Drucksache 16/5330 21. 07. 2015 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Matthias Lammert (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Mehrfach- und Intensivtäter in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage 3499 vom 29. Juni 2015 hat folgenden Wortlaut: Eine relativ geringe Anzahl von Mehrfach- und Intensivtätern ist insbesondere im Bereich der Massen- und Straßenkriminalität für einen relativ großen Teil der Straftaten verantwortlich. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Mit wie vielen verübten Straftaten gilt man in Rheinland-Pfalz als Mehrfach- und Intensivtäter? 2. Wie viele Mehrfach- und Intensivtäter sind in Rheinland-Pfalz registriert (bitte aufgegliedert nach Geschlecht, Alter, Staatsangehörigkeiten und zuständige Polizeiinspektionen)? 3. Was für besondere Ermittlungsgruppen gibt es in Rheinland-Pfalz deren Fokus auf auffällige Mehrfach- und Intensivtäter liegt? 4. Werden Mehrfach- und Intensivtäter seitens der Polizei der Fahrerlaubnisbehörde gemeldet, wenn Zweifel an einer Fahreignung aufkommen? Wenn nein, warum nicht? 5. Werden gegen schulpflichtige Mehrfach- und Intensivtäter bei Verstößen gegen die Schulpflicht Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet? Wenn nein, warum nicht? 6. Wie hoch beträgt der finanzielle Schaden, der durch Mehrfach- und Intensivtäter verübt wurde (bitte aufgegliedert für die Jahre 2012, 2013 und 2014)? 7. Werden bei ausländischen Mehrfach- und Intensivtätern aufenthaltsbeendete Maßnahmen durchgeführt? Wenn nein, warum nicht? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 20. Juli 2015 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Die Bekämpfung von Mehrfach- und Intensivtätern in Rheinland-Pfalz steht im Fokus der Polizeibehörden und findet sich bereits seit Jahren in den strategischen Landeszielen sowie den Zielvereinbarungen der Polizeibehörden und -einrichtungen wieder. Vor diesem Hintergrund beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Weder für das gesamte Bundesgebiet, noch für Rheinland-Pfalz existieren für alle Altersspektren und Deliktsbereiche einheitliche und allgemeingültige Definitionen des Mehrfach- und Intensivtäters. Wiederholte Bemühungen, zu einer bundesweit einheitlichen Definition von Mehrfach- und Intensivtätern zu gelangen, verliefen bislang vergeblich. Auch die polizeilichen Gremien konnten sich bisher nicht auf eine solche Definition einigen, zumal ihre Notwendigkeit in der Praxis unterschiedlich bewertet wird. Wesentlich ist, dass alle Polizeibehörden in Rheinland-Pfalz jedoch gewährleisten, dass die Personen, die für einen relativ großen Teil von Straftaten verantwortlich sind, mit besonderen Maßnahmen belegt werden. Hierzu haben die Polizeidienststellen die Tatverdächtigenstrukturen ihres jeweiligen Zuständigkeitsbereichs ausgewertet und darauf basierend eigene Definitionen erarbeitet, Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 27. August 2015 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/5330 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode die sich von Dienststelle zu Dienststelle unterscheiden können. Die Definitionen beinhalten hierbei ein quantitatives und ein qualitatives Element. Das quantitative Element knüpft im Wesentlichen an die Anzahl und die Art der Straftaten an. Hingegen wird beim qualitativen Element auf die Persönlichkeit des Täters abgestellt. Dies ist verbunden mit einer Einzelfallbetrachtung und einer Wiederholungsprognose. Eine reine Fokussierung ausschließlich auf die Zahl der Straftaten wäre unzureichend und würde regelmäßig zu kurz greifen. Die in Rheinland-Pfalz gewählte differenzierte Verfahrensweise zur Bekämpfung von Mehrfach- und Intensivtätern erlaubt es den Polizeibehörden, zielgenau die Tatverdächtigen in den Blick zu nehmen und mit den erforderlichen Maßnahmen zu belegen. Zu Frage 2: Die Polizeipräsidien berichten aktuell über insgesamt rund 600 jeweils auf Grundlage eigener Kriterien eingestufter Mehrfach- und Intensivtäter. Eine vergleichende Darstellung für die einzelnen Polizeiinspektionen wäre wegen der unterschiedlichen Einstufungs - kriterien nicht sachgerecht. Ausgerichtet an der Anzahl der jeweils einem Tatverdächtigen zugerechneten Straftaten weist die nachfolgende Tabelle auf der Basis der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) alle Tatverdächtigen mit mindestens sechs Straftaten im Kalenderjahr aus. Hierzu können sowohl gleichgelagerte als auch unterschiedliche Straftaten gehören. Eine darüber hinausgehende Aufgliederung nach sachbearbeitenden Polizeidienststellen, die bei erwachsenen Mehrfachtätern bei gleicher Person durchaus unterschiedliche Polizeidienststellen betreffen kann, lässt sich aus der PKS nicht vornehmen. Eine nach Herkunftsländern differenzierende Übersicht der Mehrfachtäter, die nur mittels eines noch speziell zu erstellenden Auswerteprogramms möglich wäre, ist in der für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage vorgegebenen Frist nicht darstellbar. Zu Frage 3: Im Zuge der Organisationsfortschreibung bei der Kriminalpolizei in 2012 hat das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur die Aufgabe „täterorientierte und deliktsübergreifende Bekämpfung von Intensiv- und Milieukriminalität bzw. Mehrfachund Intensivtätern unterhalb der Schwelle zur Organisierten Kriminalität“ den Fachkommissariaten 6 bei allen Kriminalinspektionen übertragen. Mit diesem Schritt entfielen die zuvor bei den Polizeipräsidien individuell und temporär eingerichteten Ermittlungsgruppen für diesen Aufgabenbereich. Jugendliche Mehrfach- und Intensivtäter werden darüber hinaus regelmäßig von den Häusern des Jugendrechts und den gemeinsamen Sachgebieten Jugend betreut. Deliktstreue Mehrfach- und Intensivtäter werden innerhalb der deliktisch gegliederten Fachkommissariate bearbeitet. Dies führt dazu, dass lediglich anlassbezogen und orientiert an der örtlichen Lageentwicklung besondere Ermittlungsgruppen zeitlich begrenzt eingerichtet werden. Aktuell existieren solche Ermittlungsgruppen beispielsweise in Montabaur und Neuwied. Der deliktische Schwerpunkt liegt dabei im Bereich der Eigentumskriminalität. Für die Bekämpfung der Eigentumskriminalität durch überregional handelnde, mobile Täter, die ebenfalls als Mehrfach- und Intensivtäter anzusehen sind, werden derzeit bei allen Polizeipräsidien zentrale Ermittlungs- und Auswerteeinheiten eingerichtet. Beispielhaft hierzu ist die „Ermittlungsgruppe Banden-WED“ zu nennen, die seit September 2014 beim Polizeipräsidium Trier erfolgreich arbeitet. Zu Frage 4: Die Polizei ist gemäß § 2 Absatz 12 Straßenverkehrsgesetz verpflichtet, den Fahrerlaubnisbehörden Informationen über Tatsachen zu übermitteln, die auf nicht nur vorübergehende Mängel hinsichtlich der Eignung einer Person zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen lassen. Derartige Zweifel können auch durch Straftaten nicht verkehrsrechtlicher Art begründet werden, insbesondere, wenn sich aus ihnen Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial des Betroffenen ergeben. Die Polizei kommt dieser gesetzlichen Verpflichtung nach. 2 PKS Tab. 221/221A (ab sechs Straftaten) 2010 2011 2012 2013 2014 Kinder 88 75 57 49 40 Jugendliche 526 503 483 425 393 Heranwachsende 506 458 453 444 368 Erwachsene 2 332 2 161 2 191 2 311 2 294 Männlich Gesamt 2 978 2 736 2 746 2 790 2 652 Weiblich Gesamt 474 461 438 439 443 Nichtdeutsch Gesamt 597 560 632 622 614 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/5330 Zu Frage 5: Gemäß § 64 Abs. 1 SchulG sind Schülerinnen und Schüler verpflichtet, regelmäßig am Unterricht und an sonstigen für verbindlich erklärten Schulveranstaltungen teilzunehmen. Sie handeln gemäß § 99 Abs. 1 Nr. 1 SchulG ordnungswidrig, wenn sie dieser Schulbesuchspflicht beharrlich nicht nachkommen. Wenn Schulen eine beharrliche Verletzung der Schulbesuchspflicht feststellen – dies setzt voraus, dass die Schulbesuchspflicht mehrfach verletzt wurde und andere schulische Maßnahmen keinen Erfolg hatten –, zeigen sie dies in der Regel bei der zuständigen Kreis- oder Stadtverwaltung an. Dabei ist es unerheblich, ob es sich bei den Schülerinnen und Schülern um Mehrfach- oder Intensivtäter handelt. Eine Informationspflicht der Schulen gegenüber der Schulbehörde, ob solche Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet werden, besteht nicht. Zu Frage 6: Hierzu liegen der Landesregierung keine Zahlen vor. Zu Frage 7: Bei Mehrfach- und Intensivtätern prüfen die Ausländerbehörden immer, ob im Rahmen des geltenden Rechts aufenthaltsbeendende Maßnahmen möglich sind. Sie können aber nicht in allen Fällen ergriffen bzw. vollzogen werden. In Vertretung: Günter Kern Staatssekretär 3