Drucksache 16/5381 28. 07. 2015 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 28. August 2015 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Michael Wäschenbach (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung Neubau der Stromtrasse im WK 1 Die Kleine Anfrage 3531 vom 3. Juli 2015 hat folgenden Wortlaut: Die Firma Amprion plant den Neubau einer 380-kV-Höchstspannungsfreileitung Kruckel – Dauersberg, zu der jetzt der Planfeststellungsbeschluss der SGD Nord vorgelegt wurde. Betroffen sind die Orte Alsdorf, Mudersbach und Brachbach. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie sind die Aktionspläne und Handlungsempfehlungen der „Reformkommission Bau von Großprojekten“ des Bundesminis - teriums für Verkehr und Infrastruktur berücksichtigt worden? 2. Wie wurden die Ergebnisse der Enquete-Kommission 16/2 „Aktive Bürgerbeteiligung für eine starke Demokratie“ im Beteiligungs - und Genehmigungsprozess angewendet? 3. In welcher Form greift die Landesregierung die Entscheidung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie auf in der es heißt: „Wir nehmen die Sorgen der Menschen beim Ausbau der Freileitungen ernst und passen deshalb den Netzausbau an: Von nun an bekommen bei neuen Gleichstromtrassen Erdkabel den Vorrang vor Freileitungen“? 4. Wie bewertet die Landesregierung die Bewertungen der SGD Nord im Planfeststellungsbeschluss in Bezug auf die Wertungsfaktoren und Relationen der Beeinträchtigungen von Menschen, Tieren und Natur? 5. Wie steht die Landesregierung zur Feststellung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger, dass Trassenvarianten, die für die Menschen verträglicher sind, gegenüber den Antragstrassen von Amprion als „eindeutig vorzugswürdig“ sind? 6. Wurden Raumordnungsverfahren durchgeführt und welche notwendige Bürgerbeteiligung gab es in diesem frühen Stadium? 7. In welcher Form wurden konkret die Bestimmungen des § 25 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) durch die Behörde angewendet ? Das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 27. Juli 2015 wie folgt beantwortet: Die Struktur und Genehmigungsdirektion Nord hat am 26. Juni 2015 den Planfeststellungsbeschluss für die Errichtung und den Betrieb der 380-Kilovolt-Höchstspannungsfreileitungen Dortmund (Kruckel) – Dauerberg und Abzweig Pkt. Mudersbach – Eiserfeld jeweils für die rheinland-pfälzischen Abschnitte erteilt. Dem Planfeststellungsverfahren ging ein Raumordnungsverfahren voraus, welches mit raumordnerischem Entscheid vom 20. Januar 2012 abgeschlossen wurde und der Vorhabenträgerin die vertiefte Untersuchung mehrerer Trassenvarianten auferlegt hat. Die Raumverträglichkeit der Trasse im vorhandenen Trassenraum bestehen - der 110- und 220-kV-Freileitungen wurde zugleich grundsätzlich bestätigt. Der rheinland-pfälzische Abschnitt der 380-KilovoltHöchspannungsfreileitung Dortmund (Kruckel) – Dauerberg ist 13 km lang, während der rheinland-pfälzische Abschnitt des 380- Kilo volt-Abzweigs Pkt. Mudersbach – Eiserfeld eine Länge von 2,7 km aufweist. Das Vorhaben umfasst den Neubau von insgesamt 55 Masten und den Rückbau von 166 Masten. Die geplanten Höchstspannungsfreileitungen werden jeweils mit Wechselstromleitung betrieben. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Am 29. Juni 2015 hat die „Reformkommission Bau von Großprojekten“ des Bundesministeriums für Verkehr und Infrastruktur (BMVI) ihren Abschlussbericht mit Handlungsempfehlungen für Politik, Wirtschaft und Verwaltung vorgelegt. Die Handlungs- Drucksache 16/5381 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode empfehlungen richten sich an alle, die an der Planung und Realisierung von Großprojekten durch staatliche Stellen beteiligt sind. Darin finden sich auch Aspekte der Bürgerbeteiligung. Es ist noch näher zu erarbeiten, inwieweit diese Empfehlungen künftig auf private Großprojekte, etwa Stromleitungen, übertragen werden können. Zu Frage 2: Über die formellen Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung im Planfeststellungsverfahren hinaus, die Rechts- und Planungssicherheit herbeiführen, wird von der Enquete-Kommission 16/2 „Aktive Bürgerbeteiligung für eine starke Demokratie“ empfohlen , dass die Kommunen und der Vorhabenträger vor und parallel zum klassischen Verwaltungsverfahren informelle Bürgerbeteiligung ermöglichen. Entsprechende informelle Beteiligungen haben stattgefunden. In diesem Sinne hat die Vorhabenträgerin noch vor Antragstellung in den betroffenen Kommunen Informationsveranstaltungen abgehalten und die Vertreter der betroffenen Kommunen über das geplante Vorhaben unterrichtet. Auch sind alle unmittelbar vom Vorhaben betroffenen Eigentümer noch vor der Beantragung der Planfeststellung über das geplante Vorhaben schriftlich informiert worden. Zu Frage 3: Der Fragesteller zitiert die energiepolitische Grundsatzentscheidung, die der Koalitionsausschuss der Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD am 1. Juli 2015 getroffen hat. Beim Ausbau des Stromnetzes sollen bei neuen Gleichstromleitungen Erdkabel Vorrang vor Freileitungen bekommen. Diese Grundsatzentscheidung ist derzeit eine Absichtserklärung der Koalitionspartner, die noch der Umsetzung in geltendes Recht bedarf. Unabhängig davon hat eine solche Änderung für Wechselstromleitungen auf bestehenden Trassen keine Relevanz. Zu Frage 4 und 5: Die Planfeststellungsbehörde ist verpflichtet, die gegenüber der Antragstrasse ernsthaft in Betracht kommenden Planungsalternativen zu ermitteln, zu bewerten und im Verhältnis zueinander zu gewichten. Dabei ist der Trassenführung der Vorzug einzuräumen, welche die betroffenen Bürger sowie Natur und Landschaft am wenigsten beeinträchtigt und dem Vorhabenträger gleichzeitig zuzumuten ist. Im Rahmen dieser Prüfung wurde festgestellt, dass einige der vorgetragenen Planungsvarianten hinsichtlich des Schutzgutes Mensch günstiger einzustufen sind als die Antragstrasse. Gleichzeitig ist mit diesen Varianten durch die stärkere Inanspruchnahme von Waldflächen ein deutlich größerer Eingriff für die Schutzgüter Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt als mit der Antragstrasse verbunden. Es war daher abzuwägen, ob die durch eine siedlungsfernere Trassierung erreichte Entlastung für das Schutzgut Mensch die stärkere Inanspruchnahme von Naturräumen mit ihren negativen Folgen für Natur und Landschaft rechtfertigen kann, wobei diese Neutrassierung auch zur Inanspruchnahme von privaten Grundstücken führen würde, die bisher nicht durch bereits bestehende Leitungen vorbelastet sind. Im Hinblick darauf, dass die von den bereits bestehenden Leitungen belasteten Grundstücke in ihrer Schutzwürdigkeit gemindert sind und die Vorsorgewerte für elektromagnetische Felder für die Anwohner sicher eingehalten werden, hat die Planfeststellungsbehörde die vorgeschlagenen Trassenvarianten gegenüber der Antragstrasse als nicht vorzugswürdig eingestuft. Die Landesregierung bewertet die Abwägung und das gefundene Ergebnis als sachgerecht. Zu Frage 6: Im Zuge des der Planfeststellung vorgelagerten Raumordnungsverfahrens fand mit den Trägern öffentlicher Belange ein Erörterungstermin statt, bei dem die von den Ortsgemeinden Alsdorf und Mudersbach im Interesse der dortigen Einwohner vorgetragenen Varianten ausführlich thematisiert worden sind. Die Raumordnungsbehörde hat die Hinweise der Ortsgemeinden aufgegriffen und der Vorhabenträgerin auferlegt, dass die alternativen Leitungsverläufe einer näheren Betrachtung zu unterziehen sind. Zu Frage 7: Durch § 25 Abs. 3 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz, welches am 7. Juni 2013 in Kraft getreten ist, wurden Planfeststellungsbehörden verpflichtet, bei den künftigen Antragstellern in geeigneter Form auf die Durchführung der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung hinzuwirken. Im Einzelnen sieht die Regelung vor, dass Vorhabenträger die betroffene Öffentlichkeit zu einem frühen Zeitpunkt, möglichst vor Stellung eines Antrages auf Planfeststellung oder auf Erteilung einer Genehmigung, über die Ziele des geplanten Vorhabens, die Mittel es zu verwirklichen sowie die voraussichtlichen Auswirkungen unterrichten sollen. Dabei soll der betroffenen Öffentlichkeit Gelegenheit zur Äußerung und Diskussion gegeben werden. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Vorschrift hatte die Vorhabenträgerin bereits Maßnahmen zur Information der Öffentlichkeit eingeleitet, auf die bei der Antwort zu Frage 2 eingegangen wird. Eine Hinwirkung seitens der Planfeststellungsbehörde hatte sich nach Einleitung der Maßnahmen der Verantwortlichen insoweit erübrigt. Eveline Lemke Staatsministerin