LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode b. w. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 17. September 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Ruth Ratter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Kulturgutschutzgesetz Die Kleine Anfrage 3596 vom 23. Juli 2015 hat folgenden Wortlaut: Der Kunsthandel läuft seit Wochen Sturm gegen die von der Staatsministerin für Kultur und Medien geplante Gesetzesnovelle zum Kulturschutz. Galeristen und Sammler sind verunsichert, und Künstler wie Georg Baselitz haben bereits ihre Leihgaben aus öffentlichen Sammlungen zurückgezogen oder kündigen derlei Schritte an, wie die Enkelin von Max Beck mann. Damit droht ein großer kultureller Schaden. Ich frage deshalb die Landesregierung: 1. Welche Auswirkungen sind bei Inkrafttreten des Gesetzes in der vorgelegten Form für Rheinland-Pfalz bezüglich der Erfassung und der Anzahl nationaler Kulturgüter zu erwarten? 2. Da die Länder die Ausfuhrgenehmigungen für nationale Kulturgüter erteilen, frage ich die Landesregierung, inwieweit sie durch die geplanten bundesgesetzlichen Vorgaben gegenüber den bislang gültigen Regelungen mit vermehrten Abwanderungen von Kunst werken aus Museen rechnet? 3. Wie viele Ausfuhrgenehmigungen für nationale Kulturgüter wurden in den letzten zehn Jahren in Rheinland-Pfalz erteilt? Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 11. August 2015 wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Sämtliche medialen Äußerungen zum Gesetzesvorhaben der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien (BKM) beziehen sich auf einen Referentenentwurf der BKM, der sich noch immer in der Abstimmung zwischen den Bundesressorts befindet. Ab ca. Mitte August 2015 erfolgt voraussichtlich die Versendung des offiziellen Entwurfs an Länder und Verbände mit der Möglichkeit zur Stellungnahme. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Sollte das Gesetz zur Novellierung des Kulturgutschutzes mit den Regelungen des derzeitigen Referentenentwurfs in Kraft treten, wird es für das Land sehr viel leichter sein, national wertvolle Kulturgüter zunächst einmal zu identifizieren. Während der Bestand an Kulturgütern staatlicher Stellen durch entsprechende Verzeichnisse, Ausstellungen usw. relativ gut belegt ist, erfahren die zuständigen Behörden von potenziell national wertvollem Kulturgut in privatem Eigentum (z. B. in Adelsbesitz) häufig erst, wenn dieses im Ausland verkauft werden soll und eine entsprechende Ausfuhrgenehmigung beantragt wird. Einer solchen Ausfuhrgenehmigung bedarf es derzeit allerdings nur in den Fällen, in denen das Kulturgut aus dem EU-Binnenmarkt ausgeführt werden soll. Die Verbringung eines potenziell national wertvollen Kulturguts ins EU-Ausland (und gegebenenfalls von dort in die bekannten Auktionszentren nach New York u. ä.) ist gegenwärtig ohne Kenntnis der zuständigen deutschen Kulturgutschutzbehörden möglich und wird auch praktiziert. Dies wäre nicht mehr möglich, wenn in Abhängigkeit von bestimmten Alters- und Wertgrenzen die Ausfuhr von Kulturgütern aus Deutschland unter Genehmigungsvorbehalt gestellt wird. Drucksache 16/5459 12. 08. 2015 Drucksache 16/5459 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Dadurch, dass mit Inkrafttreten der Gesetzesänderung für die Ausfuhr von Kulturgütern bestimmter Alters- und Wertgrenzen generell eine Ausfuhrgenehmigung notwendig sein wird, ist zu erwarten, dass die Anzahl der Anträge auf Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung und infolge der Kenntnis über die Belegenheit national wertvoller Kulturgüter im Land in Folge ansteigen wird – in welchem Maß, kann derzeit nicht vorhergesagt werden. Zu Frage 2: Nach § 5 Abs. 1 des derzeit geltenden Gesetzes zum Schutz deutschen Kulturguts gegen Abwanderung (KultgSchG) „entscheidet der Beauftragte der Bundesregierung für die Angelegenheiten der Kultur und Medien“ über die Genehmigung zur Ausfuhr von eingetragenem Kulturgut. Vor der Entscheidung ist ein dort berufener Sachverständigen-Ausschuss zu hören. Nach dem derzeit vorliegenden Stand des Referentenentwurfs unterliegt die dauerhafte Ausfuhr nationalen Kulturguts nach wie vor dem Genehmigungsvorbehalt der BKM; vor der Entscheidung hört sie die zuständige oberste Landesbehörde und Sachverständige an. Die Genehmigung darf nur erfolgen, wenn die privaten und öffentlichen Interessen an der dauerhaften Ausfuhr das öffentliche Interesse am Verbleib im Bundesgebiet wesentlich überwiegen. Die Genehmigung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden. Die Genehmigung der vorübergehenden Ausfuhr national wertvollen Kulturguts bestimmter Alters- und Wertgrenzen, etwa im Rahmen des Leihverkehrs, obliegt der zuständigen obersten Landesbehörde. Ob Museen infolge oder in Zusammenhang mit der Kulturgutschutznovelle mit vermehrten Abwanderungen rechnen müssen, hängt maßgeblich davon ab, ob und in welchem Umfang sie über Leihgaben verfügen. Zwar hat gerade der Fall Baselitz gezeigt, dass die Sorge der Eigentümer um den Erhalt ihrer Leihgaben unbegründet, teils sogar irrational ist. Dennoch ist nicht auszuschließen , dass der Vertrag über eine Leihgabe, deren Verkauf ins Ausland geplant war, gegebenenfalls vorzeitig gekündigt wird. Nach dem vorliegenden Referentenentwurf ist es so, dass der Leihgeber jederzeit mit der Kündigung des Vertrags das Kulturgut aus dem gesetzlichen Schutz herausnehmen kann und darüber hinaus auf diesen Schutz bereits bei Vertragsschluss verzichten kann. Es gibt also weder für Sammler noch für Kunstschaffende Grund zur Befürchtung, dass sie die Verfügungshoheit über ihre Werke verlieren, nur weil diese sich als Dauerleihgabe in einer öffentlichen Sammlung befinden. Zeitgenössische Kunst wird bislang nicht als national wertvolles Kulturgut eingetragen, sodass ein Teil der Museumsbestände in Rheinland-Pfalz ohnehin von der geplanten Novellierung des Kulturgutschutzgesetzes nicht betroffen wäre. Dem Museumsverband ist aktuell von keinem der wenigen Kunstmuseen, aber auch von keinem der stadtgeschichtlichen Museen mit Kunstsammlungen bekannt, dass Leihgaben von Künstlern zurückgezogen wurden bzw. werden sollen. Auch die rheinland-pfälzischen Landesmuseen verfügen – in unterschiedlichem Umfang – über Leihgaben oder betreuen private Sammlungen. Ob und inwieweit mit einem Abzug der Kunstwerke zu rechnen ist, kann nicht vorhergesagt werden; nach derzeitigem Kenntnisstand wird jedoch nicht damit gerechnet. Zu Frage 3: Erfasst wird nur die Genehmigung als solche. Eine Ausfuhrgenehmigung kann dabei mehrere Exponate erfassen. Die entsprechenden Angaben ergeben sich aus der nachfolgenden Tabelle: Im laufenden Jahr 2015 wurden bisher zwei Ausfuhranträge genehmigt. In Vertretung: Prof. Dr. Thomas Deufel Staatssekretär 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 3 5 8 4 3 6 6 7 2 4