Drucksache 16/5692 15. 10. 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Michael Hüttner und Astrid Schmitt (SPD) und A n t w o r t des Ministeriums des Innern, für Sport und Infrastruktur Agieren der EU-Kommission in Sachen Bahnlärm Die Kleine Anfrage 3765 vom 24. September 2015 hat folgenden Wortlaut: Wie während der Sommerpause der medialen Berichterstattung zu entnehmen war, hat sich die EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc an den Bundesverkehrsminister gewandt und angemahnt, dass Deutschland zunächst keine eigenen Schritte zur Reduzierung des Bahnlärms ergreifen solle. Stattdessen bitte sie darum, auf eine gesamteuropäische Lösung im Jahr 2022 zu warten. Im Koalitionsvertrag der Regierungskoalition auf Bundesebene ist jedoch das Ziel festgeschrieben, den Bahnlärm bereits bis 2020 u. a. durch das Verbot lauter Güterwaggons zu halbieren. Berichten der Rhein-Main-Presse vom 10. September 2015 zufolge haben Bürgerinitiativen erste Unterschriftensammlungen gegen das Vorgehen der EU-Kommission gestartet. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. Was ist der Landesregierung zu der Initiative auf EU-Ebene bekannt, auf die die Kommissarin verweist? 2. Wie bewertet die Landesregierung aus rheinland-pfälzischer Sicht den Vorstoß aus Brüssel, insbesondere vor dem Hintergrund der nationalen Planungen? 3. Ist die EU-Kommission nach Einschätzungen der Landesregierung, auch aus Zuständigkeitsgesichtspunkten, befugt, der Bundes - republik Deutschland und Rheinland-Pfalz bei diesem Thema verbindliche Vorgaben zu machen? 4. Welche Strategie erachtet die Landesregierung im Bemühen um die Reduzierung von Bahnlärm, insbesondere im Mittelrheintal , als zielführend? Das Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 14. Oktober 2015 wie folgt beantwortet: Zu den Fragen 1 und 2: Der Landesregierung ist der Brief der EU-Verkehrskommissarin, Frau Bulc, an Bundesverkehrsminister Dobrindt vom 12. Juni 2015 bekannt. Sie ist über den Inhalt enttäuscht. Denn die mit der Absicht der Bundesregierung zu Betriebsbeschränkungen bzw. Fahrverboten für laute Güterwagen ab 2020 verbundene Entlastung der Bahn-Anlieger kommt im Grunde bereits zu spät. Eine weitere Verzögerung wäre der Bevölkerung weder vermittelbar noch könnte sie von der Landesregierung akzeptiert werden. Die Landesregierung hat die Verkehrskommissarin daher gebeten, in ihrer Politik den in der europäischen Charta der Grundrechte bereits in Artikel 3 verankerten Anspruch auf Unversehrtheit mindestens gleichrangig mit verkehrlichen Aspekten zu berücksichtigen . Die Pläne Deutschlands zur Einführung von Durchfahrverboten spätestens ab 2020 sollten aktiv unterstützt werden und die europäischen Überlegungen vorgezogen werden. Vor diesem Hintergrund begrüßt die Landesregierung auch grundsätzlich den inzwischen bekannt gewordenen Gesetzentwurf des Bundes zur Lärmverminderung im Schienengüterverkehr ab 2020. Wenn er offiziell vorliegt, wird es nach einer näheren Prüfung und Diskussion mit anderen Ländern hierzu sicherlich noch Verbesserungsvorschläge geben. Über die in dem Bulc-Brief angekündigte Mitteilung der Kommission zu einer umfassenden Strategie für die kommenden Jahre ist der Landesregierung inhaltlich derzeit nichts bekannt. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 19. November 2015 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/5692 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Zu Frage 3: Die bisher zur Benutzung der Schienenstrecken geltende EU-Richtlinie 2012/34 stellt bereits eine Vorgabe dar, die mit der Eisenbahninfrastruktur -Benutzungsverordnung bzw. dem geplanten Eisenbahnregulierungsgesetz in nationales Recht umzusetzen ist. Zu einem Verbot lauter Güterwagen enthält diese Richtlinie keine Regelungen. Sie erlaubt allerdings die Anrechnung umweltbezogener Kosten bei der Benutzung der Schienenstrecken. Aus Sicht der Landesregierung, gestützt durch das sogenannte Kramer-Gutachten, das sie zur Zulässigkeit von Betriebsbeschränkungen in Auftrag gegeben hatte, wäre ein Eingriff in die freizügige Nutzbarkeit der Schienenstrecken europarechtlich zulässig. Dabei wäre der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten, was der Gesetzentwurf des Bundes zu berücksichtigen versucht. Zu Frage 4: Nach Auffassung der Landesregierung stellt das Vorgehen des Bundes grundsätzlich einen Schritt in die richtige Richtung dar. Die Landesregierung begrüßt daher ausdrücklich, dass der Bundesverkehrsminister auf der Verkehrsministerkonferenz am 8. und 9. Okto - ber 2015 in Worms bekräftigt hat, das Gesetzesvorhaben alsbald umzusetzen, um dem Bahnsektor, insbesondere den ausländischen Wagenhaltern, die Ernsthaftigkeit deutlich zu machen und Rechtssicherheit zu bieten. Darüber hinaus hält es die Landesregierung dringend für erforderlich, durch die Anwendung weiterer lärmvermindernder Techno - logien entsprechend dem Stand der Technik die Lärmentstehung an der Quelle noch stärker zu bekämpfen. Hierzu hat die Landes - regierung der EU-Verkehrskommissarin Bulc eine Förderung aus europäischen Mitteln vorgeschlagen. Außerdem hatte sie bereits in Schreiben an Bundesverkehrsminister Dobrindt eine entsprechende Ausgestaltung des lärmabhängigen Trassenpreissystems empfohlen. Der Landesregierung ist durchaus bewusst, dass die Sensibilität der Bevölkerung betreffend den Bahnlärm nicht überall in Europa so stark ausgeprägt ist wie im Mittelrheintal. Umso wichtiger ist es, bereits national Pflöcke einzuschlagen und nicht auf europäische Lösungen zu warten, die nach unserer Überzeugung auch im Jahre 2022 nicht zu erwarten sind. Am effektivsten ist es, den Lärm an der Quelle zu bekämpfen. Damit kann flächendeckend ein spürbar besserer Schutz der Bevölkerung sichergestellt werden. Die Landesregierung setzt sich darüber hinaus für weitere Maßnahmen zur Verbesserung des Schutzes vor Verkehrslärm, zum Beispiel auch für Bestandsstrecken wie das Mittelrheintal, ein, die hierbei sämtliche Lärmeinwirkungen mitberücksichtigen . Roger Lewentz Staatsminister