Drucksache 16/5909 03. 12. 2015 K l e i n e A n f r a g e des Abgeordneten Dr. Bernhard Braun (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und A n t w o r t des Ministeriums für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten Auswirkungen von Infraschall auf die menschliche Gesundheit Die Kleine Anfrage 3905 vom 12. November 2015 hat folgenden Wortlaut: Der Ausbau der Windkraft in Rheinland-Pfalz war in den vergangenen Jahren äußerst erfolgreich. Die installierte Leistung konnte binnen viereinhalb Jahren beinahe verdoppelt werden. Damit ist das Land dem Ziel der Landesregierung, den in Rheinland-Pfalz verbrauchten Strom bis 2030 bilanziell vollständig aus Erneuerbaren Energien zu decken, einen großen Schritt näher gekommen. Im Rahmen der Diskussionen um den Ausbau der Windenergie vor Ort wird teilweise die Befürchtung geäußert, der durch von Windenergieanlagen erzeugte Infraschall würde eine gesundheitliche Gefährdung von Anwohnerinnnen und Anwohnern dieser Anlagen mit sich bringen. Vor diesem Hintergrund fand am 4. November 2015, im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Mittwochs im MULEWF“, eine Veranstaltung zum Thema „Infraschall und Windenergieanlagen“ statt. In diesem Zusammenhang frage ich die Landesregierung: 1. Kann Infraschall nach Kenntnis der Landesregierung generell zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen? 2. Ist nach Kenntnis der Landesregierung speziell durch den durch Windenergieanlagen ausgehenden Infraschall mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu rechnen? 3. Worauf begründet die Landesregierung ihre Einschätzung? 4. Welche wissenschaftlichen Nachweise gibt es für die Behauptungen, Infraschall von Windkraftanlagen gefährde die Gesundheit von Anwohnerinnnen und Anwohnern? Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten hat die Kleine Anfrage namens der Landes - regierung mit Schreiben vom 2. Dezember 2015 wie folgt beantwortet: Zu den Fragen 1 bis 3: Als Infraschall werden Luftschallfrequenzen unter 20 Hz bezeichnet. Bei sehr hohem Schalldruck kann Infraschall zu körperlichen Beeinträchtigungen und zu Gesundheitsschäden führen. Ab einem Schalldruck im Infraschallbereich von ca. 140 dB zeigten sich in Tierversuchen akute Innenohrschäden (aurale Schäden). Derzeit wird die Übertragbarkeit der Studienergebnisse auf den Menschen in einem Projekt des Umweltbundesamtes (UBA) überprüft . Es ist jedoch festzustellen, dass ein Schalldruck in dieser Höhe von Windenergieanlagen (WEA), selbst in unmittelbarer Anlagennähe , bei Weitem nicht emittiert wird, weder im Infraschallbereich, noch bei einer anderen Schallfrequenz. Es gilt: Je tiefer die Frequenz des Luftschalls ist, umso höher muss der Schalldruckpegel sein, damit der Schall vom Menschen wahrgenommen werden kann. Sind Menschen langfristig Infraschall moderat oberhalb der Wahrnehmungsschwelle (liegt frequenzabhängig etwa zwischen 110 dB 8 Hz und 70 dB 20 Hz) ausgesetzt, können extraaurale Wirkungen, wie Belästigungen, Ermüdung, Konzentrations - und Kommunikationsstörungen auftreten. Die Hörschwelle liegt im Infraschallbereich etwas über der Wahrnehmungsschwelle . Wird die Hörschwelle im Infraschallbereich um etwa 20 bis 25 dB überschritten, beispielsweise bei einem Schalldruck ab ca. 90 dB bei einer Frequenz von 20 Hz, können auch Pulsationen und Vibrationen in Nase/Stirnhöhlen, im Brustkorb, der Beinmuskulatur oder Druckgefühle im Ohr auftreten. Druck: Landtag Rheinland-Pfalz, 29. Januar 2016 b. w. LANDTAG RHEINLAND-PFALZ 16. Wahlperiode Drucksache 16/5909 Landtag Rheinland-Pfalz – 16.Wahlperiode Der Schalldruck des Infraschalls, der von gegenwärtigen Windenergieanlagen emittiert wird, unterschreitet allerdings die oben genannten Schalldruckwerte auch bei neueren Messungen deutlich. Schon in einer Entfernung von 180 m (Bayerisches Landesamt für Umwelt, 2014) werden mit ca. 55 dB (frequenzabhängig) Werte für emittierten Infraschall gemessen, die Menschen nicht mehr bewusst wahrnehmen können. Mit zunehmendem Abstand nimmt der Schalldruck des von WEA emittierten Infraschalls kontinuierlich weiter ab. Um insbesondere die Geräuschgrenzwerte der Technischen Anleitung Lärm (TA Lärm) einzuhalten, können Windenergieanlagen nur in einem ortsbezogen zu ermittelnden Abstand zur Wohnbebauung errichtet werden. Durch den einzuhaltenden Abstand ist auch gewährleistet, dass am Wohnort der Anwohner keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Belästigungen durch Infraschallimmissionen der jeweiligen WEA befürchtet werden müssen. Die Abstandsempfehlungen in Rheinland-Pfalz liegen unabhängig von den konkret verbindlich zu ermittelnden ortsbezogenen Abständen bei Einzelwohnanlagen bei 500 m und bei Ortschaften bei 800 m. Gegenüber Windenergieanlagen produziert beispielsweise der allgemeine Straßenverkehr, etwa durch vorbeifahrende Lkws, deutlich höhere Infraschallimmissionen. Dass keine gesundheitliche Gefährdung von Anwohnern durch von WEA emittierten Infraschall zu befürchten ist, ergab auch ein Expertengespräch „Infraschall und Windenergieanlagen“ der Veranstaltungsreihe „Mittwochs im MULEWF“ am 4. November 2015 in Mainz, bei dem das hessische „Faktenpapier Windenergie und Infraschall“ durch den hessischen Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung, Mathias Samson, vorgestellt wurde und an dem eine Expertin aus dem Umweltbundesamt, sowie Experten aus dem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) und aus dem Fachbereich Gesundheits- und Umweltpsychologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg referierend teilnahmen und diese Einschätzung bestätigten. Die Experten machten zudem deutlich, dass die Ergebnisse zu den Auswirkungen von Infraschall vor allem auf die Forschungen aus dem Bereich Arbeitsschutz zurückgehen, wo Infraschallbelastungen schon lange untersucht werden. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die etwa in unmittelbarer Nähe zu bzw. an technischen Anlagen arbeiten oder für Lkw-Fahrerinnen und Fahrer , die jeweils keine Sicherheitsabstände einhalten können, werden oftmals deutlich größere Infraschallbelastungen gemessen als im Zusammenhang mit WEA. Zu Frage 4: Neuere Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass über das Gehör auch unterhalb der sog. Wahrnehmungsschwelle Infraschall vom menschlichen Körper registriert werden kann, was vereinzelt als eine Quelle möglicher Gesundheitsgefährdung angesehen wird. Schon seit Anbeginn war aber der Mensch hörbarem und nicht hörbarem Infraschall aus der Natur ausgesetzt. Hier ist z. B. an Infraschall durch Wind /Sturm, Vulkanismus, Tierstimmen, Rauschen von Wasserfällen, Meeresbrandung, etc. zu denken. Eine gesundheitliche Gefährdung des Menschen durch nicht hörbaren oder nicht bewusst wahrnehmbaren Infraschall lässt sich auf der Basis gegenwärtiger wissenschaftlicher Erkenntnis nicht ableiten. Ulrike Höfken Staatsministerin