Drucksache 16/5377 27. 07. 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Simone Huth-Haage und Hedi Thelen (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen Studie der Bertelsmann-Stiftung zur Lohneinkommensentwicklung 2020 Die Kleine Anfrage 3541 vom 3. Juli 2015 hat folgenden Wortlaut: Im Juni 2015 veröffentlichte die Bertelsmann-Stiftung eine Studie zur Lohneinkommens entwicklung bis 2020. Laut dieser Studie beläuft sich die Einkommenssteigerung bei Kinderlosen bis 2020 auf circa 2 000 Euro, während das Einkommen von Paaren mit Kindern nur um durchschnittlich 1 650 Euro steigt. Bei Alleinerziehenden wird der Einkommens zu wachs noch geringer ausfallen. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie bewertet die Landesregierung die Ergebnisse der Bertelsmann-Studie insbesondere im Hinblick auf die prognostizierte Divergenz der Einkommenssteigerung bei Kinderlosen und Familien mit Kindern? 2. Welche Ursachen liegen dieser Entwicklung nach Ansicht der Landesregierung zugrunde? 3. Welche familienpolitischen Entscheidungen hält die Landesregierung für notwendig, um die Gehaltslücke zwischen Kinderlosen und Familien zu reduzieren? 4. Welche Initiativen hat die Landesregierung in den vergangenen vier Jahren ergriffen, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken? Das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 23. Juli 2015 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1 und 2: Die prognostizierte ungleiche Einkommensentwicklung von Kinderlosen einerseits und Menschen mit Kindern andererseits ist als besorgniserregend zu bezeichnen. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die angenommene besonders ungünstige Einkommensentwicklung von Alleinerziehenden. Bereits heute steigt die Armutsgefährdungsquote mit jedem weiteren Kind an, besonders häufig von Armut betroffen sind Alleinerziehende. Eine auch künftig unterschiedliche Einkommensentwicklung erhöht daher das ohnehin schon vorhandene hohe Armutsrisiko dieser Haushalte zusätzlich. Dies ist in sozialpolitischer Hinsicht auch deshalb als besonders negativ zu bewerten, weil Paare und Alleinerziehende mit Kindern sowohl einen Beitrag zur Stabilisierung der demografischen Entwicklung , als auch einen generativen Beitrag zur Finanzierung der Sozialversicherungssysteme leisten. Die Studie kommt schlüssigerweise zu dem Ergebnis, dass die niedrigeren Zuwächse sowohl bei Paaren mit Kindern als auch bei den Alleinerziehenden damit zu begründen sind, dass die Einkommen der erwerbstätigen Haushaltsmitglieder auf weitere Haushaltsmitglieder verteilt werden, die ihrerseits nicht selbst zum Unterhalt des Haushalts beitragen können. Als weiteren Grund sieht die Studie, dass ein überdurchschnittlich hoher Anteil der erwerbstätigen Alleinerziehenden im Einzelhandel sowie im Gesundheits- und Sozialwesen beschäftigt ist und damit in Branchen mit generell unterdurchschnittlichen Zuwächsen bei den Bruttostundenlöhnen. In Branchen, die typischerweise hohe Lohnzuwächse aufweisen, sind hingegen weniger Alleinerziehende tätig. Aus arbeits- bzw. beschäftigungspolitischer Sicht ist daher zum einen zu prüfen, welche Möglichkeiten bestehen, um auch solche Wirtschaftszweige stärker für Paare mit Kindern und insbesondere auch Alleinerziehende zu öffnen, die typischerweise höhere Einkommenszuwächse aufweisen. Dies bedeutet, dass die Betriebe in diesen Branchen gezielt zusätzliche Anstrengungen unternehmen Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 28. August 2015 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/5377 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode müssen, um eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie herzustellen. Zum anderen stellt sich die Frage, welchen Anpassungsbedarf Menschen aus den genannten Personengruppen hinsichtlich ihrer Qualifikationen haben. Denn damit für diese eine reelle Chance besteht, in Branchen mit einer günstigeren Einkommensentwicklung Fuß zu fassen, müssen sie natürlich in das jeweilige Qualifikationsprofil passen. Daher bedarf es hier der Unterstützung bei der beruflichen Weiterentwicklung, wobei die entsprechenden Angebote ihrerseits mit den familiären Aufgaben vereinbar sein müssen. In diesem Zusammenhang ist es als bedauerlich zu bezeichnen, dass viele Jobcenter aufgrund geringerer Teilnehmerzahlen immer weniger Maßnahmen speziell für diese Zielgruppe anbieten. Zu Frage 3: Die Entwicklung von Gehältern ist ausschließlich eine Frage der Tarifpolitik und damit der Tarifvertragsparteien. Da die Landesregierung die Tarifvertragsfreiheit achtet, hat sie keinerlei Instrumente, um Gehaltslücken selbst zu schließen. Allerdings setzt sie darauf, dass die Tarifvertragsparteien Wege finden, die in der Studie aufgezeigte steigende Ungleichheit zu bremsen oder sogar zu verringern. Dazu gehört auch der Abbau der Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern, von dem insbesondere alleinerziehende Frauen betroffen sind. Generell sieht es die Landesregierung zudem als wichtig an, die Steuer- und Transfersysteme stärker auf Kinder auszurichten. Die Gesamtevaluation der ehe- und familienbezogenen Maßnahmen und Leistungen in Deutschland, die die Bundesregierung im vergangenen Jahr veröffentlicht hat, hat deutliche Hinweise darauf gegeben, dass die steuerliche Entlastung von Familien zu sehr ehebezogen ist und zu wenig kindbezogen. Aus Sicht der Landesregierung wäre es daher sinnvoll, die bestehenden Instrumente auf Bundesebene so weiter zu entwickeln, dass durch Leistungen für Kinder deren Existenzminimum gesichert ist. Das muss gleichermaßen für alle Kinder gelten. Zu Frage 4: Das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen hat 2014/2015 als Reaktion auf die Veröffentlichung der Gesamtevaluation der ehe- und familienbezogenen Maßnahmen und Leistungen in Deutschland eine Beschlussfassung der Jugendund Familienministerkonferenz der Länder initiiert, die sich mit monetären Leistungen für Familien befasst. Darin haben erste Überlegungen einstimmig Eingang gefunden, die aus Sicht der Landesregierung in die richtige Richtung gehen. Zu nennen sind beispielhaft die Entwicklung von Kinderfreibetrag und Kindergeld in Richtung einer existenzsichernden Leistung für Kinder, die Umgestaltung des Freibetrags von Alleinerziehenden in einen Steuerabzug, sodass alle Alleinerziehenden gleichermaßen davon profitieren, und Verbesserungen beim Kinderzuschlag. Darüber hinaus hat die Landesregierung aktuell Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig darin unterstützt, dass im Zuge der Beratung des Gesetzes zur Anhebung des Grundfreibetrags, des Kinderfreibetrags, des Kindergeldes und des Kinderzuschlags der Freibetrag für Alleinerziehende – gegen den Widerstand von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble – erhöht wird. Ebenfalls hat sich die Landesregierung dafür eingesetzt, dass im Gesetzgebungsverfahren die Höchsteinkommensgrenze beim Kinderzuschlag abgeschafft und der Kinderzuschlag zeitgleich mit den Regelsätzen erhöht wird. Da der Kinderzuschlag laut Gesamtevaluation ein wirkungsvolles Instrument ist, um Armut zu verhindern, hätte dieser effizienter gestaltet werden können, wenn sich nicht der Bundesfinanzminister widersetzt hätte. Ferner setzt sich die Landesregierung für eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein, weil in der Regel immer die Entscheidung für Kinder mit einer Verringerung von Familieneinkünften einhergeht. Besonders betroffen sind hier Mehrkinderfamilien und Einelternfamilien, wie auch aus der Beantwortung der Großen Anfragen der Fraktion der CDU zur Situation kinderreicher Familien in Rheinland-Pfalz – Drucksache 16/4570 und der Großen Anfrage der Fraktion der SPD zur Situation der Alleinerziehenden in Rheinland-Pfalz – Drucksache 16/4779 – hervorgeht. Irene Alt Staatsministerin