Drucksache 16/5390 30. 07. 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Michael Wäschenbach und Dr. Axel Wilke (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz Justizreform/Insolvenzgericht in Betzdorf Die Kleine Anfrage 3540 vom 8. Juli 2015 hat folgenden Wortlaut: Im Zuge der Justizreform sollen Insolvenzgerichte zusammengelegt werden. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Welche Planungen bestehen bezüglich des Insolvenzgerichts in Betzdorf? 2. Wie viele Mitarbeiter/Stellen sind davon betroffen? 3. Was sprach oder spricht gegen eine Konzentration insolvenzgerichtlicher Zuständigkeiten am Amtsgericht Betzdorf? Das Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 29. Juli 2015 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Um die Frage umfassend und mit der notwendigen Transparenz beantworten zu können, möchte ich mir zunächst erlauben, die Hintergründe und den Sachstand der aktuellen Justizstrukturplanung im Bereich der Umsetzung gerichtlicher Zuständigkeitskonzentrationen zu erläutern. Auf Anregung der „Hill-Kommission“ rief das Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz ein Arbeitsgruppenmodell unter breiter Beteiligung von Vertretern der gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Praxis ins Leben. Ziel war es, die gesamte Justiz in die Erarbeitung struktureller Reformen, in die Erschließung anderer Sparpotenziale sowie in die Verbesserung der Einnahmesituation einzubinden. In einem transparenten und offenen Verfahren konnte auf diese Weise Fachwissen aus allen Bereichen der rheinland-pfälzischen Justiz einfließen. Hieraus resultierten sachliche Vorschläge zu möglichen Einsparmöglichkeiten und strukturellen Reformen zur Steigerung von Effektivität und Generierung von Synergieeffekten. Die federführende Lenkungsgruppe, der auch Vertreter der beiden Oberlandesgerichte angehörten, hatte sich in diesem Zusammenhang auch für eine weitere Konzentration der Insolvenzsachen ausgesprochen. Die Prüfung gerichtlicher bzw. staatsanwaltschaftlicher Sachgebietskonzentrationen stellt also nicht etwa eine isolierte Initiative des Ministeriums der Justiz und für Verbrauchschutz dar, sondern geht auf eine breite Beteiligung der gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Praxis zurück. Kernargument der durch die Lenkungsgruppe vorgeschlagenen weiteren Konzentration von Insolvenzsachen ist zunächst das gesetzliche Leitbild des § 2 Abs.1 der Insolvenzordnung (InsO), welches grundsätzlich vorsieht, in einem Landgerichtsbezirk lediglich ein für die Bearbeitung von Insolvenzsachen zuständiges Amtsgericht zu bilden. Die derzeitige Struktur der Insolvenzgerichte in Rheinland-Pfalz orientiert sich nicht an diesem gesetzlichen Leitbild. Mit 22 Insolvenzgerichten ist bei einer Gesamtzahl von 46 Amtsgerichten und 8 Landgerichten nahezu jedes zweite Amtsgericht mit Insolvenzsachen befasst. Zudem ist auch die Verpflichtung der Länder zur Steigerung der Sachkompetenz der Insolvenzgerichte in § 22 Abs. 6 GVG (Richterinnen und Richter) sowie in § 18 Abs. 4 RPflG (für die Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger) zu berücksichtigen. Des Weiteren ist mit einer Zentralisierung eine weitere Optimierung der Aus- und Fortbildung möglich, die bei den Insolvenzsachen – mit erheblichen Haftungsgefahren – von besonderer Bedeutung ist. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 28. August 2015 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/5390 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Im Rahmen der Prüfung zur Umsetzung dieser Vorschläge wurden die Präsidenten der Oberlandesgerichte und die Generalstaatsanwälte gebeten, unter Zugrundelegung aktueller Gegebenheiten und Beteiligung des Geschäftsbereichs zum vorliegenden Entwurf Stellung zu nehmen. Für den Bereich der Insolvenzgerichte haben sich die Präsidenten beider Oberlandesgerichte einvernehmlich für weitere Zuständigkeitskonzentrationen ausgesprochen, ohne jedoch damit konkrete Standortüberlegungen zu verbinden. Das Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat sich der oben dargestellten Argumentation angeschlossen und der gerichtlichen Praxis ein Grobkonzept mit der Bitte um kritische Prüfung zur Stellungnahme übermittelt. Diese Beteiligung der Praxis soll auch dazu beitragen, dass die mit einer möglichen Konzentration von Insolvenzsachen auftretenden technischen, personellen und räumlichen Fragestellungen hinreichende Berücksichtigung finden und gegebenenfalls Alternativvorschläge formuliert werden. Damit wird klar, dass es sich bei den derzeitigen Überlegungen des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz noch nicht um eine abgeschlossene Planung, sondern um einen grobkonzeptionellen Ansatz handelt, der diskussionsoffen und noch abstimmungsbedürftig ist. In diesem Zusammenhang möchte ich klarstellend darauf hinweisen, dass die konzeptionellen Überlegungen des Ministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz ausschließlich die Zielrichtung verfolgen, einzelne Sachgebiete zu konzentrieren. Es ist nicht beabsichtigt, selbständige Gerichtsstandorte aufzulösen oder zusammenzulegen. Zu Frage 2: Basierend auf der Personalbedarfsberechnung des Jahres 2014 entfallen auf das gesamte Amtsgericht Betzdorf (einschließlich der Insolvenzabteilung) 7,58 Arbeitskraftanteile (AKA) im richterlichen Dienst. Auf der Ebene der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger beträgt der Personalbedarf 12,54 AKA. Für die Beschäftigten im zweiten Einstiegsamt ergibt sich aus der Personalbedarfsberechnung ein Bedarf von 22,27 AKA. Ich bitte in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass sich die genannten Arbeitskraftanteile aus der Personalbedarfsberechnung ergeben und nicht den tatsächlichen Personalstand abbilden. Zu Frage 3: Im Rahmen des erarbeiteten Grobkonzepts finden Faktoren wie beispielsweise der Geschäftsanfall der Insolvenzsachen, infrastrukturelle sowie auch wirtschaftsbezogene Argumente Berücksichtigung. Gleichwohl möchte ich an dieser Stelle erneut bemerken, dass der derzeitige Ansatz eine erste konzeptionelle Grundlage einer noch nicht abgeschlossenen Standortplanung bildet. Bei den weiteren Planungen werden insbesondere die Stellungnahmen der gerichtlichen Praxis zu berücksichtigen sein. Prof. Dr. Gerhard Robbers Staatsminister