Drucksache 16/5340 21. 07. 2015 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Martin Brandl (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Integration von Flüchtlingen in Ausbildung und Arbeitsmarkt Die Kleine Anfrage 3502 vom 30. Juni 2015 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Welche zusätzlichen Maßnahmen hat die Landesregierung seit Januar dieses Jahres ergriffen, um jungen Flüchtlingen den Zugang zum Ausbildungsmarkt zu erleichtern? 2. An welchen Berufsschulen werden kurzfristig Deutschkurse bzw. eine zielgruppenspezifische Berufsvorbereitung angeboten? 3. In wie vielen Fällen wurde direkt nach der Ankunft der Flüchtlinge die schulische bzw. berufliche Qualifikation erfasst (Angaben bitte getrennt nach Aufnahmeeinrichtung sowie absoluten und relativen Zahlen)? Das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 21. Juli 2015 wie folgt beantwortet: Zu 1.: Auf Antrag des Landes Rheinland-Pfalz hat der Bundesrat im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens für ein Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung eine Gesetzesänderung zur Schaffung eines Aufenthaltsrechts für jugendliche und heranwachsende Duldungsinhaber, die sich in einer betrieblichen oder schulischen Berufsausbildung befinden oder hierfür eine Ausbildungszusage haben, gefordert (vgl. Bundesratsdrucksachen 642/2/14 und 642/14 [B] ). Im Zuge dieser Beratungen hat der Bundesrat erneut auf das Erfordernis einer Öffnung der Integrationskurse für weitere Zielgruppen hingewiesen (vgl. Bundesratsdrucksachen 642/14 [B] vom 6. Februar 2015 und 302/15 [B] vom 10. Juli 2015). Er hat ferner die große Bedeutung betont, die der Erwerb von Deutschkenntnissen für die Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse hat. Vor diesem Hintergrund seien die Angebote für den Erwerb von Sprachkenntnissen weiter zu öffnen und auszubauen. Der Bundesrat halte daher – aber auch im Hinblick auf die derzeitige Arbeitsmarktsituation und eine Verbesserung der Zugangschancen für Migrantinnen und Migranten – an der Forderung nach Öffnung der Integrationskurse für weitere Personengruppen fest. Er hat entsprechend auf seinen von den Ländern Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Bremen initiierten Gesetzesantrag vom 19. Dezember 2013 zur Öffnung der Integrationskurse verwiesen (vgl. Bundesratsdrucksache 756/13 [B] ). Darüber hinaus wurden folgende arbeitsmarktpolitischen Initiativen ergriffen: – Das Projekt „Neuanfang in Rheinland-Pfalz: Kompetenzen erfassen, Chancen nutzen“ ist eine gemeinsame Initiative des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie, des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen und der Bundesagentur für Arbeit. Bisher wurden in den Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylsuchende zur Bildungsbiografie, zu beruflichen Qualifikationen und anderen Kompetenzen keine Daten erfasst, die für eine Integration in den Arbeitsmarkt relevant sind. Um die bisherige Datenlücke zu schließen, stellt das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie für das Projekt Mittel für zwei Personalstellen pro Erstaufnahmeeinrichtung (insgesamt acht Personalstellen) zur Verfügung (ca. 500 000 Euro im Jahr), das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen stellt die Mittel für die Dolmetscher Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 25. August 2015 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/5340 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode 2 beziehungsweise Sprachmittler. Die Bundesagentur für Arbeit stellt für jede Aufnahmestelle für Asylsuchende im Land eine zusätzliche Mitarbeiterin oder einen zusätzlichen Mitarbeiter ein und kümmert sich darüber hinaus um die Infrastruktur und das Arbeitsmaterial. Ziel des Projekts ist es, auf Grundlage der erfassten Daten Asylsuchende möglichst frühzeitig und passgenau auf eine Integration in den Arbeitsmarkt vorzubereiten. Seit dem 15. Juni 2015 finden in der Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (Afa) in Trier in der Regel vier Mal in der Woche Informationsveranstaltungen zum Thema Arbeiten in Deutschland statt. Im Anschluss an die Informationsveranstaltungen werden Befragungen zur Kompetenzerfassung angeboten. Die Daten werden dann in das System der Bundesagentur für Arbeit eingepflegt und stehen auch den Jobcentern zur Verfügung. Die weitere Beratung der Asylsuchenden findet im Anschluss an die Erfassung der beruflichen Kompetenzen durch die Agentur für Arbeit beziehungsweise den Jobcentern statt. Die Teilnahme am Projekt ist freiwillig, niemand wird abgewiesen. Die Prioritäten liegen jedoch auf denjenigen Personen, die schulische und berufliche Qualifikationen mitbringen und bei denen eine hohe Bleiberechtswahrscheinlichkeit besteht. Im besten Fall verfügen die Betroffenen bereits über Sprachkenntnisse in Deutsch, Englisch oder Französisch. – Die Landesregierung arbeitet außerdem mit der Bundesagentur für Arbeit beim Projekt „Flüchtlingsnetzwerker“ zusammen. Hier haben das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung, die Handwerkskammern und die Bundesagentur für Arbeit das Programm „Coach für betriebliche Ausbildung“ um ein Angebot für Flüchtlinge erweitert. Insgesamt vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Handwerkskammern werden ab August 2015 ausbildungsinteressierte Flüchtlinge auf dem Weg in eine Hospitation oder in ein duales Ausbildungsverhältnis im Handwerk begleiten. – Auch die Welcome Center Rheinland-Pfalz, die seit März 2015 bei den Industrie- und Handelskammern angesiedelt sind, stehen Flüchtlingen als Anlaufstelle, beispielsweise bei Fragen zu Ausbildung und Anerkennung von Berufsabschlüssen, zur Verfügung. – Derzeit wird außerdem ein weiteres Projekt zur Orientierung und Qualifizierung von Flüchtlingen vorbereitet. Dieses Projekt richtet sich an Flüchtlinge, die sich vorstellen können, künftig im Gesundheits- und Pflegebereich tätig zu sein. Gemeinsam mit dem Jobcenter Mayen-Koblenz sowie der Rhein-Mosel-Fachklinik – als einer der möglichen künftigen Arbeitgeber – wurde daher ein Projekt zur Orientierung und Qualifizierung von Flüchtlingen im Gesundheitssektor initiiert. Im Fokus des Projekts steht die berufliche Orientierung der Flüchtlinge. Sie bekommen im Rahmen des Projekts die Möglichkeit, das deutsche Gesundheitswesen kennen zu lernen und im Gegenzug lernen Arbeitgeber im Gesundheitswesen potenzielle neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kennen. Die Sprache als Basismodul und das Erlernen von Fachbegriffen bilden neben Theorie über die Kranken- und Altenpflege in Deutschland und Hospitationen einen Schwerpunkt des Projekts. Die Praktikums- und Arbeitsstellen können entsprechend der individuellen Belange der Menschen ausgewählt werden. Die Flüchtlinge und die potenziellen Arbeitgeber werden während des gesamten Projekts betreut . Projektstart wird im September 2015 sein. Zu 2.: An berufsbildenden Schulen erfolgen berufsvorbereitende Maßnahmen in der Regel im Berufsvorbereitungsjahr. Junge Flüchtlinge , die das Berufsvorbereitungsjahr besuchen, erhalten zusätzlich eine intensive Sprachförderung im Umfang von 15 bis 20 Stunden pro Woche. Folgende berufsbildende Schulen bieten Sprachkurse an: ADD Berufsbildende Schulen 1. Koblenz BBS TGHS Bad Kreuznach 2. Trier BBS Idar-Oberstein 3. Trier BBS Helenenberg 4. Neustadt BBS Kaiserslautern 5. Neustadt BBS Speyer 6. Neustadt BBS Mainz I 7. Neustadt BBS Landau 8. Neustadt BBS Bad Dürkheim 9. Neustadt BBS T2 Ludwigshafen 10. Neustadt BBS H/W Ludwigshafen 11. Neustadt BBS Südliche Weinstraße Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/5340 Zu 3.: Das Projekt „Neuanfang in Rheinland-Pfalz: Kompetenzen erfassen, Chancen nutzen“ läuft derzeit in der Erstaufnahmeeinrichtung in Trier. Seit dem Start am 15. Juni 2015 wurden 14 Informationsveranstaltungen mit insgesamt 276 Teilnehmerinnen und Teilnehmern durchgeführt. An der freiwilligen Befragung und Erfassung von schulischen und beruflichen Daten haben bis zum 10. Juli 2015 70 Personen teilgenommen. Die meisten von ihnen kommen aus Syrien und sind männlich. Etwa die Hälfte hat im Heimatland ein Studium absolviert. Der Großteil wurde in den 1980er und 1990er Jahren geboren. Für die Aufnahmeeinrichtung in Ingelheim ist der Start noch im Sommer 2015 vorgesehen. Sabine Bätzing-Lichtenthäler Staatsministerin 3