Drucksache 16/5443 11. 08. 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Elisabeth Bröskamp und Dr. Fred Konrad (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen Rahmenbedingungen der Inklusion in der Kita I Die Kleine Anfrage 3575 vom 20. Juli 2015 hat folgenden Wortlaut: Kinder mit und ohne Behinderung haben ein Recht auf inklusive Betreuung und Bildung von der Kinderkrippe über die Kita und die Schule bis zur Berufsausbildung oder Hochschule. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Wirksamkeit inklusiver Bildung liegen seit vielen Jahren vor, die UN-Behindertenrechtskonvention hat Gesetzescharakter, und Pläne zu ihrer schrittweisen Umsetzung in die gesellschaftliche Realität müssen zeitnah Gestalt annehmen und umgesetzt werden, damit Rheinland-Pfalz barriere frei wird und möglichst alle Kinder ihren Möglichkeiten entsprechend gefördert und gefordert werden können. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Wie viele Kinder mit festgestelltem Förderbedarf besuchen in Rheinland-Pfalz eine Kindertagesstätte? 2. Wie viele davon sind in Förderkindertagesstätten, in integrativen Kindertagesstätten, wie viele in den Regelkindertagesstätten? 3. Wie ist die Verteilung der Kinder nach ihren Förderbedarfen auf unterschiedlichen Formen der Kindertagesstätten in den letzten fünf Jahren? 4. Was beinhaltet das Konzept der integrativen Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz? 5. Wie ist die Ausstattung der integrativen Kindertagesstätten hinsichtlich des Personalschlüssels und der räumlichen Ausstattung? 6. Wie viele Kinder werden durch Einzelintegrationen in rheinland-pfälzischen Kindertagesstätten seit 2006 betreut? Das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 11. August 2015 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Insgesamt besuchen nach der Statistik des Landesamts für Soziales, Jugend und Versorgung 2 868 Kinder mit Behinderung in Rheinland -Pfalz eine Kindertagesstätte (zur Differenzierung und zu den Stichtagen vgl. Frage 2). Zu Frage 2: Insgesamt besuchen 1 856 Kinder mit Behinderung nach der Statistik des Landesamts für Soziales, Jugend und Versorgung teilstationäre Einrichtungen (Stichtag 1. April 2015). Davon sind 1 599 Kinder in einer integrativen Einrichtung und 257 Kinder in einer Fördereinrichtung. Weitere neun Kinder mit Behinderung sind in einer integrativen Einrichtung auf Regelplätzen. In Regelkindertagesstätten befinden sich insgesamt 1 003 Kinder mit Behinderung (Stichtag 15. März 2014) 1). Zur Abdeckung des behinderungsbedingten Mehrbedarfs für 62 Kinder erfolgte eine Reduktion der Gruppengröße nach § 2 Abs. 2 Landesverordnung zum rheinland-pfälzischen Kindertagesstättengesetz. 331 Kinder erhalten zusätzliches Personal nach § 2 Abs. 5 Nr. 2 der Landesverordnung zum rheinland-pfälzischen Kindertagesstättengesetz. 503 Kinder erhalten eine Einzelintegrationsmaßnahme nach § 53 f Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) und 107 Kinder eine Einzelintegrationsmaßnahme nach § 35 a Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) (seelische Behinderung). Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 8. September 2015 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode 1) Leider liegen zu den Einzelintegrationsmaßnahmen noch keine aktuelleren Zahlen vor, da noch Meldungen einzelner Jugendämter fehlen. Drucksache 16/5443 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu Frage 3: Zum konkreten Förderbedarf liegen uns keine Zahlen vor. Wir können lediglich Aussagen dazu machen, welche Form der Kinder - tagesstätte die Kinder besucht haben. Zur Differenzierung der Maßnahmen zur Abdeckung des behinderungsbedingten Mehraufwands im Regelbereich siehe Antwort auf Frage 6. Zu Frage 4: Integrative Kindertagesstätten bestehen aus mindestens einer integrativen Gruppe und werden von Kindern mit und ohne Behinde - rung gemeinsam besucht. In einer integrativen Gruppe werden grundsätzlich fünf Kinder mit und zehn Kinder ohne Behinderung betreut und gefördert. Die Plätze für die Kinder mit Behinderung werden in der Regel aus Mitteln der Eingliederungshilfe nach SGB XII finanziert. Die Finanzierung der Regelplätze richtet sich nach den Regularien des Kindertagesstättengesetzes. Es gibt kein einheitliches pädagogisches Konzept für integrative Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz. Aufgrund der Trägerpluralität und -autonomie in der Jugendhilfe sind die pädagogischen Konzepte sehr unterschiedlich. Den jeweiligen pädagogischen Konzepten der integrativen Kindertagesstätten liegt jedoch der integrative Gedanke, sprich gemeinsamer Bildungs- und Erziehungsauftrag für Kinder mit und ohne Behinderung, zugrunde. Auch in den integrativen Kindertagesstätten sind die Bildungs- und Erziehungsempfehlungen von Rheinland-Pfalz Grundlage des pädagogischen Handelns. Aus den pädagogischen Konzepten muss erkennbar sein, dass es sich um eine teilstationäre Einrichtung der Eingliederungshilfe handelt. Die pädagogischen Konzepte sind dem Landesjugendamt (Kindertagesstättenaufsicht) mit dem Antrag auf Erteilung einer Betriebs - erlaubnis vom Träger vorzulegen. Bei Bedarf steht das Landesjugendamt den Trägern integrativer Kindertagesstätten bei der Erarbei - tung ihrer jeweiligen individuellen Konzeption beratend zur Seite. Auf Grundlage des Bundeskinderschutzgesetzes vom 1. Januar 2012 sind auch für die teilstationären Kindertagesstätten Angaben zur Partizipation und zur strukturellen Verankerung eines Beschwerdemanagements für Kinder in ihren persönlichen Angelegenheiten zu machen. Beim Besuch einer integrativen Kindertagesstätte ist bei Bedarf ein Fahrdienst vom Wohnsitz des Kindes mit Behinderung zu der Einrichtung und zurück zu gewährleisten. Es wird täglich ein bedarfsgerechtes Mittagessen angeboten. Wichtiger Bestandteil der Arbeit in den integrativen Kindertagesstätten ist zudem ein regelmäßiger Austausch und die Zusammenarbeit mit anderen beteiligten Institutionen, wie zum Beispiel den Zentren für Sozialpädiatrie und Frühförderung. Zu Frage 5: Integrative Kindertagesstätten sind in ihren Rahmenbedingungen (Personalbesetzung, Gruppenstärke, Raumprogramm) auf die besonderen Bedürfnisse von Kindern mit Behinderung ausgerichtet. Der Personalschlüssel in einer integrativen Gruppe beträgt im Gruppendienst 1,0 Stelle für den Regelbereich und 0,25 Stellenanteile pro Kind mit Behinderung. In jeder Gruppe ist mindestens eine pädagogische Fachkraft mit heilpädagogischer Ausbildung oder entsprechender Zusatzqualifikation einzusetzen. Dies garantiert die Umsetzung der besonderen Bedarfe des Kindes und seiner Eltern. Das Raumprogramm enthält Räume zur Sicherung behinderungsspezifischer Angebote. Die räumliche Ausstattung einer integrativen Kindertagesstätte ist abhängig von der Größe einer Einrichtung beziehungsweise von der Anzahl der integrativen Gruppen und/oder weiteren Gruppen. So steht beispielsweise den integrativen Gruppen grundsätzlich jeweils ein Gruppenraum mit direkter Anbindung eines Nebenraums zur Verfügung. 2 Jahr Kinder mit Behinderung in Förderkindergärten Kinder mit Behinderung in integrativen Kindertagesstätten Kinder mit Behinderung in teilstationären Einrichtungen gesamt 2) Kinder mit Behinderung in Regelkindertagesstätten 3) 2010 527 1 270 1 797 679 2011 369 1 420 1 789 876 2012 349 1 440 1 789 855 2013 246 1 513 1 759 965 2014 241 1 511 1 752 1 003 2015 257 1 599 1 856 Zahl liegt erst in Kürze vor. 2) und 3) Statistik des Landesamts für Soziales, Jugend und Versorgung. Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/5443 Jede integrative Kindertagestätte muss über ausreichendes Spiel-, Beschäftigungs- und Bildungsmaterial verfügen, das altersgemäß, vielseitig und behinderungsspezifisch ist. Zudem sind Wickelmöglichkeiten und ein entsprechend ausgestatteter Sanitärbereich vorzuhalten . Das Raumprogramm einer integrativen Kindertagesstätte wird für den integrativen Bereich im Vorfeld mit dem Landesjugendamt abgestimmt, sodass gewährleistet ist, dass die Bedürfnisse der Kinder mit und ohne Behinderung angemessen berücksichtigt werden . Zu Frage 6: Ein Vergleich der Maßnahmen zur Einzelintegration ist erst ab dem Jahr 2009 sinnvoll, da erst seit 2009 vollständige Meldungen aller 41 Jugendämter vorliegen 4). Die Zahlen sehen seither wie folgt aus: In Vertretung: Margit Gottstein Staatssekretärin 3 Jahr § 2 Abs. 2 der LVO zum Kitagesetz (Platzreduktion) § 2 Abs. 5 Nr. 2 der LVO zum Kitagesetz (Zusatzpersonal) § 35 a SGB VIII §§ 53 und 54 SGB XII Gesamt 2009 47 161 75 242 525 2010 36 241 80 322 679 2011 37 281 127 431 876 2012 23 283 122 427 855 2013 17 320 121 507 965 2014 62 331 107 503 1 003 2015 Zahlen liegen erst in Kürze vor. 4) Statistik des Landesamts für Soziales, Jugend und Versorgung.