Drucksache 16/5431 10. 08. 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Christine Schneider und Arnold Schmitt (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Glyphosat II Die Kleine Anfrage 3555 vom 13. Juli 2015 hat folgenden Wortlaut: Das Umweltministerium hat den rheinland-pfälzischen Pflanzenschutzdienst angewiesen, keine Genehmigungen mehr für den Einsatz des Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat auf öffentlichen Flächen zu erteilen. In einer Pressemeldung hat das Ministerium erklärt, dass sich „die Hinweise auf eine gesundheitsschädliche Wirkung von Glyphosat verdichten, deshalb wollen wir den Einsatz des Mittel auf Landesebene soweit wie möglich einschränken“. Es bezieht sich u. a. auf eine von der Bundestagsfraktion der Grünen vorgelegten Studie, wonach Glyphosat in Muttermilch nachgewiesen wurde. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. In welchem Umfang wird nach Kenntnis der Landesregierung Glyphosat landesweit bei den Grünflächen eingesetzt? 2. Wie sieht die Landesregierung die derzeitige Praxis im Umgang der Grünämter mit dem Stoff Glyphosat, wird dieser exzessiv eingesetzt oder gezielt und dosiert? 3. Wie sollen die Grünflächenämter zukünftig mit der Problematik Unkraut umgehen? 4. Wie sieht die Landesregierung die Möglichkeit, mit dem derzeitigen Personalstand der Kommunen arbeitsintensivere Methoden anzuwenden, vor allem vor dem Hintergrund der schwierigen Kommunalfinanzen? 5. Wie sieht die Landesregierung den zukünftigen Zustand von öffentlichen Grünanlagen, wenn andere Möglichkeiten aufgrund von Personalmangel und Kosten nicht angewendet werden? Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 7. August 2015 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Der volle Umfang des kommunalen Glyphosat-Einsatzes ist der Landesregierung nicht bekannt. Die hierfür erforderlichen Daten müssten in umfangreichen Abfragen bei den Kommunen erhoben werden, was im Rahmen einer Kleinen Anfrage nicht geleistet werden kann. Aus einer bundesweiten Umfrage aus 2009 ist bekannt, dass ca. ein Fünftel der Kommunen, die sich an der Erhebung beteiligt hatten , Glyphosat anwendet. Aus den von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion erteilten Genehmigungen nach § 12 Abs. 2 Pflanzenschutzgesetz ist bekannt , dass in Rheinland-Pfalz in folgenden Kommunen Glyphosat auf Nichtkulturland eingesetzt worden ist: Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 8. September 2015 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode – Ortsgemeinde Arzfeld – Stadt Bad Bergzabern – Stadt Bad Kreuznach – Stadt Bad Sobernheim – Ortsgemeinde Barweiler – Gemeinde Bobenheim-Roxheim – Gemeinde Böhl-Iggelheim – Ortsgemeinde Eckelsheim – Ortsgemeinde Essingen – Verbandsgemeinde Flammersfeld – Stadt Frankenthal – Ortsgemeinde Gladbach (LK Bernkastel-Wittlich) – Ortsgemeinde Gondershausen – Stadt Ingelheim Drucksache 16/5431 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode – Ortsgemeinde Kettig – Gemeinde Kirrweiler – Ortsgemeinde Lieser – Gemeinde Limburgerhof – Verbandsgemeinde Lingenfeld – Stadt Ludwigshafen – Stadt Mainz – Stadt Montabaur – Ortsgemeinde Orenhofen – Stadt Remagen – Stadt Schifferstadt – Stadt Sinzig – Stadt Speyer – Stadt Traben-Trarbach – Stadt Trier (Gleisanlage) – Stadt Worms – Stadt Wörth am Rhein. Die Gemeinden Stadt Mainz und Stadt Schifferstadt nutzen mittlerweile alternative Verfahren auf ihren Grün- und Freiflächen zur Beseitigung unerwünschten Pflanzenbewuchses und verzichten auf Glyphosat. Daten zum Einsatz von Glyphosat auf gärtnerisch genutzten kommunalen Flächen liegen nicht vor. Zu Frage 2: Zur Praxis des kommunalen Glyphosat-Einsatzes liegen keine umfassenden Informationen vor. Zu Frage 3: Die Landesregierung erinnert in diesem Zusammenhang an die in der EU Pflanzenschutzrahmenrichtlinie 2009/128/EG und im Nationalen Aktionsplan Pflanzenschutz vorgegebenen Minimierungsgebotes des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln und der damit verbundenen Risiken, gerade in von der Allgemeinheit genutzten Gebieten, worunter kommunale Flächen in hohem Maße fallen. Dies fordert den Ersatz von Pflanzenschutzmitteleinsätzen durch nicht-chemische Maßnahmen. Die Landesregierung würde es daher sehr begrüßen, wenn die Kommunen auf den Einsatz von Glyphosat verzichten und die Möglichkeiten alternativer Verfahren zur Beseitigung unerwünschter Pflanzen nutzen würden. Die Auswirkungen von Pestiziden auf Gesundheit und Umwelt sollen in der Abwägung und beim Einsatz einen höheren Stellenwert haben. Dabei kommen als langfristig wirksame, vorbeugende Maßnahmen die Gestaltung der Flächen und die Verwendung von Mulchfolien als direkte Bekämpfungsmaßnahmen , mechanische und thermische Verfahren in Betracht. Immer mehr engagieren sich Kommunen für die biologische Vielfalt und richten zum Bespiel „Eh-da-Flächen“ ein. Zu den Fragen 4 und 5: Bereits jetzt ist der Glyphosat-Einsatz auf Nichtkulturlandflächen bzw. befestigten Flächen generell nicht zulässig und nur mit auf wenige Fälle beschränkten Ausnahmegenehmigungen nach § 12 Abs. 2 Pflanzenschutzgesetz möglich. In Verantwortung für Mitarbeiter , Umwelt und zum Bienenschutz besteht bereits heute ein Minimierungsgebot. Der Ersatz der legalen Glyphosat-Anwendungen durch alternative Methoden dürfte zu einer gewissen Mehrbelastung von Kommunen führen. Die Möglichkeiten bzw. die Mehrbelastungen der einzelnen Kommunen können seitens der Landesregierung nicht abgeschätzt werden. Generell ist bekannt, dass die personelle und finanzielle Situation der rheinland-pfälzischen Kommunen angespannt ist. Auch ist bekannt, dass einige der Alternativen zum Glyphosat-Einsatz einen höheren personellen und finanziellen Aufwand erfordern. Aus der in der Antwort zu Frage 1 zitierten Umfrage aus 2009 ist bekannt, dass alternative Verfahren bereits in großem Umfang in den Kommunen genutzt werden (thermische Verfahren, ca. 20 Prozent, mechanische Verfahren, wie z. B. Unkrautbürsten, ca. 50 Prozent , und Handarbeit, ca. 60 Prozent der an der Umfrage beteiligten Kommunen). Bei der Abwägung der Kosten für Unkrautbekämpfungsmaßnahmen sind auch die hohen Schutzgüter menschliche Gesundheit, biotische Ressourcen (Biodiversität) und vor allem abiotische Ressourcen (Wasserschutz) einzubeziehen. Diese Schutzgüter stellen einen erheblichen monetären Wert dar. Dass jedoch grundsätzlich die Möglichkeit besteht auf Pflanzenschutzmitteleinsatz im kommunalen Bereich gänzlich zu verzichten , zeigen die „pestizidfreien Gemeinden“, z. B. Betzdorf (Siegen), Mainz, Münster, Schifferstadt, Saarbrücken und Cuxhaven. Deren befestigte Flächen, Nichtkulturlandflächen und öffentliche Grünanlagen befinden sich in der Regel in einem guten Zustand. Ulrike Höfken Staatsministerin