Drucksache 16/5686 13. 10. 2015 Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 19. November 2015 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Martin Brandl und Dr. Norbert Mittrücker (CDU) und A n t w o r t des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung Gutachten für die Landesregierung zur „Kraftwerksstilllegung zur Emissions-reduzierung und Flexibilisierung des deutschen Kraftwerksparks“ Die Kleine Anfrage 3760 vom 24. September 2015 hat folgenden Wortlaut: Das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung hat am 1. September 2015 ein von der Landesregierung bestelltes Gutachten vorgestellt, in dem die vorzeitige Stilllegung von 99 Kohlekraftwerksblöcken gefordert wird. Hierzu fragen wir die Landesregierung: 1. Mit welchen Überlegungen zum Nutzen für die Energiepolitik in Rheinland-Pfalz hat die Landesregierung dieses Gutachten bestellt? 2. Wie hoch waren die Kosten für das Gutachten? 3. In welcher Weise hat die Landesregierung geprüft, ob es sinnvoll und fair ist, gutachterliche Empfehlungen auszusprechen, die zu Verlusten von Arbeitsplätzen in fast allen Bundesländern außer in Rheinland-Pfalz führen? 4. Wie beurteilt die Landesregierung die Notwendigkeit, den Prozess der Energiewende mit dem Bund und zwischen den Ländern abzustimmen und zu koordinieren und dabei die Interessen der verschiedenen Bundesländer auszugleichen? Das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung hat die Kleine Anfrage namens der Landesregierung mit Schreiben vom 7. Oktober 2015 wie folgt beantwortet: Im Auftrag des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung (MWKEL) haben das Institut für ZukunftsEnergieSysteme (IZES gGmbH), Saarbrücken, und Herr Prof. Dr. Stefan Klinski von der Hochschule für Wirtschaft und Recht, Berlin, eine Studie zu den Möglichkeiten und Auswirkungen einer vorzeitigen Stilllegung von Braun- und Steinkohlekraftwerken zur Minderung klimaschädlicher Treibhausgase sowie zur Flexibilisierung des deutschen Kraftwerksparks erstellt. Im Rahmen der Studie konnte eindeutig gezeigt werden, dass ein rascher Ausstieg aus der Kohleverstromung möglich ist. Die dadurch erzielbare Minderung an Treibhausgasemissionen kann einen entscheidenden Beitrag zum Erreichen unserer nationalen Klimaschutzziele leisten. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Zu Frage 1: Der Klimaschutzaktionsplan 2020 der Bundesregierung, der Ende des vergangenen Jahres vorgestellt wurde, zeigt sehr deutlich, dass der Stromerzeugungssektor einen wesentlich höheren Beitrag zur Einsparung von Treibhausgasen als bisher leisten muss, wenn wir das nationale Klimaschutzziel einer Verminderung der Treibhausgasemissionen um 40 % im Vergleich zum Basisjahr 1990 noch erreichen wollen. Insbesondere für das Langfristziel einer Treibhausgasreduktion um 80 bis 95 % bis 2050 müssen noch weitaus höhere CO2-Einsparungen in der Stromerzeugung realisiert werden. Als Bundesland mit ambitionierten Energie- und Klimaschutzzielen haben wir uns in diese bundesweite Debatte mit der wissenschaftlichen Studie zu den Möglichkeiten und Auswirkungen eines vorzeitigen Ausstiegs aus der Braun- und Steinkohleverstromung in Deutschland eingebracht. Drucksache 16/5686 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Die Studie umfasst eine energiewirtschaftliche Analyse der zu erwartenden Auswirkungen eines schrittweisen Ausstiegs aus der Kohleverstromung bis zum Jahr 2040 u. a. auf die Versorgungssicherheit, auf die Stromkosten, die volkswirtschaftlichen Mehraufwendungen und die energiebedingten CO2-Emissionen sowie eine juristische Analyse der für einen vorzeitigen Kohleausstieg zur Verfügung stehenden rechtlichen und finanziellen Optionen. Zu Frage 2: Die Kosten für die Studie belaufen sich auf insgesamt 170 650 Euro zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer. Zu Frage 3: Der Ausstieg aus der Braun- und Steinkohle – ob nun vorzeitig oder über einen längeren Zeitraum hinweg – wird als Folge des Umbaus unserer Energieversorgung hin zu einem dezentralen, auf regenerativen Energien beruhenden Energiesystem mit einem Verlust von Arbeitsplätzen in der Kohleförderung und -verstromung verbunden sein. Durch einen frühzeitig geplanten Transformationsprozess mit flankierenden regionalspezifischen strukturpolitischen Maßnahmen muss eine langfristige Planungsperspektive geschaffen werden, damit sich alle Beteiligten darauf rechtzeitig einstellen und möglicherweise auftretende soziale Härten abgefedert werden können. Aktionen, die auf das Hinauszögern einer unvermeidlichen Strukturänderung abzielen, wären hier kontraproduktiv . Darüber hinaus werden durch den weiteren Zubau der Erneuerbaren Energien in den kommenden Jahren viele Arbeitsplätze geschaffen, die zur Kompensation der Arbeitsplatzverluste bei der Kohleverstromung beitragen werden. Zu Frage 4: Die Koordination und Steuerung der Energiewende auf nationaler Ebene erfolgt zuallererst durch die Bundesregierung, die die nationalen Energiewendeziele definiert und die auf Grund der ihr vom Grundgesetz verliehenen gesetzgeberischen Kompetenzen auch die zur Erreichung der nationalen Energiewendeziele notwendigen energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen schaffen muss. Bei der Jahreskonferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 24. bis 26. Oktober 2012 bekräftigten die Länder, dass Netzausbau, Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie Ausbau der Speicher aufeinander abzustimmen sind. In der Umsetzung dieses Beschlusses stimmen sich Bund und Länder kontinuierlich zu zentralen Fragen der Energiewende ab. Die Umsetzung der Energiewende ist Gegenstand der Beratungen bei Treffen der Bundeskanzlerin und des Bundeswirtschaftsministers mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder. Die zuständigen Ministerinnen und Minister von Bund und Ländern beraten zudem auf der Ebene von regelmäßigen Fachministerkonferenzen (z. B. Wirtschaftsminister-konferenz, Ministerkonferenz für Raumordnung oder Umweltministerkonferenz) halbjährlich die nächsten Schritte der Energiewende. Rheinland-Pfalz steht auf der Fachebene u. a. im Rahmen der Plattformen beim BMWi, wie z. B. Strommarkt, Energieeffizienz, Gebäude, Energienetze, Forschung und Innovation, aber auch des Bund-Länder-Gesprächskreis EEG und der Bund-Länder-Initiative Windenergie im regen fachlichen Austausch mit den anderen Bundesländern. Darüber hinaus bringen sich die Bundesländer im Rahmen von Gesetzgebungsverfahren im Bundesrat aktiv und konstruktiv in den Energiewendeprozess ein. Eveline Lemke Staatsministerin