Drucksache 16/5499 19. 08. 2015 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Arnold Schmitt (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Exotische Pflanzen in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage 3640 vom 28. Juli 2015 hat folgenden Wortlaut: Von vielen Seiten mehren sich die Äußerungen, dass exotische Arten bei Pflanzen und Tieren unsere heimischen Arten verdrängen und zu weiteren Problemen führen. Ich frage die Landesregierung: 1. Welche exotischen Arten, die nach Rheinland-Pfalz eingewandert sind, die welche Probleme verursachen, sind der Landesre gierung bekannt? 2. In welchen Lebensräumen verbreiten sich diese Arten besonders schnell? 3. Welche Ursachen sieht die Landesregierung für die vermehrte Ausbreitung dieser Arten? 4. Welche Rolle spielen stillgelegte oder nicht mehr bewirtschaftete Flächen in diesem Zusammenhang? 5. Wie wirkt sich weitere Stilllegung, wie beispielsweise im Nationalpark, auf die Verbreitung exotischen Arten aus? 6. Welche Gegenmaßnahmen ergreift die Landesregierung um die Ausbreitung exotischer Arten zu verhindern? 7. Wie sieht die Landesregierung die zukünftige Entwicklung im Bezug auf die Ausbreitung exotischer Arten? Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 18. August 2015 wie folgt beantwortet: Den Begriff „exotische Arten“ enthält das Bundesnaturschutzgesetz nicht. Vorspann und Fragen der Kleinen Anfrage beziehen sich offenbar auf Neobiota. Hierunter sind Tierarten (Neozoen) und Pflanzenarten (Neophyten) zu verstehen, die von Natur aus nicht in Deutschland vorkommen, sondern erst durch den Menschen hierher verbracht worden sind. Bei den nicht einheimischen Arten, die sich in der heimischen Natur ausbreiten, wird unterschieden zwischen den Neobiota, die kaum Schäden in der Natur verursachen und den invasiven Arten nach § 7 Abs. 2 Nr. 9 Bundesnaturschutzgesetz (BNatschG), die heimische Arten verdrängen können. Arten von denen gesundheitliche Gefahren ausgehen gelten im Sinne des Naturschutzes nicht als invasive Arten, da von ihnen kein Bedrohungspotenzial für Tier- und Pflanzenarten besteht. Die EU hat hierzu die Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 des europäischen Parlaments und des Rats über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver, gebietsfremder Arten vom 22. Oktober 2014 erlassen. Das Bundesnaturschutzgesetz muss an diese europäischen Vorgaben angepasst werden. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Beispiele für im Land vorkommende Neozoen sind: Nutria, Mink, Waschbär, Marderhund, Kanadische Biber, Höckerschwäne, Nilgänse, Kanadagänse, amerikanische Flusskrebsarten, Bienenstockkäfer, Kirschessigfliege, Maiswurzelbohrer und Varroa-Milben. Beispiele für im Land vorkommende Neophyten sind: Herkules-Staude, Ambrosia artemisiifolia, Orientalisches Zackenschötchen, Kanadisches Berufskraut, Goldrutenarten, Staudenknöterich und Indisches Springkraut. Neozoen können sich in der Landwirtschaft bzw. in der Bienenhaltung zu problematischen Schädlingen entwickeln (z. B. Varroa-Milbe als Bienenparasit und Kirschessigfliege als Großschädling in Obst und Wein). Neophyten können konkurrenzstarke Unkräuter darstellen und bestimmte Lebensgemeinschaften bzw. heimische Arten verdrängen. Teilweise können diese Arten auch Gesundheitsgefährdungen auslösen (z. B. Herkulesstaude oder Ambrosia). Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 5. Oktober 2015 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/5499 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu Frage 2: Besondere Ausbreitungsschwerpunkte von Neophyten sind die Gewässerauen. Andere Neophyten treten stärker in den wärmeren, trockeneren Regionen des Landes auf (östliches Rheinland-Pfalz, wärmere Flusstäler). Folgende Standorte weisen oft größere Bestände auf: – Ruderal- und Störstellen aufgrund von Bodenbewegungen, wie z. B. neue Gewerbe- oder Baugebiete, Lagerplätze, Straßen- und Wegränder unmittelbar nach dem Straßenneubau, Abbauflächen, Deponieflächen mit aufgeschüttetem Boden, Flächen unmittelbar nach Flurbereinigungen – Brachflächen, insbesondere junge Brachen (Ackerland, Weinberge, Grünlandbrachen) Zu Frage 3: Nicht heimische Arten breiten sich in Europa im Zuge der hohen Mobilität des Menschen, der durch ihn gegebenen Verkehrswege und dem Klimawandel aus. Die Arten werden meist unbeabsichtigt in die Natur ausgebracht. Nur in wenigen Fällen erfolgt eine direkte Ausbringung in die Natur. Zu Frage 4: Stillgelegte oder nicht mehr bewirtschaftete Flächen können sich mindestens zu temporären Reservoiren für bestimmte Arten entwickeln – vor allem wenn Störstellen und offener Boden auftreten. Allerdings findet auf aus der Produktion genommenen Flächen auch eine natürliche Sukzession statt, bei der sich auch heimische Arten gegenüber den Neophyten durchsetzen können. Generell sind dichte und stabile Bestände weniger anfällig für die Ausbreitung von Neophyten. Auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage 3613 wird ergänzend verwiesen. Zu Frage 5: Konkret bezogen auf den Nationalpark sind nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 des Staatsvertrags zwischen dem Land Rheinland-Pfalz und dem Saarland über die Errichtung und Unterhaltung des Nationalparks Hunsrück-Hochwald die Lebensräume heimischer Tier- und Pflanzenarten zu erhalten und zu entwickeln, soweit dies mit dem Prozessschutz und den europäischen Vorgaben vereinbar ist. Da Neophyten in den Mittelgebirgslagen nicht häufig verbreitet sind, ist mit negativen Folgen im Nationalpark nicht zu rechnen. Insbesondere die Beschattung durch Bäume verhindert den Aufwuchs von Neophyten. Zu Frage 6 und 7: Das Land führt verschiedene Maßnahmen durch, um die Verbreitung von Neobiota zu verhindern bzw. zu begrenzen. So werden bspw. Kanadische Biber gefangen und kastriert. Das Indische Springkraut wird in einem erfolgsversprechenden Pilotprojekt durch gezielte Beweidung und Mahd zurückgedrängt. Schäden an den Vorkommen der Wassernuss durch Nutria und Höckerschwäne wird durch Wiederansiedlungen und Erhaltungszuchten der Wassernuss am Oberrhein begegnet. Kanadagänse und Nilgänse unterliegen dem Jagdrecht entsprechend den Vorgaben der Richtlinie 2009/147/EG. Daneben führt das Land Aufklärungskampagnen besonders bei gesundheitsgefährdenden Neophyten durch, richtet Meldestellen ein und koordiniert die Bekämpfung (z. B. Ambrosia). In Vertretung: Dr. Thomas Griese Staatssekretär