LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode b. w. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 23. November 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Barbara Schleicher-Rothmund und Ingeborg Sahler-Fesel (SPD) und A n t w o r t des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Integration von Studierenden mit Flüchtlingshintergrund Die Kleine Anfrage 3769 vom 24. September 2015 hat folgenden Wortlaut: Unter den derzeit zu uns kommenden Flüchtlingen sind auch viele junge Menschen, die in ihren Herkunftsländern bereits studiert haben bzw. eine Studienbefähigung haben und dies geplant hatten. Wie die Hochschule Ludwigshafen, die im kommenden Winter - semester ihre Türen für Asylsuchende öffnet (Rheinpfalz vom 12. September 2015) versuchen viele Universitäten mit Sofortprogrammen zu helfen. In den Bundesländern gibt es diverse Überlegungen, wie studieninteressierte Flüchtlinge schnellst möglich in die Lage versetzt werden können, ihr Studium wieder aufnehmen bzw. beginnen zu können. Daher fragen wir die Landesregierung: 1. Welche Schritte plant die rheinland-pfälzische Landesregierung, um diese jungen Menschen schnell studierfähig zu machen? 2. Wie möchte die Landesregierung insbesondere dafür sorgen, dass die Sprachfähigkeit der jungen Flüchtlinge hergestellt wird? 3. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung für diese Studierenden, bereits in der Phase vor einem gesicherten Aufenthaltsstatus am universitären Leben teilnehmen zu können? 4. In welcher Form sollen diese jungen Studierenden sich finanzieren können? Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 15. Oktober 2015 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Die aktuelle Flüchtlingssituation erfordert nicht nur unbürokratische und humanitäre Hilfe, sondern es besteht auch die Chance, talentierten jungen Menschen eine Perspektive zu geben und Potenziale für den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort RheinlandPfalz zu nutzen. Durch ein schrittweises Vorgehen im Rahmen eines Fünf-Punkte-Plans wird die angesichts anhaltend hoher Studierendenzahlen bestehende Belastungssituation der Hochschulen berücksichtigt. Indem der Ausgleich fluchtbedingter Nachteile in den Mittelpunkt gestellt wird, bleiben die Qualitätsanforderungen für den Studieneinstieg sowie das Prinzip gleicher Bildungs - chancen gewahrt. Mit diesem Fünf-Punkte-Programm will das Wissenschaftsministerium gemeinsam mit den rheinland-pfälzischen Hochschulen dafür sorgen, dass Flüchtlinge und Asylsuchende, die im Land leben, möglichst schnell und unkompliziert ihr Studium fortsetzen oder aber bei entsprechender Eignung ein Studium überhaupt erst aufnehmen können. In Punkt 1 des Fünf-Punkte-Programms wird aktuell unter Federführung des Präsidenten der Hochschule Kaiserslautern, Prof. Dr. Konrad Wolf, ein Internetauftritt entwickelt, der zunächst in Englisch und Deutsch, später aber auch in anderen Sprachen alle relevanten Informationen für die Studienaufnahme von Flüchtlingen enthalten soll. Punkt 2 des Programms sieht vor, dass Flüchtlinge, deren aufenthaltsrechtlicher Status positiv geklärt wurde und die in ihrem Heimat land bereits ein Studium in den sogenannten MINT-Fächern (Mathematik, Naturwissenschaften, Informatik, Technik) begonnen hatten, an der Hochschule Kaiserslautern und an der Technischen Universität (TU) Kaiserslautern eine schnelle StudienDrucksache 16/5704 15. 10. 2015 Drucksache 16/5704 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode aufnahme ermöglicht wird. Sie werden nach einer unbürokratischen und komprimierten Aufnahmeprüfung am Studienkolleg in Kaiserslautern einen Deutsch-Intensivkurs erhalten, der maximal ein Jahr dauern soll, und können danach in ihr Fachstudium (wieder-)einsteigen. Bei englischsprachigen Studienangeboten ist kein Nachweis von Deutschkenntnissen nötig. Mit Eignungsgesprächen und Aufnahmeprüfungen soll auch denjenigen der Weg ins Studium ermöglicht werden, die zwar über eine entsprechende Vorbildung verfügen, nach ihrer Flucht aber keinerlei Zeugnisse aus der Heimat mehr vorlegen können. In einem nächsten Schritt sieht Punkt 3 des Programms vor, dass Flüchtlinge, die sich für ein MINT-Studium interessieren und eignen, nicht nur in Kaiserslautern, sondern auch an allen anderen Hochschulen des Landes die Möglichkeit erhalten, zu studieren. Mit Punkt 4 des Programms werden in einem weiteren Schritt für alle Fachrichtungen vorbereitende Sprachkurse, Eignungsgespräche , Eignungstests, Aufnahme- und Feststellungsprüfungen gezielt ausgebaut. Das Internationale Studienkolleg der Johannes Gutenberg-Universität Mainz hat bereits Vorbereitungen getroffen, damit zum Start des Programms auch Studienbewerberinnen und -bewerber anderer Fächer ihre Aufnahmeprüfung ablegen und ein Studium aufnehmen können. Punkt 5 des Programms richtet sich an bereits qualifizierte Akademikerinnen und Akademiker, die aus ihrer Heimat fliehen muss - ten. Um die Integration in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt zu fördern, sollen spezielle Angebote im Zusammenwirken mit der Bundesagentur für Arbeit, den Kammern und den Hochschulen entwickelt werden. Beispielsweise werden im Rahmen eines Modellprojekts ab Frühjahr/Sommer 2016 ca. 20 Teilnehmende mit natur- und ingenieurwissenschaftlichem Hochschulabschluss ihre fachlichen und fachsprachlichen Kompetenzen erweitern. Vorgesehen sind Präsenzphasen in der Hochschule Kaiserslautern und betreute Praxisphasen in Unternehmen. Diese Angebote sollen gezielt ausgebaut und weiterentwickelt werden. Zu Frage 2: Die Sprachfähigkeit junger Flüchtlinge soll durch Deutsch-Intensivkurse, die an den Studienkollegs in Kaiserslautern und Mainz neu eingerichtet werden, hergestellt werden. Zu Frage 3: Ein laufendes, noch nicht abgeschlossenes Asylverfahren gewährt kein Aufenthaltsrecht, sondern nur eine aufenthaltsrechtliche Gestattung. Dies beinhaltet jedoch kein Verbot zur Aufnahme eines Studiums, sondern bedeutet nur, dass ein aufgenommenes Studium wieder beendet werden müsste, sollte die Ausländerbehörde das Asylverfahren mit einer Negativentscheidung und anschließender Abschiebung beenden. Die Aufnahme eines Studiums einschließlich der erforderlichen Einschreibung an einer Hochschule vermittelt kein Aufenthaltsrecht . Ob ein Ausländer ein Aufenthaltsrecht besitzt und welcher konkreten Art dies ist, muss durch die jeweils zuständige Ausländerbehörde geklärt werden. Aus diesem Grund können Flüchtlinge bereits in der Phase vor einem gesicherten Aufenthaltsstatus am universitären Leben teilnehmen. Zu Frage 4: Eine Ausbildungsförderung für Flüchtlinge nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) ist bei Vorliegen eines aufenthaltsrechtlichen Titels grundsätzlich möglich. Durch eine voraussichtlich zum 1. Januar 2016 in Kraft tretende Änderung des BAföG wird die Mindestaufenthaltsdauer für geduldete Ausländerinnen und Ausländer von 4 Jahren auf 15 Monate verkürzt. Auch für die Teilnahme an vorbereitenden Sprachkursen besteht grundsätzlich die Möglichkeit nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 BAföG i. V. m. § 2 c, § 1 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung über die Ausbildungsförderung für die Teilnahme an Vorkursen zur Vorbereitung des Besuchs von Kollegs und Hochschulen (AfögVorkHSV) Ausbildungsförderung zu erhalten. Der derzeitige monatliche Bedarfssatz beträgt 465 Euro, der gegebenenfalls um einen Kranken- und Pflegeversicherungszuschlag in Höhe von 73 Euro monatlich angehoben werden muss. Vera Reiß Staatsministerin