Drucksache 16/5238 02. 07. 2015 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Matthias Lammert (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Persönlichkeitsrechte von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten bei Einsätzen Die Kleine Anfrage 3454 vom 10. Juni 2015 hat folgenden Wortlaut: Immer wieder kommt es vor, dass Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, Rettungskräfte und Feuerwehrleute bei der Ausübung ihres Dienstes durch unbeteiligte Dritte ungewollt fotografiert und gefilmt werden. Es ist nach §§ 22, 23 Abs. 1, 33 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Fotografie (KunstUrhG) grundsätzlich strafbar, ohne Einwilligung des Abgebildeten Bildnisse zu verbreiten oder öffentlich zur Schau zu stellen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. In wie vielen Fällen hat der Dienstherr aus Fürsorgegründen Strafantrag nach § 33 Abs. 2 KunstUrhG gestellt, als von Polizeibeamten ohne Einwilligung Bilder verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt wurden (bitte aufgegliedert nach den Jahren 2012, 2013 und 2014)? 2. In wie vielen Fällen hat der Dienstherr aus Fürsorgegründen Strafantrag nach § 201 a StGB gestellt, als eine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen von Polizeibeamten vorlag (bitte aufgegliedert nach den Jahren 2012, 2013 und 2014)? 3. In wie vielen Fällen hat der Dienstherr aus Fürsorgegründen Strafantrag nach § 201 StGB gestellt, als eine Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes von Polizeibeamten vorlag (bitte aufgegliedert nach den Jahren 2012, 2013 und 2014)? 4. In wie vielen Fällen hat der Dienstherr aus Fürsorgegründen die zivilrechtliche Unterlassung von unbefugten Veröffentlichungen von Bildern und Filmen bei der Ausübung ihres Dienstes von Polizeibeamten nach § 12, § 862, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, analog i. V. m. § 823 Abs. 2 i. V. m. § 22, § 23 KunstUrhG geltend gemacht (bitte aufgegliedert nach den Jahren 2012, 2013 und 2014)? 5. In wie vielen Fällen, hat der Dienstherr aus Fürsorgegründen, den Anspruch auf Entschädigung in Geld für einen immateriellen Schaden (Schmerzensgeld) bei der Ausübung ihres Dienstes von Polizeibeamten nach § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. Artikel 1 Abs. 1, Artikel 2 Abs. 1 GG geltend gemacht (bitte aufgegliedert nach den Jahren 2012, 2013 und 2014)? 6. In wie vielen Fällen hat der Dienstherr aus Fürsorgegründen die Herausgabe von unbefugten Filmen und Fotos bei der Aus - übung ihres Dienstes von Polizeibeamten nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i. V. m. § 823 Abs. 1, § 249 Satz 1 BGB geltend gemacht (bitte aufgegliedert nach den Jahren 2012, 2013 und 2014)? 7. In wie vielen Fällen hat der Dienstherr aus Fürsorgegründen den Anspruch auf Vernichtung von unbefugten Bildern und Filmen bei der Ausübung ihres Dienstes von Polizeibeamten nach § 37, § 38 KunstUrhG geltend gemacht (bitte aufgegliedert nach den Jahren 2012, 2013 und 2014)? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 1. Juli 2015 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung Soweit sich die Fragestellungen der Kleinen Anfrage auf die Wahrnehmung strafprozessualer und zivilprozessualer Gestaltungsrechte und -mittel durch den „Dienstherrn“ beziehen, ist darauf hinzuweisen, dass Dienstherr im Sinne des § 2 Beamtenstatusgesetz das Land Rheinland-Pfalz ist. Dem Land stehen die in der Fragestellung angesprochenen Möglichkeiten nicht zu bzw. können von ihm Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 29. Juli 2015 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/5238 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode nicht ausgeübt werden. Für beamtenrechtliche Entscheidungen ist vielmehr die oder der Dienstvorgesetzte nach § 4 Abs. 2 Landes - beamtengesetz zuständig, hier daher die Leiter der Polizeibehörden und -einrichtungen. Bei der Beantwortung der Fragen wird deshalb auf die strafprozessualen und zivilprozessualen Gestaltungsrechte und -mittel eines Dienstvorgesetzten abgestellt. Zu den Fragen 1 bis 3: Prinzipiell ist zur Einleitung eines Strafverfahrens kein Strafantrag erforderlich, denn die Strafverfolgung ist bei Vorliegen eines entsprechenden Anfangsverdachts von Amts wegen aufzunehmen (Offizialprinzip). Eine Ausnahme bildet die kleine Gruppe der Antragsdelikte , die sich dadurch auszeichnen, dass sie bei geringer Deliktsschwere nur den Rechtskreis zwischen Täter und Verletztem betreffen. Zur Aufnahme des Ermittlungsverfahrens bedarf es bei diesen Delikten grundsätzlich eines Strafantrags. Das Recht auf Stellung eines Strafantrags liegt gem. § 77 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) ausschließlich beim Verletzten, es sei denn, das Gesetz ordnet zu der jeweiligen Straftat ausnahmeweise etwas anderes an. Abweichende Regelungen gibt es beispielsweise im Bereich der Körperverletzungs- und der Beleidigungsdelikte. So billigen die §§ 230 Abs. 2, 194 Abs. 3 StGB dem Dienstvorgesetzten eines verletzten Amtsträgers ein eigenes Strafantragsrecht zu. § 77 a StGB, der die Überschrift „Antrag des Dienstvorgesetzten“ trägt, knüpft an diejenigen Antragsdelikte an, bei denen ausnahmsweise auch der Dienstvorgesetzte von Gesetzes wegen ein Strafantragsrecht hat. Die Norm regelt zwar, welchem Dienstvorgesetzten gegebenenfalls das Antragsrecht zukommt, sie begründet aber kein Recht auf Stellung eines Strafantrags. § 33 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Fotografie (KunstUrhG) ist nach seinem zweiten Absatz ein Antragsdelikt. Da der Gesetzgeber keine abweichende Regelung getroffen hat, liegt das Strafantragsrecht nach Maßgabe des § 77 Abs. 1 StGB ausschließlich beim Verletzten. Würde gleichwohl ein anderer einen Strafantrag stellen, etwa der Dienstvorgesetzte aus Gründen der Fürsorge, so wäre dieser Antrag systemwidrig und wirkungslos und dürfte von Staatsanwaltschaften und Gerichten nicht beachtet werden. Auch § 201 Abs. 1, Abs. 2 StGB (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes) ist gemäß § 205 Abs. 1 Satz 1 StGB ein Antragsdelikt. Die Rechtslage ist identisch mit der des § 33 KunstUrhG, das heißt ein Strafantrag des Dienstvorgesetzten kommt von Gesetzes wegen nicht in Betracht. Bei § 201 a StGB (Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen) ist die Rechtslage nur leicht abweichend. Nach § 205 Abs. 1 Satz 2 StGB handelt es sich um ein relatives bzw. bedingtes Strafantragsdelikt. Das bedeutet, dass ein Strafantrag des Verletzten entbehrlich ist, wenn die Strafverfolgungsbehörde – gemeint ist die zuständige Staatsanwaltschaft – das besondere Interesse an der Strafverfolgung bejaht und daher ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält. Allerdings steht auch bei diesem Delikt dem Dienstvorgesetzten das Recht auf Stellung eines Strafantrags nicht zu. Zu den Fragen 4 bis 7: Gegenstand der Fragen ist die Geltendmachung von Ansprüchen, die aus der Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Artikel 1 Abs. 1 i. V. m. Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz herrühren. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht, hier in der Ausprägung des Rechts am eigenen Wort und des Rechts am eigenen Bild, ist ein höchstpersönliches Rechtsgut, das dem Individuum aus dem Menschsein und dem Recht auf Abgrenzung zu anderen zur Ausbildung einer eigenen Persönlichkeitssphäre zusteht. Entsprechend stehen die in der Kleinen Anfrage angesprochenen Ansprüche auf Unterlassung unbefugter Publikation, auf Entschädigung für immaterielle Schäden (Schmerzensgeld), auf Herausgabe bemakelter Gegenstände wie rechtswidrig angefertigte Bilder und Filme sowie der Anspruch auf deren Einziehung und Vernichtung ausschließlich dem Träger des Rechts zu. Entsprechend sind die gesetzlichen Anspruchsgrundlagen (§§ 37, 38, 42, 43 KunstUrhG, 823, 862 analog, 1004 BGB) formuliert, die stets auf den Verletzten bzw. in analoger Anwendung auf den Eigentümer oder Besitzer des Rechts abstellen. Folglich ist der Dienstvorgesetzte nicht berechtigt, die genannten Ansprüche aus dem Gesichtspunkt der Fürsorge für eine verletzte Beamtin oder einen verletzten Beamten außergerichtlich oder gerichtlich geltend zu machen. In diesem Zusammenhang ist aber darauf hinzuweisen, dass die Landesregierung bereits mit der Verwaltungsvorschrift vom 15. Dezem - ber 2004 (bzw. der Vorgängerregelung von 1991) über den „Rechtsschutz für Landesbedienstete“ (Min Bl. 2005 S. 98) eine Regelung getroffen hat, wonach Landesbediensteten u. a. „für ein sonstiges Zivilverfahren aus Anlass einer dienstlichen Tätigkeit“ Rechtsschutz meist in Form eines zinslosen Darlehens gewährt werden kann, wenn besondere Fürsorgegründe dies gebieten. Diese Möglichkeit können insbesondere im Dienst verletzte Polizeibeamtinnen und -beamte zur Geltendmachung von Schmerzens - geldansprüchen in Anspruch nehmen. Roger Lewentz Staatsminister