Drucksache 16/5724 19. 10. 2015 K l e i n e A n f r a g e der Abgeordneten Dr. Bernhard Braun, Andreas Hartenfels und Wolfgang Schlagwein (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums der Finanzen Divestment und Anlagerichtlinien des Landes Rheinland-Pfalz II Die Kleine Anfrage 3785 vom 25. September 2015 hat folgenden Wortlaut: Unter dem Schlagwort „Carbon Divestment“ wird der Abzug von Kapital aus der fossilen Energiebranche und damit die Reallokation klimaschädlicher Investitionen in nicht klimaschädliche Anlagen verstanden. Damit soll ein Beitrag zur Begrenzung der Treibhausgas-Emissionen und somit der Einhaltung der Klimaziele, aber letztlich auch zum Vermeiden von Turbulenzen auf den europäischen und internationalen Finanzmärkten geleistet werden. Dem „Konzept Carbon Divestment“ liegt die Idee zugrunde, dass, wenn die Erderwärmung begrenzt werden soll, ein Großteil der fossilen Energiereserven nicht verbrannt werden kann, unter der Erde bleiben muss und somit für die Kohle-, Öl- und Gasunternehmen finanziell wertlos wäre (sogenannte „stranded assest“). Diese abzuschreibenden Vermögenswerte stellen ein erhebliches finanzielles Risiko für Investoren und das Wirtsschafts- und Finanzsystem dar. Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung: 1. In welcher Höhe und in welche Aktien, Fonds und Anleihen hat das Land jeweils investiert? 2. Welche Unternehmen mit Landesbeteiligung, Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts investieren in Aktien, Fonds oder Anleihen? 3. In welcher Höhe und in welche Aktien, Fonds oder Anleihen investieren die betreffenden Unternehmen mit Landesbeteiligung, Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts jeweils? 4. Welche Anlagerichtlinien gelten für die Unternehmen mit Landesbeteiligung Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts und ist es der Öffentlichkeit derzeit möglich, diese Richtlinien einzusehen? 5. Welche Anlagerichtlinien bestehen für die Kommunen und für kommunale Unternehmen im Land und sind diese Richtlinien für die Öffentlichkeit einsehbar? Das Ministerium der Finanzen hat die Kleine Anfrage namens der Landes regierung mit Schreiben vom 19. Oktober 2015 wie folgt beantwortet: Zu Frage 1: Der Kernhaushalt des Landes, die Landesbetriebe und das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung tätigen Geldanlagen nur temporär im Rahmen der Liquiditätssteuerung. Die Anlagefristen gehen dabei selten über einige Wochen hinaus. Von den Anlage - möglichkeiten in Aktien, Fonds und Anleihen wird daher kein Gebrauch gemacht. Zu den Fragen 2 und 3: Wegen des sachlichen Zusammenhangs werden die Fragen 2 und 3 zusammen beantwortet. Es wurden Angaben erhoben bei Unter - nehmen mit einer Landesbeteiligung mit mindestens 25,1 Prozent sowie bei Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, soweit diese im Beteiligungsbericht des Landes aufgeführt sind. Die Staatsbad Bad Dürkheim GmbH hat 758 800 Euro in einem geldmarktnahen Investmentfond mit Kapitalgarantie angelegt. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 23. November 2015 LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/5724 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Die TechnologieZentrum Koblenz GmbH hat 46 230 Euro in Immobilienfonds der DEKA-Immobilien Europa angelegt. Der Wertpapierbestand der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) zum 31. Dezember 2014 gliederte sich wie folgt auf : 1. Aktien: 0,00 Euro 2. Fonds: 1 503 152,74 Euro (Bei dem Fonds handelt es sich um einen Spezialfonds [Baufactoring, dessen Bestand aus den Abspaltungen des Baugewerbeverbands Rheinland-Pfalz besteht].) 3. Anleihen: 301 362 545,18 Euro Die Anleihen untergliedern sich wie folgt: – Anleihen von Bund, Ländern und Kommunen: 41 594 351,56 Euro – Pfandbriefe: 125 098 434,27 Euro – Bankanleihen: 131 669 999,59 Euro – Unternehmensanleihen: 2 999 759,77 Euro Innerhalb der Gruppe Bankanleihen sind neben Kreditinstituten auch Förderbanken (Landwirtschaftliche Rentenbank) enthalten. Die KfW legt im Rahmen ihres Liquiditätsmanagements Gelder in Finanzinstrumenten an. Per Ende September 2015 belief sich das Portfolio auf ca. 24,6 Milliarden Euro und setzte sich aus folgenden Klassen von Finanzinstrumenten zusammen: – Staatsanleihen, Schuldverschreibungen anderer Gebietskörperschaften: ca. 25 Prozent – Schuldverschreibungen Supranationaler Organisationen und Agenturen (z. B. EIB, EFSF): ca. 23 Prozent – Gedeckte Schuldverschreibungen (emittiert von Banken): ca. 40 Prozent – Bankschuldverschreibungen: ca. 6 Prozent – Asset Backed Securities: ca. 6 Prozent. Im Rahmen des Fördergeschäfts der KfW gilt Folgendes: a) Im Rahmen des Förderauftrags nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 d) KfW-Gesetz („Umweltschutz“) investiert die KfW seit April 2015 in sog. Green Bonds. Dies sind Anleihen, bei denen eine Zweckbindung der Mittel für Projekte im Umwelt- und Klimaschutz besteht. Zusätzlich zu den unter 1. aufgeführten Klassen von Finanzinstrumenten, die als Green Bonds begeben werden, kann die KfW auch in Green Bonds in Form von Unternehmensschuldverschreibungen (Nicht-Banken) investieren. Das Green-Bond-Förderportfolio hatte per Ende September 2015 ein Volumen von 254 Millionen Euro. b) Im Rahmen ihres Fördergeschäfts nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 a) KfW-Gesetz („Mittelstandsförderung“) investiert die KfW in Asset Backed Securities (ABS) und Asset Backed Commercial Paper (ABCP), mit denen Forderungen aus dem Mittelstandsgeschäft verbrieft und so über den Kapitalmarkt refinanziert werden. Per Ende August 2015 hatte das ABS-Förderportfolio ein Volumen von 1 629 Millionen Euro. c) Im Rahmen ihres Fördergeschäfts nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 h) KfW-Gesetz („Entwicklungspolitische Zusammenarbeit“) investiert die KfW in Entwicklungshilfefonds, meist Mikrofinanzfonds. Die KfW war am 30. September 2015 mit rd. 1 268 Millionen Euro in Entwicklungshilfefonds engagiert. Keiner dieser Fonds investiert in die Gewinnung fossiler Energierohstoffe. Zu Frage 4: Für Unternehmen mit Landesbeteiligung sowie für die Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts bestehen keine gene - rellen, allgemein verbindlichen Vorgaben des Landes im Sinne einer Anlagenrichtlinie. Teilweise verfügen diese aber über folgende eigene, unternehmensspezifische Anlagerichtlinien: Bei der Lotto Rheinland-Pfalz GmbH gibt es unternehmensinterne Regelungen, die nicht öffentlich einsehbar sind. Für die ISB gilt die mit Wirkung zum 1. Juni 2015 von deren Verwaltungsrat erlassene, aktualisierte Anlagerichtlinie. Diese ist nicht öffentlich einsehbar. Für das Liquiditätsportfolio der KfW gelten die Portfolio-Richtlinie sowie der Nachhaltige Investmentansatz; dieser ist öffentlich einsehbar (https://www.kfw.de/ nachhaltigkeit/KfW-Konzern/Nachhaltigkeit/Nachhaltige-Unternehmensprozesse/Nachhaltiges -Investment/Nachhaltiger-Investmentansatz-der-KfW/). Im Bereich des Fördergeschäfts der KfW ergibt sich die Beschränkung jeweils aus dem Förderzweck; dieser ergibt sich aus § 2 Abs. 1 KfW-Gesetz; dieses ist ebenfalls öffentlich einsehbar (https://www.kfw.de/Download-Center/KfW-Gesetz-und-Satzung-sowie-Geschäfts ordnungen/ KfW_Gesetz_D.pdf). Die Gemeinsame Klassenlotterie (GKL) verfügt über eine eigene Anlagerichtlinie. Dabei gilt generell: Sicherheit vor Rendite. Ein negativer Realzins soll nach Möglichkeit vermieden werden. Das Anlageziel ist mindestens der reale Kapitalerhalt. Daneben enthält die Anlagerichtlinie eine Begrenzung des Aktienanteils und eine Limitierung hinsichtlich einzelner Engagements. 2 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Drucksache 16/5724 Zu Frage 5: Die Kommunen und die kommunalen Unternehmen (auch Eigenbetriebe) treffen die Entscheidungen über die Anlage von Kapital im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung und der damit verbundenen Finanzhoheit in eigener Verantwortung. Sie müssen sich deshalb über die Wirkungen sowie die haushaltsmäßigen Auswirkungen von Kapitalanlagen ausreichende Kenntnisse und Informationen verschaffen, bevor sie die Entscheidung darüber treffen. Dazu gehören ausreichende Kenntnisse über das Risikopotenzial insgesamt, das Verlustrisiko, die Marktwerte sowie über Zahlungspflichten. Im Hinblick auf die Klimawirkungen von Investitionen erfolgt die Bewertung aufgrund von kommunalpolitischen Entscheidungen. In der Gemeindeordnung finden sich in § 78 Abs. 1 und 2 GemO Bestimmungen auch zu Geldanlagen und zu einer ausreichenden Sicherheit, welche einen höheren Stellenwert einnimmt als die Ertragsforderung; daher geht eine sichere Anlage einer Anlage mit größerem Ertrag vor. Die Beachtung des Vorrangs der Sicherheit und der Risikominimierung ergibt sich darüber hinaus aus dem Gebot einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltswirtschaft nach § 93 Abs. 3 GemO. Weiterhin ist die VV Nr. 2 zu § 78 GemO zu beachten, die Hinweise für Geldanlagen enthält. Die Gemeindeordnung ist über www.landesrecht.rlp.de, die Verwaltungsvorschriften zur Gemeindeordnung über www.kommunalbrevier .de allgemein zugänglich. Weitergehende, an die kommunalen Gebietskörperschaften gerichtete Anlagerichlinien des Landes mit dem Ziel der Lenkung von Klimawirkungen kommunaler Investitionen erscheinen vor dem Hintergrund von Artikel 28 Abs. 2 Grundgesetz aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht unproblematisch. Doris Ahnen Staatsministerin 3