Drucksache 16/5241 zu Drucksache 16/5009 01. 07. 2015 A n t w o r t des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU – Drucksache 16/5009 – Maßnahmen zur Prävention und Deradikalisierung im Bereich des religiös motivierten Extremismus Die Große Anfrage 16/5009 vom 13. Mai 2015 hat folgenden Wortlaut: Nach Aussagen der Landesregierung ist die Gesamtzahl der Salafisten in Rheinland-Pfalz in den vergangenen Monaten von 70 auf mittlerweile 100 Personen angestiegen. Davon werden etwa 25 Personen dem gewaltbereiten Spektrum zugeordnet. Zudem sei bereits eine zweistellige Zahl von Menschen aus Rheinland-Pfalz in die Ausbildungslager der Terrorgruppe IS in Syrien gereist . In diesem Zusammenhang ermittele die Staatsanwaltschaft gegen drei Personen aus der Pfalz, die sich ebenfalls der Terrorgruppe IS angeschlossen hätten. Die jüngsten Ereignisse in Frankreich und Belgien machen den Handlungsbedarf deutlich. Neben der wichtigen Arbeit der Sicherheitsbehörden sind die Präventionsarbeit und Maßnahmen zur Deradikalisierung sowie Aussteigerprogramme zentrale Säulen einer umfassenden Sicher - heitspolitik. Die Hessische Landesregierung verfolgt mit dem landesweiten Präventionsnetzwerk gegen Salafismus einen übergreifenden Ansatz. Das Hessische Kompetenzzentrum gegen Extremismus ist in diesem Netzwerk zentrale Anlauf- und Koordinationsstelle. Der ressortübergreifende Ansatz und die enge Verzahnung zwischen den Sicherheitsbehörden, den Kommunen , den gesellschaftlichen Akteuren und den Akteuren in der Präventions- und Ausstiegsarbeit kennzeichnen die Arbeit des hessischen Netzwerks. Da insbesondere Jugendliche eine Zielgruppe der Salafisten sind, ist eine Einbindung der Schulen und Familien erforderlich, um Erfolge bei der Prävention bzw. Deradikalisierung erzielen zu können. Ziel der vorliegenden Großen Anfrage ist es, in Erfahrung zu bringen, welche Maßnahmen die Landesregierung für Rheinland-Pfalz in diesem Bereich ergriffen hat und inwieweit das hessische Vorbild Anregungen für eigene Aktivitäten im Land bietet. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Inwieweit setzt sie ein ressort- und phänomenübergreifendes Konzept zur Prävention im Bereich des religiös motivierten Extremismus und zur Deradikalisierung betroffener Personen um bzw. ist eine solche Umsetzung derzeit geplant? 2. In welcher Höhe sind Haushaltsmittel in den jeweiligen Einzelplänen des Doppelhaushalts 2014/2015 für Maßnahmen zur Prävention im Bereich des religiös motivierten Extremismus eingestellt (mit Angabe der jeweiligen Kapitel und Titel)? 3. Welche Haushaltsmittel plant die Landesregierung, in den jeweiligen Einzelplänen des Haushalts 2016 für Maßnahmen zur Prävention im Bereich des religiös motivierten Extremismus einzustellen? 4. In welcher Höhe stehen Haushaltsmittel für Aussteigerprogramme und Maßnahmen zur Deradikalisierung und Reintegration von religiös motivierten Extremisten im Haushaltsplan 2015 zur Verfügung (mit Angabe der jeweiligen Kapitel und Titel)? 5. Wie viele Personalstellen stehen im Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen, im Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur, im Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur sowie gegebenenfalls in anderen Fachministerien für den Aufgabenbereich Prävention und Deradikalisierung im Bereich des religiös motivierten Extremismus jeweils zur Verfügung? 6. Erachtet die Landesregierung die Bündelung der Expertise der verschiedenen Ministerien in einem zentralen Kompetenzzentrum für Extremismus für sinnvoll, welches als Koordinierungs - und Anlaufstelle dienen könnte? Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 28. Juli 2015 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/5241 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 7. Auf welche Weise findet eine interministerielle Abstimmung oder Kooperation bei den verschiedenen präventiven und repressiven Maßnahmen gegen religiös motivierten Extremismus in Rheinland-Pfalz statt? 8. Welche Maßnahmen hat sie bislang ergriffen, um als religiös motivierte Extremisten identi - fizierte Personen zum Ausstieg zu bewegen und mit welchem Erfolg wurden solche Maßnahmen durchgeführt? 9. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden und den mit Präventions- und Deradikalisierungsmaßnahmen befassten Stellen in Rheinland-Pfalz? 10. Bietet sie ein Programm für Aussteiger und Rückkehrer aus Bürgerkriegsgebieten wie Syrien, Irak und Afghanistan an? 11. Inwieweit sind die Sicherheitsbehörden in solche Aussteiger- bzw. Rückkehrerprogramme eingebunden und wie erfolgt die Überwachung der radikalisierten Rückkehrer? 12. Wie viel zusätzliches Personal bedarf es in welchen Ressorts, um dauerhaft eine möglichst effi ziente Beobachtung von Islamisten allgemein bzw. radikalisierten Rückkehrern im Speziellen gewährleisten zu können? 13. Bietet sie Fortbildungsmaßnahmen für Lehrkräfte im Bereich Prävention sowie Umgang mit religiös motivierten Extremisten an? 14. Welche Erkenntnisse hat sie über die Bedeutung der Schule als Ausgangsort bzw. Umfeld für eine Radikalisierung von Jugendlichen und welche Konsequenzen zieht sie daraus? 15. Hält das Land Hilfe und Beratungsmöglichkeiten für Lehrkräfte vor, die mit Schülerinnen und Schülern mit Anzeichen zu religiösem Extremismus konfrontiert sind und sind die Schulpsychologen und Schulsozialarbeiter auf diese spezifische Aufgabe in ausreichendem Maße vorbereitet? 16. Welche Rolle spielen rheinland-pfälzische Hochschulen bzw. das studentische Umfeld bei der Gruppierung von Islamisten bzw. bei der Bildung von islamistischen Vereinigungen? 17. Gibt es Forschungsstellen an den Hochschulen des Landes, die sich mit dem Thema Radikalisierung und religiös motiviertem Extremismus befassen? 18. Wie viele Personen, die der islamistischen Szene zugerechnet werden, sitzen derzeit in rheinland-pfälzischen Gefängnissen ein (mit Angabe der Verteilung auf die einzelnen Justiz - vollzugsanstalten sowie dem prozentualen Anteil an der Gesamtgefangenenzahl)? 19. Welche Erkenntnisse hat sie über die Bedeutung von Justizvollzugsanstalten als Umfeld für eine Radikalisierung von Insassen (mit Angabe, wie die Justizvollzugsanstalten in eine entsprechende Präventionsarbeit einbezogen werden)? 20. Sind der Landesregierung Fälle bekannt, in denen Häftlinge erst während ihres Gefängnis - aufenthalts religiös radikalisiert wurden, und wenn ja, wie viele (mit Angabe der Verteilung auf die einzelnen Justizvollzugsanstalten)? 21. Hat sie Maßnahmen ergriffen um zu verhindern, dass es zu einer Vernetzung von Salafis - ten oder zu einer weiteren Verbreitung von salafistischem Gedankengut innerhalb der Justiz vollzugsanstalten kommt (z. B. durch eine räumliche Trennung)? 22. Wie viele Imame sind derzeit in rheinland-pfälzischen Gefängnissen tätig (mit Angabe der jeweiligen Justizvollzugsanstalt)? 23. Werden die Imame vor Aufnahme ihrer Tätigkeit in den Justizvollzugsanstalten in Bezug auf eine islamistische Grundeinstellung kontrolliert, bzw. findet auch im Laufe ihrer Tätigkeit eine staatliche Aufsicht statt und wenn ja, in welcher Form? 24. Bestehen Kontakte zu den Arbeitgebern in Rheinland-Pfalz, um Aussteigern Möglichkeiten zur Reintegration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu eröffnen? 25. Welche Beratungsmöglichkeiten für betroffene Angehörige gibt es in Rheinland-Pfalz mit welcher Förderung des Landes? 26. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Kommunen im Bereich Prävention von religiös motiviertem Extremismus? 27. Sind die zuständigen kommunalen Stellen, beispielsweise im Bereich Soziales, Wohnen, Familien , in die Präventionsarbeit und in Programme zur Deradikalisierung bzw. für Aussteiger eingebunden? 28. Inwieweit sind die Moscheegemeinden in die Maßnahmen zur Prävention und Deradikalisierung im Bereich des religiös motivierten Extremismus eingebunden (mit Darstellung einer Bewertung dieser Zusammenarbeit)? 29. Wie beurteilt sie aus ihrer Sicht die Einrichtung des Fachbeirats des Hessischen Präventionsnetzwerks gegen Salafismus im Hinblick auf die Einbeziehung aller öffentlichen Stellen und gesellschaftlichen Akteure? 2 Vorbemerkung Das globale Phänomen islamistischer Radikalisierung gewinnt seit einigen Jahren auch in Deutschland an Aufmerksamkeit und Bedeutung . Es existieren Gruppierungen und Strömungen, die radikalislamisch geprägte Ideologien vertreten. Eine wichtige Rolle bei der Radikalisierung spielt nach gegenwärtiger Erkenntnislage die Verbreitung salafistischen Gedankenguts. Die Landesregierung hat sich bereits weit vor den Geschehnissen in Frankreich und Belgien mit den muslimischen Verbänden in Rheinland-Pfalz bei mehreren Anlässen zum Thema „religiös begründeter Extremismus“ ausgetauscht. Insbesondere am „Runden Tisch Islam“ wurde dieses Thema unter dem Präventionsaspekt und der Rolle der islamischen Verbände mehrfach diskutiert. So wurde in der Sitzung vom 25. Oktober 2013 ein Vertreter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Geschäftsstelle Deutsche Islamkonferenz) eingeladen, um die Möglichkeiten der Projektförderung durch das Programm „Gemeinsam gegen gesellschaftliche Polarisierung“ vorzustellen. Dieses Programm fördert unter anderem die Präventionsarbeit im Bereich des religiös begründeten Extremismus. In einer darauf folgenden Sondersitzung, am 16. Januar 2014 kam es zu einem Austausch der islamischen Verbände über deren Aktivitäten und geplanten Projekten in diesem Bereich. Auch in der Sitzung vom 14. Februar 2014, wurde das Thema „politisch motivierte Kriminalität am Beispiel des islamistischen Extre - mismus“ intensiv beraten. Dazu wurde ein Experte des Landeskriminalamts eingeladen, der über Erkenntnisse in der Ursachenforschung berichtete sowie über mögliche Strategien in der Prävention. Bei diesem Austausch, der am 28. November 2014 fortgeführt wurde, konnten die Verbände wichtige Impulse für ihre eigene Verbandsarbeit mitnehmen. Zuletzt gab es eine Kooperation zwischen dem Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung (Abteilung Landesjugendamt) und dem Landeskriminalamt bei der Durchführung einer zweitägigen bundesweiten Fachtagung zum Thema „Innere Sicherheit in Zeiten von ‚Islamischer Staat‘ (IS) – Globale Konflikte und lokale Auswirkungen“ vom 27. bis 28. April 2015 in Mainz. Neben den juris - tischen und polizeilichen Aspekten wurde auch die pädagogische Perspektive in Prävention und Deradikalisierungsarbeit beleuchtet. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Große Anfrage wie folgt: 1. Inwieweit setzt die Landesregierung ein ressort- und phänomenübergreifendes Konzept zur Prävention im Bereich des religiös motivierten Extremismus und zur Deradikalisierung betroffener Personen um bzw. ist eine solche Umsetzung derzeit geplant?? Derzeit erarbeitet die Landesregierung unter Federführung des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen ein ressortübergreifendes und breit gefächertes Konzept zur Verhinderung islamischer Radikalisierung junger Menschen in Rheinland -Pfalz. Wesentliche Bestandteile sind die Bereiche der Prävention und der Beratung sowie der Intervention. Das Konzept befindet sich derzeit in der Abstimmung und wird dem Ministerrat in Kürze zur Entscheidung vorgelegt. 2. In welcher Höhe sind Haushaltsmittel in den jeweiligen Einzelplänen des Doppelhaushalts 2014/2015 für Maßnahmen zur Prävention im Bereich des religiös motivierten Extremismus eingestellt (mit Angabe der jeweiligen Kapitel und Titel)? Im Einzelplan 02, hier aus dem Veranstaltungsbudget (Kapitel 02 01 Titel 533 11), das insgesamt mit 300 000 Euro veranschlagt ist, wurden 5 262,50 Euro für die Veranstaltung „Der Islam in der offenen Gesellschaft“ im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Zu Gast bei Malu Dreyer“ verausgabt. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurden auch der Themenbereich des religiös motivierten Extremismus und Fragen der Prävention diskutiert. Im Einzelplan 03 des Doppelhaushalts 2014/2015 des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur sind keine Haushaltsmittel explizit für Präventionsmaßnahmen im Bereich des Islamismus eingestellt. Im Kapitel 03 02, Titel 54 702, stehen 2014/2015 jährlich 51 700 Euro für die Förderung kriminalpräventiver Projekte zur Verfügung, die auch für Zwecke der Islamismusprävention verwendet werden können. Im Einzelplan 07 sind 4 900 Euro (Kapitel 07 05 Titel 684 14 Untertitel 08) für das Fachgespräch „Männlichkeitsentwürfe und Extremismus “ am 22. Juni 2015 im Rahmen einer Gesamtbewilligung an die Fachstelle Jungenarbeit in Höhe von 17 980 Euro veranschlagt . Im Einzelplan 09 sind in der Titelgruppe 92 des Kapitels 09 19 Mittel für Maßnahmen zur Gewaltprävention in den Schulen veranschlagt . Aus diesen Haushaltsansätzen können auch Maßnahmen zur Prävention im Bereich des religiös motivierten Extremismus finanziert werden. Gleiches gilt für die Ansätze im Deckungskreis der Titel der Hauptgruppe 5 des Kapitels 09 50 (Landeszentrale für politische Bildung). Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/5241 Das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen hat die Große Anfrage namens der Landesregierung – Zuleitungsschreiben des Chefs der Staatskanzlei vom 1. Juli 2015 – wie folgt beantwortet: 3 Drucksache 16/5241 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 3. Welche Haushaltsmittel plant die Landesregierung, in den jeweiligen Einzelplänen des Haushalts 2016 für Maßnahmen zur Prävention im Bereich des religiös motivierten Extremismus einzustellen? Eine Aussage zu einem noch nicht verabschiedeten Haushalt kann nicht getroffen werden, da zu diesem Zeitpunkt nicht gesagt werden kann, welche Entscheidungen im Detail der Gesetzgeber bei Verabschiedung des Haushaltes treffen wird. 4. ln welcher Höhe stehen Haushaltsmittel für Aussteigerprogramme und Maßnahmen zur Deradikalisierung und Reintegration von religiös motivierten Extremisten im Haushaltsplan 2015 zur Verfügung (mit Angabe der jeweiligen Kapitel und Titel)? Mit der Verabschiedung des in der Antwort zu Frage 1 genannten Konzepts werden Haushaltsmittel bereitgestellt. Über die Höhe kann derzeit noch keine Aussage getroffen werden. 5. Wie viele Personalstellen stehen im Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen, im Ministerium des lnnern, für Sport und Infrastruktur, im Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur sowie gegebenenfalls in anderen Fachministerien für den Aufgabenbereich Prävention und Deradikalisierung im Bereich des religiös motivierten Extremismus jeweils zur Verfügung? Im Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen wird das Thema im Referat 741 „Jugendpolitik, Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, Schulsozialarbeit, Kinder- und Jugendplan bearbeitet. Ebenso widmet sich der Beauftragte der Landesregierung für Migration und Integration dem Gebiet des religiös motivierten Extremismus. In der Abteilung Polizei des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur sowie den nachgeordneten Behörden nehmen insgesamt 50 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte sowie zwei Islamwissenschaftler Aufgaben der Kriminalprävention unter anderem im Themenfeld „Politisch motivierte Kriminalität“ wahr. Dabei stellen diese Präventionsmaßnahmen einen stellenmäßig nicht konkret zu beziffernden Anteil der Gesamtaufgabe dar. Die Polizei verfügt nicht über Beamtinnen oder Beamte, die ausschließlich Aufgaben der Islamismusprävention wahrnehmen. Im Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur wird das Thema Extremismusprävention im Zusammenhang mit dem Aufgabengebiet historisch-politische Bildung, Gewaltprävention und Demokratieerziehung im Rahmen einer Referenten - und einer Sachbearbeiterstelle abgedeckt. Einen Beitrag leistet auch das Modellprojekt islamischer Religionsunterricht, das von einer weiteren Referentin und einer Sachbearbeitung betreut wird. In der Landeszentrale für politische Bildung wird das Thema Extremismusprävention im Zusammenhang mit dem Aufgabengebiet Extremismus, Integration und Migration und der Landes - koordination „Schule ohne Rassismus“ durch zwei Referentinnen abgedeckt. 6. Erachtet die Landesregierung die Bündelung der Expertise der verschiedenen Ministerien in einem zentralen Kompetenzzentrum für Extremismus für sinnvoll, welches als Koordinierungs- und Anlaufstelle dienen könnte? Die Landesregierung ist der Auffassung, dass einem religiös motivierten Extremismus eine Vielzahl unterschiedlichster Beweggründe und Anstöße zugrunde liegen (können). Mögliche Beweggründe können zum Beispiel sein: Ein Nichtzugehörigkeitsgefühl zur Mehrheitsgesellschaft, die Identitätssuche aufgrund persönlicher Brüche in der eigenen Biografie und eine Betroffenheit von nega tiven gesellschaftlichen Zuschreibungen gegenüber einzelnen Gruppen. Der Landesregierung ist in dem derzeit in Vorbereitung befindlichen Konzept neben der Ausrichtung auf eine präventive und auf Intervention ausgelegten Arbeit auch daran gelegen, der Stigmatisierung einzelner Gruppen vorzubeugen. Wegen der Vielzahl unterschiedlichster Beweggründe und Anstöße ist eine Verzahnung der verschiedenen Kompetenzen und Sichtweisen unabdingbar. 7. Auf welche Weise findet eine interministerielle Abstimmung oder Kooperation bei den verschiedenen präventiven und repressiven Maßnahmen gegen religiös motivierten Extremismus in Rheinland-Pfalz statt? Derzeitige interministerielle Treffen sollen in dem oben angesprochenen Konzept verstetigt und institutionalisiert werden. 8. Welche Maßnahmen hat sie bislang ergriffen, um als religiös motivierte Extremisten identifizierte Personen zum Ausstieg zu bewegen und mit welchem Erfolg wurden solche Maßnahmen durchgeführt? Konzeptionell unterlegte Ausstiegshilfen sind in dem o. g. derzeit in Abstimmung befindlichen ressortübergreifenden Konzept vorgesehen . Aus dem Justizbereich lässt sich berichten, dass es in den rheinland-pfälzischen Gefängnissen aktuell einen Gefangenen mit islamis - tischem Hintergrund gibt. Die bereits erfolgten Gesprächsangebote und Versuche, den Gefangenen zu einer Veränderung seiner verfestigten problematischen Grundhaltung zu bewegen, waren bislang erfolglos. Es besteht durchgehend ein enger Kontakt zu den Sicherheitsbehörden. 9. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden und den mit Präventions- und Deradikalisierungsmaßnahmen befassten Stellen in Rheinland-Pfalz? Da eine mit Präventions- und Deradikalisierungsmaßnahmen im Islamismus-Bereich befasste Stelle derzeit in Rheinland-Pfalz nicht existiert, kann hierzu keine Stellung genommen werden. Ansonsten ist festzustellen, dass beispielsweise zwischen dem MJV und den Sicherheitsbehörden generell ein guter und regelmäßiger Kontakt zu verschiedensten Fragestellungen besteht. 4 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/5241 10. Bietet sie ein Programm für Aussteiger und Rückkehrer aus Bürgerkriegsgebieten wie Syrien, Irak und Afghanistan, an? Derzeit nicht. 11. Inwieweit sind die Sicherheitsbehörden in solche Aussteiger- bzw. Rückkehrerprogramme eingebunden und wie erfolgt die Überwachung der radikalisierten Rückkehrer? Für den Fall einer Rückkehr werden auf der Grundlage einer Gefährdungsbewertung die zur Gefahrenabwehr rechtlich möglichen und erforderlichen Maßnahmen ergriffen. Aus naheliegenden Gründen kann über nähere Einzelheiten öffentlich nicht berichtet werden. 12. Wie viel zusätzliches Personal bedarf es in welchen Ressorts, um dauerhaft eine möglichst effiziente Beobachtung von lslamisten allgemein bzw. radikalisierten Rückkehrern im Speziellen gewährleisten zu können? Im Rahmen der polizeilichen Beobachtung dieses Personenpotenzials nutzt die Polizei insbesondere die spezifischen Kenntnisse und Fähigkeiten der Spezialeinheiten. Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat bereits im Frühjahr 2014 eine Expertengruppe eingesetzt und beauftragt, auf der Basis einer umfassenden Analyse möglichen Anpassungsbedarf der Spezialeinheiten in organisatorischer, struktureller sowie personeller und materieller Hinsicht zu prüfen. Die Ergebnisse und Vorschläge werden derzeit im Ministerium geprüft. Der Verfassungsschutz macht keine öffentlichen Angaben zum Personalbedarf. 13. Bietet sie Fortbildungsmaßnahmen für Lehrkräfte im Bereich Prävention sowie Umgang mit religiös motivierten Extremisten an? Sowohl im Studium als auch im Vorbereitungsdienst erwerben angehende Lehrkräfte Qualifikationen und Kompetenzen mit Blick auf Werte-, Friedens- und Menschenrechtserziehung, Toleranz und den Umgang mit Konflikten und radikalem oder extremistischfundamentalistischem Gedankengut. Sie können auf umfangreiche Materialien, beispielsweise aus den Zentralen für politische Bildung auf Bundes- und Landesebene, zurückgreifen. Im Februar 2015 wurde vom Bildungsministerium zusammen mit dem Pädagogischen Landesinstitut eine Arbeitsgruppe „Prävention von Islamismus“ gegründet. Sie erarbeitet unter Einbeziehung externer Fachleute ein erweitertes Präventionskonzept, zu dem auch zielgruppenspezifische Veranstaltungen gehören. Grundsätzlich bezieht sich die Präventionsarbeit auf die Grundthemen religiöser Extremismus und Muslimfeindlichkeit. Dabei ist es wichtig, auf abgestimmte Programmlinien zu achten und nicht auf kurzfristig wirksame Einzelmaßnahmen. Die Präventionsarbeit wird konzeptionell so ausgerichtet, dass nachfrageorientierte Angebote verfügbar sein werden und eine nachhaltige Beratung und Begleitung von Schulen möglich wird. Weiterhin wird am Aufbau eines regionalen präventiven Netzwerks gearbeitet. Das Erziehungswissenschaftliche Fort- und Weiterbildungsinstitut (EFWI) bietet als Partner in der Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften in Rheinland-Pfalz im kommenden Schuljahr in der Veranstaltungsreihe „Tage der politischen Bildung“ erstmals für Lehrkräfte das Thema „Extremismus als Herausforderung“ an. Dabei wird in vier Arbeitsgruppen zum Themenbereich politischer und religiöser Extremismus die Möglichkeit bestehen, sich mit der Thematik intensiv auseinanderzusetzen. Als weiterer externer Partner in der Lehrkräftefort- und Weiterbildung bietet die Fridtjof-Nansen-Akademie in Ingelheim seit Jahren Veranstaltungen zum Thema „Religiöser Extremismus“ an. Im Jahr 2015 finden zwei Veranstaltungen dazu statt. Auch die Landeszentrale für politische Bildung hält entsprechende Angebote vor. So fanden in 2014 eine Reihe von Veranstaltungen unter dem Titel „Argumentationstraining gegen Vorurteile und Rassismus“ statt. Im März dieses Jahres wurde an der Gedenk - stätte in Osthofen eine Fortbildungsmaßnahme für Lehrkräfte zu den beiden Buchreligionen Judentum und Islam angeboten. Des Weiteren sind im Sommer drei Veranstaltungen für Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler vorgesehen, die unter anderem auch das Thema „religiöse Radikalisierung“ zum Gegenstand haben. Weitere Veranstaltungen auch noch für das Jahr 2015 sind in der Konzeptions phase. Die Erkenntnisse aus den bisherigen Veranstaltungen werden dabei berücksichtigt. 14. Welche Erkenntnisse hat sie über die Bedeutung der Schule als Ausgangsort bzw. Umfeld für eine Radikalisierung von Jugendlichen und welche Konsequenzen zieht sie daraus? Es ist eines der wichtigsten Ziele unseres Bildungssystems, junge Menschen zu mündigen Bürgerinnen und Bürgern zu erziehen. Die Schule hat den Auftrag, sie zum gewaltfreien Zusammenleben und zur verpflichtenden Idee der Völkerverständigung anzuleiten . Der Landesregierung ist bewusst, dass gerade junge Menschen, deren Persönlichkeit sich noch entwickelt, unter bestimmten Bedingungen empfänglich für extremistisches oder fundamentalistisches Gedankengut sein können. Wie bei den Themen „Gewalt“ und „Politischer Extremismus“ setzt die Landesregierung auch beim Thema „religiös motivierter Extremismus“ auf Prävention. Grundsätzlich gilt, dass Präventionsarbeit sich mit Extremismus und Muslimfeindlichkeit befassen muss. Vor dem Hintergrund, dass gerade Jugendliche, die sich ausgegrenzt fühlen für gruppendynamische Entwicklungen anfällig sein können, muss Prävention gegenüber jedwedem Extremismus darauf abstellen, Demokratie erlebbar und als Wert erkennbar zu machen. Junge Menschen müssen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung unterstützt werden und sie benötigen kommunikative und interkulturelle Kompetenzen. Dafür gibt es Ansätze, auf die zurückgegriffen werden kann, insbesondere aus der Demokratieerziehung, dem Ethik- und Religions - unterricht und der Medienerziehung. Diese Ansätze gilt es noch stärker zusammenzuführen und um religionswissenschaftliche Fragen und um Fragen, die beispielsweise aus der Flüchtlingsproblematik erwachsen, zu ergänzen. Der Landesregierung liegen derzeit keine Informationen und Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. Dennoch wird die Gefahr, die von religiös motiviertem Extremismus in Schulen ausgehen könnte, ernst genommen. 5 Drucksache 16/5241 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Ebenso liegen Polizei und Verfassungsschutz keine Erkenntnisse vor, wonach die Schule als Ausgangsort oder Umfeld für eine Radi - kalisierung von Jugendlichen fungiert. In den bekannt gewordenen Fällen der Radikalisierung von Jugendlichen etc. erwiesen sich das persönliche Umfeld (Familie, Freunde, Bekannte) sowie das Internet als die wesentlichen Radikalisierungsfaktoren. Eine Unter - suchung der deutschen Sicherheitsbehörden aus dem Jahr 2014 über die Radikalisierungshintergründe und -verläufe der nach Syrien ausgereisten Personen kam zum Ergebnis, dass es keinen einheitlichen, typischen Radikalisierungsverlauf gibt. 15. Hält das Land Hilfe und Beratungsmöglichkeiten für Lehrkräfte vor, die mit Schülerinnen und Schülern mit Anzeichen zu religiösem Extremismus konfrontiert sind und sind die Schulpsychologen und Schulsozialarbeiter auf diese spezifische Aufgabe in ausreichen - dem Maße vorbereitet? In Rheinland-Pfalz wurde durch die Struktur der 14 Schulpsychologischen Beratungszentren im Pädagogischen Landesinstitut (PL) die Möglichkeit geschaffen, Schulen regional ein stabiles Unterstützungsangebot zu bieten, um sich bei schulrelevanten Fragen zum Thema religiöser Extremismus fachliche Hilfe holen zu können. Jedes Schulpsychologische Beratungszentrum besitzt regionale Zuordnungen. Die regionale Struktur der Beratungszentren ermöglicht eine gezielte Beratung der Betroffenen unter Berücksichtigung unterschiedlicher Perspektiven in den Schulen. In den gewachsenen Beratungsstrukturen zwischen Schule, Elternschaft und Schulpsychologischem Beratungszentrum sowie ggf. einem externen Beratungs- und Unterstützungsnetzwerk können in der Regel effektive Lösungen gefunden werden. Dabei geht es zunächst grundsätzlich darum, eine Sensibilisierung für mögliche Anzeichen einer Radikalisierung zu entwickeln. Die Schulpsychologinnen und Schulpsychologen kooperieren mit den Fachkräften der Schulsozialarbeit und der Jugendhilfe. Sie bieten Schulen ihre professionelle Unterstützung und Beratung an und binden – je nach Bedarf – Kolleginnen und Kollegen mit spezifischen Qualifikationen und andere Institutionen mit ein. In konkreten Verdachtsfällen erfolgt eine enge Zusammenarbeit zwischen Schulleitung, ADD und der Polizei. Auch im Rahmen der regulären Krisenberatungstätigkeit sind Schulpsychologinnen und Schulpsychologen vorbereitet, Schulen und Elternschaft für mögliche Anzeichen einer Radikalisierung zu sensibilisieren. Schulen müssen in einer möglichen Krisensituation professionell handeln. Daher ist es Aufgabe aller Schulen, präventiv Handlungspläne zu entwickeln und ein lokales Netzwerk aus Lehrkräften und schulexternen Personen aufzubauen, das im Krisenfall rasch aktiviert werden kann. Dazu beraten, begleiten und unterstützen Schulpsychologinnen und Schulpsychologen Schulen beim Aufbau des schulinternen Krisenmanagements. Als „Leitfaden“ dient die „Handreichung für den Umgang mit Krisensituationen an Schulen“, die gemeinsam von Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur, ADD und der Schulpsychologie Rheinland-Pfalz im Jahr 2007 erarbeitet und 2014 aktualisiert wurde. Er bietet Schulen Hinweise zur Krisenprävention und zur Intervention in Krisen aus psychologischer, organisatorischer und rechtlicher Sicht. Alle darin beschriebenen Hilfen und Hinweise bieten auch die Möglichkeit, um im Umgang mit religiösem Extremismus angemessen reagieren zu können. Eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe des Pädagogischen Landesinstituts unterstützt Schulen nachfrageorientiert. 16. Welche Rolle spielen rheinland-pfälzische Hochschulen bzw. das studentische Umfeld bei der Gruppierung von lslamisten bzw. bei der Bildung von islamistischen Vereinigungen? Erhebungen zur Anzahl von Studierenden islamischen Glaubens werden nicht durchgeführt. Weitere Erkenntnisse, die für den Studienbetrieb relevant sind, liegen nicht vor. Auch Polizei und Verfassungsschutz liegen keine Erkenntnisse vor, wonach rheinland-pfälzische Hochschulen oder das studentische Umfeld bei der Gruppierung von Islamisten oder bei der Bildung von islamistischen Vereinigungen eine Rolle spielt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 14 verwiesen. 17. Gibt es Forschungsstellen an den Hochschulen des Landes, die sich mit dem Thema Radikalisierung und religiös motiviertem Extremismus befassen? An der Hochschule Koblenz forscht Prof. Dr. Stephan Bundschuh zur Frage von religiös motiviertem Extremismus, speziell Islamismus . Das im Gleichstellungsbüro derselben Hochschule angesiedelte Projekt „Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus in Rheinland-Pfalz/Beratungsknoten Koblenz – Mittelrhein“ beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit den Entwicklungen und Strategien der extremen Rechten in den Regionen des nördlichen Rheinland-Pfalz. Ein Ansatzpunkt, der dazu dient, Akteure und Gruppierungen des extrem rechten Spektrums zu analysieren, ist das Syndrom der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit (GMF) nach Wilhelm Heitmeyer. Die Inhalte einzelner Syndromelemente, wie beispielsweise Sexismus oder Antisemitismus, lassen sich auch auf andere Formen des Extremismus, wie den fundamentalen Islamismus, anwenden. Aus diesem Grunde sind regionale Entwicklungen in diesem Bereich, wenn auch derzeit noch randständig, im Bereich der Beobachtung durch den Beratungsknoten Koblenz – Mittelrhein an der Hochschule Koblenz. An der Universität Mainz haben einzelne Forscherinnen und Forscher Arbeiten in diesem Kontext veröffentlicht. 18. Wie viele Personen, die der islamistischen Szene zugerechnet werden, sitzen derzeit in rheinland-pfälzischen Gefängnissen ein (mit Angabe der Verteilung auf die einzelnen Justizvollzugsanstalten sowie dem prozentualen Anteil an der Gesamtgefangenenzahl)? Gegenwärtig gibt es in den rheinland-pfälzischen Justizvollzugseinrichtungen einen Gefangenen, der wegen einer Straftat mit isla - mis tischem Hintergrund verurteilt ist. Die betreffende Justizvollzugsanstalt kann aus Sicherheitsgründen nicht genannt werden. Gefangene, die wegen anderweitiger Straftaten verurteilt wurden, aber der islamistischen Szene zuzuordnen wären, sind bislang nicht bekannt. Zum Stichtag 22. Mai 2015 befanden sich insgesamt 3 269 Gefangene im Justizvollzug, sodass sich für den Personenkreis der islamis - tischen Szene ein prozentualer Anteil von ca. 0,03 Prozent der Gesamtbelegung ergibt. 6 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/5241 19. Welche Erkenntnisse hat sie über die Bedeutung von Justizvollzugsanstalten als Umfeld für eine Radikalisierung von Insassen (mit Angabe, wie die Justizvollzugsanstalten in eine entsprechende Präventionsarbeit einbezogen werden)? Bislang gibt es keine Hinweise auf religiös motivierte Radikalisierungsphänomene in den rheinland-pfälzischen Justizvollzugseinrichtungen , insofern auch keinen Anlass für spezielle Präventionsmaßnahmen. 20. Sind der Landesregierung Fälle bekannt, in denen Häftlinge erst während ihres Gefängnisaufenthalts religiös radikalisiert wurden, und wenn ja, wie viele (mit Angabe der Verteilung auf die einzelnen Justizvollzugsanstalten)? Nein. 21. Hat sie Maßnahmen ergriffen, um zu verhindern, dass es zu einer Vernetzung von Salafisten oder zu einer weiteren Verbreitung von salafistischem Gedankengut innerhalb der Justizvollzugsanstalten kommt (z. B. durch eine räumliche Trennung)? Nein. 22. Wie viele Imame sind derzeit in rheinland-pfälzischen Gefängnissen tätig (mit Angabe der jeweiligen Justizvollzugsanstalt)? In den acht Justizvollzugsanstalten und in den beiden Jugendstrafanstalten steht jeweils ein Imam zu Verfügung, der die Anstalten mehr oder weniger regelmäßig aufsucht. Grundlage ist ein Übereinkommen zwischen dem Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und dem Generalkonsulat der Repulik Türkei in Mainz. Von dort aus werden auch die Imame entsandt. Darüber hinaus gibt es in einigen Anstalten auch regelmäßig Besuche mit Gesprächsangeboten für die Gruppe muslimischer Gefangener durch Angehörige der deutschlandweit aktiven Türkisch Islamischen Union (DITIP). 23. Werden die Imame vor Aufnahme ihrer Tätigkeit in den Justizvollzugsanstalten in Bezug auf eine Islamistische Grundeinstellung kontrolliert, bzw. findet auch im Laufe ihrer Tätigkeit eine staatliche Aufsicht statt und wenn ja, in welcher Form? Die beiden zu Frage 22 genannten Maßnahmen werden seit vielen Jahren durchgeführt und haben sich in der Praxis bewährt. Hinweise auf Radikalisierungen oder sonstige Verhaltensauffälligkeiten hat es bei den Teilnehmenden dieser Maßnahmen bisher nicht gegeben. Die Überprüfung der Imame und der Vertreter der türkisch islamischen Union erfolgt durch die jeweilige Justizvollzugseinrichtung , in der Regel durch den dortigen Sicherheitsinspektor. 24. Bestehen Kontakte zu den Arbeitgebern in Rheinland-Pfalz, um Aussteigern Möglichkeiten zur Reintegration in den Ausbildungsund Arbeitsmarkt zu eröffnen? Die Landesregierung stellt fest, dass berufliche Integration eine Voraussetzung für gesellschaftliche/soziale Integration ist. Die arbeits marktpolitischen Angebote des Landes zielen insgesamt auf die Erwerbsintegration, sie orientieren sich inhaltlich aber auch an den unterschiedlichen Bedarfen und Bedürfnissen der Betroffenen. Damit erhöhen sich die Chancen der oder des Einzelnen auf eine individuell sinnstiftende und zufriedenstellende Arbeit und wirken so auch religiösem Extremismus entgegen. Eine besondere Unterstützung von Aussteigern bei der Reintegration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt ist derzeit nicht gegeben. 25. Welche Beratungsmöglichkeiten für betroffene Angehörige gibt es in Rheinland-Pfalz mit welcher Förderung des Landes? Aktuell gibt es für betroffene Angehörige die bundesweite Beratungsstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, welche eine telefonische Erstberatung anbietet. Diese steht auch für rheinland-pfälzische Betroffene zur Verfügung und soll bei einem dann demnächst von der Landesregierung geförderten weitergehenden Beratungsprozess auch weiterhin eingebunden sein. 26. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Kommunen im Bereich Prävention von religiös motiviertem Extremismus? Aus Gründen der Gefahrenabwehr werden Maßnahmen unter anderem zur Verhinderung der Ausreise in Kriegs- und Krisengebiete sowie im Umgang mit salafistisch geprägten Veranstaltungen und Aktivitäten, die zum Ziel haben, junge Menschen für den Salafismus anzuwerben, ergriffen. In diesen Zusammenhängen arbeiten die rheinland-pfälzischen Sicherheitsbehörden mit den betroffenen Kommunalbehörden eng und vertrauensvoll zusammen. Ebenso sind auf die elf in Rheinland-Pfalz bestehenden Partnerschaften für Demokratie hinzuweisen, welche sich auch mindestens zu einem Drittel dem Bereich der Islamismusprävention widmen. 27. Sind die zuständigen kommunalen Stellen, beispielsweise im Bereich Soziales, Wohnen, Familien, in die Präventionsarbeit und in Programme zur Deradikalisierung bzw. für Aussteiger eingebunden? Derzeit nicht. 7 Drucksache 16/5241 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 28. Inwieweit sind die Moscheegemeinden in die Maßnahmen zur Prävention und Deradikalisierung im Bereich des religiös· motivierten Extremismus eingebunden (mit Darstellung einer Bewertung dieser Zusammenarbeit)? Seit 2006 hat die Polizei Rheinland-Pfalz das Thema „Dialog zwischen Polizei und muslimischen Organisationen“ intensiv aufgegriffen . Der Dialog fördert das Vertrauen zueinander. Gegenseitiges Vertrauen ist die Grundvoraussetzung, um extremistische Bestrebungen und Gefährdungen frühzeitig erkennen zu können. Deshalb hat die Polizei zur Förderung des Dialogs zwischen musli - mischen Organisationen und den Sicherheitsbehörden rund 110 Polizeibeamtinnen und -beamte zu Koordinatoren und Ansprech - partnern bei den Polizeidienststellen vor Ort ausgebildet. Die damit verfolgte Zielsetzung, Netzwerke zu bilden, die Integration zu fördern und den Dialog mit den muslimischen Verbänden zu unterstützen, hat zu positiven Reaktionen geführt. Die in einzelnen muslimischen Gemeinden erkennbare Öffnung in Richtung Polizei hat sich fortgesetzt. Ziel ist es, auf den bestehenden Kontakten aufzubauen, den Dialog mit muslimischen Organisationen und Moscheevereinen weiter zu intensivieren sowie die auf Langfristigkeit ausgerichtete vertrauensvolle Zusammenarbeit zu verstetigen. 29. Wie beurteilt sie aus ihrer Sicht die Einrichtung des Fachbeirats des Hessischen Präventionsnetzwerks gegen Salafismus im Hinblick auf die Einbeziehung aller öffentlichen Stellen und gesellschaftlichen Akteure? Positiv. Irene Alt Staatsministerin 8