen. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie beurteilt die Landesregierung den geplanten Feldversuch mit Gigalinern auf deutschen Straßen? 2. Wie beurteilt die Landesregierung die Absicht des Bundesverkehrsministeriums, den Feldversuch ohne Zustimmung von Bundes- tag und Bundesrat durchzuführen? 3. Welche Möglichkeiten gibt es, den Einsatz von Gigalinern auf rheinland-pfälzischen Straßen dauerhaft nicht zuzulassen? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 30. Oktober 2011 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Von verschiedenen Seiten wird bereits seit Jahren die Erhöhung von Maßen und Gewichten für schwere Nutzfahrzeuge gefordert. In einer Reihe von Ländern sind dazu Modellversuche durchgeführt worden. Die Verkehrsministerkonferenz hat sich mehrfach mit diesem Thema befasst; sie hat sich auf der Grundlage eines durch das Bundesverkehrsministerium beauftragten Gutachtens im Oktober 2007 – bei lediglich einer Enthaltung – gegen die Zulassung solcher Fahrzeuge ausgesprochen. Zudem wurde mehrheitlich beschlossen, „bestehende Modellversuche planmäßig zu Ende zu führen und neue Versuche mit langen Fahrzeugen unabhängig von der Gesamtmasse nicht zuzulassen“. Der erneute Feldversuch des Bundesverkehrsministeriums wird auch aktuell durch die Mehrzahl der Länder abgelehnt; nur noch sechs Länder haben ihre Mitarbeit zugesagt. Im Übrigen sind mehrheitlich verfassungsrechtliche Bedenken gegen die von der Bundesregierung beabsichtigte Ausnahmeverordnung geäußert worden. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Der Landesregierung erschließt sich nicht, warum nunmehr ein erneuter Feldversuch durchgeführt werden soll. Ein neuer Versuch würde frühere Beschlüsse der Verkehrsministerkonferenz unterhöhlen, an die sich Rheinland-Pfalz gebunden fühlt. Drucksache 16/517 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Es ist darüber hinaus zu befürchten, dass das verkehrs- und umweltpolitische Ziel, den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern, torpediert würde. Von einem solchen bundesweiten Modellversuch würde daher auch ein nicht gewolltes verkehrspolitisches Signal ausgehen. Zu Frage 2: Die Landesregierung vertritt vor dem Hintergrund der seinerzeitigen Beschlüsse der Verkehrsministerkonferenz die Auffassung, dass bei einer solchen Entscheidung der Bundesrat nicht umgangen werden darf und hat dies bereits der Bundesregierung mitgeteilt. Das Gutachten eines Verfassungsrechtlers bestätigt im Übrigen diese Auffassung und beurteilt die Vorgehensweise der Bundesregierung als verfassungswidrig. Zu Frage 3: Nach wie vor geht die Landesregierung davon aus, dass es in Abstimmung zwischen Bund und Ländern – entsprechend den Mehrheitsverhältnissen – nicht zu einer Durchführung des Feldversuchs kommen wird. Gleichwohl steht auch dem Bundesrat offen, zur Überprüfung seines verfassungsmäßigen Rechts auf Mitwirkung an der Rechtsetzung des Bundes ein Organstreitverfahren anzustrengen. Zudem könnte die Landesregierung beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf abstrakte Normenkontrolle stellen. Die Landesregierung wird zum gegebenen Zeitpunkt prüfen, ob diese Schritte erforderlich werden, um das auch im Koalitionsvertrag gemeinsam formulierte Ziel zu erreichen, keine weiteren Versuche mit Lang-Lkw zuzulassen. Roger Lewentz Staatsminister