Drucksache 16/5519 26. 08. 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Elisabeth Bröskamp (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen Unterschiedliche Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen in Rheinland-Pfalz – 2. Kinder- und Jugendbericht in Rheinland-Pfalz Die Kleine Anfrage 3659 vom 5. August 2015 hat folgenden Wortlaut: „Child-Well-being“ ist der international gebräuchliche Begriff für die Rechte der Kinder, wie sie die UN-Kinderrechtskonvention im Jahr 1989 festgeschrieben hat. Kinder sind hier definiert als Menschen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Die 54 Artikel der UN-Kinderrechtskonvention wurden von der UNICEF in zehn Grundrechte für Kinder zusammengefasst (United Nations 2000). Zu diesen Grundrechten zählt das Recht auf eine sichere Umgebung ohne Diskriminierung, das Recht auf Zugang zu sauberem Wasser, zu Nahrung, medizinischer Versorgung und Ausbildung sowie auf Mitsprache bei Entscheidungen. Jungen Menschen soll eine Umgebung geboten werden die ihnen hilft, das Beste aus ihrem Leben zu machen (Verwirklichungschancen). Ein weiterer Forschungszweig, in dem das Well-being von Kindern thematisiert wird, ist die Kinderarmutsforschung. Die Lebensbedin - gungen unter denen Kinder auch in Rheinland-Pfalz aufwachsen sind sehr unterschiedlich. Je schlechter die Lebensbe dingungen, desto höher die Wohlfahrtsleistungen. Ich frage die Landesregierung: 1. Was versteht man unter den Dimensionen der Lebensbedingungen, Wohlfahrtsleistungen und Handlungsräumen für Kinder in Rheinland-Pfalz? 2. Wie erklärt sich die Landesregierung die verschiedenen Standardpunktzahlen zu dem Index Lebensbedingungen in RheinlandPfalz ? 3. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, um für alle Kinder in allen Regionen in Rheinland-Pfalz gleichwertige Lebens - bedingungen zu schaffen? 4. Welche Erklärung hat die Landesregierung in der Erkenntnis durch den 2. Kinder- und Jungendbericht, dass alle rheinland-pfälzi - schen Städte überdurchschnittliche Werte bei der Dimension von Wohlfahrtsleistungen ausweisen? Das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 26. August 2015 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Das Indikatorenkonzept „Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen“, das zur Strukturierung und Deutung der Lebenssituationen von Kindern und Jugendlichen in den einzelnen Gebietskörperschaften des Landes (regional differenzierte Sozialberichterstattung ) dient, besteht aus den drei Dimensionen „Lebensbedingungen“, „Wohlfahrtsleistungen“ und „Handlungsräume“; sie zusammen bilden den Gesamtindex „Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen“ (WKJ-Index). Die Dimension „Lebensbedingungen “ thematisiert wie schon im ersten Kinder- und Jugendbericht die äußeren (objektiv messbaren und darstellbaren) Umstände , unter denen Kinder und Jugendliche groß werden. Dabei erfolgt eine Konzentration auf zwei wichtige Determinanten für Lebensbedingungen: „demografische Aspekte und ökonomische Faktoren.“ (vgl. 2. Kinder- und Jugendbericht, S. 211) Mit der Dimension „Wohlfahrtsleistungen“ steht „der Beitrag sozialstaatlicher Leistungen und ihr struktureller Einfluss auf die Verwirklichungschancen junger Menschen“ im Fokus (vgl. a. a. O). Hilfen zur Erziehung, Jugendarbeit, Schule und Kindertagesbetreuung Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 7. Oktober 2015 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/5519 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode sind hier die entscheidenden Indikatoren, die in die Dimension „Wohlfahrtsleistungen“ eingehen. Mit der dritten Dimension „Handlungsräume “ wird abgebildet, welche Handlungsmöglichkeiten und -perspektiven junge Menschen in ihren Lebensräumen haben. „Im zweiten Kinder- und Jugendbericht werden in der dritten Dimension Handlungsräume des WKJ-Index, wie bereits im ersten Bericht, objektivierbare Voraussetzungen für Handlungsräume von Kindern und Jugendlichen in den Regionen von RheinlandPfalz abgebildet. Auf der Basis der von den Jugendlichen im Jugendworkshop und in der Befragung selbst generierten Themen werden in dieser Dimension objektive Bedingungen für Verwirklichungschancen und Handlungsperspektiven der jungen Menschen herausgearbeitet. [...] Aus den Selbstauskünften der jungen Menschen gingen die Themen (sozialer) Erfahrungsraum Schule, Armut und der Themenkomplex Rassismus, Diskriminierung und respektloses Verhalten als relevante Aspekte hervor, die sich auf ihr subjektives Wohlbefinden und persönliche Handlungsräume auswirken. Daher wurden für die Dimension Handlungsräume neue Indikatoren [...] in den Bereichen ‚schulische Ausbildung‘, ,abweichendes Verhalten‘ und ,materielle Lage‘ gebildet. Eine weitere, aufgrund der Selbstauskünfte der jungen Menschen notwendige Ergänzung erhält die Dimension Handlungsräume durch den Indi kator ,Mobilität‘. Die Jugendlichen wiesen auf die Einschränkung der Handlungsräume hin, die sich aus einem unzureichenden Angebot vor allem im Bereich des Öffentlichen Personennahverkehrs ergeben kann“ (vgl. 2. Kinder- und Jugendbericht, S. 212 f.). Zu Frage 2: In die Dimension „Lebensbedingungen“ gehen, wie zuvor ausgeführt, als Hauptindikatoren die Demografie respektive die demografische Entwicklung ein (zugrunde liegende Kennzahlen: Anteil der bis unter Sechsjährigen an der Gesamtbevölkerung; Anteil der Altersgruppe 14 bis unter 18 Jahre an der Gesamtbevölkerung; Verhältnis der Personen im Alter von 65 Jahren und älter zur erwerbstätigen Bevölkerung im Alter von 18 bis unter 65 Jahren [Altersquotient]; Geburten je 1 000 Einwohner; Bevölkerungsvorausberechnung für die unter 21-Jährigen bis 2020; Wanderungssaldo im Alter von unter 18 Jahren) sowie ökonomische Faktoren (zugrunde liegende Kennzahlen: Verfügbares Einkommen je Einwohner; Wohngeldempfänger; eröffnete Insolvenzen; Empfänger von Sozialgeld im Alter von unter 15 Jahren; Arbeitslose im Alter von 15 bis unter 25 Jahren; Anteil von AlleinerziehendenBedarfsgemeinschaften an allen Beschäftigten [Wohnortprinzip]; durchschnittliche Höhe des Elterngeldanspruchs im ersten Bezugs - monat) ein. (vgl. 2. Kinder- und Jugendbericht, S. 216 f.). Die demografische Entwicklung und die ökomischen Faktoren sind in den Regionen des Landes unterschiedlich ausgeprägt, daraus erklären sich die unterschiedlichen Standardpunktzahlen. Zu Frage 3: Die Landesregierung trägt mit ihren Programmen und Maßnahmen dazu bei, dass alle jungen Menschen umfassend gefördert werden. Für die rheinland-pfälzische Jugendpolitik spannt sich dabei der Bogen der Aufmerksamkeit von dem Aspekt der zukünftigen qualifizierten Arbeitskraft über die mitgestaltende Staatsbürgerin, den mitgestaltenden Staatsbürger bis hin zu dem jungen Menschen als Subjekt universaler Menschenrechte. Wichtig ist in diesem Kontext, dass die Landesregierung die Perspektive der jungen Menschen, wie sie der Bericht herausgearbeitet hat, aufgreift und sie in die Überlegungen der unterschiedlichen Ressorts zu einer Politik für die Jugend einfließen lässt, einschließ - lich der Forderung u. a. nach Verbesserung der Mobilität bzw. der öffentlichen Nahverkehrsangebote, speziell auch jenseits des Berufsverkehrs. Die Infrastrukturpolitik für die Jugend sieht sie eng verbunden mit dem öffentlichen Gestaltungsauftrag und mit der örtlichen Planung für die „soziale Infrastruktur Jugendarbeit“. Die Landesregierung will in der konkreten Infrastrukturpolitik die Jugendarbeit stärken und damit Akzente zu einer umfassenden Jugendförderung setzen. Die Landesregierung wird der Situation der jungen Menschen in den strukturschwachen ländlichen Räumen verstärkt Aufmerksamkeit widmen. Dabei hat auf der örtlichen Ebene vor allem die kommunale Jugendhilfeplanung als gesetzlich vorgegebenes Analyse- und Gestaltungsinstrument eine besondere Bedeutung. Die Landesregierung will deshalb dazu beitragen, dass Planungsinstrumente für die differenzierte Bewältigung der öffentlichen Verantwortung für das Aufwachsen gestärkt werden. Zu Frage 4: Städte ziehen – das zeigte auch schon der erste Kinder- und Jugendbericht – deutlich mehr Bevölkerung an als ländliche Regionen. Die Zusammensetzung der Bevölkerungsschichten differenziert sich aufgrund der Zuwanderung mit Blick auf sozial bzw. ökonomisch schwächere, aber auch ökonomisch stärkere Gruppen weiter aus. Die Städte reagieren bzw. gestalten aktiv mit wohlfahrtsstaatlichen Leistungen (auf) diese „soziale Spreizung“. Daher kommt die Expertenkommission des 2. Kinder- und Jugendberichts zu der Aussage: „In den Städten liegen damit insgesamt ein größeres Angebot und eine deutlich höhere Inanspruchnahme wohlfahrtsstaatlicher Leistungen vor, zumindest in den Bereichen Hilfen zur Erziehung, Jugendarbeit, Schule und Kindertagesbetreuung“ (2. Kinder- und Jugendbericht, S. 220). Irene Alt Staatsministerin