Drucksache 16/5266 08. 07. 2015 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Michael Billen (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Maßnahmen zur Sicherung bäuerlicher Milcherzeugung Die Kleine Anfrage 3470 vom 17. Juni 2015 hat folgenden Wortlaut: In einer Pressemeldung und einem zugehörigen Positionspapier hat Agrarministerin Ulrike Höfken Instrumente gefordert, um im Krisenfall die bäuerliche Milcherzeugung sichern zu können. Gemeinsam mit den Agrarministern aus Baden-Württemberg, SchleswigHolstein , Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen wird in dem Positionspapier die Wichtigkeit, einen Preisverfall zu stoppen, betont. Flexible und wirksame Schutzmaßnahmen für Krisensituationen sind demnach auf EU-Ebene erforderlich. Frühwarnsysteme und neue Instrumente des Krisenmanagements sind ebenso Bestandteil der Forderungen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass Mengensteuerung und Mengenreduzierung wieder infrage kommen? 2. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass die Prüfung gestaffelter Maßnahmen, wie sie der Bund Deutscher Milchviehalter in seinem Marktverantwortungsprogramm vorsieht, stattfinden soll? 3. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass privatwirtschaftliche Versicherungssysteme dazu beitragen können, die Liquidität der Milcherzeuger bei schweren Krisen zu halten? 4. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass man erforschen muss, wie Mengenveränderungen sich auf den Preis auswirken? Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 7. Juli 2015 wie folgt beantwortet: Die bäuerliche Milchviehhaltung befindet sich derzeit in einer wirtschaftlich schwierigen Lage. Die Erzeugerpreise decken die Produktionskosten nur zu zwei Dritteln. Diese Situation gibt es bei keinem anderen Sektor. Die flächendeckende Milcherzeugung steht vor ganz erheblichen Herausforderungen. Zu ihrer Erhaltung sieht die Landesregierung dringenden Handlungsbedarf, der einer umfassenden Strategie für eine zukunftsweisende Ausgestaltung der Milchmarktpolitik auf europäischer Ebene als Grundlage einer stabilen, bäuerlichen und tierartgerechten Milchviehhaltung bedarf. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu den Fragen 1 und 2: Es besteht dringender Handlungsbedarf, die bereits bestehenden Milchmarktinstrumente der Europäischen Union, die bei schweren Krisen ein Eingreifen in den Markt erlauben, auszubauen. Die Entwicklung zusätzlicher gestaffelter Instrumente, die ein frühzeitiges Erkennen von Krisen ermöglichen und somit helfen die Verluste in der Wertschöpfungskette deutlich zu verringern ist erforderlich . Hierauf haben sowohl die Europäische Kommission als auch das Europäische Parlament bereits hingewiesen. Allerdings hat ausschließlich der Bund Deutscher Milchviehhalter e. V. (BDM) konkrete Vorschläge mit mengensteuernden und -reduzierenden Maßnahmen in seinem „Marktverantwortungsprogramm“ vorgelegt. Diese Ansätze gilt es im Rahmen einer aus der Sicht der Landesregierung dringend erforderlichen Gesamtstrategie zur Milchpolitik in Deutschland durch den Bund näher zu prüfen. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 5. August 2015 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/5266 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu Frage 3: Privatwirtschaftliche Versicherungssysteme können vorbehaltlich der Klärung wichtiger Einzelheiten, wie z. B. ihrer Finanzierung und der dazu unter Umständen erforderlichen Unterstützung durch öffentliche Mittel, dazu beitragen, die Liquidität von Milchviehbetrieben bei schweren Marktkrisen sicherzustellen. Zu Frage 4: Zu den Wirkungen von Milchmengenänderungen auf den Milchpreis liegen nach Kenntnis der Landesregierung keine ausreichend aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse vor. Auf diesem Gebiet besteht im Hinblick auf eine zukunftsweisende Ausgestaltung der Milchmarktpolitik weiterer Forschungsbedarf. Festzustellen ist jedoch, dass die Erfahrungen der letzten Jahre belegen, dass in Krisenzeiten, ungeachtet des Welthandels, bereits geringe Mengenveränderungen auf dem EU-Binnenmarkt zu einer Marktstabilisierung führen können. So entzog der Milchlieferboykott von 2008 dem Markt nur etwa 0,55 Prozent der Ablieferungsmenge. Dies genügte jedoch, um von Juli bis September eine weitere Talfahrt der Preise zu stoppen. Bestätigt wird diese Beobachtung beispielsweise durch Markus Fahlbusch, Anneke Bahr, Bernhard Brümmer und Achim Spiller in ihrem Artikel „Der Markt für Milch und Milcherzeugnisse“ in Agrarwirtschaft 59 (2009) Heft 1, S. 42. Auch die im Rahmen der Milchmarktkrise 2009 ausgelöste staatliche Mengenreduktion durch Interventionskäufe stabilisierten die Preise, wie die EU-Kommission in ihrem Milchmarktbericht (KOM [2010] 727 end.) ausführte: „Durch die Rücknahme von Erzeugnissen, die 1 oder 2 % der Gesamtmilchproduktion ausmachen, bewies sich das Sicherheitsnetz als wirksames Instrument des Marktgleichgewichts.“ Zuletzt hat auch die aufgrund der drohenden Superabgabe erfolgte Reduzierung der Milchanlieferungsmenge Ende letzten und Anfang dieses Jahres dazu geführt, dass sich die Notierungen für Milcherzeugnisse vorübergehend stabilisieren konnten. Ulrike Höfken Staatsministerin