Drucksache 16/5296 15. 07. 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Simone Huth-Haage (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen Situation Alleinerziehender in Rheinland-Pfalz nach Änderung des Unterhaltsrechtes vom 1. Januar 2008 Die Kleine Anfrage 3481 vom 21. Juni 2015 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie hat sich die Anzahl der Alleinerziehenden in Rheinland-Pfalz seit Inkrafttreten des neuen Unterhaltsgesetzes im Jahr 2008 verändert (Angaben bitte nach Geschlecht, Alter der Kinder und Jahren differenzieren)? 2. Wie hat sich die Anzahl der Alleinerziehenden, die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsgesetz beziehen, seit 2008 verändert (Angaben bitte in absoluten und relativen Zahlen sowie nach Geschlecht, Alter der Kinder und Jahren differenzieren)? 3. Wie hat sich die Zahl der Alleinerziehenden, die Leistungen nach dem SGB II bzw. SGB III erhalten, seit 2008 verändert (Angaben bitte in absoluten und relativen Zahlen sowie nach Geschlecht, Alter der Kinder und Jahren differenzieren)? 4. Hat die Änderung des Unterhaltsgesetzes zu einer Zunahme der Alleinerziehenden, die an der Armutsgrenze leben, zur Folge (Angaben bitte nach Geschlecht differenzieren)? 5. Wie hat sich die Zahl der erwerbstätigen Alleinerziehenden seit 2008 verändert (Angaben bitte in absoluten und relativen Zahlen sowie nach Geschlecht, Alter der Kinder und Jahren differenzieren)? 6. Hält die Landesregierung in diesem Zusammenhang eine Reform des Unterhaltsgesetzes für sinnvoll? Das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 15. Juli 2015 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung Die Politik der Landesregierung zielt darauf, allen Familien Rahmenbedingungen für ein gutes Familienleben zu ermöglichen, vor allem denjenigen in besonderen Lebenssituationen, beispielsweise Einelternfamilien. Ich verweise in diesem Zusammenhang auch auf die Beantwortung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD, Drucksache 16/4779 vom 4. Mai 2015*). Dies vorausgesetzt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Die zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Änderung des Unterhaltsrechts zielte darauf, das Unterhaltsrecht an geänderte gesellschaftliche Verhältnisse anzupassen. So wurde unter anderem der Vorrang des Unterhaltsanspruch minderjähriger und ihnen gleichgestellter volljähriger Kinder geregelt und der Mindestunterhalt für minderjährige Kinder gesetzlich definiert. Weiter wurde für den Ehegattenunterhalt der Grundsatz der Eigenverantwortung ausdrücklich im Gesetz verankert. Die Dauer von Unterhaltsansprüchen für die Betreuung ehelicher und nichtehelicher Kinder richtet sich seitdem nach denselben Grundsätzen. In seiner Wirkung auf Frauen, die während der Ehe zugunsten der Kindererziehung auf eine Berufstätigkeit verzichtet haben, wurde die Änderung des Unterhaltsrechts – insbesondere von Frauenverbänden und dem Verband alleinerziehender Mütter und Väter – durchaus kritisch gesehen. Die nachfolgende Tabelle enthält die Zahl der Einelternfamilien in den Jahren 2008 bis 2014, allerdings kann daraus kein Rückschluss gezogen werden, ob ein Zusammenhang mit der Änderung des Unterhaltsgesetzes 2008 besteht. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 19. August 2015 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode *) Hinweis der Landtagsverwaltung: Vgl. Drucksache 16/4973. Drucksache 16/5296 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/5296 3 Zu Frage 2: Dazu liegen der Landesregierung keine Daten vor. Aus dem Mikrozensus können keine Informationen über Unterhaltsleistungen gewonnen werden. Es werden lediglich Haushaltseinkommen insgesamt erfragt. Die einzelnen Einkommensbestandteile – also zum Beispiel Unterhaltsleistungen – werden nicht erhoben. Zu Frage 3: Die Zahl der Einelternfamilien, die Leistungen nach dem SGB II erhalten haben, ist im Zeitraum 2008 bis 2014 von 24 836 Personen (1 226 Männer und 23 610 Frauen) auf 22 796 Personen (1 255 Männer und 21 540 Frauen) gesunken. Einelternfamilien beziehen überdurchschnittlich lange und häufig Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Rund 40 Prozent der Einelternfamilien sind zur Sicherung ihres Lebensunterhalts auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen. Die Hälfte davon bezieht länger als zweieinhalb Jahre Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Ich verweise in diesem Zusammenhang auch auf die Beantwortung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD, Drucksache 16/4779 vom 4. Mai 2015 *). Alleinerziehende Empfängerinnen und Empfänger von Leistungen nach dem SGB III werden nicht gesondert erfasst, da das Merkmal „Alleinerziehend“ für die Gewährung der Versicherungsleistung nicht erheblich ist und eine derartige Dokumentation nach Aussage der Bundesagentur für Arbeit in der Sache datenschutzrechtliche Probleme aufwerfen könnte. Dementsprechend kann die Landesregierung keine weiteren Informationen vortragen. Drucksache 16/5296 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 4 *) Hinweis der Landtagsverwaltung: Vgl. Drucksache 16/4973. Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/5296 5 Drucksache 16/5296 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 6 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/5296 7 Zu Frage 4: Die Armutsrisikoquote der Einelternfamilien in Rheinland-Pfalz unterliegt im Zeitverlauf generell Schwankungen. Ab dem Jahr 2008 war zunächst ein Rückgang von 44,2 Prozent auf 41,8 Prozent im Jahr 2009 und auf 40,2 Prozent im Jahr 2010 zu verzeichnen . Danach ist die Armutsrisikoquote der Einelternfamilien auf 46,7 Prozent im Jahr 2011 angestiegen. Im Jahr 2012 ergab sich wiederum ein leichter Rückgang auf 45,2 Prozent. Im Jahr 2013 wurde ein Höchstwert in Höhe von 47,9 Prozent erreicht. Auswirkungen der Änderung des Unterhaltsgesetzes lassen sich nicht anhand der vorliegenden Daten ablesen, da die Entwicklung der Armutsrisikoquoten nicht auf ein bestimmtes singuläres Ereignis zurückgeführt werden kann. Differenzierte Daten zu Armutsrisikoquoten von Einelternfamilien liegen nicht vor. Jedoch ist zu vermuten, dass eine mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Ausbildungs- und Berufsunterbrechungen und auch ausbleibende Unterhaltszahlungen sich insgesamt als ein deutliches Armutsrisiko erweisen können. Im Übrigen verweise ich auf die zitierte Beantwortung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD 16/4779 *). Zu Frage 5: Grundsätzlich ist zur SGB II-Berichterstattung der Bundesagentur für Arbeit festzuhalten, dass hier grundsätzlich kein Personenmerkmal „alleinerziehend“ zur Verfügung steht. Durch die Verknüpfung mehrerer leistungsrelevanter Merkmale, beispielsweise „minderjähriges Kind in der Bedarfsgemeinschaft“ und „kein Partner in der Bedarfsgemeinschaft“ und „Geschlecht“ wird eine Kennzahl „alleinerziehend“ konstruiert. Deshalb stehen für Einelternfamilien, die als „Personen in Bedarfsgemeinschaften“ ausgewertet werden, keine aussagekräftigen Daten im Sinne der Frage 5 zur Verfügung. Zu Frage 6: Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) hat gegenwärtig einen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts und des Unterhaltsverfahrensrechts vorgelegt. Ziel des Referentenentwurfs ist die Vermeidung einer Unterdeckung des sächlichen Existenzminimums beim Mindestunterhalt. Der Mindestunterhalt soll künftig direkt an das Existenzminimum des Kindes angebunden werden. Gegenwärtig ist es zu früh, zu dem Referentenentwurf eine Stellungnahme abzugeben, vielmehr sollte das öffentliche Anhörverfahren zum Gesetzentwurf abgewartet werden. Irene Alt Staatsministerin *) Hinweis der Landtagsverwaltung: Vgl. Drucksache 16/4973.