Drucksache 16/5457 12. 08. 2015 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 24. September 2015 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Christian Baldauf (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung BASF als wichtiger Impulsgeber für die gesamte rheinland-pfälzische Industrie Die Kleine Anfrage 3593 vom 23. Juli 2015 hat folgenden Wortlaut: Ich frage die Landesregierung: 1. Durch welche konkreten Maßnahmen schafft die Landesregierung optimale Voraus setzun gen für die BASF in Rheinland-Pfalz? 2. Wie beurteilt die Landesregierung die Konsequenzen der Abwanderung ganzer For schungsabteilungen der BASF – beispielsweise der Pflanzenbiotechnologie in die USA – im Hinblick auf die Zukunft unseres Landes als Wirtschaftsstandort? 3. Inwiefern leistet die Landesregierung einen Beitrag zu einer stärkeren Akzeptanz bei der Erforschung neuer Technologien? 4. Welche Bedeutung räumt die Landesregierung dieser Frage für die Zukunft des Wirt schafts standorts Rheinland-Pfalz ein? Das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 12. August 2015 wie folgt beantwortet: Die BASF nimmt innerhalb der Industrielandschaft von Rheinland-Pfalz eine herausragende Position ein und leistet einen wesentlichen Beitrag zur Wirtschaftskraft sowie zur Beschäftigungssicherung in Rheinland-Pfalz und ist darüber hinaus einer der wesentlichsten Innovationstreiber unseres Landes. Das Unternehmen erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 74 Milliarden Euro. Als Arbeitgeber mit zuletzt fast 40 000 Beschäftigten im Stammwerk Ludwigshafen prägt das Unternehmen die Region wie kein anderes. Im Jahr seines 150-jährigen Bestehens geht die BASF bei zurückhaltenden weltwirtschaftlichen Wachstumsprognosen von einer leichten Umsatzsteigerung und einem mit 2014 vergleichbaren Ergebnis aus (7,4 Milliarden Euro in 2014). Derzeit betreibt der Konzern das größte Investitionsprogramm seit Jahrzehnten. Im Jahr 2015 wird eine ganze Reihe von Anlagen in Betrieb gehen, darunter auch die TDI-Anlage in Ludwigshafen mit einem Investitionsvolumen von rund 1 Milliarde Euro. Erst Im Juli wurde am Stand - ort ein neues Forschungsgebäude eingeweiht (Investitionsvolumen 50 Millionen Euro). Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass die Strukturpolitik der Landesregierung auf die Bedarfe aller Regionen, und damit auch der dort jeweils ansässigen Unternehmen, ausgerichtet ist und darauf abzielt, die rheinland-pfälzische Wirtschaft und deren Unternehmen in deren Breite und Vielfalt zu stärken und weiterzuentwickeln. Die gute und pragmatische Zusammenarbeit mit der BASF findet darüber hinaus in verschiedenen Projekten und Maßnahmen ihren Ausdruck. Das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung (MWKEL) hat sich im Rahmen der von der Bundesregierung initiierten Novellierung des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG) frühzeitig für den Fortbestand der Nichtbelastung von industriellen Eigenstromanlagen durch die EEG-Umlage eingesetzt. Die hocheffiziente Eigenstromproduktion der BASF ist ein wichtiger Punkt hinsichtlich der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens. Die BASF hat in diesem Zusammenhang beträchtliche Investitionen getätigt und sich auf die Belastbarkeit der rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland verlassen. Das MWKEL setzt sich mit Nachdruck für die Beibehaltung dieser Rahmenbedingungen ein, da die Investitionssicher- Drucksache 16/5457 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode heit am Industriestandort Deutschland einer der wichtigsten Wettbewerbsvorteile im internationalen Vergleich ist. Im Rahmen der „Mainzer-Eigenstrom-Erklärung“ wurde z. B. gemeinsam mit der BASF und weiteren 23 rheinland-pfälzischen Industrieunternehmen entsprechend auf die Bundesregierung erfolgreich eingewirkt. Darüber hinaus werden weitere Initiativen in diesem Bereich mit der BASF und anderen Unternehmen konzipiert, um die bestehenden Rahmenbedingungen auch künftig zu erhalten. Weiterhin sind z. B. für die weltweiten Handelsbeziehungen die logistischen Rahmenbedingungen für die BASF SE von zentraler Bedeutung. Allein der wasserseitige Güterumschlag am Standort Ludwigshafen beläuft sich jährlich auf rund sechs Millionen Tonnen . Zur Bewältigung des Gütertransports stehen der BASF SE u. a. in dem von den Hafenbetrieben Ludwigshafen am Rhein GmbH bewirtschafteten Landeshafen moderne und leistungsfähige Umschlagsanlagen für trockene und flüssige Massengüter, Gefahrstoffe, Gütertransporte im kombinierten Verkehr und Lagerhallenkapazitäten zur Verfügung. Aktuell planen die Hafenbetriebe die Umschlagskapazität des trimodalen Containerterminals deutlich zu erhöhen. Des Weiteren wird derzeit die Elektrifizierung der Eisenbahnstrecke Ludwigshafen Hbf. – Ludwigshafen BASF Nord geplant, damit zukünftig die Berufsverkehrszüge aus Richtung Germersheim und Kaiserslautern in das Werksgelände der BASF SE mit elektrischen Fahrzeugen gefahren und in die S-Bahn Rhein-Neckar einbezogen werden können. Das Projekt soll im Rahmen des GVFGBundesprogramms finanziert werden, wobei sich das Land mit 25 Prozent an den zuwendungsfähigen Investitionskosten beteiligen wird. Eine Fertigstellung ist für das Jahr 2018/2019 vorgesehen. Die Betriebsleistungen werden dann von der DB Regio AG erbracht, die im Rahmen eines wettbewerblichen Verfahrens für die S-Bahn Rhein-Neckar den Auftrag erhalten hat. Im Bereich der Straßeninfrastruktur hat das Land den sechsstreifigen Ausbau der A 61 zwischen dem Autobahnkreuz Frankenthal und der Landesgrenze zu Baden-Württemberg für den Bundesverkehrswegeplan 2015 angemeldet. Im Rahmen der Landesstrategie zur Fachkräftesicherung in Rheinland-Pfalz sind die Landesregierung und ihre Partner am Ovalen Tisch für Ausbildung und Fachkräftesicherung darüber hinaus bestrebt, die Entwicklungsmöglichkeiten für die Unternehmen durch vier Handlungsschwerpunkte kontinuierlich zu verbessern: Von der Sicherung des Fachkräftenachwuchses, über die Erschließung bislang ungenutzter Potenziale bis hin zum Erhalt und Ausbau vorhandener Kompetenzen der Beschäftigten. Ebenfalls im Fokus der Strategie stehen Konzepte, durch die sich Unternehmen im Wettbewerb um Fachkräfte als attraktive Arbeitgeber positionieren können. Von diesem umfassenden und systematischen Ansatz profitieren auch die BASF und ihre Zulieferer aus RheinlandPfalz . Darüber hinaus finden in der Regel jährlich gemeinsame Sitzungen des rheinland-pfälzischen Ministerrats mit dem Vorstand der BASF statt; sie sind Ausdruck der bewährten Praxis der dialogorientierten Wirtschaftspolitik der Landesregierung. Diese gemeinsamen Sitzungen finden in einer vertrauensvollen und zugleich konstruktiven Atmosphäre statt und fördern die gute und pragmatische Zusammenarbeit hinsichtlich einer Vielzahl unterschiedlicher Themen auf den verschiedensten Ebenen. Zu Frage 2: Die unternehmerische Entscheidung zur Verlagerung der Pflanzenbiotechnologie der BASF in die USA wurde mit ihrer mangelnden Akzeptanz in Europa und der Konzentration im Bereich der Pflanzenbiotechnologie auf die Märkte in Nord- und Südamerika und Asien begründet. Neben dem Standort in Limburgerhof waren auch die Standorte in Gatersleben und Svalöv/Schweden betroffen . Für den Bereich der Agro-Gentechnik (Grüne Gentechnik) fehlt in Europa die Akzeptanz in der Mehrheit der Bevölkerung . Dies drückt sich u. a. in den Ergebnissen der Untersuchung „Eurobarometer Biotechnologie“ (durchgeführt von der General - direktion für Umwelt der Europäischen Kommission, Brüssel 2010) aus. Vor diesem Hintergrund haben die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union seit dem Erlass der Richtlinie EU 2015/412 unter gewissen Voraussetzungen die Möglichkeit, den Anbau von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) in ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken oder zu untersagen. Diese Möglichkeit wird in dem derzeit im Bundesrat anhängigen Gesetzentwurf der Länder zur Änderung des Gentechnikgesetzes sowie auch in verschiedenen Referentenentwürfen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aufgegriffen. Die lebensmittelverarbeitende Industrie lehnt auch in anderen Ländern in Europa den Einsatz von gentechnisch veränderten Lebens - mitteln weitgehend ab, da gentechnikfreie Lebensmittel dem Wunsch der Verbraucherinnen und Verbraucher entsprechen (siehe dazu z. B. die Stellungnahme der Wirtschaftskammer Österreich https://www.wko.at/Content.Node/branchen/oe/Nahrungs-undGenussmittelindustrie -Lebensmittelindustrie-/Gentechnik.html). Zu Frage 3: Die Landesregierung unterstützt die stärkere Akzeptanz bei der Erforschung neuer Technologien u. a. durch eine technologieoffene Förderpolitik sowie Beiträge zur Versachlichung der Debatte über diese Technologien, die sowohl die Vorteile als auch die möglichen Risiken beleuchten. Das NanoDialog der Landesregierung sowie Gespräche des Ministerrats mit der BASF sind Beispiele für die differenzierte Auseinandersetzung und Abwägung der Chancen und Risiken von neuen Technologien mit den wesentlichen Stakeholdern. Zu Frage 4: Die globalen Herausforderungen wie z. B. das Bevölkerungswachstum, die weltweite Ernährung, Gesundheit und Mobilität bis hin zur Ressourcenschonung und zum Klimaschutz können nur gemeinsam mit einer leistungsfähigen und innovationsfreudigen 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/5457 Industrie bewältigt werden. Insbesondere die rheinland-pfälzische Industrie mit ihren Schwerpunkten in den Bereichen Chemie und Pharma, dem Maschinenbau, der Metallindustrie, dem Fahrzeugbau sowie der Gummi- und Kunststoffindustrie und ihrem hohen Exportanteil hat hierbei an den unterschiedlichsten Stellen der jeweiligen Wertschöpfungsketten gute Marktchancen. Vor diesem Hintergrund ist die Erforschung neuer Technologien ein wichtiges Anliegen der Landesregierung. Dies spiegelt sich auch in der Innovationsstrategie des Landes wieder. Die Regionale Innovationsstrategie Rheinland-Pfalz (RIS) setzt auf einen branchenübergreifenden und technologieoffenen Ansatz, der durch einen dezentralen Suchprozess und eine Bottom-Up-Identifizierung jene Bereiche unterstützt, die ein hohes Wertschöpfungs- und Innovationspotenzial im Land Rheinland-Pfalz besitzen. In Verknüpfung der hohen wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Kompetenzen mit den funktionierenden regionalen und überregionalen Verflechtungs- und Kooperationsstrukturen, weist der Innovationsstandort Rheinland-Pfalz insbesondere in sechs Potenzialbereichen eine starke Positionierung und hohe Entwicklungschancen auf, die durch das Land Rheinland-Pfalz im Rahmen seiner Regionalen Innovationsstrategie gezielt und spezifisch gefördert und ausgebaut werden sollen. Die Potenzialbereiche umfassen 1. Lebenswissenschaften, Gesundheitswirtschaft (strukturprägende Branchen u. a. aus den Bereichen Gesundheitswirtschaft, Chemie, Pharma, Medizintechnik, Glas, Optik etc.), 2. Energie, Umwelttechnik, Ressourceneffizienz (strukturprägende Branchen u. a. aus den Bereichen Energieerzeugung, Chemie, Maschinenbau, Fahrzeugbau, Glas, Optik, Elektronik etc.), 3. Mikrosystemtechnik, Sensorik, Automation (strukturprägende Branchen u. a. aus Chemie, Maschinenbau, Fahrzeugbau, Mess-, Steuer- und Regeltechnik etc.), 4. Automobil- und Nutzfahrzeugwirtschaft (strukturprägende Branchen u. a. aus den Bereichen Fahrzeugbau, Glas, Optik, Elektrotechnik, Metallindustrie, Kunststoffindustrie etc.), 5. Informations- und Kommunikationstechnik, Softwaresysteme (strukturprägende Branchen u. a. aus den Bereichen IT/Software etc.), 6. Werkstoffe, Material- und Oberflächentechnik (strukturprägende Branchen u. a. aus den Bereichen Chemie, Glas, Optik, Fahrzeugbau, Metallindustrie, Recycling, Kunststoffindustrie , Medizintechnik etc.). Vor diesem Hintergrund bieten sich in zahlreichen unterschiedlichen Themenfeldern und insbesondere in den sechs Potenzial - bereichen des Landes Rheinland-Pfalz Innovationspotenziale, die es auch im Sinne von „cross innovation“ zu heben und zu unterstützen gilt. Durch die zahlreichen branchenspezifischen Anknüpfungspunkte (s. o.) ergeben sich insbesondere für Unternehmen der chemischen Industrie eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Partizipation im Kontext der einzelnen Potenzialbereiche. Eveline Lemke Staatsministerin 3