Drucksache 16/5210 29. 06. 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Elisabeth Bröskamp (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Inklusion in Kindertagesstätten II Die Kleine Anfrage 3446 vom 9. Juni 2015 hat folgenden Wortlaut: Die UN-Behindertenrechtskonvention hat Gesetzescharakter. Pläne zu ihrer schrittweisen Umsetzung in die gesellschaftliche Realität müssen zeitnah umgesetzt werden. Auch in Rheinland-Pfalz ist Barrierefreiheit ein wichtiges Thema und Ziel muss sein, dass möglichst alle Kinder und Jugendlichen ihren Möglichkeiten nach entsprechend gefördert werden können. Dies bezieht auch die Möglichkeit der Inklusion in Kindertagesstätten und entsprechenden Rahmenbedingungen in Rheinland-Pfalz mit ein. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche genauen Erkenntnisse lieferte das Modellprojekt Fachdienst Inklusion in Altenkirchen für die Gestaltung von Beratung und Begleitung von Regeleinrichtungen? Gibt es vergleichbare Modelle in anderen Landkreisen und Städten? 2. Wie können sich Kindertagesstätten des Regelsystems auf die Aufnahme von Kindern mit Behinderung vorbereiten? 3. Welche Möglichkeiten bestehen, dass teilstationäre Einrichtungen Regeleinrichtungen beratend zur Verfügung stehen, wenn Schwierigkeiten auftauchen? 4. Werden seitens des Landes finanzielle Mittel aus der Eingliederungshilfe in den Regelbereich überführt? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 26. Juni 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Die Lebenshilfe im Landkreis Altenkirchen hat im Jahr 2007 einen Integrationsfachdienst (die heutige Bezeichnung lautet Fachdienst für Integrationspädagogik) eingerichtet. Die Implementierung dieses Fachdienstes wurde bis zum 30. Juni 2009 modellhaft erprobt. Der Modellverlauf wurde von einer Studentin im integrierten Studiengang Sozialpädagogik und Sozialarbeit der Universität Siegen dokumentiert und die Ergebnisse des Modellprojekts im Rahmen ihrer Diplomarbeit zusammengefasst. Das Modellprojekt hat sich im Schwerpunkt mit der Frage beschäftigt, inwieweit der Fachdienst für Integrationspädagogik für Eltern und deren Kinder mit Behinderung eine Alternative zu den teilstationären Angeboten für Kinder mit Behinderung im Vorschulalter darstellt. Es sollte zudem die Zufriedenheit der Eltern, der (Regel-) Kindertagesstätten und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Integrationsfachdienstes mit dem Fachdienst evaluiert werden sowie die im Verlauf des Modellprojekts auftretenden Probleme, aber auch Erfolge, zusammengestellt werden. Zu den Leistungen des Fachdienstes für Integrationspädagogik zählen neben der heilpädagogischen Förderung des Kindes im Rahmen des Kindergartenalltags, der Zusammenarbeit zwischen Eltern, Kindertagesstätte und Fachdienst für Integrationspädagogik insbesondere auch die Beratung und Unterstützung der Fachkräfte der Kindertagesstätte. Das Modellprojekt hat gezeigt, dass ein intensiver Austausch untereinander und die Rahmenbedingungen in der Kindertagesstätte wesentliche Faktoren für eine erfolgreiche Umsetzung sind. Der Aspekt der Beratung und Begleitung bildete allerdings nicht den Schwerpunkt der Untersuchung, sodass der Abschlussbericht hierzu keine detaillierten Erkenntnisse liefert. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 27. Juli 2015 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/5210 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Auch wenn sich immer mehr Kommunen auf den Weg zur Umsetzung von Inklusion von Kindern mit Behinderung im Vorschulalter machen (z. B. Erarbeitung von Handreichungen oder Leitfäden, Runde Tische), sind der Landesregierung derzeit keine konkreten Modelle in anderen Landkreisen und Städten bekannt. Zu 2.: Grundsätzlich liegt die Fort- und Weiterbildung des Personals von Kindertagesstätten in der Verantwortung des Trägers der jeweiligen Einrichtung. Das Land Rheinland-Pfalz räumt diesem Thema einen hohen Stellenwert ein. Deshalb hat das Land das 2005 veröffentlichte Landesfortbildungscurriculum mit dem Landesprogramm Kita!Plus fort- und weitergeschrieben. Die Anforderungen an Konzept und inhaltliche Gestaltung von Fortbildungen sind umfassend überarbeitet worden; das Antragsverfahren wurde vereinfacht. Die neue Struktur ermöglicht eine flexible, eng am Bedarf der Fachkräfte und Teams orientierte Gestaltung von Fortbil - dung. Den Leitideen von Kita!Plus folgend, wurden neue thematische Schwerpunkte bei der Zusammenarbeit mit Eltern und Familien sowie der einrichtungs- und teambezogenen Prozessbegleitung gesetzt. Das Ziel dieses Engagements ist es, das System der Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz zu stärken. Das Thema Inklusion ist in das neue Fortbildungscurriculum eingebunden und explizit unter Punkt 1 „Entwicklungsbegleitung von Kindern“ im Unterpunkt „Inklusives Denken und Handeln“ zu finden. Einzelne Fortbildungsmaßnahmen können mit bis zu 400 Euro pro Tag durch das Land bezuschusst werden. Die neue, eher prozessorientierte Struktur des Fortbildungscurriculums ist für die Umsetzung von Inklusion sehr förderlich, da häufig die Veränderung von Haltungen erforderlich ist, die nur in einer längerfristigen Begleitung möglich ist. Parallel hierzu möchten wir noch auf das bundesweit einmalige Pilotprojekt „Umgang mit chronisch kranken Kindern und Jugendlichen mit Diabetes in Kindertagesstätten und Schulen am Beispiel des Diabetes mellitus Typ 1“ verweisen. Das Projekt dient der Inklusion von Kindern und Jugendlichen mit Diabetes in Kindertagesstätten und Schulen. Dieses Projekt wird von unserem Haus inhaltlich und strukturell unterstützt. Die Ergebnisse sollen auch auf andere chronische Erkrankungen übertragbar sein. Zu 3.: Eine strukturierte Beratung von Regeleinrichtungen durch teilstationäre Einrichtungen gibt es derzeit nicht. Mit der Integrativen Kindertagesstätte Arche Noah in Dittelsheim-Heßloch steht aber eine Konsultationskindertagesstätte zur Verfügung . Die Einrichtung wurde für die Jahre 2014 bis 2016 für den Schwerpunkt Inklusion vom Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen ausgewählt. Konsultationskindertagesstätten sind ausgewählte Referenzeinrichtungen und bieten drei Jahre lang Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anderer Einrichtungen in Form von Hospitationen oder Fachnachmittagen Gelegenheit, die dort entwickelten Konzepte und gesammelten Erfahrungen zu unterschiedlichen Themenbereichen der frühkindlichen Bildung und Betreuung kennenzulernen. Darüber hinaus findet in der Praxis ein gemeinsamer Austausch untereinander statt (z. B. im Rahmen von Arbeitstagungen der Fach - beratungen). Die Kindertagesstättenaufsicht und Kindertagesstättenberatung beim Landesjugendamt steht zudem beratend zur Verfügung. Entsprechende Fortbildungen zum Thema Inklusion werden durch das Sozialpädagogische Fortbildungszentrum und andere Fortbildungsträger angeboten. Neben der Lebenshilfe Altenkirchen verfügen weitere Träger von Einrichtungen über einen ambulanten Fachdienst, der Kinder mit Behinderung in Regeleinrichtungen betreut und die im Einzelfall erforderliche Beratung der Regeleinrichtung anbieten kann. Zu 4.: Das Erreichen des Ziels, mehr Inklusion in Kindertagesstätten umzusetzen, beinhaltet auch die Klärung der Frage, wie die dadurch entstehenden Mehrkosten im Regelbereich durch Einsparungen im Bereich der Sozialhilfe abgefedert werden können. Hierzu führen das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie und das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen Gespräche. Sabine Bätzing-Lichtenthäler Staatsministerin