Drucksache 16/5477 18. 08. 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Christine Schneider und Arnold Schmitt (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Jakobskreuzkraut I Die Kleine Anfrage 3613 vom 23. Juli 2015 hat folgenden Wortlaut: Die Gefährdung von Tieren durch Jakobskreuzkraut ist bisher hauptsächlich bei Pferden bekannt, wo es auch zu Todesfällen kommen kann. Aus Schleswig-Holstein ist zu hören, dass zwei Rinder wegen der Aufnahme von Jakobskreuzkraut verendet sind. Die Rinder standen auf Naturschutzflächen. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Hat die Verbreitung von Jakobskreuzkraut in Rheinland-Pfalz zugenommen? 2. Gibt es „hot spots“ und in welchen Bereichen, Wirtschaftsformen bzw. Regionen sind diese zu finden? 3. Was fördert die Verbreitung von Jakobskreuzkraut? 4. Inwiefern spielt die Extensivierung von Weideflächen hier eine Rolle bei der Verbreitung? 5. Was kann zur Bekämpfung bzw. zur Vermeidung einer weiteren Ausbreitung unternommen werden? 6. Welche Vorgaben hat der Landesbetrieb Mobilität hinsichtlich der Bekämpfung und Verbreitung von Jakobskreuzkraut auf Straßenrändern, Autobahnböschungen etc.? Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 14. August 2015 wie folgt beantwortet: Zunächst ist festzustellen, dass Weidetiere aufgrund ihres natürlichen Vermeidungsverhaltens das Jakobskreuzkraut in der Regel nicht fressen. Dies vorweggeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Das Jakobskreuzkraut (JKK) ist eine in Rheinland-Pfalz einheimische Pflanzenart, die sehr verbreitet vorkommt. JKK tritt in allen Regionen des Landes auf. Von einer regionalen Ausbreitung kann nicht gesprochen werden, wohl aber von einer Zunahme des Besatzes innerhalb der rheinland-pfälzischen Regionen. Erhebungen, die genauere Zahlen hinsichtlich der Zunahme liefern, liegen nicht vor. Es kann aber festgestellt werden, dass nicht nur das JKK zugenommen hat, sondern auch andere heimische Kreuzkraut-Arten, wie z. B. Wasserkreuzkraut und Raukenblättriges Kreuzkraut, die häufig mit JKK verwechselt werden. Zu Frage 2: Generell tritt JKK in den wärmeren, trockeneren Regionen des Landes stärker auf (östliches Rheinland-Pfalz, wärmere Flusstäler). Folgende Standorte weisen oft höhere Besatzstärken von JKK auf: – Ruderal- und Störstellen aufgrund von Bodenbewegungen, wie z. B. neue Gewerbe- oder Baugebiete, Lagerplätze, Straßen- und Wegränder unmittelbar nach dem Straßenneubau, Abbauflächen, Deponieflächen mit aufgeschüttetem Boden, Flächen unmittelbar nach Flurbereinigungen. – Brachflächen, insbesondere junge Brachen (Ackerland, Weinberge, Grünlandbrachen). Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 28. September 2015 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/5477 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode – Grünlandflächen mit unzureichender Pflege bzw. Nutzung, z. B. überweidete Flächen mit stärkeren Trittschäden oder zu schwach beweidete Flächen mit Brachecharakter, Grünland mit Wildschweinschäden, nicht oder zu spät gemähte Wiesen, Wiesen mit zu tiefem Schnitt, Umwandlungsflächen von Acker in Grünland. Zu Frage 3: Die Voraussetzung der Etablierung von JKK ist offener Boden ohne konkurrenzstarke Gräser und Kräuter. Solche offenen Flächen entstehen durch Zerstörung der geschlossenen Pflanzendecke (Bautätigkeit, Bewirtschaftungsfehler). Auf Grünland sind meist ein zu hoher Tierbesatz auf Weiden und Trittschäden durch die Tiere die Ursache für offenen Boden. Samenzuflug setzt meist von größeren JKK-Beständen auf den in der Antwort zu Frage 2 genannten Standorten ein. Unterlassene Pflegemaßnahmen ermöglichen dann die Besiedelung von Grünlandflächen (Weiden und Wiesen). Zu Frage 4: Eine zu starke, nicht fachgerechte Extensivierung von Grünlandflächen kann zu Lücken in der Bodenbedeckung und offenen Stellen führen. Dort können sich dann konkurrenzschwächere Pflanzenarten, wie z. B. auch JKK, ansiedeln und verbreiten. Von größerer Bedeutung sind jedoch die bereits unter Antwort zu Frage 3 angesprochenen Bewirtschaftungsfehler. Zu Frage 5: Um die Ausbreitung des JKK zu verhindern, werden Anstrengungen unternommen, den Samenflug zu verringern und die Ansiedlung zu erschweren. Dazu beraten und informieren die Dienstleistungszentren Ländlicher Raum (DLR) intensiv über die Gefährdung durch JKK und die entsprechenden Bekämpfungsmethoden. Zur Verhinderung der Samenbildung des JKK müssen befallene Flächen spätestens bei Blühbeginn gemäht bzw. gemulcht werden. Auf Weideflächen muss eine Nachmahd erfolgen. Schwacher Besatz bzw. Einzelpflanzen können ausgerissen oder -gestochen werden. Durch zweimaliges Mähen pro Jahr lassen sich die Samenbildung und damit die Ausbreitung verhindern. Mähen vor der Blüte führt zu einem verstärkten Wiederaustrieb von JKK-Pflanzen und soll vermieden werden. Am effektivsten kann der Samenflug durch Abmähen der Pflanze während ihrer Blüte eingeschränkt werden. Um die Ansiedlung von JKK zu verhindern, ist die Erhaltung einer ordnungsgemäßen Grünlandbewirtschaftung mit einer bodendeckenden Grasnarbe am förderlichsten. Folgende Maßnahmen eignen sich hierfür: – angepasste Düngung, – zeitgerechte Schnittmaßnahmen, – permanente Nachsaaten bei Narbenschäden, – früher Weidebeginn bzw. frühe Mahd, – Vermeidung von Trittschäden und offenem Boden durch optimale Tierbesatzdichten, – ggf. Nachmahd. Zu Frage 6: In Kooperation des Landesbetriebs Mobilität Rheinland-Pfalz (LBM) und des DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück (DLR RNH), das für die Koordinierung der JKK-Bekämpfung zuständig ist, werden gemeinsame Maßnahmen zur Verhinderung und Verringerung der Ausbreitung von JKK durchgeführt. So wurde ein Verfahren installiert, welches die gezielte Bekämpfung von JKK auf vom LBM unterhaltenen Flächen ermöglicht. Gemeldete Vorkommen von JKK an Straßenrändern in Grünlandregionen bzw. in der Umgebung von Pferdeweiden werden von den Beratern der DLR verifiziert, um Verwechslungen mit zahlreichen anderen, ebenfalls gelb blühenden Pflanzenarten zu vermeiden. Bestätigte Funde werden zentral über das DLR RNH an den LBM gemeldet. Meldungen erfolgen auch durch das Landespflegepersonal des LBM. Der LBM führt zur Zeit der JKK-Blüte umgehend gezielte Mäharbeiten an den gemeldeten Stellen durch. Mitarbeiter des LBM werden auf Fortbildungsmaßnahmen laufend durch Fachpersonal des DLR RNH geschult. Bei der Begrünung von Straßenböschungen durch Gras- und Kräutersamen wird zudem darauf geachtet, dass das verwendete Saatgut keine Verunreinigungen durch Samen nicht erwünschter Pflanzenarten enthält. Die Saatguthersteller garantieren verunreinigungsfreies Saatgut. JKK wurde und wird in den Saatgutmischungen im Bereich der Straßenbauverwaltung nicht verwandt. Ulrike Höfken Staatsministerin