Drucksache 16/5430 10. 08. 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Christine Schneider und Arnold Schmitt (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Glyphosat I Die Kleine Anfrage 3554 vom 13. Juli 2015 hat folgenden Wortlaut: Das Umweltministerium hat den rheinland-pfälzischen Pflanzenschutzdienst angewiesen, keine Genehmigungen mehr für den Einsatz des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat auf öffentlichen Flächen zu erteilen. In einer Pressemeldung hat das Ministerium erklärt, dass sich „die Hinweise auf eine gesundheitsschädliche Wirkung von Glyphosat verdichten, deshalb wollen wir den Einsatz des Mittels auf Landesebene soweit wie möglich einschränken“. Es bezieht sich u. a. auf eine von der Bundestagsfraktion der Grünen vorgelegten Studie, wonach Glyphosat in Muttermilch nach gewiesen wurde. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie viele Proben liegen dieser Studie zugrunde und sieht die Landesregierung diese damit als wissenschaftlich fundiert und belastbar an? 2. Wie bewertet die Landesregierung die bislang vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ausgewerteten Daten zu Glyphosat aus sieben anderen Studien, die zeigen, dass Gehalte in der Regel im einstelligen Mikrogrammbereich pro Liter und somit durchweg weit unterhalb eines gesundheitlich bedenklichen Bereichs liegen? 3. Wie beurteilt die Landesregierung die Klarstellung des BfR, wonach bei einer Überschreitung des Trinkwasserhöchstgehalts nicht zwangsläufig ein gesundheitliches Risiko besteht, da der Trinkwasserhöchstgehalt ein Vorsorgewert für alle Pestizide ist und nicht toxikologisch für einzelne Wirkstoffe abgeleitet wird? 4. Wie steht die Landesregierung dazu, dass die Klassifizierung von Glyphosat als „vermutlich krebserregend“ durch eine Unterorganisation der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erfolgt ist und im Widerspruch zu den Ergebnissen zahlreicher nationaler und internationaler Bewertungsbehörden steht? 5. Welche Rolle spielt für die Landesregierung bei ihrer Initiative, dass Deutschland bereits heute einen im weltweiten Vergleich extrem hohen Standard bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln hat? 6. Durch die immer genaueren Analysemethoden ist es heute möglich, kleinste Konzentrationen von Stoffen in Lebensmitteln, Boden , Grundwasser, Urin und anderswo nachzuweisen. Daher ist es nicht überraschend, dass man immer öfter Spuren von Chemikalien auch im Menschen finde. Grundsätzlich ist es möglich, über die Nahrung Rückstände von Glyphosat einzunehmen. Aufgrund seiner chemisch-physikalischen Eigenschaften werde der Stoff aber im Körper nicht angereichert, sondern sehr schnell und effizient, vorwiegend über den Urin, wieder ausgeschieden. Wie schätzt die Landesregierung, wissenschaftlich gesehen, angesichts der in Deutschland geltenden behördlich festgelegten Anwendungsbestimmungen der bekannten chemisch-physikalischen Eigenschaften die Gefahr aus der Anwendung ein? Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 7. August 2015 wie folgt beantwortet: Zu den Fragen 1 bis 3: Im Vorwort zur Anfrage wird ein inhaltlicher Zusammenhang hergestellt zwischen der von der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Auftrag gegebenen Untersuchung zum Vorkommen von Glyphosat in Muttermilch und dem Erlass des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten (MULEWF) vom 30. Juni 2015, bis auf Weiteres die Genehmigung von Glyphosat-Mitteln auf Nichtkulturlandflächen, vor allem auch solchen, die von der Öffentlichkeit genutzt werden , zu versagen. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 8. September 2015 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/5430 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zwar wurde Glyphosat in Muttermilch, menschlichem Urin und auch Lebens- und Futtermitteln nachgewiesen, für die Entscheidung für den Erlass ist jedoch die Einstufung von Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“ durch die internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in einer Vorabveröffentlichung vom März 2015 bzw. der ausführlichen Version vom Juli 2015 maßgeblich gewesen (siehe auch Antwort zu Frage 4). Von daher nimmt das MULEWF keine Bewertung der zitierten Untersuchung oder der Äußerungen des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) vor. Zu Frage 4: Die Landesregierung nimmt die Klassifizierung von Glyphosat als wahrscheinlich krebserzeugend für den Menschen (Gruppe 2A) der Krebsforschungsagentur der WHO (IACR) sehr ernst. Auch die Umwelt- und Verbraucherschutzminister der Länder wiesen bereits bei ihren Konferenzen im Frühjahr auf die Bedeutung hin. So forderten die Verbraucherschutzminister einstimmig u. a. für verbrauchernahe Anwendungen, insbesondere für Freiflächen, die nicht land- oder forstwirtschaftlich genutzt werden, ein vorläufiges Verbot des Glyphosat-Einsatzes. Die Umweltminister forderten einstimmig bei ihrer letzten Konferenz, dass die Ergebnisse der IARC auch Eingang finden sollen bei der auf EU-Ebene derzeit stattfindenden Neubewertung des Wirkstoffs. Innerhalb der WHO wurde ein „Clearing-Verfahren“ eingeleitet, durch das die unterschiedlichen Bewertungen durch zwei Untereinheiten (IACR und JMPR, Joint Meeting on Pesticide Residues) einer endgültigen Bewertung unterzogen werden sollen. Bis zur Klärung der endgültigen Einstufung von Glyphosat, sowohl innerhalb der WHO-Gremien als auch auf Ebene der EU, hat die Landes regierung daher den Erlass an den rheinland-pfälzischen Pflanzenschutzdienst verfügt. Zu Frage 5: Die Landesregierung begrüßt den hohen Standard bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln im internationalen Vergleich. Gleichzeitig vertritt sie die Ansicht, dass aktuelle Erkenntnisse hinsichtlich möglicher Gefährdungen der menschlichen Gesundheit durch Pflanzenschutzmittel im Sinne einer effizienten Gesundheitsvorsorge möglichst rasch berücksichtigt werden müssen. Gleiches gilt auch für Gefährdungen der Biodiversität, wie gerade beim Einsatz von Totalherbiziden gegeben ist. Zu Frage 6: Angesichts der bereits zitierten Einschätzung der IACR reagiert die Landesregierung im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten vorsorglich zum Schutze der menschlichen Gesundheit durch Reduzierung der Anwendung von Glyphosat. Ulrike Höfken Staatsministerin