LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode b. w. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 26. August 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Dorothea Schäfer und Andreas Biebricher (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Anstehende Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes Die Kleine Anfrage 3508 vom 3. Juli 2015 hat folgenden Wortlaut: Wir fragen die Landesregierung: 1. Wie bewertet die Landesregierung die bisher öffentlich gewordenen Inhalte der Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes? 2. Wie stellt sich die Notwendigkeit einer Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes für Rheinland-Pfalz dar? 3. Wie bewertet die Landesregierung den Vorschlag, weitere Bundesmittel zur Stellenver steti gung und Schaffung von Karrierewegen in der Wissenschaft projektbezogen statt pauschal zu gestalten? 4. Welche Programme hat die Landesregierung in den vergangenen vier Jahren aufgelegt, um die Hochschulen darin zu unterstützen, Karrieremöglichkeiten in der Wissenschaft sowie Stellenverstetigungen zu ermöglichen? Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 22. Juli 2015 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Die Zahl der befristet beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den deutschen Hochschulen, vor allem an den Universitäten , ist höher als in vielen anderen Bereichen. Hinzu kommt, dass die Hälfte der Arbeitsverträge eine Laufzeit von unter einem Jahr hat. Die aktuelle Rechtslage ist unbefriedigend und bedarf Änderungen, die sowohl für Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen Handlungsspielräume eröffnen als auch faire Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen für das Personal an diesen Einrichtungen sichern. Es gibt einen breiten Konsens in Deutschland, dass die Hochschulen auf das Instrument der Befristung angewiesen sind. Drei Gründe: 1. In der Wissenschaft kommt es stetig zu Umbrüchen. Einzelne Forschungsstränge haben sich erschöpft und neue eröffnen sich. 2. Ein Großteil der Beschäftigten qualifiziert sich auf befristeten Stellen mit dem Ziel, danach eine berufliche Perspektive außerhalb der Hochschule zu suchen. Das Instrument der Befristung in der Qualifizierungsphase ist daher angemessen und erhält zudem die erforderliche hohe Dynamik und Mobilität in der Wissenschaft. 3. In zeitlich befristeten Projekten, in denen auch die finanziellen Mittel nur für einen gewissen Zeitraum bereitstehen, können Befristungen gerechtfertigt sein. Studien belegen allerdings die oftmals sehr kurze Laufzeit von Arbeitsverträgen. Dem entgegen muss sichergestellt werden, dass ein Qualifizierungsziel, etwa eine Promotion, innerhalb des Befristungszeitraums erreicht werden kann. Drucksache 16/5347 22. 07. 2015 Drucksache 16/5347 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD haben am 2. Juli 2015 Eckpunkte zur Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes veröffentlicht. Unsachgemäße Befristungen in der Wissenschaft sollen demnach unterbunden werden. Zentrale Inhalte sind: 1. In der Qualifizierungsphase, z. B. der Promotion, soll sich die Befristungsdauer künftig an dem für die Qualifizierung erforderlichen Zeitbedarf orientieren. 2. Eine sachgrundlose Befristung soll nur dann zulässig sein, wenn das Arbeitsverhältnis zumindest auch der wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung dient. Befristetes Personal, das keine solche Qualifizierung anstrebt, soll keine Daueraufgaben wahrnehmen. Darüber hinaus soll die Betreuung von Kindern (auch Stief- und Pflegekindern) den zulässigen Befristungsrahmen (von zwölf bzw. 15 Jahren) verlängern und Tätigkeiten während des Studiums ohne Anrechnung bleiben. Die Landesregierung unterstützt diese Erwägungen grundsätzlich. Diese können dazu beitragen, die Arbeitsbedingungen vor allem für den wissenschaftlichen Nachwuchs spürbar zu verbessern und Missbrauch zu unterbinden. Entscheidend wird nun die gesetzliche Umsetzung dieser Ziele sein. Die Landesregierung wird den entsprechenden Gesetzesentwurf der Bundesregierung, der den Ländern am 15. Juli 2015 zugeleitet wurde, genau prüfen. Zu Frage 2: Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz als Bundesgesetz beeinflusst in erheblichem Maße die Beschäftigungsverhältnisse an rheinlandpfälzischen Hochschulen. Die Landesregierung hat in den letzten Jahren verschiedene Initiativen ergriffen, um die Beschäftigungsbedingungen an den hiesigen Hochschulen zu verbessern (siehe Antwort zu Frage 4). Die Befristungsquoten sind an rheinlandpfälzischen Hochschulen daher etwas niedriger als im Bundesdurchschnitt, sie sind aber bei weitem noch nicht zufriedenstellend. Aktivitäten auf Landesebene können aber den angesprochenen Regelungsbedarf auf Bundesebene nicht kompensieren. Zu Frage 3: Die Landesregierung begrüßt ausdrücklich, dass Bund und Länder gemeinsam mehr Planbarkeit und Transparenz bei den Karrierewegen herstellen möchten. Damit wird ein Vorschlag des Wissenschaftsrates aufgegriffen, den auch das Land Rheinland-Pfalz mitgetragen hat. Aus Sicht des Landes werden Verbesserungen angestrebt, die eine große Breitenwirkung entfalten. Ein zeitlich befristetes Engagement der Bundesregierung reicht hierfür nicht aus, da die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses eine Daueraufgabe ist. Die Länder sind sich einig, dass für das Wissenschaftssystem in Deutschland nachhaltig wirkende Lösungen gebraucht werden. Um eine solche längerfristige Zusammenarbeit von Bund und Ländern im Wissenschaftsbereich zu ermöglichen, wurde im Dezember 2014 das Grundgesetz geändert. Zu Frage 4: Die Landesregierung hat in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Maßnahmen gestartet und Initiativen ergriffen, die die Beschäftigungsbedingungen des Hochschulpersonals verbessern und insbesondere jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bessere Karrieremöglichkeiten bieten sollen. Dies sind zum Beispiel: – Mehr Dauerstellen an den Hochschulen in Rheinland-Pfalz: Die Landesregierung hat seit dem Jahr 2014 300 zusätzliche Dauerstellen an den rheinland-pfälzischen Hochschulen geschaffen. Von den 200 zusätzlichen Dauerstellen, die das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur im Februar 2015 mit den Hochschulen vereinbart hat (25 Mio. Euro-Programm im Rahmen der BAföG-Entlastung), wurden etwa 100 Stellen von den Hochschulen zur Umwandlung von befristeten Stellen in unbefristete genutzt. Darüber hinaus hat die Landesregierung den Hochschulen die Möglichkeit eingeräumt, in einem sinnvollen Umfang auch aus befristeten Mitteln (Drittmitteln) Dauerstellen zu schaffen. Rund 60 Dauerstellen konnten bereits eingerichtet werden. – Gute Beschäftigungsbedingungen an den Hochschulen in Rheinland-Pfalz: In den im Februar 2015 abgeschlossenen Zielvereinbarungen haben sich alle Hochschulen verpflichtet, noch in diesem Jahr Leitlinien für gute Beschäftigungsbedingungen zu beschließen. Darin sollen Standards zu einem sachgerechten und fairen Umgang mit Befristungen, einer angemessenen Dauer von Verträgen, zur Familienfreundlichkeit und zur Personalentwicklung enthalten sein. Davon wird der wissenschaftliche Nachwuchs ganz wesentlich profitieren. – Planbare, verlässliche Karrierewege an den Hochschulen in Rheinland-Pfalz: Es ist ein wichtiger Schritt, dass die Universitäten mit Unterzeichnung der Zielvereinbarungen zugesagt haben, künftig verstärkt Juniorprofessuren mit Tenure-Track-Option einzurichten. Ziel ist, dass in Zukunft jede zweite Juniorprofessorin bzw. jeder zweite Juniorprofessor eine Zusage auf eine Dauerstelle bei erfolgreicher Evaluation der Leistungen erhält. Damit wird ein wichtiger Kulturwandel an den rheinland-pfälzischen Universitäten eingeleitet. Vera Reiß Staatsministerin