LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode b. w. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 26. August 2015 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Thomas Weiner (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Interregionale Sprachlern-Plattform Die Kleine Anfrage 3496 vom 26. Juni 2015 hat folgenden Wortlaut: Nach der IPR-Versammlung in Namur/Belgien wurden Teilnehmern die 4-sprachige wallonische Internetplattform „Wallangues“ vorgestellt, die den 3,5 Millionen Bürgern der Wallonie online den Erwerb von Französisch, Englisch, Deutsch und Niederländisch ermöglicht – vom Sprachniveau A 1 bis C 2. Ergänzend werden regionale Anwenderforen und Treffen organisiert. Die Erweiterung der Plattform um eine fünfte Sprache ist in Vorbereitung. Ich frage die Landesregierung: 1. Wie bewertet die Landesregierung diese Sprachlernplattform? 2. Sieht die Landesregierung eine Möglichkeit, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit den Volkshochschulen, für die Bürger in Rheinland-Pfalz oder in Abstimmung mit den Entscheidungsträgern der Nachbarländer im gesamten IPR-Raum diese Sprachlernplattform zu übernehmen oder ein ähnliches Angebot einzurichten, bei dem die Sprachen der Großregion online erlernbar sind? 3. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass ein solches Angebot z. B. für Körperbehinderte, für Bürger im ländlichen Raum, für Berufstätige im Schichtbetrieb – die an der Teilnahme von VHS Kursen gehindert sind – eine gute Möglichkeit der sprachlichen Weiterbildung bietet und damit der beruflichen Chancen verbessert? 4. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass eine solche Sprachlernplattform einen wichtigen Beitrag leisten kann, die Großregion stärker zu vernetzen und die Kommunikation der Bevölkerung in der Großregion zu erleichtern? 5. Wie beurteilt die Landesregierung die Möglichkeit, eine solche Sprachlernplattform beispielsweise mit türkisch, russisch und anderen Sprachen zu erweitern, um den Spracherwerb und die Integration der in Deutschland lebenden Migranten zu verbessern – insbesondere auch der Frauen? 6. Wie beurteilt die Landesregierung die Möglichkeit dieses Systems, um den Spracherwerb von Flüchtlingen z. B. aus Syrien zu beschleunigen und damit die berufliche Integration zu erleichtern? 7. Welche Schritte wird die Landesregierung ergreifen, um eine solche Sprachlernplattform baldmöglichst zu realisieren? Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 21. Juli 2015 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Zu unterschiedlichen Themenfeldern (Sprachen, EDV, kaufmännische Aus- und Weiterbildung usw.) stehen im Internet zahlreiche Lernplattformen zur Verfügung. Das sind in der Regel webbasierte Lernumgebungen, die Werkzeuge zur Erstellung und Kommunikation von Lerninhalten sowie zur Koordination von Lernangeboten mit Feedback-Möglichkeiten für die Lernenden bis hin zu Beurteilungen der Lernleistungen enthalten. Lernplattformen werden häufig kommerziell betrieben, teilweise auch öffentlich gefördert. Der Einsatz dieser Lernplattformen kann neben dem individuellen Selbststudium auch flankierend zu Präsenzveranstaltungen der Weiterbildung zur Unterstützung bzw. Vertiefung der Lernprozesse stattfinden. Die Landesregierung erachtet Sprachlernplattformen als sinnvoll und hilfreich, wenn diese methodisch-didaktisch ausgereift und auf die Bedürfnisse und Anforderungen der jeweiligen Zielgruppe abgestimmt sind. Die wallonische Sprachlernplattform ist ausgerichtet auf Anforderungen und Fragestellungen der Lernenden in der Wallonie. Drucksache 16/5343 21. 07. 2015 Drucksache 16/5343 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu den Fragen 2 und 7: In einer Übernahme der wallonischen Sprachlernplattform für Lernerinnen und Lerner in Rheinland-Pfalz ist derzeit im Vergleich zu bereits bestehenden Angeboten kein Vorteil zu erkennen. Zu Frage 3: Die Landesregierung sieht in e-learning-Angeboten, ob sie nun als blended-learning oder ausschließlich webbasiert stattfinden, für die angesprochenen Personengruppen grundsätzlich eine gute Möglichkeit, sich zeit- und ortsunabhängig weiterzubilden. Voraussetzung ist dabei allerdings, dass diese Weiterbildungen in der Auswahl ihrer Inhalte, Methoden (z. B. Diskussionen in Foren, Simulationen, Tests) sowie gegebenenfalls einer tutoriellen Begleitung an den Voraussetzungen und dem Weiterbildungsbedarf der Lernerin bzw. des Lerners orientiert sind. Zu Frage 4: Die wechselseitige Förderung der „Sprache des Nachbarn“ ist ein wichtiges Fundament für die gute Zusammenarbeit in der Großregion , denn Sprache gehört zu den Schlüsselkompetenzen, die für das Zusammenleben und Zusammenarbeiten in den europäischen Grenzregionen und in Europa unabdingbar sind. Die kontinuierliche Verbesserung der gegenseitigen Kenntnis der Menschen und ihrer Kulturen sowie der „Sprache des Nachbarn“ trägt zu einer größeren Akzeptanz und zu mehr Verständnis bei. Die Möglichkeiten, die „Sprache des Nachbarn“ in einer Großregion zu lernen, sind ebenso vielfältig wie zahlreich. In Kindertagesstätten , Grundschulen und weiterführenden Schulen wird der Spracherwerb von klein auf gefördert. Daneben gibt es ein großes Angebot von Sprachkursen verschiedener Träger, die sich an unterschiedliche Zielgruppen wenden. Eine Sprachenlernplattform wie die 4-sprachige wallonische Internetplattform „Wallangues“ ist dabei ein Angebot unter vielen im Internet angebotenen Sprachlernplattformen . Zu Frage 5: Belgien verfügt über drei Amtssprachen und bietet seinen Bürgerinnen und Bürgern verschiedene Möglichkeiten an, diese zu erlernen. In der Bundesrepublik Deutschland ist Deutsch die einzige Amtssprache, die Beherrschung der deutschen Sprache ist daher der Schlüssel zur sozialen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Integration. Zielgruppenspezifische Sprachlernangebote können auch durch Lernplattformen unterstützt werden (z. B. das kostenfreie Portal www.ich-will-deutsch-lernen.de des Deutschen Volkshochschulverbandes, das seitens des BMBF gefördert wird). Dabei ist jedoch im Einzelfall zu prüfen, ob ihr Einsatz aus erwachsenenpädagogischer Sicht zielführend ist. Zu berücksichtigen sind dabei insbesondere die jeweiligen Lernziele, das Lernsetting sowie die Voraussetzungen der Teilnehmenden. Zu Frage 6: Rheinland-Pfalz bietet seit 2015 speziell für Flüchtlinge Sprach- und Orientierungskurse an, wobei das Besondere an diesen Kursen der Empowermentansatz ist, d. h. Lebensweltorientierung, Alltagsbezug und Bedarfsorientierung stehen hier im Vordergrund. Zentrale Bestandteile dieser Sprachkurse sind neben der tatsächlichen Erfahrung von Selbstwirksamkeit auch Exkursionen und Besuche von lokalen Schlüsselpersonen in den Kursen. Diese Lernsettings leisten relevante Beiträge zum Orientierungswissen und tragen entscheidend zur Erleichterung von Partizipation am Gemeinwesen, am Ausbildungssystem und an der Arbeitswelt bei. Eine reine Online-Plattform kann dies nicht abbilden. In Vertretung: Prof. Dr. Thomas Deufel Staatssekretär